Deswegen geht Ihr Vorwurf, sie könnten das technologisch nicht bewältigen, völlig nach hinten los und sagt nur, es ist eine falsche Entwicklungspolitik betrieben worden.
Ich finde, das ist tatsächlich Kolonialismus, wenn man den Menschen sagt: Ihr seid zu dumm. Das ist der Kern dieses Argumentes. Das lehne ich wirklich ab.
Die Frage der Energiepolitik hat sicherlich viel mit Technologie zu tun. Wenn man sagt, die Technologie der Windkraft sei bei Offshore noch nicht ausgereift, heißt das nur, dass wir noch Entwicklungsphasen haben. Aber niemand von technisch versierten Leuten zweifelt ernsthaft, dass es möglich ist, Windkraftwerke aufs Meer zu stellen. Das braucht eine gewisse Entwicklungszeit. Wenn man Entwicklungen zu sehr beschleunigt, kann es auch schief gehen. Auch das wissen wir alle aus der Technologiegeschichte.
Weiter. Kern der Energiedebatte ist eine ökonomische Debatte. Wir wissen alle, dass die Primärenergiepreise von fossilen Energien in den nächsten 50 Jahren dramatisch ansteigen werden. Ob sie sich verdoppeln oder vervierfachen werden, kann man schwer
voraussagen. Wenn man sich die Entwicklung der Reserven anschaut, so ist zu vermuten, dass sie sich eher vervierfachen als verdoppeln werden. Das bedeutet: Wir werden eine enorme Wirtschaftskrise bekommen, wenn wir es nicht schaffen, rechtzeitig in regenerative Energien einzusteigen. Da wird uns auch die Kernenergie nicht helfen.
Alle wissen, dass die Kernenergie eine Übergangstechnologie ist, die überhaupt nur ein sehr geringes Spektrum des Energiebedarfs abdeckt. Weltweit liegt sie unter 10 %. Das heißt, sie löst die Energieprobleme überhaupt nicht, sie löst nicht die Energieprobleme der dritten Welt, insbesondere Chinas, das den größten Energiehunger überhaupt hat. Indien wird als Nächstes kommen. Diese Probleme werden mit Kernenergie nicht gelöst, denn dann wären die Uranvorhaben in zwanzig bis dreißig Jahren erschöpft und der ganze Budenzauber wäre wieder vorbei. Entweder werden wir in dreißig oder vierzig Jahren eine Weltwirtschaftskrise haben oder wir schaffen es, rechtzeitig auf die regenerativen Energien umzusteigen. Davon, ob wir das schaffen, hängt die Zukunft ab.
Jetzt kommt das Spannende: Diejenigen, die als Erste in solche Technologien einsteigen, die frühzeitig in den richtigen Bereich investieren, haben am Schluss den Vorteil. Das ist Technologiegeschichte. Wer also frühzeitig plant, frühzeitig neue Kraftwerke baut, frühzeitig in neue Technologien investiert, ist im Vorteil. Wer jetzt Kraftwerke baut, die in 30 bis 40 Jahren gar nicht mehr zu nutzen sind - so lange halten nun einmal Kraftwerke -, wer Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke baut, die hinterher nicht mehr verwendbar sind, weil die Energiepreise so hoch sind, dass sie nicht mehr rentabel laufen, ist nachher der Angeschissene.
Deswegen glaube ich, dass wir auf einem ausgesprochen guten Wege sind. Mittlerweile kommen internationale Delegationen aus allen Ländern der Welt, von Japan bis USA, von Südamerika bis zu den europäischen Ländern wie Spanien, aber auch aus den arabischen Ländern, nach Schleswig-Holstein, um sich anzusehen, was hier in der Energiepolitik geschieht. Das ist wunderbar. Damit sind wir endlich einmal weltweit führend.
(Beifall bei der SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Mein Gott! - Beifall der Abgeordne- ten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstens. Herr Kollege Eichelberg, Sie sagten, zehn Jahre brauchten wir, um bei der OffshoreTechnologie so richtig in Gang zu kommen. Ich bezweifele das, aber ich gehe jetzt einmal davon aus, dass wir tatsächlich noch zehn Jahre brauchen, bis es wirklich gut funktioniert. Dabei muss man bedenken: Der Atomausstieg soll ungefähr 30 Jahre in Anspruch nehmen. Das heißt, wir haben genug Zeit, um genau diese Energieformen, die Offshore-Technologie beispielsweise, so zu entwickeln, dass sie mit Eichelbergs Gnaden läuft. Das heißt aber doch, dass wir, wenn wir in diesem Bereich schon richtig gut sind, diese Chance auch nutzen sollten. Wir haben genug Zeit. Das sieht die Atomausstiegsvereinbarung vor.
Zweitens zum Anlagenbau, Frau Aschmoneit-Lücke! Sie sagten, keiner sei auf Dänemark eingegangen. Richtig ist sicherlich, dass es in dem Park vor Esbjerg derzeit Probleme gibt. Zu fragen ist erstens: War es ein Planungsfehler der dort beteiligten Unternehmen? Dann ist es eine Unternehmenssache. Zweitens ist zu fragen: Ist es immer noch ein technischer Fehler wegen der Salzluft in der Nordsee, der noch gelöst werden muss? Dann wäre die weitere Forschung zu unterstützen. Auch dann müsste man sagen: Wir sind schon so weit, dass wir es in der Ostsee geschafft haben. Jetzt forschen wir, damit wir es auch in der Nordsee schaffen. Das ist eigentlich ein Anlass, wieder Geld dort hineinzustecken.
Drittens: Entwicklungshilfe. Der Kollege Hentschel hat es schon deutlich gemacht: Es ist nicht die Frage der Windenergie, sondern die Frage, welche Art der Entwicklungshilfe man betreibt. Wenn man das so macht wie die Franzosen in Mali, muss es schief gehen. Dabei ist es wirklich egal, ob man Häuser nicht vernünftig baut, ob man Atomkraftwerke dort hinstellt oder Windenergieanlagen. Wenn man die Technik und die Fertigkeiten nicht mitliefert, wenn man die Ausbildung nicht macht, dann geht so etwas
Viertens: Bedeutung der Windkraft auch für das Land Schleswig-Holstein. An der Westküste hat es seit 400 Jahren nur Landwirtschaft, Fischerei und Schifffahrt gegeben. Dann kam ein bisschen Tourismus hinzu. Ansonsten hat sich dort nichts entwickelt. Industrie war für uns an der Westküste undenkbar. Wir haben es das erste Mal geschafft, einen völlig neuen Wirtschaftszweig an der Westküste zu etablieren.
Das ist in den letzten fünf bis sieben Jahren geschehen. Auf einmal können studierte Leute in der Region bleiben und in der Region einen Arbeitsplatz finden. Das ist eine große Neuerung für die Westküste, im Übrigen auch für uns Minderheiten, dass nicht immer unsere klugen Köpfe unser Land verlassen müssen.
Dies ist ein Vorteil. Wir können froh sein, dass dies geschehen ist. Das bedeutet für uns, dass wir gerade diese Energieform weiterentwickeln müssen. Wir müssen mit der Förderung und mit Erforschung der erneuerbaren Energien weitermachen. Denn in diesem Bereich sind wir nachweisbar gut. Da wo wir gut sind, sollten wir noch besser werden. Das ist eine Forderung, die ständig in diesem Hause aufgestellt wird. Dann muss diese Forderung gerade in diesem Bereich gelten, denn da sind wir wirklich führend in der ganzen Republik. Diese Führung sollten wir uns nicht nehmen lassen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Ritzek, Sie sagten, wir sollten nicht so tun, als ob die Windkraft das Heil der Welt sei. Wir sollten aber dafür sorgen, dass Windkraft ein Teil der Welt ist. Das ist der entscheidende Punkt. Das machen wir ja auch.
Sie verdammen das aber immer wieder. Ihr Vordenker dabei ist Graf Kerssenbrock. - Sie sind nicht einmal Vordenker, sondern Sie denken nach hinten. Das ist das Problem.
Frau Aschmoneit-Lücke, Sie sagten, Versuche der Windkraft an Land würden uns nichts bringen. Die Firma REpowering ist gerade dabei, einen Quantensprung zu machen. Sie überspringt die 2- und 3-MWAnlagen und geht gleich an die 5-MW-Anlagen heran. So weit sind sie schon.
- Hören Sie doch zu! - Sie ist eben so weit, das an Land zu machen. Wir haben ja bei uns das Beispiel GROWIAN. Sie will es erproben. Das ist das Gute. Und gut ist, dass diese Firma in Schleswig-Holstein sitzt und das bei uns macht.
Was meinen Sie wohl, warum wir in Brunsbüttel zugestimmt haben? Weil wir genau wissen, dass die Leute aus der ganzen Welt hierher kommen, um diese Anlage zu sehen, sodass wir dann Kontakte knüpfen können. Und Sie führen Horns Rev an!
Es ist gut, dass das dort jetzt gerade passiert ist. So können wir aus den Fehlern, die von der Firma dort gemacht worden sind, lernen. Wir können jetzt erforschen, wie wir mit der aggressiven Nordseeluft umgehen müssen. Das ist eine riesige Aufgabe, die wir alle gemeinsam anpacken sollten. Lars Harms hat Recht: Daran müssen wir möglicherweise forschen. Das ist jetzt die Aufgabe der Hochschulen, die gerade ein Kompetenzzentrum gegründet haben. Sie müssen jetzt ergründen, warum das passiert ist. Zunächst einmal wird es sehr viel Geld kosten, aber dann werden wir davon profitieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Soeben wurde das Problem der mangelnden Netzversorgung angesprochen. Darauf möchte ich kurz eingehen.
Mit den erneuerbaren Energien wollen wir ja gerade mehr dezentrale Versorgung realisieren. Wenn ich mich jetzt einmal auf Strom beschränke, so wird die
Dann brauchen wir nicht diese Riesenkapazitäten an Leitungen, wie wir sie im Moment haben. Das ist das Ziel.
Herr Kubicki, ich sage auch noch einmal in Ihre Richtung: Wenn wir uns überlegen, was Energie überhaupt ist und woher sie kommt, so kann ich im Grundsatz sagen: Ich will genau das, was Sie auch wollen, nämlich die Kernenergie nutzen, aber ich will sie nicht da nutzen, wo Sie sie nutzen wollen, nämlich auf der Erdoberfläche, sondern ich will sie dort nutzen, wo die Natur sie hingesetzt hat. Das ist einmal auf der Sonne, die ja unser Fusionskraftwerk ist.