Verachtung demokratischer Entscheidungen gärt in Deutschland. Paramilitärs bedrohen einen rechtmäßig gewählten Regierungschef, dessen Partei und seine Kinder, bespucken seine Frau, drängen ihn aus dem Amt, um einen anderen auf den Schild zu heben, einen Vertreter des in der Wahl unterlegenen Parteienspektrums des politischen Arms der Paramilitärs. Das polit-mediale Establishment droht auf seine Art.
Herr Dr. Flocken, ich erinnere Sie an den parlamentarischen Sprachgebrauch. Beim nächsten Mal erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.
So könnten Sie Mitgefühl, zumindest Respekt entwickeln. Eine unerbittliche Hexenjagd auf Gratulanten des rechtmäßig Gewählten ist in der thüringischen Verfassung nicht vorgesehen und mit ihrem Geiste unvereinbar, deren Köpfe rollen zu lassen ist jakobinisch. Staatsstreich nennt der Duden es, wenn ursprünglich demokratisch gewählte Politiker die Institutionen des Staates untergraben, um selbst die Macht zu ergreifen. Genau das passiert in Thüringen.
Der zu Inthronisierende hält die DDR nicht für einen Unrechtsstaat, verharmlost damit Mauermord, Kindesraub, Verarmung, Diktatur, Meinungsunterdrückung, Menschenhaltung in einem Freiluftgefängnis. Die Fraktionsvorsitzende der SED fordert, einen Grundpfeiler der demokratischen Verfassung zu schleifen, die geheime Wahl des Ministerpräsidenten. Nach den Worten des Leiters der Staatskanzlei hat die AfD Millionen Menschen ermordet; geifernder Hass und Hetze, hemmungsloser Lug und Trug allenthalben.
Nun hat der Ehrenvorsitzende der AfD mit einem auch von Ihnen gern thematisierten skurrilen Humor den AfD-Landtagsabgeordneten empfohlen, Ramelow zu wählen, auf dass der die Wahl ablehnen müsse. Er schmeichelt Ihnen damit – merken Sie das? –, denn er unterstellt einen Rest von Anstand. Natürlich würde ein durch die AfD gewählter Ramelow die Wahl eiskalt annehmen und sich irgendein Argument aus der Nase ziehen, nach dem das bei ihm okay sei. So schwer fällt es Ihnen, der Verfassung, der Betriebsanleitung der Demokratie, Ehre zu erweisen. Warum? Weil die Verfassung, die Demokratie nicht in unseren Genen liegt, natür
lich nicht, auch nicht in unserer Kultur. Keine hundert Jahre Demokratie, dagegen über tausend Jahre Autokratie in Deutschland. Als Spuren können Sie das Delir der Gebrauchtparteien bewundern. Oh glückliches England, oh glückliches Amerika, wo Demokratie in Jahrhunderten Teil der Kultur geworden ist.
Als Schüler habe ich mir in Afrika voller Faszination stunden- und tagelang das Treiben einer Pavianhorde angeschaut: keine Anzeichen für sachliche Argumentation, für demokratische Entscheidungsfindung, frappierende Ähnlichkeiten zum heutigen Verhalten der politischen Kaste in Deutschland – unser evolutionäres Erbe, das es zu überwinden gilt im Sinne unserer Verfassung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten! Es sind ja eigentlich ernste Vorgänge und Fragen, die wir heute debattieren, das sollten wir auch in aller Ernsthaftigkeit tun. Das ist bei den letzten beiden Beiträgen nicht ganz so im Bewusstsein gewesen.
Eines will ich vorab sagen, und da, glaube ich, sollten wir uns einig sein: Das, was insbesondere von der FDP heute auch angesprochen wurde, politische Übergriffe wie massive Beschädigung von Wahlplakaten, Beleidigung, Diffamierung, Bedrohung und erst recht natürlich Angriffe auf Abgeordnetenbüros oder Schlimmeres, ist vollständig inakzeptabel. Das ist undemokratisch, es sind Straftaten, und wer für sich in Anspruch nimmt, die Demokratie zu schützen, darf sich keiner undemokratischen Mittel bedienen.
Die große, die grundsätzliche Frage, um die es heute aber in der Debatte geht, ist die der Stabilität unseres politischen Gefüges, die der Stabilität der Demokratie in Deutschland und wie wir der Gefahr von rechts begegnen. Denn die Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen war eine Zäsur, war eine Grenzverschiebung. Die AfD verfolgt konsequent das Ziel der politischen Destabilisierung Deutschlands,
und sie ist in Thüringen einen Schritt vorangekommen. Denn hier ist ein demokratischer Grundkonsens erschüttert worden, nämlich der Konsens,
dass Demokraten nicht mit antidemokratischen und politischen Extremisten zusammenarbeiten. Stattdessen ist der Eindruck entstanden, dass die bürgerlichen Parteien, um einen linken Ministerpräsidenten zu verhindern, im Zweifel auch bereit sind, mit Rechtsextremisten zu paktieren. Das ist ein schlimmer, gravierender Vorgang, denn die AfD darf in Deutschland niemals mitentscheiden, wer Ministerpräsident eines Landes wird.
(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN und der FDP – Dr. Alexander Wolf AfD: Ach, das wird von der Regierung festge- legt?)
Kein Demokrat darf sich bei der Wahl zum Ministerpräsidenten in die Hände der AfD begeben. Der einzige angemessene Umgang mit der AfD ist die totale parlamentarische Isolierung.
(Beifall bei der SPD, der CDU und den GRÜNEN – Dr. Alexander Wolf AfD: Herr Grote, Sie sind ein Spalter!)
und eine Partei, die sich insbesondere in Thüringen fortlaufend radikalisiert, die in Teilen immer stärker mit dem rechtsextremistischen Spektrum verschmilzt
Deshalb brauchen wir diesen demokratischen Konsens, dass es mit dieser Partei keine Zusammenarbeit geben darf, und hier sind eben Zweifel entstanden, wo keine Zweifel hätten entstehen dürfen.
Es liegt jetzt in der Hand von FDP und CDU, das Vertrauen darauf wiederherzustellen, dass die demokratischen Parteien im Kampf gegen rechts geschlossen zusammenstehen. Und Herr Trepoll hat recht, es braucht dazu auch die bürgerlichen Kräfte. Vieles von dem, was nach Thüringen von Vertretern der FDP und CDU zu hören war, hat ja durchaus dazu beigetragen, diese Geschlossenheit wiederherzustellen, auch manches, was heute hier zu hören war. Insbesondere Ihnen, Herr Trepoll, möchte ich danken für die, wie ich fand, überzeugende und sehr deutliche Abgrenzung, die Sie vorgenommen haben;
Eine abschließende Bemerkung zur Situation in Hamburg. Ich glaube, dass es für uns wichtig ist, dass wir uns, wie wir das jetzt tun, mit den Entwicklungen sehr sorgfältig und aufmerksam auseinandersetzen, uns damit befassen. Einen Grund, uns von der mancherorts verbreiteten Unruhe anstecken zu lassen oder uns Sorgen um Hamburg zu machen, haben wir nicht. Und das ist wichtig festzuhalten, denn Hamburg ist stabil. Wir haben eine gefestigte demokratische Struktur. Wir haben eine ungewöhnlich breite demokratische Mitte. Die AfD ist ungewöhnlich schwach in Hamburg. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, dieses breite demokratische Fundament zu verteidigen, es weiter auszubauen, und bei der Bürgerschaftswahl am 23. Februar wird es auch darum gehen, dass dieses Signal von Hamburg ausgeht. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, uns verbleibt noch eine halbe Stunde für diese Aktuelle Stunde und mir liegen noch drei Wortmeldungen vor. Wir beginnen mit Frau von TreuenfelsFrowein für nunmehr drei Minuten.
Ich finde es immer interessant, wenn wir uns hier gegenseitig sagen, wer sich eigentlich am meisten abgegrenzt hat, wer der Abgrenzer der Abgrenzer und wer da der Beste ist. Ich glaube, damit sollten wir langsam mal aufhören.
Zur Sache zurück. Ganz ehrlich, Herr Kienscherf, ich finde es eine interessante Sache, dass Sie uns sagen, wir hätten uns entschuldigen sollen. Wenn Sie das Wortprotokoll lesen – zum Glück gibt es ja so etwas hier –, dann wissen Sie, dass ich ziemlich am Anfang gesagt habe: Diese Vorgänge tun uns leid. Und sie tun uns auch leid.
Ist ganz egal, was Sie gesagt haben; Sie haben genau diesen Satz zu uns gesagt und wir haben das getan, wenn wir sagen, es tut uns leid.
Und auch welches Thema wir zur Aktuellen Stunde anmelden, können wir selbst entscheiden. Ich glaube, es war Herr Tjarks, der gesagt hat, welches Thema wir besser hätten anmelden sollen. Wir haben beide Sachen hier sehr klar genannt. Noch einmal: Wir haben gesagt, es war ein großer, großer Fehler. Ich weiß nicht, wie viele Parteivorsitzende von Ihnen sich hier oder in Berlin auch schon einmal hingestellt und so etwas gesagt ha