ner Meinung nach Bagatellfälle. Eine solche Haltung widerspricht sowohl meiner persönlichen Auffassung als auch meinen politischen Zielen, für die ich mich einsetze. Diese Entschuldigung habe ich bereits öffentlich ausgesprochen und möchte sie hier noch einmal ausdrücklich wiederholen.
Die Vorfälle im Klinikum Nord haben den Maßregelvollzug erneut in den Brennpunkt der öffentlichen Diskussion gestellt. Klar ist, daß notwendige Sicherheit und erforderliche Therapie keine Gegensätze sein dürfen, und in Hamburg tragen wir Verantwortung dafür, damit sie es auch nicht sind.
Der Maßregelvollzug – Frau Freudenberg hat es sehr deutlich ausgeführt – ist keine verkappte lebenslange Strafe für Sexualstraftäter. Er ist vielmehr ein gerichtlich verfügtes Instrument, um den Patienten familiär, sozial und beruflich wieder einzugliedern. Aber es soll zugleich auch, und das muß auch sein, den Schutz der Allgemeinheit gewährleisten.
Nein. – Sicherheit und Therapie gehören zusammen. In der forensischen Psychiatrie arbeiten qualifizierte und hoch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Durch die aktuellen Ereignisse sind die Grundlagen und Erfolge ihrer therapeutischen Arbeit leider in den Hintergrund getreten; auch das darf man nicht vergessen. Ich möchte diesen Mitarbeitern in solch schwierigen Stunden ausdrücklich meine Anerkennung für ihre schwierige Arbeit sagen.
Je nach Therapiefortschritt gibt es im Maßregelvollzug die Möglichkeit, abgestufte Lockerungsmaßnahmen zu gewähren. Dazu zählen zeitlich befristete begleitete und unbegleitete Ausgänge auf dem Klinikgelände und darüber hinaus.
Die Entscheidung über diese abgestuften Lockerungsmaßnahmen erfolgt durch eine genaue Begutachtung und je nach Therapiefortschritt. Im Klinikum Nord muß vor einem ersten, unbegleiteten Freigang neben dem Leiter der forensischen Psychiatrie auch der Ärztliche Direktor des Klinikums zustimmen. Das ist in der Tat eine hohe Verantwortung für die betreffenden Personen. In speziellen Fällen erfolgt zudem eine externe Begutachtung. Obwohl beide Täter, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen, vor den Vollzugslockerungen auch extern begutachtet wurden, ist es zu den schrecklichen Ereignissen im Klinikum Nord gekommen. Dies zeigt, daß die Beurteilung menschlichen Verhaltens auch die Gefahr des Irrtums in sich birgt. Vollzugslockerungen ohne Restrisiko gibt es leider nicht. Dieses Risiko ist jedoch so weit wie möglich auszuschließen. Die davon ausgehenden Gefahren zu vermeiden, ist Ziel der internen und externen Begutachtung. Inwieweit dies durch weitere Einbeziehung von Dritten verbessert werden kann, muß vorbehaltlos geprüft werden.
Festzuhalten ist, daß derzeit kein Sexualstraftäter im Maßregelvollzug im Klinikum Nord Freigang hat. Sofort nach Bekanntwerden der Vorfälle wurde von meiner Seite aus das Klinikum Nord aufgefordert, zukünftig regelhaft eine ergänzende externe Begutachtung aller Patienten vor dem ersten unbewachten Freigang vorzunehmen. Ich habe veranlaßt, daß sämtliche Lockerungen anderer Patienten zunächst intern und umgehend auch extern überprüft werden. Gleichzeitig mußte ich im Rahmen der Ereignisse aber auch feststellen, daß die vertraglich festgelegte Informations- und Meldepflicht des Klinikums Nord nicht eingehalten wurde. Deshalb habe ich sofort entschieden, eine unabhängige Sachverständigenkommission einzusetzen, die umgehend die zutage getretenen Defizite untersuchen soll.
Diese Kommission soll darüber hinaus Vorschläge machen, wie diese Mängel behoben und das Verfahren der Vollzugslockerungen verbessert werden kann. Vor allem die Frage, in welcher Form die Staatsanwaltschaft und weitere Behörden einbezogen werden sollen, gilt es im Rahmen dieser Sachverständigenkommission zu klären.
Unabhängig davon wurden bereits Maßnahmen eingeleitet, die keine gesetzlichen Änderungen voraussetzen. Der zwischen dem LBK und der BAGS geschlossene Vertrag wurde dahin gehend geändert, daß nunmehr erstens eine ergänzende, externe gutachterliche Stellungnahme vor einer erstmaligen Entscheidung über die Vollzugslockerung eingeholt wird, zweitens die bereits 1999 eingerichtete Sicherheitskommission im Klinikum Nord ihre Arbeit dauerhaft fortsetzt und auch externen Sachverstand mit einbezieht und drittens bei besonderen Vorkommnissen die Mitteilungspflicht konkretisiert wird.
Im aktuellen Fall hatte der Täter für seine Aufgaben im Transportbereich aufgrund der Therapieeinschätzung verschiedene Schlüssel erhalten.
Der LBK-Vorstand prüft nunmehr durch Einholung eines Gutachtens, ob die ärztliche Entscheidung zur Vollzugslockerung aus damaliger Sicht begründet war.
Mit sofortiger Wirkung hat der Vorstand des LBK entschieden, Patienten im Maßregelvollzug nicht mehr bei Transportleistungen einzusetzen.
Darüber hinaus ist auch geklärt, daß keine Patienten mehr im Rahmen anderer Aufgaben Schlüssel bekommen. Eine interne Schwachstellenanalyse soll klären, wie es zu diesen Ereignissen gekommen ist. In Hamburg gibt es im Vergleich zu anderen Bundesländern eine hohe Akzeptanz des Maßregelvollzugs.
Das liegt auch daran, daß wir als politisch Verantwortliche Rahmenbedingungen und einen sicheren Maßregelvollzug schaffen. Dafür investieren wir in diesem Land jährlich rund 17 Millionen DM und für einen Erweiterungsbau, um die
Auch im Bundesvergleich können wir uns messen lassen. Warum hat die CDU-Opposition nicht einen Vertreter aus einem CDU-regierten Bundesland, wie beispielsweise Bayern, eingeladen? Dort sind im vergangenen Jahr immerhin 62 Patienten aus dem Maßregelvollzug entwichen, die bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Lockerungen hatten.
Das zeigt nur, daß alle Länder Probleme mit dem Maßregelvollzug haben. Insofern kann man hier nicht auf andere zeigen, sondern muß auch Verantwortung wahrnehmen. Unsere Verantwortung ist es, die Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem Anspruch auf Sicherheit und Schutz der Bevölkerung ebenso Rechnung tragen wie dem Recht der Patientinnen und Patienten. In unserer Verantwortung liegt es, bei erkannten Unzulänglichkeiten einzugreifen und strukturelle Verbesserungen vorzunehmen, und das haben wir getan.
Meine Damen und Herren! Nach unserer Geschäftsordnung haben jetzt noch alle Fraktionen und die Gruppe die Möglichkeit zu einer Wortmeldung in der zweiten Runde.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Einlassungen der Senatorin fand ich bis auf die heute erfolgte Entschuldigung vor dem Plenum mehr als unangemessen.
Sie haben sich erneut der politischen Verantwortung verweigert und im übrigen mit Ihren Einlassungen dafür Sorge getragen, daß die Akzeptanz für den Maßregelvollzug in der Bevölkerung weiter sinkt und nicht steigt.
Frau Senatorin, Sie haben Ihr Amt mit breitem Goodwill, von allen Fraktionen in diesem Hause getragen, begonnen. Sie haben es aber geschafft, diesen Goodwill weitestgehend zu verspielen.
Die scheibchenweise Aufdeckung der skandalösen Vorgänge in und um Ochsenzoll ist nicht vertretbar. Es ist neben der Therapie auch Aufgabe des AK Ochsenzoll, Straftaten aus der gesicherten Unterbringung heraus zu verhindern. Es ist unerträglich, daß man in diesem Zusammenhang dann lesen muß: „Freigänger aus geschlossener Psychiatrie vergewaltigte zwei Frauen.“ „Klinikchef: So etwas kann passieren.“ Genau dies darf nicht passieren, und Sie haben keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen, daß derartiges nicht passiert. Sie haben statt dessen nach den Vorfällen die Äußerung von sich gegeben, erstens davon nichts gewußt zu haben und zweitens dafür nicht zuständig zu sein. Das ist nicht neu, das haben wir von Ihnen bei anderen Dingen auch gehört. Schon beim MKS-Fall waren Sie unwissend, und in Ochsenzoll gibt es wiederum ein Informations- und Erklärungsproblem.
Frau Senatorin, Sie sind zuständig für den Landesbetrieb Krankenhaus und das Klinikum Nord. Ihre Behörde führt
die unmittelbare Aufsicht über die geschlossene Psychiatrie für Triebtäter. Sie sind damit politisch für die massiven Sicherheitsmängel in Haus 18 und die Vertuschungsversuche der letzten Tage verantwortlich. Wann stehen Sie eigentlich politisch zu Ihrer Verantwortung?
Das Krankenhaus Ochsenzoll hat in den vergangenen Jahren schon mehrfach für unrühmliche Schlagzeilen gesorgt. Dieses Krankenhaus nicht besonders im Blick gehabt zu haben, ist ein Fehler, der im übrigen das Faß zum Überlaufen bringt, denn die stadtbekannten Vorfälle der letzten Zeit hätten längst Veranlassung sein müssen, sich vertieft mit den Abläufen und Verantwortlichkeiten zu befassen. Erst jetzt, nach den neuerlichen, zutiefst bedauerlichen Vorfällen, wird eine sogenannte Expertenkommission eingesetzt. Zu diesen Straftaten hätte es wahrhaftig nicht kommen müssen, wenn Sie rechtzeitig eingegriffen hätten.
Auf das Informationsdefizit nach den Vergewaltigungsfällen angesprochen, wehren Sie sich mit einem Satz, der in dieser Republik Gott sei Dank nahezu einmalig ist. Es ist doch wohl das Mindeste, daß sich die für das Allgemeine Krankenhaus Ochsenzoll zuständige Senatorin über damit im Zusammenhang stehende schwere Straftaten – dazu gehört Vergewaltigung – informieren läßt. Auch wenn Sie sich auf Druck der Öffentlichkeit zunächst halbherzig entschuldigt haben – heute sehr viel umfassender –, ist allerdings festzuhalten, daß Ihre Aussage schockierend, unerträglich und unverständlich ist.