Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie alle sehr herzlich und eröffne die 7. Tagung des SchleswigHolsteinischen Landtages. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.
Erkrankt sind die Abgeordneten Frau Dr. HappachKasan, Frau Redmann und Herr Steincke. Ich wünsche allen drei in Ihrem Namen gute Genesung.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln:
Zu den Tagesordnungspunkten 2 und 14 ist eine Aussprache nicht vorgesehen. Zur gemeinsamen Beratung sind die Punkte 6 und 17 - Gentechnik und Technikfolgenabschätzung - sowie die Punkte 8 und 9 - keine Zusatzbelastung für schleswig-holsteinische LKW und streckenbezogene Autobahnbenutzungsgebühr für LKW - vorgesehen. Anträge zur Aktuellen Stunde und Fragen zur Fragenstunde liegen nicht vor. Die Fraktionen haben mir mitgeteilt, dass sie sich darauf verständigt haben, die Tagesordnungspunkte 3 und 25 zur gemeinsamen Beratung aufzurufen. Wann die einzelnen Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 7. Tagung. Unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause werden wir jeweils längstens bis 18 Uhr tagen. - Widerspruch höre ich nicht. Dann können wir so verfahren.
Ich begrüße auf der Tribüne Gäste von der Realschule Viöl und der Realschule Altenholz. Seien Sie uns alle herzlich willkommen!
eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, um einen Vorgang aufzuklären, bei dem es nach unserer Auffassung um viel mehr geht als um unterschiedliche Rechtsauffassungen zur Handhabung von staatsanwaltschaftlichen Untersuchungsakten in Strafsachen, wie es die SPD die Öffentlichkeit glauben machen will. Ich werde mich aber nicht in den Streit der Juristen einmischen, sondern ich will versuchen, deutlich zu machen, warum die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf hat zu erfahren, was sich im Zusammenhang mit Vorwürfen gegen Staatssekretär Mantik im unmittelbaren Umfeld des Wirtschaftsministers, aber auch im Zusammenspiel der Landessregierung zwischen Justizministerium, Staatskanzlei und Wirtschaftsministerium abgespielt hat. Für mich ist das nicht nur eine rechtliche Frage, sondern auch eine Frage der politischen Hygiene und Kultur, und auch darum geht es uns.
Zum Sachverhalt! Am 14. Juni dieses Jahres durchsuchten Staatsanwälte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wegen Untreue und Bestechlichkeit gegen Staatssekretär Mantik dessen Diensträume im Wirtschaftsministerium. Dort stießen sie zu ihrer eigenen Überraschung auf einen Vermerk, den die Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Berichtspflicht in Strafsachen für die Leitungsebene des Justizministeriums gefertigt hatte. Damit hat unzweifelhaft der in einem Strafverfahren beschuldigte Staatssekretär Informationen über die Arbeit der Staatsanwaltschaft in dem Verfahren bekommen, das ihn selbst betrifft. Das ist für mich ein Vorgang, der den Staatssekretär besser stellt als jeden anderen Beschuldigten in unserem Land. Mit der Weitergabe des so genannten BeStraVermerks an den Betroffenen ist in unserem Land zweierlei Recht entstanden und darüber können und dürfen wir nicht zur Tagesordnung übergehen.
Herr Minister Dr. Rohwer, wir haben Ihnen deshalb in einer Sondersitzung des Innen- und Rechtsausschusses Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Sie haben sich dort umfangreich geäußert. Sie haben dem Parlament in diesem Ausschuss eine Geschichte über die Abläufe erzählt, auf die Sie sich offensichtlich sorgfältig vorbereitet hatten. Sie haben im Ausschuss nicht eingeräumt, Fehler gemacht zu haben. Sie haben - im Gegenteil - die Tatsache, dass sie einem Beschuldigten Erkenntnisse aus staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen haben zukommen lassen, zu rechtfertigen und dies sogar als Ihre Dienstpflicht bezeichnet versucht.
Exakt 14 Tage später, nämlich am 12. Oktober, als die ersten Zweifel an Ihrer Darstellung vor dem Innen
und Rechtsausschuss geäußert wurden, korrigierten Sie Ihre Geschichte von den Abläufen am 11. Mai. Die Glaubwürdigkeit Ihrer Aussage vor dem Innen- und Rechtsausschuss haben Sie dadurch nicht gerade gestärkt. Herr Minister, Sie haben sich damit keinen Gefallen getan und Sie wissen ganz genau, dass wir in Schleswig-Holstein aus den Erfahrungen der Vergangenheit besonderen Wert auf wahrheitsgemäße und glaubwürdige Erklärungen in den Ausschüssen des Parlaments legen,
unabhängig davon, dass dies im politischen Miteinander eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte.
Ich will auf weitere Einzelheiten und Unstimmigkeiten, die sich zwischen Ihrer Aussage vor dem Innenund Rechtsausschuss und den bisher durch die Landesregierung übermittelten Akten ergeben, jetzt nicht weiter eingehen. Umfassende Aufklärung ist Sache des Untersuchungsausschusses. Ich freue mich darüber, dass Herr Astrup in seiner Presseerklärung am 13. Oktober dies im Kern offenbar genauso sieht. Allerdings stimme ich Herrn Astrup nicht zu, wenn er in derselben Presseerklärung meint, es handele sich lediglich um die Frage, ob die Weitergabe des BeStraVermerks rechtmäßig war oder nicht. Das ist wesentlich zu kurz gesprungen, Herr Kollege Astrup!
Wir haben uns nämlich mit einem Fall zu beschäftigen, in dem Prinzipien rechtsstaatlicher Ermittlungstätigkeit durch ein Regierungsmitglied gebrochen worden sind. Darüber können wir als Parlament nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.
Ich stelle noch einmal fest: Es ist in unserem Rechtsstaat nicht akzeptabel, Unterschiede bei Beschuldigten in Strafverfahren zu machen, Unterschiede, die sich daran messen, ob ein Beschuldigter Zugang zu Berichten über staatsanwaltliche Ermittlungen bekommt, weil er zum Beispiel Staatssekretär ist oder nicht.
Wenn dies nämlich die Regel würde, wären hohe Beamte in unserem Lande strafrechtlich besser gestellt als alle anderen Bürger, und dies kann und darf nicht sein.
Die Aufklärung dieses Vorgangs liegt also, eben weil es um gleiches Recht für alle geht, im öffentlichen Interesse. Genau deshalb wollen wir alle Umstände klären, unter denen der Staatssekretär in den Besitz des Vermerks gekommen ist. Wir wollen wissen, was mit diesem Papier insgesamt und auch sonst noch geschehen ist. Das dafür am besten geeignete Mittel ist ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, dem
ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen als einem ordentlichen Ausschuss unseres Parlaments. Deshalb haben wir uns entschlossen, diesen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
Aus der Geschichte unseres Landes ist ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss - das will ich gern konzedieren - im Bewusstsein vieler eine höchst ungewöhnliche und dramatische Angelegenheit. Richtig ist, dass dies das schärfste Schwert der Opposition ist, das aber auch nicht ständig genutzt werden sollte und genutzt werden kann.
Aber ebenso richtig ist, dass in allen anderen Bundesländern parlamentarische Untersuchungsausschüsse ein Stück Normalität sind. Zurzeit gibt es in den Bundesländern und im Bund 16 - Sie hören richtig: 16! parlamentarische Untersuchungsausschüsse. Allein in Nordrhein-Westfalen gab es in der letzten Legislaturperiode derer vier. Ich erwähne dies nur, um deutlich zu machen, dass die Dramatik, die wir bei den beiden großen Untersuchungsausschüssen in den Jahren 1987/88 und 1993 bis 1995 hier erleben mussten, eben nicht die Regel ist.
Wir wollen jetzt sachlich, konsequent und schnell diesen Sachverhalt aufklären, der nach allen bisher bekannt gewordenen Tatsachen auch die Frage aufwirft, wie die Landesregierung, die Staatskanzlei mit Vermerken der Staatsanwaltschaft umgeht, mit denen über Ermittlungen in besonderen Fällen berichtet wird. Wir wollen diese merkwürdige Metamorphose aufklären, wie aus einem BeStra-Vermerk der Staatsanwaltschaft auf dem Wege über die Staatskanzlei bis zum Wirtschaftsministerium plötzlich der Bestandteil einer Personalakte werden konnte. Wir hoffen, dass dies in Ihrer Staatskanzlei, Frau Simonis, nicht der Normalfall für den Umgang mit brisanten Akten ist.
Wie unabhängig kann denn eigentlich unsere Staatsanwaltschaft in bedeutenden Verfahren noch ermitteln, wenn sie damit rechnen muss, dass ihre Vermerke Beschuldigten bekannt - ich will nicht sagen: zugeleitet - werden, weil es vielleicht politisch geboten erscheinen könnte.
Ich muss in diesem Zusammenhang auch die Frage stellen, ob es denn üblich ist, dass in politisch brisanten Fällen - wie vorliegend der Fall - dienstrechtliche Prüfungen parallel zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen laufen und geführt werden. Ich halte dies zumindest für ungewöhnlich und auch deshalb wollen wir den Grund dafür wissen.
Wir wollen auch wissen, warum Sie, Herr Rohwer, in das dienstrechtliche Prüfungsverfahren, zu dem Sie ja möglicherweise durch die Ministerpräsidentin aufgefordert worden sind, sehr schnell Sachverstand von außen eingebunden haben, der vom Steuerzahler bezahlt werden muss. Sie hätten doch Ihre Fragen zunächst einmal an das Justiz- oder das Innenministerium richten können,
denn in beiden Häusern sitzen erfahrene Juristen, die sich auch in ihren Disziplinarverfahren bestens auskennen müssten. Aber Sie gingen einen anderen Weg. Auch dieser Vorgang ruft nach Aufklärung. Dafür muss es Gründe geben. Ich frage: Welche denn?
Wir beantragen, dass dieser Untersuchungsausschuss 13 Mitglieder haben soll. Damit ist sichergestellt, dass alle Fraktionen und auch der SSW in ihm mitarbeiten können, wenn sie dies denn wollen. Zugleich ist aber das Gremium nach unserer Auffassung so klein, dass eine effektive Arbeit möglich ist. Ich gehe auch nicht davon aus, dass dieser Ausschuss hohe Kosten verursachen wird, weil er sich nach dem heutigen Kenntnisstand im Wesentlichen auf eine relativ geringe Zahl von Auskunftspersonen aus den entsprechenden Regierungsstellen beschränken wird.
Wir werden, wenn wir denn zügig und schnell arbeiten wollen, sicher auf die Auskunftsbereitschaft der Landesregierung angewiesen sein, Frau Simonis! Und ich gehe davon aus, dass auch der Regierung an einer schnellen Aufklärung gelegen ist, Frau Ministerpräsidentin!
Deshalb hoffe ich, dass wir nicht in langwierige Verfahren eintreten müssen, wenn es darum geht, Beweisanträgen des Ausschusses zu entsprechen.
Herr Präsident, ich komme zum letzten Satz. Wir möchten mit diesem parlamentarischen Untersuchungsausschuss auch beweisen, dass es möglich ist, einen Fall, der offensichtlich im öffentlichen Interesse liegt, schnell und zugleich mit der notwendigen Sorgfalt aufzuklären. Ich bin sicher, wenn Sie von den Koalitionsfraktionen das auch wollen, haben wir eine neue Chance, zu einer fraktionsübergreifenden Zusammenarbeit im Interesse der Wahrheit und letztlich der Unabhängigkeit unserer Justizorgane zu kommen.