[Antrag der GRÜNEN Fraktion: Wissenschaftsfreiheit und Autonomie der Hochschulen sichern – Novellierung des Hamburger Hochschulgesetzes verfassungskonform gestalten! – Drs 20/12151 –]
[Antrag der CDU-Fraktion: Für selbstständige und leistungsstarke Hochschulen – Expertenkritik am neuen Hochschulgesetz nicht ignorieren und Eingriffe des Senats in die Hochschulautonomie verhindern – Drs 20/12159 –]
[Antrag der SPD-Fraktion: Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts – Ein ausgewogener Kompromiss nach breiter Beteiligung – Dienstvorgesetztenfunktion bei den Hochschulpräsidenten belassen – Problematik im Lehramtsstudium angehen – Drs 20/12170 –]
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetz wollen wir im Wesentlichen drei Prämissen erfüllen. Die erste Prämisse ist das Versprechen einer nachhaltigen Demokratisierung und einer Stärkung der demokratischen Mitwirkung an den Hamburger Hochschulen. An dieser Stelle muss noch einmal deutlich darauf hingewiesen werden, dass einer der Gründe, warum wir dieses Gesetz vorlegen müssen, ist, dass das alte Gesetz, von der damaligen CDU-Regierung verabschiedet, gerichtlich als nicht verfassungskonform bestätigt wurde. Das Versprechen der nachhaltigen Demokratisierung wird meiner Meinung nach besonders deutlich bei der neuen Rollenzuweisung, die wir beispielsweise den Akademischen Senaten geben. Die Akademischen Senate werden in ihren Rechten gestärkt, sie werden die zentrale Kontrollinstanz an den Hamburger Hochschulen, und das ist aus meiner Sicht einer der entscheidenden Punkte, die die Stärkung in diesem neuen Hochschulgesetz zum Ausdruck bringen.
Eine ganz wesentliche Veränderung gibt es aber auch in der Frage der Hochschulräte. Gerade dieser Punkt war in den vergangenen Jahren nicht unumstritten. So gab es durchaus immer wieder Forderungen – auch heute werden wir in einzelnen Änderungsanträgen mit dieser Position konfrontiert – nach der Abschaffung der Hochschulräte.
Ich möchte für meine Fraktion erklären, dass wir uns bewusst für die Beibehaltung der Hochschulräte entschieden haben, ihnen aber eine gänzlich neue und andere Rolle zuweisen wollen. Wichtig ist bei der Frage der Hochschulräte, dass wir ein Anliegen aufgegriffen haben, das nicht nur in den Hochschulen, sondern auch bei der öffentlichen Anhörung und den Expertenanhörungen sehr deutlich geworden ist, nämlich die Erwartung an den Hochschulen, eine stärkere Transparenz über die Arbeit der Hochschulräte an den Hochschulen zu erfahren, und das haben wir klar und deutlich in diesem Gesetz verankert.
Zu dem Versprechen einer nachhaltigen Demokratisierung gehört auch die Einführung der dritten Ebene, die wir mit diesem Gesetz vollenden wollen.
Ein zweiter Punkt, der mir aber genauso wichtig ist, ist, dass dieses Gesetz die Basis dafür legt, dass unsere Hochschulen auch künftig wettbewerbsfähig bleiben – wettbewerbsfähig im nationalen Kontext, wenn es darum geht, im Wettbewerb um Drittmittel zu bestehen, aber auch im internationalen Wettbewerb zu bestehen und sich als ein attraktiver Standort zu etablieren für Hochschulen aus der ganzen Welt, was Kooperationen angeht. Wer sich die Bilanz unserer Hochschulen anschaut, gerade auch der Technischen Universität in Harburg, der sieht, dass wir auf einem sehr guten Weg sind und diesen Weg mit diesem Gesetz weiter unterstützen.
Die dritte Prämisse, die aus meiner Sicht erfüllt werden musste, ist, dass unsere Hochschulen starke Präsidien haben, starke Leitungen, die nach einem manchmal auch heftigen inneruniversitären Diskurs sehr wohl in der Lage sind, Entscheidungen zu fällen, auch gegen Widerstände in den Hochschulen. Auch dafür schafft dieses Gesetz eine verlässliche Basis.
Dieses Gesetz ist aber auch Ausdruck eines sehr langwierigen Diskussionsprozesses, nicht nur zwischen Senat und SPD-Fraktion, sondern vor allem auch mit den Hochschulen. Das ist ein besonders wichtiger Punkt, den ich hier noch einmal hervorheben möchte. So hat es eben nicht nur die Möglichkeit einer Onlinebeteiligung gegeben – man konnte online seine Meinung gegenüber der BWF äußern –, sondern es hat an den Hochschulen und mit den Hochschulen und den Betroffenen Workshops gegeben, und der Senat hat während dieses Prozesses bereits eine Vielzahl von Anregungen und Änderungen aufgenommen.
im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens während der Expertenanhörung und der öffentlichen Anhörung geäußert wurden. Ich will einzelne Punkte hier noch einmal kurz darstellen. Wir haben mit unserem Zusatzantrag beispielsweise eine deutliche Klarstellung in Bezug auf den ganzen Aspekt der Exmatrikulationen vorgenommen. Wir haben – das finde ich sehr wichtig – eine große Änderung, was die Dienstherreneigenschaft des technischen und Verwaltungspersonals anbelangt. Hier bleibt es dabei, dass alle Mitglieder der Hochschule einen Dienstvorgesetzten haben, und diese Lösung begrüße ich ausdrücklich.
Ein wichtiger Punkt, den ich an dieser Stelle auch aufgreifen möchte, ist die Frage der Experimentierklausel. Auch hierzu liegen verschiedene Anträge aus der Opposition vor. Ich will ehrlich sein: Wir haben innerhalb der SPD, auch in der Diskussion mit dem Senat, diese Frage sehr lange erörtert und uns nicht leichtgetan, wie wir mit diesem Punkt umgehen sollen. Ich will aber an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass ich es nicht für richtig halte, dass sich Lehramtsstudenten im ersten Semester entscheiden müssen, an welcher Universität sie ihren Master-Abschluss machen. Wir haben mit der Bologna-Reform ein anderes Versprechen gegeben, und dieses Versprechen muss auch für die Lehramtsstudenten gelten.
Deshalb haben wir uns zunächst darauf verständigt, auf die Einführung einer Experimentierklausel zu diesem Zeitpunkt zu verzichten, und wir wollen den Senat in seinem Bestreben, mit den anderen Bundesländern hier zu einer besseren Lösung zu kommen, unterstützen. Nur falls dies nicht gelingt, werden wir in Hamburg auch diesen Weg gehen, aber das, was gerade auch Frau Senatorin Dr. Stapelfeldt in der Kultusministerkonferenz leistet und in den vergangenen Monaten geleistet hat, ist hervorragend. Sie braucht dafür unser aller Unterstützung, und dazu möchte ich auch die Opposition herzlich einladen.
Aber wir verzichten nicht nur zu diesem Zeitpunkt auf die Experimentierklausel, sondern – und das ist mir auch ganz wichtig – wir haben für die Betroffenen in diesem Jahr auf jeden Fall eine Lösung gefunden. Alle Bachelor-Absolventen dieses Jahres werden in Hamburg auch einen Master-Platz bekommen; das muss hier noch einmal sehr deutlich dargestellt werden.
Ein anderer sehr wichtiger Punkt ist die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses. Wer in dieses Gesetz schaut, der wird feststellen, dass Hamburg mit diesem Gesetz Maßstäbe im Vergleich zu
allen anderen Bundesländern in der Bundesrepublik Deutschland setzt. Kein anderes Bundesland hat sich so intensiv und umfangreich mit der Neuregelung der Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses beschäftigt wie Hamburg, und das schlägt sich auch in diesem Gesetz nieder. Mein besonderer Dank gilt Frau Senatorin Stapelfeldt auch dafür, dass sie nicht nur gesehen hat, was wir in diesem Gesetz neu regeln müssen und neu regeln können, sondern dass sie weit darüber hinausgegangen ist, denn parallel zur Entwicklung dieses neuen Hochschulgesetzes ist mit den Hochschulen auch ein neuer Verhaltenskodex verhandelt worden, der weit über das hinausgeht, was in diesem Gesetz geregelt werden kann und soll.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, dass es uns gelungen ist, ein ausgewogenes Gesetz vorzulegen, ein Gesetz – das habe ich versucht darzustellen, als ich die Prämissen beschrieben habe –, das die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen stärkt, das Demokratisierung und Stärkung demokratischer Mitsprache garantiert, das aber auch weiterhin ermöglicht, dass unsere Hochschulleitungen strategisch planen und entscheiden können. Es ist ein ausgewogenes Gesetz, und ich bitte Sie um Zustimmung. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man sich den Gesetzentwurf, den wir heute debattieren, anschaut, dann kommt darin auf den ersten Blick gleich ein tiefes Misstrauen des Senats gegenüber den Hochschulen zum Ausdruck. Anders kann man die vielen Detailregelungen und zusätzlichen Kompetenzen der Behörde nicht erklären, die damit geschaffen werden sollen. Das ist nicht ausgewogen, Herr Kühn, hier sind Sie auf dem falschen Weg, Sie haben sich verrannt.
Ein Hochschulgesetz sollte Rahmenbedingungen festlegen, innerhalb derer die Hochschulen eigenständig agieren und Spielräume nutzen können. Sie wollen jedoch mit zahlreichen Regelungen direkt in die Unis hineinregieren und die Hochschulautonomie schwächen. Das ist ein klarer Rückschritt.
Zahlreiche Punkte wurden in den letzten Monaten von den Experten im Rahmen der Beratungen kritisiert. Lassen Sie mich hier nur die geplante Beteiligung der Behörde an der Auswahl der Vizepräsidenten an den Hochschulen anführen oder auch das von Ihnen gewollte Beanstandungsrecht bei
der Ausschreibung von Professuren, das erstmals dann so ins Gesetz kommt. Es ist mir völlig unverständlich, dass die SPD-Fraktion die konkreten Bedenken, die auch die von Ihnen benannten Sachverständigen vorgetragen haben, komplett ignoriert.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass diese Regelungen vielleicht nicht ständig zum Einsatz kommen sollen, so darf man doch nicht vergessen, dass sie in der Außenwirkung eine massiv negative Signalwirkung für die Selbstständigkeit unserer Hochschulen haben. Hier kann man nur feststellen, dass Sie nicht nur die Expertenkritik ignorieren, sondern mit voller Absicht eine Schwächung unserer Hamburger Hochschulen in Kauf nehmen.
Neben diesen Punkten, mit denen Sie die Hochschulautonomie deutlich zurückfahren wollen, gibt es einen weiteren zentralen Kritikpunkt, den wir zu diesem Gesetzentwurf haben. Mit dieser Drucksache sollen zahlreiche neue Aufgaben der Hochschulen festgelegt werden. Fast könnte man den Eindruck haben, das war ein bisschen "Wünsch dir was" innerhalb der SPD-Fraktion: Jeder, der ein gesellschaftspolitisches Anliegen hatte, durfte das noch ins Gesetz schreiben und dort verankern, aber es führt natürlich dazu, dass die Kernaufgaben der Hochschulen eher verwässert und infrage gestellt werden. Das große Problem ist doch, dass die Kosten dieser zusätzlichen Aufgaben, die die Hochschulen übernehmen sollen, erst gar nicht ermittelt oder gar den Hochschulen zur Verfügung gestellt wurden. Hier besteht dringender Änderungsbedarf.
So sollen die Hochschulen zukünftig – ich glaube, Herr Kühn hat es angesprochen – zusätzliche Angebote für Studierende mit beruflicher Ausbildung und ohne Abitur anbieten. Das ist in der Tat ein wichtiges gesamtgesellschaftliches Thema, aber wir nehmen es Ihnen nicht ab, Frau Stapelfeldt, dass das zum Nulltarif funktioniert. Wenn Sie uns sagen, das Ganze funktioniere budgetneutral, dann müssen Sie uns an anderer Stelle auch sagen, welche Aufgaben im Hochschulbereich eingestellt werden sollten. Sie haben den Hochschulen mit den Hochschulvereinbarungen Planungssicherheit versprochen, aber das kündigen Sie jetzt wieder auf, wenn Sie zusätzliche Aufgaben in das bestehende Budget hineinpacken.
Sie wollen mit diesem Gesetz möglichst viel regeln, aber genau das ist das falsche Grundverständnis. Statt sich um Entwicklungsperspektiven und langfristige Rahmenbedingungen zu kümmern, um Exzellenz zu fördern und Leistung voranzubringen, beschäftigen Sie sich lieber bis ins Kleinste
mit der Gremienstruktur der Universität. Herr Kühn hat auch gleich die dritte Ebene angesprochen; das ist Ihnen immer am wichtigsten. Da stellt man fest, dass manche Dinge bislang auch gar nicht im Gesetz geregelt wurden, ob nun gewollt oder ungewollt, aber es hat teilweise trotzdem funktioniert. Wir wären dafür, den Hochschulen doch etwas Freiheit zu lassen und nicht bis ins Kleinste alles zu regeln, denn das ist die falsche Priorität. Das bringt uns in Hamburg nicht voran.
Zum Thema Lehramt und Planungssicherheit, Herr Kühn: Zum einen ist der Vorschlag zur Experimentierklausel, der uns hier vorliegt, eine Kann-Formulierung mit Einverständnis der Behörde. Was Sie machen wollen, klingt so, als wollten Sie nur etwas in der Schublade liegen haben. Dann wäre es glaubhafter und transparenter, es jetzt schon ins Gesetz aufzunehmen. Ansonsten – ich habe das vor Kurzem in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage abgefragt – ist es zwar schön, dass Sie die Anzahl der Master-Plätze für das Lehramt erhöht haben, aber gleichzeitig werden die Eingangskapazitäten bei den Bachelor-Studiengängen abgesenkt. Damit vertagen Sie nur ein Problem, aber Sie lösen es nicht, Herr Kühn.
Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz zeigt, dass Wissenschaftspolitik in Hamburg zögerlich und sehr bürokratisch geworden ist und die SPDFraktion – Herr Kühn hat auch das ausgeführt – sich hauptsächlich mit einem Punkt beschäftigt hat: mit der Regelung der Exmatrikulation. Ihr Hauptanliegen war, dass das Gesetz möglichst schnell im Juli in Kraft tritt, dass aber die Regelung zur Exmatrikulation von Personen, die überhaupt nicht mehr studieren, möglichst erst in einem Jahr nach der nächsten Bürgerschaftswahl greifen soll. Das wollten Sie verschieben – deutlicher kann eine Regierungsfraktion hier nicht zum Ausdruck bringen, wie nervös sie bezüglich der Konsequenzen ihres eigenen Gesetzes ist.