Protocol of the Session on September 25, 2014

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(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

dem im Jahr 2011 veröffentlichten zweiten Zwischenbericht der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft des Deutschen Bundestags die Kompetenz älterer Menschen im Umgang mit technischen Neuerungen stark von ihren sozialen und materiellen Umständen abhängt. Außerdem stellen die medientypische Fachsprache, unzureichend vorhandene Medienkompetenz, geschlechtsspezifische Technikerfahrung sowie benutzerunfreundliche Hardware für diese Zielgruppe erhebliche Hindernisse dar. Der Senat ist bei diesem Punkt leider völlig ausgewichen. Mir reicht es auch nicht, auf Volkshochschule und Senioreneinrichtungen hinzuweisen, um eine altengerechte Medienkompetenzförderung vorzuhalten. Wir müssen wissen, ob es ausreicht, was dort stattfindet, denn es ist eine zentrale Herausforderung, verehrte Abgeordnete, es ist Sozialpolitik pur, Ältere zu befähigen, die neuen Techniken für sich nutzen zu können. Wir werden diese Konzepte einfordern.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Sehr geehrter Senat, Sie müssen das Geld dafür bereitstellen – jetzt könnt ihr klatschen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das zweite Beispiel ist das Geschlechtsspezifische.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Der Senat träumt schon davon!)

Das will und kann ich Ihnen an dieser Stelle nicht ersparen, denn immerhin gibt man das doch mittlerweile zu. Deshalb, Herr Dr. Kluth, hat es sich gelohnt, das über die gesamte Wahlperiode immer wieder zu thematisieren. Ich glaube, da ist auch der Groschen gefallen, da ist etwas begriffen worden. Immerhin gibt man nämlich zu, dass das Rahmenkonzept diesbezüglich absolut defizitär ist. Hier muss man genau hinschauen, um es künftig nicht falsch zu machen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen das darzulegen, denn es hat in den letzten Jahren durchaus Angebote für Mädchen im Bereich der Technikförderung gegeben, aber nur wenige Angebote für Jungen. Jetzt aber mit jungenspezifischen Angeboten nachzusteuern, wäre nicht der richtige Schritt. Man ist heute vielmehr der Ansicht, dass keine geschlechtsspezifischen Angebote gebraucht werden, sondern dass es notwendig ist, die Medienkompetenzförderung geschlechtersensibel zu konzipieren. Was das heißt, möchte ich Ihnen kurz sagen. Damit sind die Fähigkeit von Pädagoginnen und Pädagogen, aber auch Ansprache und Inhalte von Angeboten gemeint. Das Rahmenkonzept muss hier eine entsprechende Steuerungswirkung entfalten, damit alle Angebote auch das berücksichtigen.

Es reicht nicht, dass sich der Senat eine koordinierende Funktion zuschreibt, wie er das in der Auswertung der Expertinnenanhörung getan hat. Die

soziale Komponente, die sich mit einer demokratischen Medienkompetenzförderung zur Befähigung von Teilhabe ergibt, ist einfach zu wichtig dafür, und der Senat hat hier eine steuernde Funktion. Das ist auch nicht dirigistisch, wie der Staatsrat abwehrte, sondern das ist Aufgabe der Landesregierung.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht nämlich wirklich um viel. Es geht darum, wie Menschen unterstützt werden angesichts weitreichender, digitaler Umbrüche. Das Einbringen und Gestalten ohne die Fähigkeiten, Medien souverän für die eigene Lebensführung in Gebrauch zu nehmen, ist nicht mehr möglich. Medienkompetenz ist somit die Grundlage für ein gelingendes Leben in der mediatisierten Gesellschaft.

Wir werden das Thema in der nächsten Wahlperiode wieder aufgreifen und erwarten einen neuen Ansatz bei der sozialdemokratischen Medienkompetenzförderung. Unsere Vorschläge werden nicht auf sich warten lassen, und ich bringe Ihnen schon einmal einen, weil er auch sehr aktuell ist. Der Henri Nannen Preis wird nächstes Jahr ausgesetzt. Der Senat hat ihn bislang mit 100 000 Euro gesponsert, und ich finde, diese 100 000 Euro könnten Sie durchaus dafür einsetzen, in diesem Thema schneller voranzukommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr und stelle damit fest, dass die Bürgerschaft von dem Bericht aus der Drucksache 20/12941 Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zum Punkt 29, Drucksache 20/12979, dem Antrag der CDU-Fraktion: Polizeilichen Jugendschutz in Hamburg stärken – zweckfremde Nutzung der Stellen stoppen!

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/13135 ein Antrag der SPD-Fraktion vor.

[Antrag der CDU-Fraktion: Polizeilichen Jugendschutz in Hamburg stärken – zweckfremde Nutzung der Stellen stoppen! – Drs 20/12979 –]

[Antrag der SPD-Fraktion: Jugendschutz – Drs 20/13135 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr de Vries von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wo man bei

(Kersten Artus)

der Inneren Sicherheit auch hinschaut, das Ergebnis ist eigentlich immer dasselbe. Die Wirklichkeit in Hamburg hat nicht besonders viel zu tun mit der Fassade, die Senator Neumann und die SPD für die Außenwelt erbaut haben. Egal, wo man hineinpiekst, man landet eigentlich immer einen Treffer.

(Beifall bei der CDU)

Ich will das nicht lange ausführen, denn wir sind schon zeitlich fortgeschritten. Auch um die Handlungsfähigkeit des polizeilichen Jugendschutzes in Hamburg ist es aktuell keinesfalls gut bestellt; wir haben eine Schriftliche Kleine Anfrage gestellt.

(Wolfgang Rose SPD: Es ist zwanzig vor sechs!)

Was wollen Sie mir damit sagen? Ich stehe auch nicht erst mittags auf, Herr Rose.

(Beifall bei der CDU)

Von den 60 Sollstellen, die seit dem 1. März in Hamburg in vier Polizeikommissariaten zur Verfügung stehen, nämlich Troplowitzstraße, Oberaltenallee, Billstedt und Harburg, sind derzeit mehr als vier Stellen unbesetzt. Schlimmer aber noch ist, dass mehr als 17 Stellen im Rahmen von personalwirtschaftlichen Maßnahmen anders verwendet werden. Und das bedeutet, dass jede dritte Stelle des polizeilichen Jugendschutzes in Hamburg entweder zweckentfremdet für andere polizeiliche Aufgaben oder überhaupt nicht besetzt ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das ist wirklich ein Unding, und das darf so nicht angehen.

(Beifall bei der CDU)

Wir merken auch, dass die Jugendschutzdienststellen aufgrund dieses Fremdeinsatzes nicht mehr in der Lage sind, ihre eigentlichen Aufgaben wirklich umfassend wahrzunehmen. Dabei werden diese Kräfte in den Jugendschutzstellen an allen Ecken und Enden gebraucht. Wir haben die Themen gestern besprochen, beispielsweise die Problematik am Jungfernstieg. Wir haben Schwierigkeiten rund um den Hauptbahnhof mit jungen, minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen. Der Bedarf ist also an allen Ecken und Enden da, und so darf das nicht weitergehen.

(Beifall bei der CDU)

Anstatt sich den eigentlichen Aufgaben des Jugendschutzes zu widmen, werden die Mitarbeiter dauerhaft für andere Aufgaben eingesetzt, im Reviervollzug, als Verkehrslehrer oder in der Verkehrsunfallerfassung. Außerdem werden sie regelmäßig zur Aufklärung von Demos, Veranstaltungen und zum Teil sogar zur Verstärkung der Grundlast an den PKs eingesetzt. Es ist keine Frage, das sind alles sehr wichtige polizeiliche Tätigkeiten, aber diese Fremdnutzungen der Stellen gehen unweigerlich zulasten des polizeilichen Jugendschutzes, und das ist für uns nicht akzeptabel.

(Beifall bei der CDU)

Da frage ich mich, wie es eigentlich angehen kann, dass gerade Senator Neumann, der sich momentan dort so angeregt unterhält, den Jugendschutz derart sträflich vernachlässigt, obwohl es doch gerade die SPD war, die immer die Bedeutung präventiver Maßnahmen …

(Jörg Hamann CDU: Das ist nicht sein The- ma!)

Das ist nicht sein Thema, Sport ist sein aktuelles Thema, das ist klar.

(Beifall bei der CDU)

Die SPD hat doch stets die Bedeutung präventiver Maßnahmen gegen die Jugendkriminalität betont. Warum das so ist, ist mir, ehrlich gesagt, schleierhaft, Herr Neumann. Dabei wissen wir alle, dass es gerade bei delinquenten Kindern und Jugendlichen wichtig ist, dass frühzeitig eingeschritten wird, bevor sie auf die schiefe Bahn geraten und bevor sie in kriminelle Karrieren abdriften. Das war eigentlich Konsens, und ich frage mich, ob Sie inzwischen anderer Meinung sind.

Der polizeiliche Jugendschutz ist in erster Linie präventiv unterwegs. Er will Straftaten von Kindern und Jugendlichen verhindern, und die Aufgaben der Jugendschützer sind sehr vielfältig. Sie fahren präventiv mit ihren zivilen Fahrzeugen Streife und suchen Brennpunkte auf. Das sind Bahnhöfe, Einkaufszentren, Fast-Food-Restaurants und Grünanlagen, überall dort, wo sich diese Gruppen bilden. Sie führen Gespräche mit den Jugendlichen, spüren neue Trends auf, und sie versuchen auch, eine Vertrauensbasis aufzubauen, was viel Zeit und Geduld kostet.

(Arno Münster SPD: Das haben Sie eben anders erklärt!)

Ebenso zeitintensiv, aber sehr hilfreich und notwendig sind normenverdeutlichende Gespräche mit den Jugendlichen und Hilfegespräche, weil in diesen Gesprächen auf die Täter eingewirkt wird. Sie werden über die rechtlichen Folgen ihres Handelns aufgeklärt, aber auch den Opfern wird zur Seite gestanden.

Wir als CDU waren es, die 2007 mit dem Konzept "Handeln gegen Jugendgewalt" der Bekämpfung der Jugendkriminalität hohen Stellenwert beigemessen haben. Und wir wollen, dass das auch so bleibt, und zwar ohne Abstriche.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Arno Müns- ter SPD)

Um das zu machen, braucht man frühzeitige Intervention, damit sich kriminelle Karrieren nicht verfestigen. Eine wichtige Säule dafür sind die Jugendschutzdienststellen der Polizei. Deswegen fordern wir den Senat auch auf, alle freien Stellen umgehend wieder zu besetzen und vor allen Din

gen alle Fremdnutzungen, die zulasten des polizeilichen Jugendschutzes gehen, unverzüglich aufzulösen, denn es muss sichergestellt werden, dass die in den Jugendschutzstellen eingesetzten Beamten auch ihre originären Aufgaben erfüllen, und nichts anderes.

(Beifall bei der CDU)

Herr Münster, Sie stehen heute als erster Abgeordneter auf dem Zusatzantrag Ihrer Fraktion. Ich glaube, auch Ihnen ist natürlich klar, dass Ihre Fraktion sich in besonderem Maße ihrer Verantwortung bewusst sein sollte angesichts des eigenen Versagens bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität vor 2001. Da sind Sie in besonderem Maße gefordert.

Zu guter Letzt komme ich noch zu Ihrem Zusatzantrag. Das ist wirklich ein Knaller. Sie fordern, der Bürgerschaft sollten die Aufgaben und Maßnahmen auf dem Gebiet des Jugendschutzes zu den Haushaltsberatungen der Bürgerschaft berichtet werden. Wer hat Ihnen eigentlich diesen Antrag untergejubelt? Es tat mir schon fast leid, Herr Münster, dass Sie da als Erster stehen mussten, das ist wirklich ein Vorstoß der Marke Eigentor.

(Beifall bei der CDU)