Protocol of the Session on February 20, 2004

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Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie alle sehr herzlich. Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, will ich Gäste begrüßen. Auf der Besuchertribüne haben Platz genommen Mitglieder des SPD-Amtsbezirks Grube sowie Mitglieder der Ratsversammlung der Stadt Neumünster. - Seien Sie alle herzlich willkommen!

(Beifall)

Es fehlen wegen Erkrankung die Herren Abgeordneten Maurus, Jensen-Nissen, Poppendiecker und Schröder. - Ich wünsche allen gute Genesung.

(Beifall)

Beurlaubt ist Herr Abgeordneter Kubicki.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will mit einer geschäftsleitenden Bemerkung starten. Die Fraktionen haben sich verständigt, dass Tagesordnungspunkt 35 - Entkoppelung von Prämien in der Landwirtschaft - ohne Aussprache behandelt wird. Ich rufe Tagesordnungspunkt 35, der heute als erster Punkt auf die Tagesordnung gesetzt ist, auf:

Entkoppelung von Prämien in der Landwirtschaft

Bericht der Landesregierung

Drucksache 15/3209

Ich mache mir den Vorschlag der Fraktionen zu Eigen und schlage Ihnen vor, den Bericht dem fachlich zuständigen Agrarausschuss zu überweisen. Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das haben wir einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 34 auf:

Berufliche Situation insbesondere der Frauen im ländlichen Bereich und in den so genannten grünen Berufen

Landtagsbeschluss vom 12. November 2003

Drucksache 15/2994

Bericht der Landesregierung

Drucksache 15/3208

Ich erteile dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft das Wort, Herrn Minister Müller.

8428 Schleswig-Holsteinischer Landtag (15. WP) - 109. Sitzung - Freitag, 20. Februar 2004

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Landwirtschaftliche Betriebe in SchleswigHolstein sind Hightechunternehmen, die qualifizierte Arbeitskräfte brauchen und auch finden. In Schleswig-Holstein gibt es insgesamt elf so genannte „grüne Berufe“, die von Frauen ausgeübt werden. Neben der Landwirtin sind das zum Beispiel die Pferdewirtin, die Fischwirtin, aber natürlich auch Berufe im Bereich der Hauswirtschaft und des Gartenbaus, die traditionell einen hohen Frauenanteil aufweisen.

Längst zählt technisches Geschick zu den Schlüsselqualifikationen in der Landwirtschaft - eine Entwicklung, die vor allem Frauen zugute kommt. Denn diese Berufsgruppe findet mehr und mehr Anhängerinnen. So gehört es zu den Aufgaben von Landwirtinnen und Landwirten, computergestützte Fütterungsanlagen und Pflanzenschutzspritzen zu bedienen oder Produktionsanlagen zu überwachen. Aber es ist ein langsamer und für den einen oder anderen mühsamer Prozess.

Dies macht auch das mit großem Aufwand recherchierte Zahlenwerk deutlich, das ich Ihnen heute vorstellen darf. Ich bedaure nur, dass sich die Antragsteller bei den Fragestellungen überwiegend auf das Abfragen von Zahlen konzentriert haben, die zu einem großen Teil im „Agrarreport“ bereits bekannt sind.

Verehrte Damen und Herren, trotz der Technisierung ist die Berufstätigkeit in der Landwirtschaft noch immer eine Männerdomäne. In der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein gibt es circa 17.000 männliche Betriebsinhaber, aber immerhin 1.500 weibliche Betriebsinhaberinnen. Auffallend ist, dass Frauen meist kleinere Betriebe leiten als ihre männlichen Kollegen.

In Deutschland wie in Westeuropa insgesamt ist der herkömmliche landwirtschaftliche Betrieb ein auf die Arbeit eines Ehepaars ausgerichtetes Familienunternehmen. Mit ihrer Erwerbstätigkeit tragen Frauen bis zu 50 % zum Familieneinkommen in der Landwirtschaft bei. In der Ausbildung zum Landwirt, zur Landwirtin liegt der Frauenanteil heute bei etwa 10 %. Dies ist ein kleiner Anstieg gegenüber den Vorjahren. Im Zeitraum 1992 bis 1996 waren es rund 8 %. Höher ist der Anteil in den gärtnerischen Berufen mit rund 30 %.

Meines Erachtens gibt es Potenzial an Arbeitsplätzen in den so genannten grünen Berufen, das insbesondere von Frauen genutzt werden kann. Deshalb setze ich mich für die grünen Berufe und ausdrücklich auch für Frauen in den grünen Berufen ein und werbe hier

für auf Veranstaltungen und auch in einer erstmaligen Publikation mit der Landwirtschaftskammer.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Die vorliegenden Zahlen belegen, dass auch im akademischen Lehrkörper der Anteil an Frauen noch unangemessen gering ist. So gibt es beispielsweise in Deutschland nur 6 % Professorinnen in naturwissenschaftlich-technischen Fächern. Die Situation in den Agrarwissenschaften ist vergleichbar. Unter den 20 Professoren im Fachbereich der Agrarwissenschaften in Kiel befindet sich nur eine Frau. Auch an der Fachhochschule im Fachbereich Landbau in Osterrönfeld ist ebenfalls nur eine Frau im Kreise von zehn männlichen Professoren tätig.

In der Verwaltung ist das Bild schon etwas freundlicher. Im Geschäftsbereich des Umwelt- und Landwirtschaftsministeriums beträgt der Anteil der Frauen im gehobenen und höheren Dienst knapp ein Drittel; in den Ämtern für ländliche Räume beträgt der Anteil von Frauen in verantwortlichen Positionen - nicht zu verwechseln mit Leitungsfunktionen - immerhin rund 50 %.

Verehrte Damen und Herren, der Strukturwandel in der Landwirtschaft wirkt sich auch auf die Arbeits- und Lebenssituation der Frauen im ländlichen Raum aus. Der zunehmend enger werdende Arbeitsmarkt und die Doppelbelastung durch Erziehung, Pflege und Versorgung von Kindern und Eltern, die in der Regel hauptsächlich von den Frauen getragen wird, lassen die Frauen häufig nur noch zögerlich in Erwerbstätigkeiten einsteigen. Ich bin der Auffassung, dass eine zeitgemäße Politik für den ländlichen Raum hier gefordert ist.

Die Landesregierung hat mit den Maßnahmen im Rahmen des Förderprogramms „Frauen und Beruf“ landesweit die Beratungseinrichtungen „Perspektiven für Bäuerinnen“ in der Trägerschaft der Landwirtschaftskammer gefördert. Eine treibende Kraft für die Verbesserung der Chancen von Frauen im ländlichen Bereich ist der Landfrauenverband SchleswigHolstein. Als Akteurin und Betroffene zugleich haben sie mit finanzieller Unterstützung der Landesregierung und der EU unterschiedliche neue Betätigungsfelder geschaffen. Dazu zählt auch das seit letztem Jahr neu aufgelegte Projekt der Agrarbürofachfrau.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Neue Tätigkeitsfelder haben sich auf dem Dienstleistungssektor, im Bereich der Direktvermarktung und in der Freizeit- und Erholungsbranche entwickelt. Wir

Schleswig-Holsteinischer Landtag (15. WP) - 109. Sitzung - Freitag, 20. Februar 2004 8429

(Minister Klaus Müller)

haben auch unser Agrarinvestitionsprogramm im Jahr 2004 trotz schwieriger finanzieller Rahmenbedingungen aufgestockt, um Investitionen und Innovationen gerade in diesem Bereich auf den Höfen zu ermöglichen und zu unterstützen.

Neben der beruflichen Qualifizierung ist es das Ziel, zu einer Dienstleistungsstruktur zu kommen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert - nicht nur ein Thema für Frauen, sondern gerade auch für Männer.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Der jetzt laufende Prozess der EU-Agrarreform mit dem Ziel einen nachhaltigen und multifunktionalen Landwirtschaft eröffnet gerade auch Frauen die Möglichkeit, neue Betriebszweige und Einkommensquellen zu erschließen. Nur dann, wenn die Frauen die Möglichkeit erhalten, ihr unternehmerisches Engagement auszubauen, ist eine wirtschaftlich gesunde und nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum und in der Landwirtschaft Schleswig-Holstein möglich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW und der Abgeordneten Caroline Schwarz [CDU])

Ich danke dem Herrn Minister für die Berichterstattung. Ich eröffne die Aussprache und erteile der Frau Abgeordneten Sassen das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit einer knappen Notiz in der „sh:z“ wurde am 10. Februar 2004 der Bericht der Landesregierung zur beruflichen Situation insbesondere der Frauen im ländlichen Bereich und in den elf so genannten grünen Berufen kommentiert. Dies mag zum einen daran liegen, dass das öffentliche Interesse an der Landwirtschaft leider eher gering zu sein scheint, andererseits aber auch darauf hindeuten, dass der Bericht der Landesregierung inhaltlich nicht viel hergibt.

Herr Minister, wenn Sie sagen, dass wir leider nur Statistiken abgefragt hätten, erwarten wir auch, dass die dann richtig sind. Es ist nämlich festzustellen, dass die Tabelle auf Seite 3 zwar Auskunft darüber gibt, wie viele Frauen und Männer sich in den so genannten grünen Berufen von 1992 bis 2002 in der Ausbildung befanden, jedoch beantwortet die Aufschlüsselung nicht, wie viele im genannten Zeitraum eine Ausbildung abgeschlossen haben.

Das dargestellte Zahlenmaterial würde allein beim Ausbildungsberuf Landwirtin beziehungsweise Landwirt bedeuten, dass jeder landwirtschaftliche Betrieb wenigstens einen Landwirt ausgebildet hat. Dies kann nicht sein, da von den circa 15.000 Betrieben nicht alle eine Ausbildungsbefähigung haben. Ich gehe davon aus, dass hier und auch bei den anderen grünen Berufen eine falsche Tabelle zugrunde gelegt wurde, sodass die gesamte Zahl von 500 weiblichen und 5.229 männlichen Landwirten durch die Anzahl der Lehrjahre, nämlich drei, zu teilen ist. Dann würde es stimmen.

Damit ist sowohl die in der Presse genannte Zahl der ausgebildeten Landwirte nicht richtig als auch die erste Frage unseres Berichtsantrages falsch beantwortet worden. Trotz Girls Day und Gender Mainstreaming scheint die klassische Reihenfolge des Interesses der Mädchen von der Barbiepuppe über die Pferdebegeisterung bis hin zum Partner, der sicher gern einen Reitstall in die Beziehung einbringen darf, noch aktuell zu sein.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Dies lässt der hohe Prozentsatz von Frauen bei den Pferdewirtinnen - circa 78 % im Vergleich zu circa 22 % männlichen Auszubildenden - vermuten. Auch bei der Ausbildung zur milchwirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Laborantin und zur Hauswirtschafterin sind die Frauen erwartungsgemäß führend.

Bedauerlicherweise konnte die Frage nach der Verbleibquote der Frauen und Männer im jeweiligen Beruf nicht beantwortet werden. Gerade in der letzten Zeit höre ich sehr häufig, dass Jugendliche im ländlichen Raum eine Ausbildung in der Landwirtschaft durchlaufen, weil es in der Region keine Alternativen gibt, obwohl sie später in diesem landwirtschaftlichen Beruf keine Chance haben.

Erfreulich ist, dass der Frauenanteil beim Studium der Agrarwissenschaften mit 503 Frauen zu 710 Männern und bei der Ökotrophologie sogar mit 548 Frauen zu 61 Männern groß ist.

Betrachtet man die Statistik zu den Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhabern, fällt zunächst einmal auf, dass sich die Zahl der Betriebe in zehn Jahren um 8.700 verringert hat und im Jahre 2001 nur noch bei 17.900 lag. Derzeit ist sie noch geringer und liegt bei circa 15.000.

Strukturwandel, Einschränkungen durch NATURA 2000 und die undurchsichtige, ständig wechselnde Förderpolitik werden weitere Betriebsaufgaben nach sich ziehen und den Rest erledigt die EUAgrarreform. Erstaunlich ist dennoch, wie viele tüch