Protocol of the Session on November 13, 2003

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Guten Morgen, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die heutige Sitzung. Beurlaubt ist Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Zunächst begrüße ich auf der Tribüne eine Besuchergruppe der Haupt- und Realschule Viöl. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 21 und 30 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Zukunft der Energiewirtschaft

Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/2912

b) Windenergieausbau in Schleswig-Holstein Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/2996

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Malerius.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Energienutzung ist nachhaltig, wenn sie die allgemeine und dauerhafte Verfügbarkeit von geeigneten Energieressourcen sicherstellt und zugleich die negativen Auswirkungen von Energiebereitstellung, -transport und -nutzung begrenzt. Nachhaltige Energiepolitik ist Innovationspolitik. Sie muss auf verschiedenen Feldern ihren Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unseres Landes leisten, um Arbeitsplätze zu schaffen, Investitionen anzureizen und neue Märkte zu erschließen. Der Standort Deutschland soll attraktiv bleiben. Somit ist eine Strategie für Investitionen in rationelle Energienutzung und Energieeinsparung, in moderne Energietechniken, in die Effizienzsteigerung neuer Kraftwerke, in die Energieversorgungsnetze sowie in den weiteren Ausbau erneuerbarer Energieträger ein entscheidender Beitrag für die Entwicklung unserer Volkswirtschaft und unserer Arbeitsmärkte.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieses, meine Damen und Herren der Opposition, haben im Gegensatz zu Ihnen auch der Deutsche Bauernverband und der Bundesverband der mittel

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(Wilhelm-Karl Malerius)

ständischen Wirtschaft erkannt. Sie unterstützen ein breites Aktionsbündnis für erneuerbare Energien. Das Bündnis setzt sich für eine offensive Weiterentwicklung der Erzeugung von Strom, Wärme und Treibstoffen aus erneuerbaren Energien ein. Die Unterzeichner sehen hierin einen zentralen Erfolgsfaktor für die Zukunft des Standortes Deutschland.

Eine wichtige Bedingung für die zukünftige Stromwirtschaft ist der Konsens zum Ausstieg aus der Kernenergie vom Juni 2001. Der Nutzen einer kohlestofffreien Stromerzeugung aus Kernenergie ist im Vergleich zu den Risiken und Gefahren gering. Die SPD-Fraktion ist im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren der Opposition, nicht mehr bereit, die Risiken der Atomtechnologie über die vereinbarten Fristen und Reststrommengen hinaus zu akzeptieren.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir lehnen den Einsatz von MOX-Brennelementen und somit den Einstieg in die Plutoniumwirtschaft in Schleswig-Holstein ab.

Noch ein Wort zu Ihnen, Herr Kerssenbrock. Hören Sie auf zu behaupten, beim Ausstieg aus der Kernenergie müsse auf fossile klimaschädliche - ich betone: klimaschädliche - Energieträger zurückgegriffen werden, und das bedeute 150.000 t bis 170.000 t zusätzliche CO2-Fracht allein für Deutschland. Herr Kerssenbrock, bleiben Sie nicht in den 80er-Jahren stehen. Blicken Sie nicht in die Vergangenheit. Drehen Sie sich um und wagen Sie einen Blick in die Zukunft.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Hören Sie doch erst einmal seine Rede! - Weitere Zurufe von der CDU)

Es ist richtig: Die Kohle wird noch lange zu einem Energiemix gehören. Aber bei der Modernisierung der Kraftwerkparks haben wir die Chance auf eine Kohlekraftwerkstechnologie, bei der wir jeglichen CO2-Ausstoß vermeiden können, und zwar mit einem modernen Gas- und Dampfkraftwerk mit flüssigem CO2-Abzug. Das ist Innovation, das ist eine riesige Chance für unser Land, den technologischen Vorsprung zu halten. Das schafft Arbeitsplätze.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Klimaschutzziele der Bundesregierung und der beschlossene Ausstieg aus der Kernenergie erfordern in den nächsten Jahrzehnten den Umbau der gegenwärtig bestehenden in eine strukturell anders geartete Stromversorgung. Regene

rative Energien und der Ausbau der Kraft-WärmeKopplung werden dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. Die aktuellen Gesetze, vor allen Dingen das alte sowie das neue EEG, sind dafür eine wesentliche Voraussetzung. Nach der Planung der Stromkonzerne müssen zwischen 2010 und 2020 rund 40.000 MW Kraftwerkleistung ersetzt werden. Diesen Neubau müssen wir für einen optimalen Energiemix nutzen. Die nächsten Jahre sind das entscheidende Zeitfenster.

Meine Damen und Herren, auch der Beitrag der Kraft-Wärme-Kopplung sowohl mit modernen konventionellen Heizkraftwerken und Blockheizkraftwerken als auch mittelfristig mit Mikrogasturbinen und Brennstoffzellen muss und wird im neuen Energiemix eine große Rolle spielen. Viele Pilotprojekte in Schleswig-Holstein haben die Effizienz dezentraler Anlagen unter Beweis gestellt. Sei es die Versorgung einiger Häuser oder einer ganzen Siedlung - die Energieagentur hat dokumentiert, dass mittlerweile für alle Anwendungsarten ausgereifte technische Lösungen angeboten werden.

Es geht darum, den Gedanken der dezentralen Versorgungsstrukturen konsequent weiter zu denken. Der Anteil der Energieversorgung mit Kraft-WärmeKopplung wird und muss sich bis zum Jahr 2020 mehr als verdoppeln. Es geht um die Mobilisierung aller tragfähigen Potenziale rationeller Energieverwendung. Es geht um Energiesparen, es geht um die Einführung neuer Instrumente zur Energieeffizienzsteigerung wie etwa um eine entsprechende Verpflichtung der Energieunternehmen oder um die Einführung von Energieeffizienzfonds. Es geht um das technisch nachgewiesene Einsparpotenzial von 40 % des heutigen Energieeinsatzes. Das Impulsprogramm der Landesregierung zur wärmetechnischen Gebäudesanierung ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Baufachleute erkennen die Vorteile, Schulungen und Modernisierungshinweise werden genutzt.

Meine Damen und Herren, um eine strukturell und ökonomisch attraktive Stromversorgung mit dominierendem Anteil von regenerativen Energien zu erhalten, müssen alle verfügbaren regenerativen Quellen in einem ausgewogenen Mix genutzt und ihre Eigenschaften und Fähigkeiten in geeigneter Weise kombiniert werden. Das betrifft die Windenergie mit deutlichem Schwerpunkt im Norden inklusive der Offshore-Standorte, die Wasserkraft mit deutlichem Schwerpunkt im Süden, die Photovoltaik mit nahezu gleichförmiger Verteilung, die Biomasse mit starker

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(Wilhelm-Karl Malerius)

Konzentration auf die ländlichen Räume sowie die Geothermie mit Schwerpunkt im Süden, aber nicht nur dort.

Die SPD-Fraktion in Schleswig-Holstein denkt nicht nur an den Ausbau der Windenergie, der Solartechnik und der Biomassenutzung, sondern auch an die Realisierung weiterer Projekte im Bereich der Tiefengeothermie. Es ist keine Utopie, sondern ein realistisches Ziel, dass in etwa zehn Jahren Teile des Kieler Fernwärmenetzes über Erdwärme versorgt werden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von der Landesregierung erwarten wir, dass sie den Prozess der Dezentralisierung der Stromversorgung und des Ausbaus der erneuerbaren Energien weiterhin mitgestaltet. In den turnusmäßigen Energie- und Klimaschutzberichten soll sie uns im Landtag von den Chancen und Erfolgen bei der Umstrukturierung der Energieversorgung berichten.

Fossile und nukleare Energien sind teurer als es die betriebswirtschaftliche Rechnung zeigt, und sie werden in Zukunft noch teurer werden. Die Kosten erneuerbarer Energien sagen dagegen heute schon die ökologische Wahrheit und können zukünftig infolge weiteren technischen Fortschritts und wachsender Märkte noch deutlich geringer werden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer also auch in Zukunft preisgünstige Energie nutzen will, sollte heute in erneuerbare Energien investieren. Je effektiver die externen Kosten in das Preiskalkül einbezogen werden, desto früher wird eine Umgestaltung der Energieversorgung auch aus ökonomischer Sicht attraktiv. Dazu muss die Energiepolitik entsprechende Vorgaben machen.

Erneuerbare Energien haben nachhaltige Vorzüge, denn sie sind unerschöpflich, schonen die Ressourcen unserer Erde, sind umweltfreundlich und risikoarm. Aus diesem Grunde ist es unverständlich, dass insbesondere die Windenergie vom energiepolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion vehement bekämpft wird.

Die Windkraft ist inzwischen in Nordfriesland BoomBranche. Mit einem Umsatzvolumen von geschätzten 790 Millionen € und gut 1.200 Beschäftigten hat die Windkraftbranche die Vorreiterrolle für die nordfriesische Wirtschaft übernommen. Auf der größten Windenergiemesse der Welt, der „HUSUMwind“konnte sich jeder erneut von dem enormen ökonomischen Potenzial der Windenergie überzeugen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit über 50 % mehr Ausstellern im Verhältnis zur letzten Messe 2001 ist die Dynamik weiterhin ungebrochen. Gerade das Repowering und die Nutzung der Offshore-Potenziale wird diese Dynamik weiterführen und die Windenergie gemäß dem Ziel des neuen EEG mittelfristig wirtschaftlich gestalten.

Meine Damen und Herren der CDU, warum bauen Sie in Ihrem vorliegenden Antrag neue Hürden auf, zum Beispiel ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt? Seien Sie doch ehrlich und sagen Sie: Wir sind gegen die Windenergie, wir sind gegen Repowering.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Die Subventionen!)

- Herr Arp, ich zeige Ihnen jetzt den Weg auf und den können Sie dann mit uns mitgehen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, folgen Sie dem Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen, Christian Wulff, der sagt: Repowering ist keine Verspargelung der Landschaft, Repowering wird kommen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schließen Sie sich den Wünschen des Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen an, denn er wünscht, dass die Energie in Deutschland 2050 zur Hälfte und 2100 dann zu 100 % aus den erneuerbaren Energien erzeugt wird. Die Landesregierung und die SPD-Fraktion sind auf dem richtigen Weg, und wir werden diese Wünsche des Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen erfüllen.

(Heiterkeit bei der CDU)