Protocol of the Session on September 16, 2011

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Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 115. Sitzung im 37. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.

Die Beschlussfähigkeit stelle ich zu einem späteren Zeitpunkt fest.

Tagesordnungspunkt 34: Mitteilungen des Präsidenten

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 35, den Mündlichen Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 13.20 Uhr enden.

Bitte geben Sie Ihre Reden rechtzeitig an den Stenografischen Dienst zurück.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin mit.

Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Ministerpräsident Herr McAllister, der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herr Bode, von der Fraktion der CDU Herr Coenen, Herr Höttcher und Herr Oesterhelweg, von der Fraktion der SPD Herr Lies, Herr Watermann ab 10.30 Uhr, von der Fraktion der FDP Herr Schwarz und Herr Rickert ab 12 Uhr und von der Fraktion DIE LINKE Frau König.

Vielen Dank.

Vielen Dank. - Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 35 auf.

Mündliche Anfragen - Drs. 16/3905

Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung setze ich als allgemein bekannt voraus. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Ich darf feststellen: Es ist 9.02 Uhr.

Wir kommen damit zum Aufruf der Fragen. Ich rufe die Frage 1 auf:

Landesrechnungshof rügt Geschäftspraxis an der Leuphana - Was wusste die Landesregierung wann?

Dazu erteile ich der Kollegin Frau Dr. HeinenKljajić das Wort.

(Unruhe)

- Vorher möchte ich noch darum bitten, dass der Geräuschpegel abgesenkt wird und Sie sich jetzt auf die Rednerin konzentrieren. - Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Krumme Geschäfte bei der Leuphana?“, fragte die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 2. September 2011 und bezieht sich dabei auf eine Prüfungsmitteilung des Landesrechnungshofes zur geplanten Finanzierung des vom Stararchitekten Daniel Libeskind geplanten Zentralgebäudes der Leuphana Universität Lüneburg.

In seinem Prüfbericht vom 19. Juli listet der Rechnungshof eine Reihe von Ungereimtheiten in der Finanzierungsplanung des Objektes auf, von denen im Folgenden nur einige zusammengefasst werden können:

Für die Zinkverkleidung der Fassade des Gebäudes wurde ein Sponsoring mit der Firma Rheinzink vereinbart, zu der sowohl der Architekt Daniel Libeskind als auch der Vizepräsident der Leuphana laut Rechnungshof „in enger privatwirtschaftlicher Beziehung“ gestanden haben. Während noch der Finanzierungsplan vom 20. Mai 2011 das Sponsoring mit 500 000 Euro in die Kalkulation einstellt, beläuft sich der im Januar 2011 geschlossene Sponsoringvertrag lediglich auf ein Sponsoring in Höhe von 297 500 Euro.

Zwischen Rheinzink und Leuphana wurde ferner vereinbart, sich die jeweiligen Leistungen - Lieferung des Zinks und Präsentation des Unternehmens in der Universität - gegenseitig in Rechnung zu stellen. Ob der Universität aus diesem Sponsoring überhaupt ein wirtschaftlicher Vorteil erwächst, bezweifelt der Rechnungshof ebenso wie die Einhaltung der vom Innenministerium entwickelten

Antikorruptionsrichtlinie, deren Anwendung den Stiftungen des öffentlichen Rechts empfohlen wird.

Ferner muss das Land zusätzlich zu der aus Landesmitteln einkalkulierten Fördersumme von 21 Millionen Euro offenbar weitere rund 3,6 Millionen Euro aufbringen, um damit eine Förderung seitens der Europäischen Union in Höhe von rund 10,4 Millionen Euro gegenzufinanzieren. In der bisher den Ausschüssen des Landtages vorgelegten Kalkulation waren diese 14 Millionen Euro immer vollständig als aus EU-Mitteln gedeckt aufgeführt worden. In der Sitzung des Haushaltsausschusses vom 12. Januar 2011 wurde zudem versichert, dass die Mittel des Landes zur Finanzierung des Bauvorhabens der Universität Lüneburg bei 21 Millionen Euro gedeckelt seien.

3,34 Millionen Euro sollten laut Aussage des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vor dem Ausschuss für Haushalt und Finanzen vom 12. Januar 2011 - Bericht des Landesrechnungshofes aus der Sitzung des Ausschusses - aus Overheadmitteln und aus anderen zweckgebundenen Rückstellungen der Universität Lüneburg finanziert werden. Inzwischen ist klar, dass Overheadmittel nicht in Anspruch genommen werden können und diese Mittel, die im Finanzplan vom 20. Mai 2011 noch auf 3,25 Millionen Euro beziffert werden, vollständig aus Rückstellungen der Universität abgedeckt werden müssen. Weitere rund 6 Millionen Euro müssen von der Universität aus eigenen Mitteln aufgebracht werden, um die für den Zweckbetriebsanteil des Bauvorhabens zunächst vereinnahmten Vorsteuern zu erstatten.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Kritik des Landesrechnungshofes am Sponsoringvertrag mit der Firma Rheinzink hinsichtlich der privatwirtschaftlichen Verquickungen des Architekten Libeskind und des Vizepräsidenten der Universität mit dem Unternehmen und des damit einhergehenden Unterlaufens von Wettbewerb und eines möglichen Verstoßes gegen die Antikorruptionsrichtlinie des Innenministeriums?

2. Zu welchem Zeitpunkt wusste die Landesregierung, dass ihre Aussage vor dem Haushaltsausschuss vom 12. Januar 2011, die Mittel des Landes zur Finanzierung des Bauvorhabens der Universität Lüneburg seien bei 21 Millionen Euro gedeckelt, offenbar insofern nicht stimmt, als die zur Kofinanzierung der EU-Förderung aus Landesmitteln notwendigen 3,6 Millionen Euro dabei außer

Acht gelassen wurden und der tatsächliche Landesanteil bei mindestens 24,6 Millionen Euro liegt?

3. In welcher Höhe werden Forschung und Lehre an der Universität Lüneburg insgesamt Mittel vorenthalten, weil entgegen der dem Finanzausschuss vorgelegten Finanzplanung Teile der Investitionskosten etwa aufgrund von Rückzahlungen einer zunächst vereinnahmten Vorsteuererstattung oder zunächst aus Overheadmitteln anderer Projekte geplante Finanzierungsanteile nunmehr vollständig aus Eigenmitteln der Leuphana aufgebracht werden müssen?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Wanka. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Erfahrungen mit Landesrechnungshöfen in drei Bundesländern. Das kam durch meine Tätigkeit als Rektorin in - - -

(Christian Meyer [GRÜNE]: So viele Beanstandungen!)

- Ja, ich habe Erfahrungen in drei Bundesländern, und zwar als Rektorin im Land Sachsen-Anhalt, als Ministerin in Brandenburg und jetzt in Niedersachsen. Ich habe - dies sage ich ganz ehrlich - den Landesrechnungshof in diesen Jahren schätzen gelernt, weil er einem sowohl als Rektorin als auch als Ministerin sehr helfen kann. Manchmal sieht er Dinge, die man selbst nicht sieht. Vor allen Dingen ist er auch ein gutes Instrument, unliebsame Dinge zum Teil durchzusetzen. Landesrechnungshofberichte sind ein wichtiges Instrument der Arbeit.

Hier in Niedersachsen ist der Landesrechnungshof nach Artikel 70 der Verfassung zuständig. Seine Aufgabe ist es, die ordnungsgemäße Haushalts- und Wirtschaftsführung der Landesverwaltung zu überprüfen. Die Mitglieder genießen richterliche Unabhängigkeit. Der Landesrechnungshof informiert den Landtag und die Landesregierung.

Wie funktioniert das? - Das funktioniert so, dass sich ein Landesrechnungshof etwas anguckt und dann eine Prüfmitteilung fertigt, aus der hervorgeht, wie er einen Sachverhalt einschätzt und welche Fragen er stellt. Die Prüfmitteilung geht dann den zuständigen Ressorts zu. Dann wird bewertet.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist be- kannt!)

Ich habe es mehr als einmal erlebt, dass der Bericht des Landesrechnungshofes, der am Ende steht, der die Position des Landesrechnungshofes darstellt und veröffentlicht wird, sich sehr deutlich von den Aussagen und Nachfragen in den Prüfmitteilungen unterscheidet, weil die Dinge manchmal vom Kopf auf die Füße gestellt wurden.

Das heißt, hier liegt nun eine Prüfmitteilung vor. Auch in Niedersachsen gilt das Verfahren: Der Landesrechnungshof fertigt eine Prüfmitteilung. Daran schließt sich eine Phase an, in der sich die Ressorts, also die Landesregierung, dazu - - -

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: In der der Bericht an die Meinung der Mehrheits- fraktionen angepasst wird!)

- Herr Wenzel, hören Sie doch zu! Sie können danach doch Tausend Fragen stellen bzw. Sie können dann zwei Fragen persönlich stellen. Das können Sie nachher gerne machen. Aber zuvor müssen Sie mir die Möglichkeit geben, die Antwort vorzutragen.

Die Prüfmitteilung liegt also dem entsprechenden Haus vor. Daran schließt sich eine Phase an, in der diese sorgfältig bearbeitet wird. Daraufhin wird dieses Ergebnis nochmals mit dem Landesrechnungshof diskutiert. Darauf folgt der abschließende Bericht. - Das ist der normale Vorgang. Das gilt aber nicht in diesem Fall.

In diesem Fall wurde die vertrauliche Prüfmitteilung durchgestochen, öffentlich gemacht. Das ist der erste Punkt.

(Zuruf von der SPD: Durchgestochen?)

- Klar; das ist eine vertrauliche Mitteilung. - Der zweite Punkt: Teile der Opposition - nicht die gesamte Opposition - haben dies genutzt, um Verdächtigungen, Unterstellungen übelster Art,

(Oh! bei der SPD und bei den GRÜ- NEN - Victor Perli [LINKE]: Unerhört!)

Vorverurteilungen und Diskreditierungen auszusprechen. Wir von meinem Haus haben uns sehr korrekt verhalten. Wir haben diese vertrauliche Phase, in der wir eine Antwort erarbeiten, nicht genutzt, um mit einzelnen Dingen an die Öffentlichkeit zu gehen. Aber das schadet uns. Deshalb weiche ich hier an dieser Stelle vom regulären Verfahren ab und äußere mich zu dem, was transportiert wurde, und zu dem, was in der Mitteilung

des Rechnungshofs steht. Das ist nicht das reguläre Verfahren. Aber ich habe überhaupt keine Lust, es mir noch länger bieten zu lassen, dass hier mit Halbwahrheiten, Verdächtigungen und Unterstellungen agiert wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)