Karl-Martin Hentschel
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Last Statements
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich: Wenn wir versuchen, uns an den erfolgreichen Schulsystemen in der Welt zu orientieren und daraus zu lernen, dann versuchen Sie hier, Grabenkriege von vor dreißig Jahren aufzuführen.
Ich finde, es ist in unserem Land eine gute demokratische Kultur, wenn man den Wählerinnen und Wählern vor der Wahl sagt, was man vor hat und worüber sie bei der Wahl einer neuen Regierung abstimmen. Das ist der Grund dafür, dass wir hier einen Antrag stellen, der in vier Punkten knapp, aber sehr deutlich darlegt, was bei allen Unterschieden, die wir durchaus haben, das gemeinsame Vorhaben von SPD und Grünen beim Umbau des Schulsystems ist. Ich glaube, es war nötig, diesen Antrag vorzulegen, weil wir uns ganz klar von einer Kampagne der Opposition abgrenzen wollen, die versucht, unter dem polemischen Stichwort Einheitsschule Debatten alter Zeiten wieder aufzuwärmen.
Ich nenne noch kurz die Zahlen: Alle sieben Länder, die in den 29 Staaten, die an PISA teilgenommen haben, die Schüler im Alter von zehn bis elf Jahren trennen, liegen in der hinteren Hälfte. Kein einziges dieser Länder liegt in der vorderen Hälfte. In der vorderen Hälfte liegen nur Länder, die die Kinder mindestens dreizehn, überwiegend aber bis zu sechzehn Jahre gemeinsam unterrichten. Das beweist noch nichts, aber es ist Fakt.
Der PISA-Bericht sagt weiterhin sehr deutlich, dass Gymnasiasten, also starke Schüler, nicht daran leiden, wenn sie mit schwächeren Schülern zusammen sind. Umgekehrt aber profitieren schwächere Schüler enorm, wenn sie mit stärkeren Schülern zusammen sind, weil sie geistige Anregungen kriegen und eine andere Orientieren erhalten, denn die Klugen sind dann der Orientierungspunkt, nicht aber diejenigen, die in der hinteren Reihe sitzen und mosern.
Herr Klug, die zweihundert Lehrer, die neu eingestellt wurden, sind natürlich in die Grundschulen
gegangen. Sie wissen auch genau, warum das so ist. Genau wie Sie wollen wir in den Grundschulen die kleinen Kinder stärken. Wir wissen, das man in der Frühförderung anfangen muss. Ferner haben wir die verlässliche Halbtagsgrundschule eingeführt.
Wir sollten aber auch feststellen, was wir gemeinsam gelernt haben: Es gab in Deutschland Zeiten, als für die Konservativen die Ganztagsschulen und die Kindergärten als Bildungseinrichtungen zu den sozialistischen Schreckgespenstern gehörten. Noch in den 90er-Jahren, es ist also noch keine zehn Jahre her, hat die CDU in Hamburg Proteste gegen die verlässliche Halbtagsschule organisiert, und zwar unter dem Motto, die Linken wollen den Eltern die Kinder wegnehmen und die Erziehung der Kinder übernehmen. Das ist keine zehn Jahre her. Heute reden Sie anders und das begrüße ich.
Auch wir haben dazugelernt. Wir haben begriffen, dass die Gesamtschule nichts weiter tut, als das dreigliedrige Schulsystem zu reproduzieren. Dazu waren wir aufgrund der Hamburger Beschlüsse auch gezwungen. Diese Gesamtschule war also nicht die Lösung der Probleme. Wir brauchen eine individuelle und differenzierte Schule, die jedes Kind individuell nach seinen Fähigkeiten fördert. Das ist genau das Gegenteil einer Einheitsschule. Wenn sich dies weltweit in vielen Ländern als Erfolgsmodell erwiesen hat, dann wird das nicht dadurch widerlegt, dass Herr Klug hier eine Rede hält.
Wir wollen alle Kinder optimal fördern und wir wollen enorme zusätzliche Ressourcen in die Grundschulen und in die Förderung von Kinder stecken. Das sind genau die Ressourcen, die wir an anderer Stelle, nämlich beim Sitzenbleiben, das in SchleswigHolstein immerhin tausend Lehrerstellen kostet, bei der Verkürzung der Schulzeit und bei der Reform der Oberstufe einsparen können. Dadurch kommen wir zu erheblichen zusätzlichen Ressourcen in den Grundschulen, in der Vorschulzeit und in der Sekundarstufe I, um die Kinder zu fördern, um besseren Unterricht zu machen und um individuelle Förderung zu erreichen. Je schneller wir das anpacken, desto günstiger werden wir das hinbekommen.
Es geht aber noch um mehr. Wir brauchen auch selbstständige Schulen. Denn PISA hat mit großer Klarheit bestätigt: Das deutsche Schulsystem ist bürokratisch und überreguliert. Gerade Reformen in
Inhalt und Pädagogik können nicht von oben verordnet werden, sondern sie müssen von unten, von den Schulen selbst im kreativen Wettbewerb ausgelöst werden.
Wir erleben zurzeit anhand des Ganztagsschulinvestitionsprogramms der Bundesregierung, welche Dynamik ausgelöst werden kann. Hunderte von Schulen in Schleswig-Holstein haben sich mit Konzepten beworben, an Dutzenden Schulen werden zurzeit Mensen und Aufenthaltsräume für Mittagessen und Ganztagsbetreuung geplant oder gebaut.
Die Schulen beginnen zu begreifen, welche Chancen die Öffnung der Schulen hat. In Timmendorf legt die Gemeinde drei Schulen zusammen und legt das Jugendzentrum und die Gemeindebibliothek in die Schule. Die Schule wird so zum ganztägig geöffneten Jugend-, Kultur- und Bildungszentrum der Gemeinde.
Auf Fehmarn schlägt ein konservativer Bürgermeister vor, die finnische Gemeinschaftsschule einzuführen. Warum macht er das auf Fehmarn? - Fehmarn hat das Problem, dass die Oberstufe ausläuft, da sie zu wenig Schüler haben. Der Bürgermeister denkt ganz praktisch: Bei uns sind 25 % in der Oberstufe, in Finnland sind 50 % in der Oberstufe. Aha, führen wir das finnische System ein, legen Hauptschule, Realschule und Gymnasium auf Fehmarn zusammen, dann haben wir genügend Schüler, um eine Oberstufe zu betreiben. So praktisch wird dort gedacht.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.
Mein Schlussappell für heute lautet: Versenken wir die dummen Debatten und Kampagnen der Vergangenheit, orientieren wir uns an Fehmarn! Ich wünsche Ihnen heute alles Gute.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben im Sommer ein so genanntes „Vorschaltgesetz“ für die Verbesserung der Hafensicherheit beschlossen, weil ein Termin anstand, zu dem Deutschland und auch Schleswig-Holstein die internationale Vereinbarung erfüllen muss. Grundlage für diese Vereinbarung waren die terroristischen Großanschläge der letzten Jahre auf Schiffe wie die „Achille Lauro“ 1985, das Kriegsschiff „USS Cole“ im Jahre 2000, die „Limburg“ 2002 und die „Superferry 14“ 2004. Man muss feststellen, dass die Gefährdung von Schiffen nicht auszuschließen ist. Deshalb finden wir es richtig, dass ein Hafenanlagensicherheitsgesetz verabschiedet wird.
Da Kiel ein Fährhafen ist und Lübeck der wichtigste Ostseehafen, ist es umso wichtiger, weil insbesondere bei den Fährhäfen die Gefahr besteht, dass Passagierschiffe deutsche Häfen nicht mehr anlaufen dürfen, wenn sie nicht entsprechende Regelungen treffen. Deshalb ist es wichtig, dass wir eine solche Regelung treffen und dementsprechend ausgestalten.
Ich möchte nur noch kurz auf die Fragen eingehen, die von der Opposition angesprochen worden sind. Die Bedenken bezüglich des Datenschutzes teilen wir, wir sehen das ebenso. Wir haben aber daraus keinen grundsätzlichen Koalitionsstreit gemacht, weil wir denken, dass man unterschiedlicher Auffassung sein kann.
- Man kann da unterschiedlicher Auffassung sein, wir haben uns in diesem Fall der Auffassung des Ministeriums gebeugt und werden dem zustimmen.
- Es ist häufig so, dass man in der Koalition unterschiedliche Auffassungen hat, und dann muss man sich einigen. Es ist nun einmal so, dass man als kleiner Koalitionspartner nicht immer gewinnen kann, das ist leider so. Das werden auch Sie noch erleben,
wenn Sie jemals an die Regierung kommen sollten. Da Sie das nicht werden, können Sie noch lange warten.
Zur Gebührenfrage! Über die Gebührenfrage haben wir lange nachgedacht. Natürlich kann man sagen, das Land sollte die Gebühren übernehmen, aber angesichts der Finanzlage und angesichts der Vorlage der Regierung, die sagt, es sei angemessen, dass die Wirtschaft die Gebühren auch trägt - es handelt sich ja nicht um riesige Gebührensummen, die da anfallen -, sind wir der Auffassung, dass wir im Sinne der Sparsamkeit der Vorlage des Ministeriums folgen und bei der jetzigen Regelung bleiben sollten. Es ist populistisch, immer zu sagen: Das Land macht alles kostenfrei. Das ist aber - wenn man die Finanzlage des Landes sieht - nicht immer angebracht.
Die Opposition macht es sich ja immer relativ einfach, sie ist immer dafür, dass alles nichts kostet und dass man möglichst viel verschenken kann. Anschließend sagt sie, sie seien die Obersparer. Die Praxis Ihrer Programme zeigt ja etwas anderes, dass Sie sehr freigiebig im Verteilen von Wahlgeschenken sind - zumindest virtuell, real werden Sie es ja nicht müssen -, und dass Sie für Einsparungen keine realen Vorschläge haben. Solange Sie nicht mit konkreten Einsparvorschlägen kommen, glaube ich, dass es angemessen ist, der Vorlage des Ministeriums zu folgen und die Gebühren im Gesetz zu belassen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der vorliegenden Novelle des Landesraumordnungsplanes handelt es sich - das ist wichtig - um Regierungshandeln. Man könnte das auch anders machen, Bayern regelt das zum Beispiel über Parlamentsvorlagen. Das fände ich durchaus sinnvoll, darüber müssten wir einmal reden. Denn mir liegt natürlich daran, dass gerade ein solcher Landesraumordnungsplan nicht nur Regierungshandeln ist, sondern auch vom Parlament breit getragen wird. Ich finde das sehr wichtig, denn das ist die Planungsgrundlage für das ganze Land.
Insofern begrüße ich es außerordentlich, dass wir das Thema heute noch einmal behandeln. Ich bedanke mich auch für die konstruktive Haltung der CDU, insbesondere das Engagement von Uwe Eichelberg, der ganz wesentlich dazu beigetragen hat, dass dieses Vorhaben vonseiten der CDU unterstützt wird.
Ich glaube, das ist ganz wichtig, wenn wir das Ganze in Zukunft exekutieren wollen. Das ist keine Selbstverständlichkeit.
Es handelt sich hier natürlich um eine Regulierung und Regulierungen sind nicht immer beliebt, gerade in den Kommunen. Es wird zu Protesten kommen, wenn die Landesplanung Vorhaben untersagt. Aber wir sind uns darin einig, dass es sinnvoll ist, so zu
verfahren. Von daher ist die Position des Parlamentes ausgesprochen wichtig. Ich hätte mich sehr gefreut, wenn die FDP zum Inhalt in irgendeiner Weise Stellung bezogen hätte. Das hat mir in Ihrem Beitrag gefehlt.
Dass dieses Vorhaben, das wir Grüne über viele Jahre hinweg allein verfolgt haben, nämlich die Bekämpfung der zunehmenden Entwicklung der Supermärkte und der Einkaufszentren auf der grünen Wiese zulasten der Kernstädte, zulasten der Urbanität unserer Zentralorte, mittlerweile mehrheitsfähig in diesem Land ist, hat mich außerordentlich gefreut. Ich bedanke mich bei allen Akteuren.
Es ist ein großes Problem, wenn man in den Ortschaften nicht mehr einkaufen kann, die Ortschaften immer mehr Geschäfte verlieren und die Geschäfte aus den Kernstädten nach außen wandern. Gerade für den Teil der Bevölkerung, der nicht so mobil ist, ist das ein Problem. Ich erinnere daran, dass immerhin knapp die Hälfte der Bevölkerung nicht den direkten Zugriff zu einem PKW hat. Das wird immer vergessen. Das sind entweder alte Menschen, aber auch sehr viele junge Leute, sehr viele Frauen mit Kindern und junge Familien, in denen es nur ein Auto gibt und der Mann das dann mit zur Arbeit nimmt. Sie sind darauf angewiesen, mit dem Fahrrad oder zu Fuß einzukaufen. Für sie ist es eine große Belastung, wenn die Einkaufszentren immer weiter auf die grüne Wiese wandern und die Geschäfte im Ort aussterben. Ich erlebe gerade in meinem Heimatdorf Heikendorf, wie die Entscheidung - damals leider gemeinsam von den beiden großen Parteien gefasst -, ein neues Einkaufszentrum am Ortsrand zu bauen, dazu führt, dass wir im Ortskern jetzt zunehmend Leerstände haben. Das ist ein typisches Beispiel.
Ich glaube, dass der Meinungsumschwung in dieser Frage nicht mit der Änderung des Landesraumordnungsplanes erledigt ist. Es kommt vielmehr darauf an, diese Diskussion bei den Kommunalpolitikern vor Ort populär zu machen. Wir müssen die Kommunalpolitiker überzeugen. Es ist Aufgabe aller Parteien, ihnen klarzumachen, dass es keinen Sinn macht, weiter so zu verfahren wie bisher. Die Argumentation, wir brauchen einen Aldi, weil das sozial ist - das ist ja häufig eure Argumentation vor Ort gewesen; ich kenne das - oder wir brauchen ihn, weil das für die Wirtschaft wichtig ist, ist falsch. Viele Bürgermeister
sagen auch, wir brauchen einen neuen Supermarkt, weil das Steuern bringt.
Das typische Beispiel Raisdorf beweist das Gegenteil. Neulich sagte der Bürgermeister von Klausdorf zu mir: Guck mal nach Raisdorf. Die Raisdorfer haben das riesige Zentrum gebaut und haben kaum Steuern. Die Steuereinnahmen habe ich. Das fand ich ausgesprochen klasse ausgedrückt, er hat das auf den Punkt gebracht. Es ist einfach Unsinn, was dort in der Hoffnung betrieben worden ist, großes Geld zu machen. Damit hat man die eigene Ortsstruktur zerstört und schadet letztlich den zentralen Orten. Deshalb bin ich sehr glücklich, dass wir hier ein Stück weitergekommen sind. Ich glaube auch, dass sich die Debatte in diesem Parlament zu dieser Frage gelohnt hat. Ich fordere die FDP-Vertreter ausdrücklich auf, über diesen Punkt noch einmal nachzudenken und mit ihren eigenen Kommunalvertretern vor Ort zu reden, ob nicht ein Umdenken auch bei der freiheitlichen Partei Sinn macht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich für das Interesse am grünen Programm. Es ist schon ausgesprochen interessant, was hier stattfindet. Die FDP hat bisher kein einziges Thema in diesem Landtagswahlkampf besetzen können,
und wenn man verfolgt, was in diesen Tagen los ist, ist sich die Opposition in allen Fragen uneins. In der PISA-Debatte gelang es nicht, einen gemeinsamen Antrag vorzulegen, sondern es wurden zwei Anträge vorgelegt, die gegenseitig niedergestimmt wurden.
In der DNA-Debatte hat die FDP deutlich gemacht, was sie von der CDU hält, nämlich absolut nichts.
Ihr habt wirklich ein Problem.
In der Kommunalverfassungsdebatte hat die FDP diametral den Gegensatz zu dem vertreten, was die CDU formuliert hat.
- Nein, keine Zwischenfrage.
Ich bitte, dass die Redezeit etwas verlängert wird, weil die Opposition dauernd schreit.
Jetzt kommen wir zur Infrastrukturdebatte.
Die rot-grüne Koalition hat es in einer Frage, wo es in der Tat unterschiedliche Auffassungen gibt, geschafft, ohne Probleme einen gemeinsamen Antrag auf der Grundlage des Koalitionsvertrages vorzulegen, wo sicherlich der eine oder andere Kompromisse eingehen muss
- natürlich -, wir zum Beispiel in der Frage A 20, die SPD in der Frage des Fehmarnbelt.
Es ist in einer Koalition nun einmal so, dass man sich zusammenfindet. Das gehört sich auch so. Die Opposition ist offensichtlich nicht handlungsfähig und legt zwei völlig unterschiedliche Anträge vor.
Einen Monat vor der Wahl ist die Opposition weder in der zentralen Frage der Bildung noch in der zentralen Frage der Infrastruktur in der Lage, im Landtag einen gemeinsamen Antrag vorzulegen. Das macht deutlich, wie handlungsfähig Sie sind.
Die einzige Frage, bei der Sie sich einig sind, ist die Einführung der Reiterstaffel.
Nein. Ich komme jetzt zu den Punkten. Natürlich findet sich das grüne Wahlprogramm nicht zu 100 % in der Regierungspolitik wieder.
Das gilt für andere auch. Das gilt für jede Partei, die mit unterschiedlichen Vorstellungen und Kontroversen in eine Koalition geht.
Im Gegensatz zur Opposition haben wir in der Koalition eine sehr große Gemeinsamkeit. Wir haben einige Punkte, die dissent sind. Sie versuchen, uns vorzuführen, indem Sie die wenigen Dissensen heraussuchen, und versuchen, uns auseinander zu dividieren. Das gelingt Ihnen nicht!
Das haben Sie in dieser Legislaturperiode schon mindestens neunmal versucht. Das wird Ihnen auch in Zukunft nicht gelingen. Sie lassen sich bei jeder Gelegenheit auseinander dividieren und wundern sich dann, dass Sie nicht regierungsfähig sind und niemand Sie wählen will.
Lassen Sie mich jetzt noch etwas zu den Punkten sagen. Im Fehmarnbelt sind wir der Auffassung, dass eine Optimierung von Fähren mehr Sinn macht als der Einsatz von 5 Milliarden €. Wir glauben, dass es sinnvoller ist, Häfen und Schienenstrecken zu fördern und mehr Geld in die Bildung und in die Förderung von neuen Technologien zu stecken. Deshalb haben wir in diesem Antrag stehen, dass eine Finanzierung nur mit privatem Kapital erfolgen kann. Ich freue mich, dass wir in diesem Punkt sogar die Unterstützung der einen Oppositionspartei haben. Ich glaube, dass es bei einem 5-Milliarden-€-Projekt falsch wäre, wenn der Staat mit öffentlichen Subventionen rein ginge, und zwar gegen den Widerstand der gesamten maritimen Wirtschaft.
Nun komme ich zur Fahrrinnenvertiefung der Unterelbe. Das, was wir formuliert haben und worüber sich die CDU beklagt, ist wortwörtlich die Formulierung der Konferenz der norddeutschen Ministerpräsidenten. Das sind natürlich alles SPD-Ministerpräsidenten, oder? - Ach nein, doch nicht! Da kommt ein Ole von Beust aus Hamburg vor und da kommt ein Christian Wulff aus Niedersachsen vor. Die haben diese Erklärung mit unterschrieben. Das ist wörtlich aus der Erklärung der norddeutschen Ministerpräsidenten entnommen. Die CDU sagt, dass gehe so aber nicht, wir müssten die Elbquerung ohne Rücksicht auf Ökologie und Deichsicherheit bauen. So geht es nicht!
Natürlich müssen diese Fragen geklärt werden. Wenn Sie das nicht tun und dies in Ihrem Antrag weglassen, dann verraten Sie die Interessen Schleswig-Holsteins.
Ich komme zum Schluss. Das ist ein toller Antrag der FDP. Wolfgang Kubicki rettet alle Verkehrsprojekte in Schleswig-Holstein, die natürlich vom Bund finanziert werden. Nicht nur das, er sorgt sogar dafür, dass unverzüglich gebaut wird. Ich wundere mich, dass er heute im Plenarsaal ist. Warum sitzen Sie nicht auf dem Bagger, Herr Kubicki?
Weil Sie ein Thema besetzen wollten, versuchen Sie es mit solchen Sperenzchen im Parlament.
Ihre Umfragewerte liegen bei 7 %. Sie hatten 10 plus X % anvisiert. Das ist der Grund für Ihren Antrag.
Gab es da nicht einmal ein Projekt 18? Wo ist es geblieben? Vielleicht hat es der Baggerführer Kubicki vergraben?
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Für eine Koalition ist wichtig, dass sie handlungsfähig ist. Wir haben über alle Kontroversen hinweg bewiesen, dass wir handlungsfähig sind. Für eine Koalition ist aber auch wichtig, dass sie ein gemeinsames Fundament hat. Wir haben in ganz vielen Politikbereichen immer wieder festgestellt, dass wir ein gemeinsames Fundament haben, im Gegensatz zu dem, was wir von der Opposition kennen. Sie schaffen es bei kaum einem Antrag, gemeinsam abzustimmen.
Wir von den Grünen sind stolz auf die Arbeit, die wir in den letzten Jahren gemacht haben. In der Umweltpolitik haben wir eine ausgesprochen erfolgreiche Politik gemacht.
Es gab eine große Unterstützung aus der Bevölkerung und von Umweltverbänden. Wir haben in der Energiepolitik Markenzeichen gesetzt und Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen. Wir haben es gegen alle Fraktionen, auch gegen unseren Koalitionspartner geschafft, uns in Sachen Kindergarten durchzusetzen und die Standards zu halten. Heute hat PISA uns bestätigt, wie notwendig das ist. Wir haben in der Bürgerrechtspolitik immer wieder Markenzeichen gesetzt.
Wenn wir uns nicht in allen Punkten durchsetzen können, dann kann ich dazu offen stehen. Das sage ich auch meinen Wählerinnen. Unsere Wähler wissen, dass wir eine Partei sind, die dieses Mal 6 % und
nächstes Mal vielleicht 8 % bekommen wird, die sicherlich vieles durchsetzen kann, aber nicht alles. Darüber muss man sich klar sein, wenn man in eine Koalition geht. Das sagen wir unseren Wählern auch ganz ehrlich. Wenn Sie so tun, Herr Kubicki, als könnten Sie mit 7 % oder 10 % - egal, wie viel Sie bekommen - alles im Land allein bestimmen, obwohl Sie wissen, dass Sie vorhaben, mit einem Koalitionspartner ins Bett zu gehen, der in vielen Punkten ganz andere Vorstellungen hat als Sie,
und das Ihren Wählern erzählen, dann lügen Sie Ihre Wähler an, mein Herr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! 1883, schon lange vergessen, explodierte die Vulkaninsel Krakatau nördlich von Australien, und eine 30 m hohe Flutwelle verwüstete die Küsten der umliegenden Länder. Es wurde soviel Asche in die Atmosphäre geschleudert, dass sich mehrere Tage später der Himmel in Europa verdunkelte und tagelang grüne und violette Sonnenuntergänge beobachtet wurden. Die Wissenschaftler konnten sich das nicht
erklären. Es dauerte Monate, bis der Zusammenhang mit dem Vulkanausbruch am anderen Ende der Welt begriffen wurde.
Ich glaube, der Vergleich mit der Wahrnehmung des schrecklichen Tsunami über Weihnachten vor Indonesien macht deutlich, wie sehr sich die Welt verändert hat. Innerhalb von Stunden waren die Nachrichten und die ersten Bilder bei uns im Fernsehen. Hilfsaktionen in der ganzen Welt wurden gestartet. Die Welt ist zusammengewachsen. Wir fühlen uns verantwortlich für das, was anderswo geschieht, und wir sind auch verantwortlich, und dies nicht nur, weil Tausende von Landesleuten von uns dort Urlaub machten und vermutlich Hunderte dort auch gestorben sind. Ich bedanke mich auch im Namen meiner Fraktion für die unzähligen Aktionen, das große Engagement und die Spendenbereitschaft von Zigtausenden und Hunderttausenden von Menschen in diesem Land, von Menschen, die einfach helfen wollten und die sicher in vielfacher Hinsicht auch geholfen haben.
Natürlich handelte es sich diesmal um eine Naturkatastrophe, die nicht von Menschen hervorgerufen wurde. Aber macht es einen Unterschied, ob die Menschen durch einen Tsunami betroffen sind, oder ob es ein Taifun war, der möglicherweise durch Klimaerwärmung induziert wird? Natürlich macht es keinen Unterschied. Die Welt ist zu einer Welt geworden, und zwar schneller, als wir es realisiert haben. Wir bekommen mit, was am anderen Ende der Welt geschieht. Wir können helfen, und wir müssen helfen. Hilfe bedeutet nicht nur Hilfe bei Unglücken und Naturkatastrophen, Hilfe bedeutet Hilfe beim Wiederaufbau, Hilfe muss aber auch bedeuten, dass wir in Zukunft stärker als bisher Verantwortung übernehmen, damit die Spaltung der Welt in reiche und arme Länder überwunden wird.
Meine Damen und Herren, es hat mich sehr gefreut, dass es möglich war, dass trotz des Wahlkampfes ein gemeinsamer Antrag in diesem Landtag zur Entwicklungspolitik von Schleswig-Holstein formuliert werden konnte.
In diesem Antrag wird erstmalig formuliert, dass Schleswig-Holstein nicht nur Mitverantwortung für die betroffenen Regionen übernimmt, sondern sich auch für nachhaltige Hilfen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit mit anderen besonders betroffenen Regionen einsetzen soll. Damit wird für die
Entwicklungspolitik des Landes eine langfristige Perspektive formuliert. Die Landesregierung soll mit einer auszuwählenden Region oder Regionen einen Partnervertrag abschließen. Patenschaften von Gemeinden, Städten, Kreisen und dem Land werden begrüßt. Damit wird eine Richtung in der Entwicklungspolitik formuliert. Entwicklungspolitik von unten wird damit zum selbstverständlichen Teil von Landes- und Kommunalpolitik.
Das Modell, das in diesem Antrag formuliert wird, ist nicht neu. Es ist das Modell, das in Europa in den letzten 50 Jahren dazu geführt hat, dass die Völker zusammengewachsen sind, dass die armen Länder und Regionen erheblich aufholen konnten und dass aus ehemaligen Krisengebieten und Erzfeinden Freunde geworden sind. Auch in Europa hat dieser Weg mit zahlreichen bilateralen Partnerschaften von Gemeinden, Städten und Regionen begonnen, bis er heute zu einer gemeinsamen Verfassung geführt hat. Mit dem vorliegenden Antrag machen wir einen ersten Schritt, den Prozess auf die ganze Welt zu übertragen. Darüber freue ich mich. Wir wissen, dass es ein langer Weg zu einer gemeinsamen Welt ist, aber es ist ein Weg zu einer gemeinsamen, solidarischen und friedlichen Welt. Deshalb lohnt sich dieser Marsch. Ich bedanke mich bei allen, die mitgehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Frage der DNA-Analyse und der Trennung zwischen den Aufgaben der Justiz und der Polizei geht es nicht um Täterschutz, sondern es geht um den Schutz von Millionen Menschen in diesem
Land, die unschuldig sind. Es ist ein historisch wertvolles Gut, dass wir diese Trennung haben. Von vielen Ländern der Welt und auch aus unserer Vergangenheit wissen wir, dass diese Trennung nicht immer funktioniert, funktioniert hat und dass es immer wieder vorgekommen ist und auch heute noch in vielen Ländern der Welt vorkommt, dass Unschuldige unter Verdacht geraten, dass Ermittlungen ohne rechtsstaatliche Kontrollen geführt werden und dass es keine rechtsstaatlichen prozessualen Richtlinien gibt, die gewährleisten, dass der Einzelne, das Individuum, vor unbotmäßiger Verfolgung geschützt ist. Deshalb ist es ein hohes Gut, das wir in diesem Land seit über 50 Jahren solche rechtsstaatlichen Prinzipien haben. Wir sind stolz darauf und sollten daran festhalten.
Ich glaube, die Debatte, ob man an dieser Stelle eine Öffnung herbeiführen sollte oder nicht, sollte sehr ernst genommen und nicht leichtfertig geführt werden. Ich bedauere, dass das hier vonseiten der CDU immer wieder versucht wird.
Gesetze sind nicht dazu da, den normalen, regelmäßigen Alltag zu regeln, sondern Gesetze sind für die Fälle erforderlich, in denen Missbrauch geschieht. Sie schützen immer vor dem Missbrauch in Krisen- und Konfliktsituationen, dann setzen Gesetze ein und regeln etwas. Deshalb ist natürlich ein Gesetz niemals ein Vorwurf gegen die Masse der Menschen, die sich rechtsstaatlich und anständig verhalten, sondern Gesetze sollen immer dem Missbrauch vorbeugen. Dazu sind sie da. Das sollten wir nicht vergessen.
Wir haben in Schleswig-Holstein die Situation, dass sich die Menschen sicher fühlen. Der Innenminister ist beliebt und die Justizministerin genießt große und breite Anerkennung gerade in der Justiz.
In dieser Situation vertritt hier im Landtag eine Partei eine Position, die von niemand anderem geteilt wird. Auch das muss man festhalten.
Das, was die CDU hier vertritt, findet bei keiner anderen Partei in irgendeiner Weise Unterstützung. Selbst wenn die CDU an die Regierung kommen würde, hätte sie keine Chance, mit dieser Position irgendetwas auszurichten. Deshalb ist es eine Phantomdebatte, die wir hier führen. Sie wollen sie führen, weil Sie hoffen, im Landtagswahlkampf aus dem Fall Moshammer in Bayern vielleicht noch ein bisschen Kapital schlagen zu können. Ich finde das nicht in Ordnung.
- Ich finde das nicht in Ordnung, dass Sie in dieser Art und Weise versuchen, hier das Thema zu diskutieren. Sie haben die Bildungsdebatte in SchleswigHolstein losgetreten und die Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger hat deutlich gemacht, dass sie Ihre Auffassung nicht teilt. Jetzt versuchen Sie, eine Aktuelle Stunde zu einem Thema, an dem nichts aktuell ist, vom Zaun zu brechen, und legen dem eine Zeitungsmeldung über einen Fall in Bayern zugrunde, aus dem sich in keiner Weise etwas Neues ergibt - nur, weil Sie glauben, Sie könnten daraus wahlkampfmäßig Kapital schlagen.
Das ist nicht in Ordnung. Das sollten Sie sein lassen, meine Damen und Herren. So etwas geht nach hinten los.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich auf die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe zur Kommunalverfassung geeinigt. Aus der Sicht der SPD ging es darum, einem Wunsch der Gemeinden Heikendorf, Mönkeberg und Schönkirchen entgegenzukommen, die ein gemeinsames Amt bilden wollen. In Zukunft können diese Gemeinden einen hauptamtlichen Amtsdirektor wählen, wenn sie es wollen.
Wir haben im Gegenzug verhandelt, dass in den Amtsausschüssen in Zukunft auch die Mitarbeit der kleinen Fraktionen, die nach d’Hondt nicht im Ausschuss vertreten sind, gewährleistet ist. Diese erhalten in Zukunft ein stimmloses Grundmandat in den Amtsausschüssen.
Damit haben wir einen ersten Schritt getan. Aber das ist noch keine Lösung für die bisherigen undemokratischen Strukturen in den Ämtern. Deshalb bleiben wir bei unserer Forderung, die Ämter in Amtsgemeinden mit einer direkt gewählten Gemeindevertretung und einem direkt gewählten Bürgermeister umzuwandeln. Wir werden dieses Thema nach dem 20. Februar erneut auf die Tagesordnung bringen.
Zu beachten ist, dass die Auffassungen der Opposition an dieser Stelle diametral auseinander gehen. Während die CDU möchte, dass alles so bleibt, wie es ist, und jeden konkreten Schritt in Richtung einer Veränderung bisher abgelehnt hat,
hat die FDP wie wir gefordert, Schritte nach vorn zu tun. Dies begrüße ich. Ich begrüße auch, dass die FDP an dieser Stelle sagt: Okay, dann enthalten wir uns in dieser Frage.
Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass die Haltung anders, als vorhin dargestellt worden ist, in Heikendorf keineswegs einheitlich ist. Einheitlich ist die Meinung, dass sich die Gemeinden am Kieler Ostufer zusammenschließen werden. Nicht einheitlich ist die Meinung, welches Modell dabei angestrebt wird. Das Modell, das die SPD vorgeschlagen hat, ist zwar das Mehrheitsmodell, das auch von der SPD in Heikendorf und dem dortigen Bürgermeister vertreten wird, aber es ist nicht das Modell aller Gemeindevertreter von Heikendorf. Ich weise darauf hin, dass die Wählergemeinschaft angekündigt hat, ein Bürgerbegehren zu dem Thema zu starten. Wir sind in diesem Punkt noch lange nicht am Ende der Diskussion. Daher ist es gut, dass wir nach dem 20. Februar die Möglichkeit haben, in den Koalitionsverhandlungen über diese Fragen noch einmal gründlich zu reden.
Der zweite Gesetzentwurf befasst sich mit der Besetzung der Ausschüsse in den Gemeinden und Kreisen. Hier wurden auf Wunsch der Grünen ebenfalls einige Änderungen vorgenommen. Hätten wir allein bestimmen können, dann hätten wir mit Sicherheit das d’Hondt-Verfahren, das die großen Parteien bevorteilt und die kleinen benachteiligt, durch das gerechte Saint-Lague-Verfahren ersetzt. Das ist das Verfahren, das im Deutschen Bundestag angewandt wird; das sage ich zur Information derjenigen, die das noch nicht wissen. Es hat das Hare/Niemeyer
Verfahren ersetzt. Einige scheinen sich in diesen Dingen noch nicht auszukennen. Die sollten sich deswegen informieren, bevor sie grinsen.
Das Saint-Lague-Verfahren und ein Grundmandat in den Ausschüssen einzuführen, dazu war unser Koalitionspartner nicht zu bewegen. Aber immerhin bekommen jetzt Fraktionen, die in einem Ausschuss nicht vertreten sind, ein stimmloses Grundmandat und haben die Möglichkeit, regelmäßig mitzuarbeiten. Sie bekommen alle Ausschussunterlagen und werden wie Ausschussmitglieder behandelt, was unter der bisherigen Regelung nicht der Fall war. Es gibt also einen wichtigen Fortschritt.
Außerdem können alle diese Sitze durch bürgerliche Vertreter besetzt werden, und zwar unabhängig von der Anzahl. Dadurch wird die Möglichkeit der Mitarbeiter der kleinen Fraktionen erheblich ausgeweitet. Wir schätzen, dass wir von unserer Partei in Zukunft etwa doppelt so viele Mitarbeiter in den kommunalen Ausschüssen heranziehen können. Das verbessert die Möglichkeiten der kleinen Parteien, qualifiziert mitzuarbeiten, erheblich.
Außerdem können fraktionslose Mitglieder in einem Ausschuss ihrer Wahl mitarbeiten und sich einen Vertreter bestellen. Auch das ist neu und ein Fortschritt. Dadurch erhalten auch fraktionslose Mitglieder, also Einzelmitglieder die Möglichkeit zur Mitarbeit. Herr Hildebrand hat davon gesprochen, dass gerade kleine Parteien in kleinen Gemeinden durch Einzelmitglieder vertreten sind. So kommt es also zu besseren Möglichkeiten der Mitarbeit.
Meine Damen und Herren, ich möchte zuletzt auf einen Punkt hinweisen, der nicht in den Gesetzentwürfen steht, aber eine erhebliche Bedeutung hat und in der letzten Zeit ziemlich viel Unruhe verursacht hat. Es geht um das Bundesverwaltungsgerichtsurteil, wonach Zählgemeinschaften nicht mehr zulässig sind. Dadurch entstanden erhebliche Unsicherheiten bei der Benennung von Ausschussmitgliedern und auch bei der Anwendung der Verfahren. Der Innenminister hat da Gemeinden teilweise ermahnt.
Die beiden Regierungsfraktionen haben sich jetzt auf eine Interpretation des bestehenden Gesetzes geeinigt. Die beinhaltet, dass Zählgemeinschaften zwar nicht zulässig sind, dass es aber zulässig ist, Listen von anderen Fraktionen zu unterstützten und zu wählen, und dass diese Listen auch Mitglieder anderer Fraktionen enthalten können. Zu Deutsch: Wenn zum Beispiel eine Wählergemeinschaft und eine andere Partei - ich nehme einmal die FDP - gemeinsam Ausschusssitze besetzen wollen, kann es so sein, dass für zwei Ausschüsse die FDP eine Liste aufstellt und für
die beiden anderen Ausschüsse die Wählergemeinschaft eine Liste aufstellt. Beide Parteien wählen jeweils die andere Liste. Dadurch wird praktisch das erreicht, was durch die Zählgemeinschaften verboten worden ist.
Diese Regelung wird bereits praktiziert, diese Regelung ist zulässig, sie entspricht nach unserer Auffassung der geltenden Gesetzeslage und auch dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und bildet damit eine klare Grundlage für die Wahl von Ausschussmitgliedern in Schleswig-Holstein in der Zukunft.
Ein letzter Punkt: Wir haben in den Ausschüssen ein Ausgleichsmandat eingeführt. Dieses Ausgleichsmandat bekommt dann eine Bedeutung, wenn eine Partei die absolute Mehrheit in den Ausschüssen bekommt, obwohl sie in der Ratsversammlung keine absolute Mehrheit hat. Beispiel: Eine Gemeindevertretung hat 21 Mitglieder. Die stärkste Fraktion, meinetwegen die CDU, stellt zehn Mitglieder in der Gemeindevertretung. Im Ausschuss hat sie aber durch das d’Hondt-Verfahren die absolute Mehrheit, was häufig vorkommt. Das bedeutet, dass es in diesem Fall im Ausschuss eine Mehrheit gibt, die es im Rat nicht gibt.
Um das zu vermeiden, bekommt in Zukunft die Partei, die nach dem d’Hondtschen Zählverfahren an der nächsten Stelle ist, ein zusätzliches Ausschussmitglied, sodass im Ausschuss zumindest eine Parität hergestellt wird und nicht die Mehrheitspartei Beschlüsse allein durchsetzen kann.
Auch das ist ein sinnvolles Verfahren, um die Arbeit in den Gemeindevertretungen demokratischer zu gestalten und die unsinnige Situation zu vermeiden, dass in Ausschüssen Beschlüsse gefasst werden, die in der Gemeindevertretung überhaupt keine Mehrheit finden.
Ich glaube, dass wir mit unseren Änderungen eine ganze Reihe von Korrekturen beschlossen haben, die der Klarstellung dienen, die aber auch die Möglichkeiten der Mitarbeit von kleinen Fraktionen erheblich verbessern.
Ich bedanke mich bei unserem Koalitionspartner dafür, dass das möglich war.
Ich bin in diesem Zusammenhang über den Beitrag der CDU ziemlich erschrocken, der deutlich gemacht hat, dass das Verständnis von Demokratie sehr begrenzt ist.
- Herr Schlie, Sie behaupten, dass die Mitarbeit von kleinen Fraktionen ausreichend geregelt sei, dass man das bloß nicht machen sollte und dass es eine faire Verteilung sei, auch für kleine Fraktionen, die sowieso weniger Mitglieder im Ausschuss haben und sowieso mehr Stimmen brauchten, um überhaupt ein Ratsmitglied zu bekommen. Wir brauchen erheblich mehr Stimmen, um ein einziges Ratsmitglied zu bekommen, als Sie von der CDU als große Partei!
Denn das ist in der Gemeindevertretung das Gleiche: Wir brauchen in der Gemeindevertretung erheblich mehr Mitglieder, um ein Ausschussmitglied zu bekommen, als Sie, obwohl Sie ja die größere Partei sind. Wenn Sie eine Änderung an dieser Stelle ablehnen, ist das für mich ein typisches Zeichen für Ihren Charakter.
- Das ist Ihre Grundeinstellung, Herr Schlie; sie ist nun einmal so.
- Nein, Herr Kalinka, Sie brauchen sich nicht um eine Zwischenfrage zu bemühen; denn ich habe nur noch 30 Sekunden Redezeit. Es tut mir Leid.
Herr Hildebrand, was die FDP, also die andere Oppositionspartei, vertreten hat, ist genau das Gegenteil von dem, was die CDU vertritt. Die FDP fordert nämlich mehr Demokratie in den Gemeindevertretungen. Das unterstützen wir. Wenn wir beide die Mehrheit hätten, würden wir sicher zu einem gemeinsamen Antrag kommen, der das umsetzen würde.
Ich gehe davon aus, dass wir auch den SSW auf unserer Seite hätten.
Da das aber nicht so ist, denke ich, dass wir hier einen wichtigen Schritt vorangekommen sind. Ich bedanke mich bei unserem Koalitionspartner, dass wir das mehrheitlich verabschieden können. Ich freue mich, dass wir in den Gemeinden in Zukunft einen kleinen Schritt weitergekommen sind hin zu mehr Demokratie.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin hoch erfreut, dass sich alle Fraktionen zu diesem Projekt bekennen. Es ist aber völlig richtig, was hier gesagt worden ist, das ist eine Frage der Prioritätensetzung, welches Projekt man nach vorn setzt, wenn das Geld nicht für alle Projekte ausreicht. Darüber muss man reden. Ich glaube auch, dass die Schienenverbindung über Neumünster-Norderstedt-Hamburg/Flughafen und Hamburg/Hauptbahnhof die attraktivste Schienenverbindung in ganz Schleswig-Holstein ist mit dem höchsten Verkehrspotenzial, ganz eindeutig. Das bedeutet, dass ich auch davon ausgehe, dass man 20.000 Fahrgäste pro Tag zusätzlich auf die Schiene bekommen kann und etwa 150.000 Menschen zum ersten Mal an die Fernbahn anschließt. Immerhin ist Norderstedt die größte Stadt in Deutschland, die nicht an die Fernbahn angeschlossen ist. Das ist ein Projekt, das unbedingt mit hoher Priorität gefördert werden muss. Ich bin unbedingt dafür. Der Landtag hat bereits zweimal diesen Beschluss gefasst. Es ist schlicht eine Frage der Prioritätensetzung, ob wir dieses Projekt umsetzen. Das bedeutet, dass man jetzt entsprechende Rechnungen und Studien macht.
Ich möchte noch etwas zu dem Hamburger Beschluss sagen. Der ist nicht so erfreulich, wie das hier dargestellt worden ist. Der Hamburger Beschluss auf Antrag der CDU beinhaltet eine Prüfung dieser Verbindung von Neumünster bis zum Flughafen, aber nicht darüber hinaus. Die Grünen haben den Änderungsantrag gestellt, die Prüfung bis zum Hauptbahnhof zu machen, denn die Prüfung bis zum Flughafen ist durch unser Ministerium bereits gemacht worden und hat ein negatives Ergebnis gebracht, weil eine Verbindung nur bis zum Flughafen nicht die wesentlichen Potenziale bringt. Es muss eine Verbindung bis zum Hauptbahnhof sein. Das ist ganz eindeutig. Das ist von der Hamburger CDU abgelehnt worden. Darin liegt natürlich eine Schlitzohrigkeit. Man setzt eine Prüfung in Gang, von der man weiß, dass sie negativ ausgeht, dann hat man erst einmal wieder Zeit gewonnen.
Hamburg hat sich nicht eindeutig dazu bekannt. Da bitte ich, dass Sie von der CDU-Fraktion mit ihren Kollegen in Hamburg reden und das klären. Reden Sie mit denen und sagen Sie denen das. Wir haben das im Bundesbahnbeirat gemeinsam diskutiert. Die Hamburger waren sehr überrascht von dieser Debatte. Es ist tatsächlich so, dass der grüne Antrag, die Prüfung bis zum Hauptbahnhof durchzuführen, in Hamburg abgelehnt worden ist. Das war ein entscheidender Fehler. Ich bitte, das zu korrigieren.
Wenn wir das Projekt realisieren und tatsächlich im Rahmen unserer Finanzen laufen lassen wollen, gibt es eine Grundsatzentscheidung: Dies bedeutet, dass der Regionalexpress, der zurzeit über Wrist-Elmshorn fährt, in Zukunft über Norderstedt fährt. Das ist die Grundentscheidung. Nur dann ist das Ganze auch finanzierbar und bringt die Gewinne, von denen Herr Garg gesprochen hat. Das ist die Kernaussage.
Weiterhin wird es dann einmal pro Stunde einen Personenverkehr über Wrist und die anderen Orte nach Elmshorn geben. Es wird auch von Elmshorn aus genauso viel Züge nach Hamburg geben wie heute. Das heißt, die gesamte Achse Elmshorn mit ihrer Dichte ist von dem Projekt in keiner Weise betroffen. Es wird wesentliche Verbesserungen auf der Achse über Norderstedt geben. Das heißt aber, dass die Pendler, die heute nach Wrist fahren, in Zukunft nach Kaltenkirchen oder nach Bad Bramstedt fahren müssen. Das ist die Grundentscheidung, die wir treffen müssen. Ich halte das für eine ausgesprochen sinnvolle Grundentscheidung, weil - ich verweise auf die Bevölkerungsdichte - in Bad Bramstedt und Kaltenkirchen mehr Menschen wohnen als in Wrist und der große Teil in Wrist Pendler sind, die mit dem Auto fahren. Das heißt, die Verlagerung des Regionalexpresses auf die neue Linie wäre sinnvoll.
Das würde bedeuten, dass man schon einen Zug pro Stunde hat, ohne einen zusätzlichen Zug bestellen zu müssen. Wenn wir dann noch den Flensburgexpress auf die Strecke umleiten, hätten wir alle zwei Stunden einen weiteren Zug, so dass wir nur noch einen zusätzlichen Zug alle zwei Stunden finanzieren müssten, also praktisch einen halben Zug pro Stunde, um einen Halbstundentakt auf dieser Strecke zu haben und auch die gewünschten Fahrgastpotenziale zu erreichen.
Ich finde das Konzept absolut überzeugend. Ich freue mich, dass jetzt auch das Ministerium daran arbeitet, das Ganze neu zu untersuchen. Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse. Ich hoffe, dass wir auch zu einer
Prioritätenverlagerung kommen. Wenn man die Prioritäten verlagert, bedeutet das finanziell Folgendes. Wir haben in den letzten zehn Jahren bestimmt zwischen 50 Millionen und 80 Millionen € in die AKN investiert. Man hätte diese Mittel so investieren können, dass das neue Projekt bereits berücksichtigt worden wäre.
Leider sind die Bahnhöfe der AKN - das muss man hier einmal deutlich sagen - so gebaut worden, dass dort nur AKN-Züge, aber weder S-Bahnen noch Regionalbahnen halten können. Das war - wie ich finde - ein Fehler. Das muss man deutlich sagen. Auch der Ausbau des Bahnhofs Norderstedt war ein Fehler. Man hätte ihn als Durchgangsbahnhof und nicht als Endbahnhof bauen müssen.
Ich glaube, dass wir die Investitionen in Zukunft in die richtige Richtung lenken müssen. Wir müssen, das Projekt vor Augen, alle Investitionen so vornehmen, dass sie auf das neue Projekt abzielen. Wenn wir das Projekt realisieren, können wir die 100 Millionen €, die für den dreispurigen Ausbau der Strecke von Pinneberg nach Elmshorn vorgesehen sind, umlenken. Den Ausbau des Bahnhofs Elmshorn brauchen wir aber trotzdem - dafür sind 40 Millionen € vorgesehen -, weil die Güterzüge dort überholen müssen. Der dreispurige Ausbau der Strecke von Pinneberg nach Elmshorn wäre dann aber nicht mehr erforderlich, weil sich eine deutliche Entlastung ergäbe und wir in Zukunft über die neue Strecke fahren könnten.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. - Wenn das Projekt so realisiert ist, wie es von den Gutachtern vorgeschlagen worden ist, wird es - wie ich glaube - Erfolg haben. Ich glaube, dass wir alle an einem Strang ziehen, um es zu realisieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst einmal zu dem Antrag der Hamburger Bürgerschaft. Ich habe natürlich an den Vorgesprächen zu diesem Antrag teilgenommen. Sie haben mich gefragt, was ich von dem Antrag hielte. Ich habe gesagt, dass der Antrag in dem Punkt 1 die Aussage enthalte: „Es ist zu prüfen, inwieweit eine ergänzende Schienenverbindung zwischen Norderstedt und Fuhlsbüttel im Interesse Hamburgs ist“. Ich habe darauf hingewiesen, dass diese Prüfung stattgefunden hat und in Schleswig-Holstein negativ ausgefallen ist, weil nur 2.000 Fahrgäste zusätzlich am Tag zu erwarten sind. Man muss das dann schon bis zum Hauptbahnhof durchbinden. Das heißt, man muss den Bau eines zusätzlichen Gleises zum Hauptbahnhof prüfen. Darauf habe ich hingewiesen. Daraufhin hat die grüne Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft einen entspre
chenden Änderungsantrag zu dem Antrag gestellt, der abgelehnt worden ist. Deshalb kann ich eine gewisse Schlitzohrigkeit der CDU-Fraktion der Hamburger Bürgerschaft erkennen, wenn sie einen Antrag mit dem Inhalt stellt zu prüfen, was bereits geprüft ist, aber das, was noch geprüft werden muss, nicht zum Antrag erhebt. Tut mir Leid, mehr kann ich dazu nicht sagen.
Zweitens zur heutigen Abstimmung! Ich finde den Antrag von der FDP ausgezeichnet und ich kann ihm auch zustimmen.
Wir haben aber innerhalb der Koalition vereinbart, dass wir den Antrag an den Ausschuss überweisen. Da wir das Ganze schon zweimal beschlossen haben, tut das auch nichts zur Sache. Entscheidend ist, was tatsächlich passiert. Tatsächlich passiert ist, dass wir erreicht haben, dass das Wirtschaftsministerium diese Frage jetzt endlich prüft.
Meine Damen und Herren von der CDU, ich freue mich ungeheuer, wenn ein Projekt, das wir seit Jahren verfolgen und propagieren, von Ihnen jetzt auch vehement unterstützt wird und Sie so begeistert sind, dass Sie das sogar in Ihr Wahlprogramm aufgenommen haben. Ich finde es einfach Klasse, wenn man Menschen überzeugt.
Ich hoffe, diese Begeisterung hält auch bei anderen Themen in Zukunft an.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine Ausbildungssteuer haben wir nicht gefordert. Wir haben uns aber intensiv über eine Ausbildungsplatzabgabe unterhalten. Ich glaube, die Diskussion über die Ausbildungsplatzabgabe war auch sehr erfolgreich. Ich kenne genügend Leute aus der Wirtschaft, die zugestehen, dass das Ergebnis, das wir jetzt haben, ohne diese Diskussion so nicht zustande gekommen wäre. Ich glaube also, dass es richtig war, diese Diskussion zu führen. Ich glaube auch, dass es
richtig war, sie so zu führen, wie wir sie hier geführt haben.
Die Initiative, in Schleswig-Holstein eine Regionalisierung einzufordern, war auch sinnvoll. Ich freue mich sehr, dass Schleswig-Holstein nach den Zahlen im bundesweiten Vergleich wiederum ganz vorn liegt. Das ist ein Erfolg, auf den wir alle gemeinsam stolz sein können. Es ist ein Erfolg, auf den vor allem diejenigen, die sich in den Kammern und in den Betrieben engagiert haben, stolz sein können.
Ich möchte noch einmal auf das Berufsbildungssystem und die Fragen des Stufensystems, die hier angesprochen worden sind, eingehen. Ich bin dafür, ein Stufensystem einzuführen, weil das Berufsbildungssystem so, wie es heute mit einem einheitlichen Ausbildungsabschluss ist, zu wenig die unterschiedlichen Qualifikationen und Fähigkeiten von Jugendlichen berücksichtigt. Es führt zu erheblichen Umwegen, wenn man Jugendliche zum Beispiel erst Abitur machen und sie dann eine Berufsausbildung abschließen lässt. Ich halte es für sinnvoller, dass wir drei verschiedene Abschlusstypen haben, nämlich den normalen Gesellenbrief, den Gesellenbrief mit Hochschulreife, der die Qualifikation einer Oberstufe eines Gymnasiums einbezieht, und eine Qualifikation, die darunter liegt, nämlich einen Werkerbrief, der nicht dem vollem Gesellenbrief entspricht. Wenn wir solche Abstufungen hätten, würden wir wesentlich mehr den individuellen Fähigkeiten der Jugendlichen gerecht werden können. Wenn wir eine Modularisierung haben, dann könnten auch diejenigen, die nicht den Werkerbrief schaffen, trotzdem bescheinigt kriegen, welche Kurse und welche Module sie erfolgreich abgeleistet haben.
Später könnten sie in ihrer weiteren beruflichen Entwicklung auf den bescheinigten Zertifikaten aufbauen. Möglicherweise können sie dann den Werkerbrief oder den Gesellenbrief nachholen.
Ich glaube allerdings, dass es nicht richtig ist, dass wir diejenigen, die schwächer sind und die für einen abgestuften Abschluss ausgebildet werden, wie wir es zurzeit im Bäcker- oder Metallbereich haben, kürzer ausgebildet werden als die anderen. Ich bin mit dem, was zurzeit gemacht wird, nicht einverstanden. Wenn wir schwächere Schüler haben, dann brauchen diese eher eine längere Ausbildung. Ich bin also dafür, dass grundsätzlich alle Jugendlichen nach der Real- oder der Hauptschule automatisch zur Berufsschule kommen und dass alle Jugendlichen eine Ausbildung machen. Ich bin dafür, dass diese Ausbildung dann mit einer der drei Qualifikationsstufen abschließt und
dass die Jugendlichen bis zu vier Jahre lang Zeit haben, einen Abschluss zu erreichen. Wenn sie nach vier Jahren keinen Gesellenbrief geschafft haben, dann können sie einen Werkerbrief machen. Wenn sie den auch nicht geschafft haben, dann kriegen sie das bescheinigt, was sie erreicht haben. Sie können die Ausbildung in Modulform aber auch in zweieinhalb oder drei Jahren durchlaufen. Ein solches Modell ermöglicht für die einzelnen Schülerinnen und Schüler erheblich mehr Flexibilität. Es hat aber natürlich Auswirkungen auf die Berufsschulen in SchleswigHolstein. Darüber muss man sich klar sein und darüber werden wir reden müssen.
Ich freue mich auch über die erfolgreichen Projekte für Migranten, weil ich glaube, die Einbeziehung der Migranten in Berufsausbildungen ist eine der wesentlichen Aufgaben, die uns in den nächsten Jahren bevorsteht.
Insbesondere die Quote bei den russischen Migranten und bei den Migranten aus der Türkei ist noch viel zu niedrig. Es ist ganz entscheidend, dass das Bewusstsein in den Familien und auch in den ausländischen Betrieben gehoben wird. Das erfolgreiche Projekt AIM hat dazu einen wichtigen Beitrag geleistet. Ich bin dafür, dieses Projekt weiter zu unterstützen und möglicherweise auch landesweit auszubauen.
Zum Schluss freue ich mich außerordentlich über die Worte meiner Kollegin Frau Aschmoneit-Lücke. Sie hat gesagt:
„Ich hoffe, dass Schleswig-Holstein Vorbild für die anderen Regionen in Deutschland wird.“
Frau Aschmoneit-Lücke, dieses Zitat wärmt mein Herz auf. Ich glaube, es wärmt auch das Herz des Ministers. Ich werde gern dazu beitragen, dieses Zitat im Landtagswahlkampf in Schleswig-Holstein weiterzuverbreiten.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal zum Tariftreuegesetz. Frau Aschmoneit-Lücke, ich habe auch mit vielen Leuten darüber geredet. Es ist auch so, dass sich viele Leute darüber beklagen, dass das Tariftreuegesetz nicht für die Kommunen gilt. Das wird mir immer gesagt. einige Kommunen halten sich daran, viele Kommunen halten sich nicht daran, weil es ja freiwillig ist, denn sonst hätte die Konnexität gegriffen. Das ist das, was mir die Verbände und die einzelnen Unternehmer immer wieder sagen, wenn ich vor Ort bin.
Eine andere Position haben einige an der Spitze der Industrie- und Handelskammern. Die Industrie- und Handelskammern haben uns bei den Anhörungen von Anfang an einen Justiziar geschickt und keinen Fachmann, sage ich mal so. Hinterher haben alle
Fachleute gesagt, dass sie es so richtig finden, haben dies auch bestätigt. Da hat auch ein Wandel in der Auffassung stattgefunden. Die Position, die Sie hier vertreten haben, ist in der Schleswig-Holsteinischen Wirtschaft in den letzten zwei Jahren nicht zu finden.
Jetzt komme ich zu der EU-Richtlinie „Dienstleistung im Binnenmarkt“. Ich fand die Argumente von Frau Strauß durchaus schlüssig, wenn sie sagt, es gebe durchaus Sinn für diese Richtlinie, so gehe es aber nicht, man müsse sie ändern. Das ist alles schon gesagt worden. Das kann man alles so tun. Der Antrag, der jetzt vorliegt, der Antrag Drucksache 15/3844 (neu), ist ein gegenüber dem ursprünglichen Antrag Drucksache 15/3844 veränderter Antrag. Das sollte man zur Kenntnis nehmen, denn der Antrag hat sich in einem ganz wesentlichen Punkt geändert. Der ursprüngliche Antrag des SSW lehnte die Richtlinie ab. Der neue Antrag lehnt die Richtlinie nicht mehr ab, sondern lehnt sie nur in der bestehenden Fassung ab und nennt hinterher Punkte, was wir ändern wollen. Das entspricht im Wesentlichen dem, was Lars Harms vorgetragen hat, was Hermann Benker vorgetragen hat, was auch von Ihnen vorgetragen worden ist.
Ich finde es durchaus sinnvoll, dass sich SchleswigHolstein in einem Bundesratsverfahren äußert. Wer sind wir denn als Landtag? Wir würden uns doch selber amputieren, wenn wir sagten, wir wollen uns in das Bundesratsverfahren nicht einmischen. Wenn im Übrigen die Mehrheit des Bundesrates nicht auf unserer Seite steht, schließe ich daraus, dass das nicht alles von Rot-Grün regierte Länder sind. Das ist meine Vermutung, ich weiß es nicht, vielleicht haben sich die Verhältnisse auch schon geändert.
Von daher glaube ich, dass wir gut beraten sind und dass es sinnvoll ist, dass es auch dem Auftrag eines Landtages entspricht, in dieser Angelegenheit Stellung zu nehmen, die für Europa und für unsere Wirtschaft wichtig ist. Wenn dies die Aufgabe des Landtages ist, dann finde ich, der Antrag, der jetzt hier mit der Klammer „neu“ vorliegt, bringt genau das, was hier bisher auch vonseiten der Opposition gesagt worden ist, zumindest vonseiten der CDU, zum Ausdruck. Deswegen schlage ich vor, dass wir diesem Antrag gemeinsam zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine Bemerkung, die Sie gemacht haben, Herr Wagner, ist typisch dafür, wie die CDU Politik in diesem Lande betreibt. Sie haben gesagt, unsere Fraktionen hätten sich keinerlei Gedanken über dieses Gesetz gemacht, und dann haben Sie vorgetragen, was Sie dazu sagen. Das ist schon erstaunlich. Nach Auskunft meiner Kollegen waren Sie gar nicht im Ausschuss. Im Ausschuss sind diese Fragen aber ausführlich beraten worden und es sind die Fachverbände dazu gehört worden. Die verschiedenen Fachverbände von den Jugendverbänden über die Feuerwehr bis hin zu Versicherungen haben sich dazu geäußert und alle diese Fachverbände haben ihre Meinung gesagt, haben gesagt, dass sie das für sinnvoll halten, und das ist die Basis dieses Gesetzes. Wenn Sie jetzt sagen, es mache sich überhaupt keiner Gedanken, kann ich nur feststellen, es haben sich sehr viele Gedanken gemacht, nur Sie nicht.
Liebe Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über 50 % des Stromverbrauchs in SchleswigHolstein erfolgt durch Heizen. Das ist das Geheimnis. Wenn Sie Kraft-Wärme-Kopplung anwenden, fällt genügend Strom ab, um die gesamte Stromversorgung Schleswig-Holsteins zu gewährleisten. Sie brauchen kein einziges zusätzliches Stromkraftwerk. Das heißt, alle Atomkraftwerke sind völlig überflüssig, wenn sie Kraft-Wärme-Kopplung anwenden. Das ist das ganze Geheimnis. Das war der erste Punkt.
Der zweite Punkt ist: Wenn wir weitermachen wollen, müssen wir den Heizverbrauch reduzieren. Wir müssen also Null-Energie-Häuser bauen, die zurzeit im
Land bereits gebaut und auch gefördert werden. Damit reduzieren wir den Stromverbrauch noch weiter.
- Bitte hören Sie damit auf, hier dazwischenzuquatschen!
Drittens: Wenn wir zusätzlich weiter den Energieverbrauch reduzieren wollen, müssen wir die Stromproduktion durch regenerative Energien leisten. Das sind die drei Punkte, um die es geht. Das alles hat mit Kernkraft überhaupt nichts zu tun. Herr Matthiessen hat völlig Recht: Kernkraftwerke sind völlig überflüssig, wenn wir auf Kraft-Wärme-Kopplung umstellen, weil in Schleswig-Holstein genug Strom anfällt, wenn wir alle Heizenergie mit Kraft-WärmeKopplung erzeugen.
Bis Ende des Jahrhunderts wollen wir komplett auf regenerative Energien umstellen. Bis Mitte des Jahrhunderts werden wir die Stromerzeugung, die Produktion durch konventionelle Kraftwerke zunächst nur auf ein Viertel reduzieren können, weil bis dahin noch der Verbrauch in den Entwicklungsländern - in China, Indien und so weiter - erheblich steigen wird. Das heißt, wir werden Energieprobleme nur lösen können, wenn wir in den nächsten 100 Jahren die komplette, in den nächsten 50 Jahren die wesentliche Umstellung schaffen. Das ist die Aufgabe, die vor uns liegt.
Jede Strategie, die an diesem Problem vorbeigeht, ist eine Strategie, die in eine Sackgasse führt. Deshalb rate ich Ihnen: Hören Sie auf die Experten in Ihrer eigenen Partei - die wissen das alles - und erzählen Sie hier keine Geschichten und Halbwahrheiten, nur weil Sie glauben, Sie kämen mit Ideologie an Energieproblemen vorbei. Energieprobleme sind Probleme, die sich nicht durch Glauben lösen lassen, sondern ganz klar nur mit Physik und Mathematik.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Klug, die letzte Legende, dass die Gesamtschulen mehr Lehrer brauchen, ist falsch. Sie müssen berücksichtigen, dass weniger sitzen bleiben. Allein das Sitzenbleiben kostet in Schleswig-Holstein über 1.000 Lehrerstellen, die frei wären, wenn wir das System änderten, um Schüler individuell zu fördern.
Ihre Zahlen über die Hauptschulen stimmen nicht. Die Hauptschulen sind die Schulen, die das beste Schüler-Lehrer-Verhältnis haben, und zwar bundesweit. Es ist also genau umgekehrt zu dem, was Sie geschildert haben. Dass die neuen 200 Lehrer im letzten Jahr nicht in die Hauptschulen, sondern in die Grundschulen gegangen sind, war allgemeiner Konsens aller Parteien, weil wir - PISA entsprechend - gesagt haben: Wir müssen eher die kleinen Schüler fördern als die großen Schüler. Das war allgemeiner Konsens. Es ist völliger Unsinn, wenn Sie dies hier als ein Beispiel für schlechte Schulpolitik nennen.
Egal wie man PISA interpretiert: PISA hat in jedem Fall in vielen Punkten gezeigt, warum andere Länder besser abgeschnitten haben und wo wir uns verbessern können. Vieles ist Konsens. Ich nenne nur, dass der Bildungsauftrag in den Kindertagesstätten gestärkt werden soll. Hier sind wir uns alle einig. Wir müssen mehr Geld in kleine Kinder als in die großen Kinder investieren. Wir brauchen eine bessere und frühzeitige Förderung von Immigranten. Auch hier sind wir uns einig. Wir brauchen auch mehr individuelle Förderung in den Schulen. Wir brauchen ganztätige Angebote. Schulen sollen sich mehr zu Lebenszentren im Stadtteil, am Ort entwickeln, wo Jugendarbeit und Schule zusammengeführt werden. Schulen müssen mehr Selbstständigkeit bekommen, möglichst in kommunaler und freier Trägerschaft. Schulen müssen über Personal, Organisation und Inhalte selbstständig entscheiden können. Die Schule muss mehr als bisher ihren Erziehungsauftrag wahrnehmen. Wir brauchen striktere Evaluationsregelungen für Schulen; die Schulen müssen regelmäßig getestet werden und müssen sich im Wettbewerb bewähren.
Das sind alles Punkte, über die jetzt nach PISA geredet wird. Die Debatte über diese Punkte ist auch weitgehend rational. An einem einzigen Punkt, nämlich dem zentralen Punkt des Schulsystems, schlagen die Wogen dagegen hoch.
Deswegen ist es ausgesprochen erfreulich, dass sich sowohl die Studie PISA 2003 als auch die im August dieses Jahres veröffentlichte vertiefende Analyse der PISA-2000-Daten intensiv mit dieser Frage beschäftigt haben. Schauen wir uns von den 29 getesteten OECD-Staaten bezüglich der Lesekompetenz einmal an, wie die Verteilung aussieht. Unter den 15 besten Staaten findet man zwölf Staaten, die ihre Kinder mindestens bis zum 14., überwiegend bis zum 16. Lebensjahr gemeinsam unterrichten. Nur drei Staaten unter den ersten 15 unterrichten ihre Kinder bis zwölf oder 13 Jahren gemeinsam. Unter den ersten 15 Staaten ist kein einziges Land zu finden, das die Kinder schon mit zehn oder elf Jahren trennt wie Deutschland.
In der zweiten Hälfte - unter den 14 Ländern, die schlechter abgeschnitten haben - trennen sieben Staaten die Kinder bereits mit zehn oder elf Jahren, während die Zahl der Länder, die die Kinder länger zusammen unterrichten, dort in der Minderheit sind. Daraus kann man nicht nachweisen, dass automatisch Länder, die die Kinder später trennen, später besser sind. Man kann aber erst recht nicht das Gegenteil nachweisen, sondern es spricht sehr viel dafür, dass es zumindest Vorteile bringt, die Kinder später zu trennen.
Nun werden die Niederlande als Gegenbeispiel genannt, die die Kinder schon mit zwölf Jahren trennen und in der mathematischen Kompetenz auf Platz 3 gekommen sind. Dazu muss man allerdings wissen, dass die Niederländer ihre Kinder bereits mit vier Jahren einschulen und die Kinder mit zwölf bereits acht Jahre zusammen in der Schule sind. Auch das ist als Gegenbeispiel nicht besonders gut geeignet.
Ich fasse zusammen: Die Studie sagt nicht, dass Länder mit Gemeinschaftsschulen automatisch besser sind. Sie sagt aber wohl, dass solche Länder im Durchschnitt erheblich besser abschneiden.
Wenden wir uns nun den Ergebnissen der einzelnen Schularten zu. Da sind die Aussagen der Studie glasklar: Je früher die Schüler getrennt werden, desto größer sind die Leistungsunterschiede. Das gilt übrigens auch gegenüber Dänemark, Herr Klug. Die Leistungsunterschiede, das Spektrum von gut und schlecht, sind in Dänemark wesentlich geringer als in Deutschland.
Das Gymnasium kann durchaus international mithalten, aber die Ergebnisse der deutschen Hauptschulen sind indiskutabel. Schauen wir uns an, welche Schülerinnen und Schüler auf die Hauptschule kommen. Es sind nicht vor allem die Leistungsschwächeren, sondern es sind vor allem die Kinder der Unterschicht. Anders als PISA 2000 unterscheidet PISA 2003 nicht mehr nach Berufsgruppen der Eltern, sondern nach vier soziokulturellen Niveaus, die jeweils genau ein Viertel der Bevölkerung umfassen. Das Ergebnis für Deutschland ist ernüchternd: Kinder aus dem oberen Viertel haben eine neunmal so hohe Chance, auf das Gymnasium zu kommen, wie die aus dem dritten Viertel. Gegenüber dem unteren Viertel ist die Chance sogar fünfzehnmal so hoch.
Nun könnte man denken, die Kinder aus dem unteren Viertel der Gesellschaft seien eben dümmer. Deswegen vergleicht PISA explizit Kinder mit gleicher Grundkompetenz. Ergebnis: Kinder aus dem oberen Viertel haben mit gleicher Grundkompetenz eine zwölfmal so hohe Chance, in Deutschland auf das Gymnasium zu kommen, wie Kinder aus dem unteren Viertel. Oder anders ausgedrückt: Von zwölf klugen Kindern aus typischen Unterschichtshaushalten, die die Intelligenz eines durchschnittlichen späteren Abiturienten haben, schafft nur eines in Deutschland tatsächlich das Abitur. Der Rest sitzt vermutlich rebellierend auf den Hinterbänken der Hauptschule und stört, weil er mit der Situation nicht zurechtkommt, und ist anschließend aufgrund mangelnder sozialer Kompetenz möglicherweise nicht geeignet, eine Leh
re aufzunehmen, wie uns die Handwerkskammern sagen. Das ist der Umgang mit den geistigen Ressourcen der Unterschicht in Deutschland. Das ist ein Skandal.
Im August dieses Jahres ist eine ergänzende Studie von PISA 2000 veröffentlicht worden, die genau die Frage stellt, die uns so beschäftigt: Warum ist unser dreigliedriges Schulsystem schlechter? - Die Antwort: Das mehrgliedrige Schulsystem ist hochgradig selektiv. Das damit verbundene Bestreben nach Homogenisierung der Lerngruppen führt zu einer „Entsorgungsmentalität“, also Querversetzen oder Sitzenbleiben. Dazu kommt, dass die sozialen Verhältnisse, unter denen die Kinder aufwachsen, in Deutschland beträchtlichen Einfluss auf ihren Schulerfolg haben. Wenn sie selektionsbedingt Schulen besuchen, die einen hohen Anteil von Schülern aus ungünstigen familiären Verhältnissen haben, wird dieser Effekt noch einmal verstärkt. In erfolgreichen Ländern gelingt es den Schulen, dies weitgehend zu kompensieren.
Positive Auswahl spielt praktisch kaum noch eine Rolle in Deutschland, es überwiegt die negative Auswahl durch Zurückstellen, Sitzenbleibenlassen, Querversetzen, Abstufen. Das führt laut der Studie zu einem negativen Selbstwertgefühl leistungsschwacher Schüler, das sich in Schulverdrossenheit und Unterrichtsstörungen äußert.
In anderen Ländern bleiben dagegen die Kinder bis zum achten oder neunten Schuljahr zusammen, sodass die Kinder relativ spät in eine genau fixierte Rangfolge gebracht werden. Das Erreichen von Grundkompetenzen steht über viele Jahre im Vordergrund - was wir ja immer fordern.
Weiter stellt die Studie fest: Die homogenen Lerngruppen in Deutschland legen es nahe, alle Schüler mit dem gleichen Stoff zu konfrontieren und Unterrichtsgespräche mit der ganzen Klasse zu führen, anstatt sie in kleinen Lerngruppen oder individuell arbeiten zu lassen. Leistungsschwache Schüler leisten nach der Studie signifikant mehr, wenn sie zusammen mit leistungsstärkeren Schülern unterrichtet werden.
Eine besonders negative Rolle im deutschen System spielt das Sitzenbleiben. Sitzenbleiben führt bei gleicher Testintelligenz zu einem deutlichen Abfall der kognitiven Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Dabei bleiben Jungen bei gleicher Intelligenz häufiger sitzen. Dies ist überwiegend eine Folge der mangelnden Berücksichtigung geschlechterspezifischer Belange in der Pubertät. Die meisten Jungen bleiben in
der sechsten bis achten Klasse in der Pubertät sitzen, weil sie dort mehr stören. Das deutsche System lässt Kinder sitzenbleiben oder querversetzen, nicht weil sie dümmer sind, sondern weil sie stören, nicht sozial angepasst sind und die Schule nicht in der Lage ist, darauf einzugehen. An der Grundschule betrifft das Sitzenbleiben vor allem Migrantenkinder, die viermal häufiger sitzenbleiben als deutsche Kinder. Das deutsche System antwortet auf die mangelnde Sprachförderung der Migrantenkinder damit, dass man die Kinder sitzenbleiben lässt. Ein unsinniges System, dass unheimlich viel Geld kostet.
Zusammenfassend kommt die Studie zu dem Ergebnis: Es gibt international keinen Beweis dafür, dass Schulsysteme, die Kinder früh nach Schularten trennen, leistungsfähiger oder leistungsschwächer sind. Es gibt aber eine klare Tendenz, dass die Abhängigkeit des Schulerfolgs vom sozialen Status der Eltern umso größer ist, je früher die Kinder getrennt werden, und dass unser System schwache Schüler massiv benachteiligt.
Meine Damen und Herren, es ist deswegen kein Wunder, dass in der Wirtschaft und insbesondere im Handwerk, die die meisten Hauptschüler aufnehmen, die Stimmen am lautesten sind, die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems zu fordern.
Ich nenne zum Beispiel den Verband der bayerischen Wirtschaft, der dies als erster Wirtschaftsverband gefordert hat; ich nenne die Handwerkskammer von Baden-Württemberg und die Handwerkskammer von Hamburg.
Ich fordere die Opposition deshalb auf, die kurzsichtige ideologische Blockade aufzugeben. Legen Sie Ihre Scheuklappen ab und treten Sie mit uns für eine Gemeinschaftsschule bis zum neunten Schuljahr ein!
Ich komme zu meinem Schlusssatz, Herr Präsident. - Nur so können wir die individuellen Förderung aller Fähigkeiten und die optimale Entwicklung aller Kinder gewährleisten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich habe ich natürlich den Wunsch, dass alle Lehrerverbände zur Wahl der Grünen aufrufen. Ich hoffe, dafür haben Sie alle Verständnis.
- Warten Sie einmal ab. Die Frage von Herrn Abgeordneten Wagner war: Was passiert, wenn ein Handwerkerkind und ein Akademikerkind zusammen auf der Schulbank sitzen? Wird das eine dann nicht benachteiligt, weil das andere zu dumm ist? Das ist doch die Frage, die Sie gestellt haben.
Ich möchte Ihnen sagen, es gab eine Zeit, in der das der Fall war: das war die Zeit der einklassigen Volksschule, das war die Zeit der einklassigen Schulen auf dem Land, in den Dörfern. Da war es häufig so - in den kleinen Dörfern -, dass bis zu vier Klassen, teilweise sogar acht Klassen, zusammen in einem Raum saßen.
Das Erstaunliche ist, dass mir, als diese Debatte über PISA vor zwei Jahren begann, ein ehemaliger Professor der Universität eine Studie von 1957 über die einklassige Volksschule zugeschickt hat. Die Studie war hochgradig interessant. Diese Studie hat zum Ergebnis gehabt, dass diese einklassigen Volksschulen ausgesprochen erfolgreich waren.
Man hat sich dann die Frage gestellt, wie es funktionieren kann, dass eine Schule besonders erfolgreich ist, in der vier Klassen mit ganz unterschiedlichen Begabungen zusammensitzen. Das Ergebnis war, dass das daran liegt, dass der Lehrer mit unterschiedlichen Aufgaben in die Klasse kommt, weil sich jeder Schüler an seinem Leistungsstand orientieren kann und - was am spannendsten ist - dass diese Schule zwangsläufig dazu führt, dass jeder Schüler von Anfang an dazu erzogen wird, selbstständig zu arbeiten. Der Lehrer ist der Moderator, er geht herum, verteilt Aufgaben. Die Schüler müssen von Anfang an selbstständig arbeiten. Dieser Zwang zum selbstständigen Arbeiten ist das Geheimnis von Klassen in einer Gemeinschaftsschule, in der jeder Schüler individuell gefördert werden muss. Die Gemeinschaftsschule zwingt zur individuellen Förderung. Das ist das Ergebnis der Analyse, das ist das Ergebnis von Finnland, das ist das Ergebnis der Detailanalysen der deutschen Auswertung von PISA 2000.
Ich glaube, wenn man sich das klarmacht, dass die Gemeinschaftsschule nicht Einheitsschule bedeutet, sondern dass sie Schule in der Vielfalt bedeutet, die individuelle Förderung jedes Schülers nach seinen
Fähigkeiten und nicht das Aussortieren von Schülern, die einem nicht passen und die nicht mitkommen. Wenn man sich das bewusst macht, dann begreift man, was es bedeutet, unser Schulsystem zu ändern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Gewaltverbrecher ist aus einer Haftanstalt in Schleswig-Holstein entflohen und hat einen Menschen kaltblütig ermordet. Das ist ein Anlass für alle Beteiligten und insbesondere die zuständige Ministerin, genauestens zu klären: Welche Fehler haben die Flucht des Gefangenen ermöglicht? Gibt es Fehler in der Einrichtung, in der Ausstattung oder bei den Regularien der Justizvollzugsanstalt Lübeck? Hat die Ministerin in den vergangenen Jahren alles Nötige getan, um die Sicherheit in den Haftanstalten zu gewährleisten?
Meine Damen und Herren, wer in ein Amt gewählt wird oder ein Mandat wahrnimmt, übernimmt damit eine politische Verantwortung. Das gilt für eine Ministerin genauso wie für den Fraktionsvorsitzenden einer Regierungspartei und für jeden Politiker, der an politischen Entscheidungen, auch im Parlament, beteiligt ist.
Die Frage lautet also heute nicht, ob die Ministerin oder andere hier im Raum politische Verantwortung für das tragen, was im Strafvollzug geschieht. Das tun sie. Die Frage ist vielmehr, ob die Ministerin dieser Verantwortung vor und nach der Flucht des Häftlings gerecht geworden ist. Deswegen habe ich mich mit den von mir gestellten Fragen gründlich beschäftigt.
Erstens. Hat die Ministerin nach der Flucht alles Nötige zur Aufklärung der Vorfälle und zur Vermeidung von Wiederholungen getan? Mein Ergebnis aufgrund der umfangreichen Berichte der Ministerin an den Landtag lautet: Ja, das hat sie. Sie hat sofort Untersuchungen ohne Rücksicht auf Personen eingeleitet. Sie hat dazu auf jeder Ebene Dritte, Unbeteiligte für die Untersuchungen herangezogen, um jede Art von möglicher Rücksichtnahme auf Personen auszuschalten. Sie hat - in engster Abstimmung mit der Staats
anwaltschaft - die Öffentlichkeit und das Parlament ständig und ausführlich informiert.
Ich möchte hier deutlich sagen: Es ist ihre Pflicht, die Öffentlichkeitsarbeit mit der Staatsanwaltschaft abzustimmen, solange noch nicht alle Verfahren abgeschlossen sind.
Zweitens. Ich habe auch gefragt: Ist vor dem Ausbruch in den vergangenen fünf Jahren irgendetwas getan worden, was diesen Ausbruch erleichtert hat? Gibt es in Schleswig-Holstein im Vollzug irgendwelche Besonderheiten gegenüber anderen Bundesländern, die den Ausbruch erleichtert haben? Gab es Hinweise von Fachleuten oder gar Vorschläge von Abgeordneten der Opposition, die nicht beachtet worden sind? All dies ist nicht der Fall.
Der Ministerin und - ich sage das hier deutlich - auch meiner Fraktion und meiner Partei war klar, dass wir mit der Übernahme des Justizministeriums durch Anne Lütkes eine große Verantwortung für die Sicherheit im Lande übernehmen.
Jeder, der die Vollzugsanstalten besucht hat, weiß: Das ist kein einfacher Job, den die Vollzugsbeamten dort in teilweise über 100 Jahre alten Vollzugsanstalten zu leisten haben. Kein Politiker schmückt sich öffentlich damit, Geld für Gefängnisse einzuwerben. Trotzdem haben die Ministerin und die grüne Fraktion ein Investitions- und Modernisierungsprogramm von 57 Millionen € durchgesetzt, um die 100 Jahre alten Vollzugsanstalten zu modernisieren. Seit vier Jahren sind wir dabei, den Vollzug Schritt für Schritt zu modernisieren. Die Investitionen dienen sowohl der Verbesserung der Resozialisierungsmöglichkeiten als auch insbesondere der Verbesserung der Sicherheit. Dazu gehört auch der Ausbau der Sicherheitsabteilung für besonders gefährliche Verbrecher in Lübeck.
Auch bezüglich der Personalpolitik, bezüglich der Erlasse und Anweisungen gegenüber dem Vollzug, gibt es an keiner einzigen Stelle einen Hinweis darauf, dass Maßnahmen ergriffen wurden, die die Sicherheit verringert haben. Es gab vor dem 26. Oktober weder vonseiten des Eingabenausschusses noch vonseiten der Opposition oder von anderer Seite Kritik an den getroffenen Maßnahmen.
Allein die Personalstärke war mehrfach Anlass zur Diskussion. Gerade dazu stelle ich aber fest, dass Ministerin Lütkes und meine Fraktion sich erfolgreich dafür eingesetzt haben, dass in den vergangenen fünf Jahren die Zahl der Vollzugsbeamten bei gleicher Gefangenenzahl um 5 % verbessert wurde. Schleswig-Holstein hat von allen Bundesländern die drittbeste Personalausstattung in den Haftanstalten. Lübeck liegt dabei an der Spitze.
Ich fasse zusammen: Ministerin Lütkes hat in den vergangenen Jahren alles getan, um die Sicherheit in den Justizvollzugsanstalten zu gewährleisten.
Man kann mit Blick auf die Investitionsmaßnahmen und die Personalverstärkung sogar sagen, sie hat mehr als ihre Vorgänger in die Sicherheit im Vollzug investiert. Sie hat nach dem Vorfall alle nötigen Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit zu gewährleisten, um die Vorfälle aufzuklären und um die Öffentlichkeit zu informieren. Dies alles wurde im Ausschuss so berichtet. Was die Opposition ihr nun in Ermangelung von Fehlern vorwirft, ist schon erstaunlich:
Erstens. Die Ministerin hätte ohne Absprache mit der Staatsanwaltschaft weitergehende Hinweise und Warnungen über den Täter öffentlich machen sollen.
Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu.
Ich will mir nicht ausmalen, wie Sie von der Opposition hier im Landtag reagiert hätten, wenn die Ministerin ohne Absprache mit der Staatsanwaltschaft tatsächlich öffentliche Warnungen und Informationen abgegeben hätte, wenn es infolge solcher Warnungen zu weiteren gewalttätigen Aktionen gekommen wäre. Ich will mir nicht ausmalen, wie Sie reagiert hätten!
Zweitens. Die Opposition sagt, die Ministerin hätte sich in der Vergangenheit persönlich in Entscheidungen der Amtsleiter über Einzelregelungen für Gefangene einmischen sollen. Ich stelle nach Studium der
Dokumente fest: Dies widerspricht nicht nur der Praxis in allen anderen Bundesländern,