Protocol of the Session on January 29, 2020

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Jetzt kommen wir zu einem anderen Thema, wahrscheinlich wird es ähnlich emotional sein.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt Themen, finde ich, wo man wie unter einem Brennglas sehen kann, ob Parteien und deren Spitzenpolitiker

(Heike Sudmann DIE LINKE: Politikerinnen!)

eigentlich dazu geeignet sind, wirklich Regierungsverantwortung zu tragen. Und ich finde, die Frage der Sicherheit unserer Bürger gehört dazu.

Als ich Ihr Wahlprogramm gelesen habe, liebe GRÜNE, muss ich ehrlich sagen, da war ich ziemlich fassungslos, dass Sie Vermummung jetzt nicht mehr unter Strafe stellen wollen. Ich fand das schon ziemlich erstaunlich bei dem, was wir hier so erlebt haben. Das kann doch nicht die Antwort an unsere Bürger unserer Stadt sein, die ihr Hab und Gut haben in Flammen aufgehen sehen. Und das kann doch vor allem nicht die Antwort an unsere Polizisten sein, die für uns in unserer Stadt, für uns alle ihre Knochen hingehalten haben.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD)

Und es kann vor allem nicht die Antwort sein an die linksextreme Szene dieser Stadt, die unsere Stadt in ein Chaos versetzt hat. Das ist die völlig falsche Botschaft. Gesicht zeigen, um die eigene Meinung kundzutun, das ist doch Teil unserer Demokratie, und das ist doch genau das, was unsere Demokratie stark macht.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Wir leben in einem freien Land, in dem man keine Repressalien fürchten muss, wenn man für seine Überzeugung auf die Straße geht. Und deswegen braucht man sich hierzulande auch wirklich nicht zu vermummen, wenn man seine Meinung sagt. Und das müssten …

(Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Sprechen Sie zu Ende.

Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP (fortfahrend) :* Danke schön.

Das müssten die GRÜNEN doch langsam wissen, dass es so ist. Und jetzt sind Sie scheinbar jeden

falls auf dem Wege, ihre Meinung ein wenig zu ändern.

(Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Jetzt unterbreche ich Sie mit der Frage, ob Sie eine Zwischenbemerkung oder Zwischenfrage von Frau Gallina zulassen.

(Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN: Oh! – Dirk Kienscherf SPD: Aber später?)

Dann fahren Sie fort.

Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP (fortfahrend) :* – Vielleicht später, ich schaue mal. Jedenfalls bin ich mittendrin.

Justizsenator Steffen jedenfalls macht jetzt eine Rolle rückwärts und erklärt – das fand ich schon irgendwie erstaunlich, allein diese Begründung –, er wolle jetzt einmal mit der Polizei darüber sprechen, ob Vermummung unter Strafe stehen soll oder nicht und wie sie das denn so sehen würden. Herr Senator Steffen, da sitzen Sie ja, ist das denn wirklich Ihr Ernst? Sie haben zwei Jahre nach den schlimmsten Chaostagen dieser Stadt nicht die Möglichkeit gefunden, mit unserer Polizei zu sprechen? Das finde ich für einen Justizsenator, ehrlich gesagt, völlig unglaublich, und …

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei An- drea Oelschläger AfD – Zuruf)

Das war genau das, was er gesagt hat. Das fand ich auch billig, da haben Sie ganz recht, das ist genau das, was ich sage. Es ist sehr billig, eine … Und ich finde es vor allen Dingen eine Ausrede und pure Wahlkampftaktik.

Wenn man sein eigenes Wahlprogramm beliebig zur Disposition stellt, nur, weil man merkt, dass es in dieser Stadt nicht so richtig ankommt, dann offenbart man damit ein sehr variables Verhältnis zur eigenen Haltung. Das finde ich völlig falsch.

(Beifall bei der FDP und bei Dennis Gladia- tor CDU)

Rechtsstaatliche Themen sind für Experimente – scheint doch ein bisschen zu stören da hinten – ungeeignet und gehören keinesfalls ins grüne Versuchslabor. So ist das nun einmal.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei An- drea Oelschläger AfD)

Aber im Zurückrudern, was ihre politischen Überzeugungen angeht, sind die GRÜNEN zurzeit ganz vorn. Und vielleicht setzen Sie auch gleich noch

einmal einen drauf und fordern – da sitzt er, mein lieber Jens Kerstan – eventuell eine neue Elbvertiefung oder den Anschluss von Moorburg ans Fernwärmenetz. Die Stadt kann gespannt sein.

(Wolfgang Rose SPD: Was reden Sie da ei- gentlich für ein Zeug? – Heiterkeit im Ple- num – Zurufe)

Die SPD – jetzt seid ihr dran – will zwar Vermummungen weiter unter Strafe stellen. Immerhin. Aber auch bei euch und bei Ihnen fehlt mir, ehrlich gesagt, die Konsequenz gegenüber Linksextremismus.

(Milan Pein SPD: Mir nicht!)

Die markigen Sprüche von Olaf Scholz nach G20 haben bis jetzt keine Konsequenzen getragen. Und dabei ist die Bedrohung durch Linksextremismus in Hamburg gewachsen. Das sagt unser Verfassungsschutzpräsident, das sagen nicht nur wir. Das sollten Sie vielleicht dann irgendwann einmal ernst nehmen.

(Beifall bei der FDP und bei Joachim Len- ders CDU)

Viele Ereignisse deuten darauf hin, dass das so ist, und deswegen brauchen wir einen starken Rechtsstaat. Wir brauchen einen starken Rechtsstaat, der sich gegen rechts, links und religiösen Extremismus wirklich wehrt. Und während die GRÜNEN auf der linken Seite völlig blind sind, hat zumindest die SPD eine Sehstörung. Beide sehen Linksextreme als Großstadtkultur. Wir fordern Sie auf: Haben Sie eine klare Haltung gegen jede Art von Extremismus, und ändern Sie Ihre Haltung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Als Nächster erhält das Wort Herr Tabbert für die Fraktion der SPD. Und wir haben noch aktuell in der Aktuellen Stunde vier Minuten Redezeit.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Anna von Treuenfels, ich stimme zu, der Rechtsstaat ist eine zu ernsthafte Angelegenheit für ausgefallene politische Experimente. Es geht um Verlässlichkeit,

(Beifall bei Farid Müller GRÜNE)

Sicherheit, Vorhersehbarkeit und um gleichen Zugang zum Recht für alle.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Unter diesen Vorzeichen haben wir übrigens in den letzten Jahren gute, solide und deutschlandweit wegweisende Justizpolitik gemacht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein)

Hier verweise ich auf unsere gemeinsamen Beschlüsse zum Datenschutzrecht, den Justizvollzugsfrieden und das Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz. Das haben wir übrigens gemeinsam verabschiedet. Bei unseren Gerichten und bei der Staatsanwaltschaft haben wir einen enormen Personalzuwachs zu verzeichnen von fast 300 Stellen. In sämtlichen Justizberufen läuft eine Ausbildungsoffensive, mit der wir den Nachwuchs für all diese wichtigen Justizberufe in den Vollzugsanstalten für Rechtspfleger und für Justizfachangestellte sicherstellen.

Was die Aufhebung des Vermummungsverbots anbelangt, haben sich unser Bürgermeister und auch unser Innensenator klar positioniert. Dieses Thema steht bei uns definitiv nicht auf der Agenda, und mehr gibt es aus unserer Sicht dazu nicht zu sagen, der Rest ist Wahlkampf.

(Beifall bei der SPD)

Wir als SPD haben es uns in Hamburg zur Marke gemacht, dass wir Versprechen auch umsetzen, und deswegen versprechen wir nur, was man halten kann. Deswegen sind wir zwar häufig weniger vollmundig unterwegs, das finden manche dann langweilig, aber wir denken, das ist solide und der Kern guten Regierungshandelns.

(Beifall bei der SPD)

Wir als SPD standen und stehen schon immer dafür, dass wir grundsätzliche Fragen und Probleme nicht im Alleingang, sondern nur im konstruktiven Austausch mit allen betroffenen Akteuren lösen. Denn dieser Ansatz hat sich bewährt, beim Bündnis für das Wohnen, beim Umgang mit Geflüchteten und bei vielen anderen Fragen. Das Ergebnis sind solide Lösungen, die oftmals viele Jahre tragen. Wir als SPD stehen für den Ausgleich, für die Lösungen, die möglichst alle mitnehmen.