Protocol of the Session on October 19, 2001

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Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie zum letzten Tag unserer Landtagstagung im Oktober. Ich bitte Sie, so bald wie möglich Platz zu nehmen. Auf der Tribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer der Bertolt-Brecht-Schule aus Büdelsdorf. - Herzlich willkommen im SchleswigHolsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich gebe bekannt: Erkrankt sind Frau Abgeordnete Jutta Scheicht, Frau Abgeordnete Roswitha Strauß und Herr Abgeordneter Rainer Wiegard.

(Heinz Maurus [CDU]: Da sitzt er!)

- Dann wurde das falsch gemeldet. Ich freue mich, dass er wieder gesundet ist. Allen anderen wünschen wir eine ähnlich schnelle Gesundung.

(Beifall)

Beurlaubt sind die Kollegen Hans-Jörn Arp, Peter Lehnert und Caroline Schwarz. Wegen dienstlicher Verpflichtungen auf Bundesebene sind die Ministerpräsidentin, die Kultusministerin und der Finanzminister beurlaubt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 33 auf:

Bahnpolitisches Konzept für das Land SchleswigHolstein

Landtagsbeschluss vom 13. Juli 2001 Drucksachen 15/971 und 15/1061

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/1176

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, Herrn Professor Dr. Rohwer, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben in diesem hohen Hause immer wieder gemeinsam zu Recht festgestellt: Wenn wir den Standort SchleswigHolstein für die Zukunft fit machen wollen, dann gehört dazu an vorderster Front die weitere Verbesserung der Verkehrsanbindungen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir setzen dabei nicht nur auf einen Verkehrsträger, sondern auf eine integrierte Strategie. SchleswigHolstein braucht auf allen Wegen - Straße, Schiene, Wasser und Luft - optimale Verkehrsanbindungen.

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

Nur wenn wir all diese Verkehrsträger mit ihren jeweiligen Stärken ausbauen, können wir die weiteren Verkehrszuwächse auffangen und den ansonsten drohenden Verkehrskollaps vermeiden.

Der Bahn kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in SchleswigHolstein die Chancen des Verkehrsträgers Bahn noch nicht hinreichend nutzen. Bei allem Verständnis für das Ziel einer wirtschaftlich operierenden Deutschen Bahn: Bei vielen Entscheidungen der Deutschen Bahn in den letzten Jahren sind Chancen für mehr Verkehr und mehr Kunden auf der Schiene vertan worden.

(Beifall der Abgeordneten Konrad Nabel [SPD] und Lars Harms [SSW])

In den letzten Monaten gibt es leichte Korrekturen. Ich hoffe sehr, dass sich bei dem, was sich bezüglich der neuen Überlegungen zum Fernverkehr bei der DB abzeichnet, die offensiven Gestalter, die auf die Märkte der Zukunft setzen, gegenüber den Skeptikern in diesem Bereich durchsetzen. Schleswig-Holstein setzt jedenfalls mit Erfolg auf die Zukunft der Schiene.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und der Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU] und Joachim Behm [FDP])

Wir haben uns dafür klare Ziele gesetzt. Dort, wo wir selbst entscheiden, haben wir auch schon eine Menge erreicht. Wir setzen auf einen attraktiveren Schienenpersonennahverkehr, was vor allem schnellere Verbindungen, moderne Haltepunkte, höhere Pünktlichkeit, verlässliche Anschlüsse, übersichtliche und attraktive Tarifstrukturen, kundenfreundlichen Service und Präsenz in der Strecke bedeutet. Wir setzen auf mehr Wettbewerb. Wir setzten auf Sanierung, Modernisierung und Ausbau des Schienennetzes. Wir tun alles uns Mögliche, um die Fernverbindungen von und nach Schleswig-Holstein zu halten und - wo möglich auszubauen. Wir unterstützen und fördern Maßnahmen zur Verlagerung von Güterverkehren auf die Bahn.

(Beifall der Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD] und Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dass diese Fünf-Säulen-Strategie richtig ist, zeigen unsere Erfolge. Wir haben 15 % mehr Zugkilometer und wir haben am Ende des Jahres 2001 voraussichtlich 24 % - also rund ein Viertel - mehr Fahrgäste als 1995. Diese Zahlen zeigen auch, dass die besseren Nahverkehrsangebote, die wir inzwischen machen können, von den Kunden angenommen werden.

Dass die Strategie richtig ist, zeigt aber auch etwas anderes. Der Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr zahlt sich aus. Neue Anbieter erhöhen die Qualität und setzen auch die Platzhirsche unter Druck. Die Erfolgsbilanz, die vorgestern von der NOB verkündet wurde, ist ein eindrucksvoller Beweis dafür, was möglich ist, wenn aktive Unternehmen vor Ort die Dinge gestalten und sie nicht in schwerfällige Konzernstrukturen eingebunden sind.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Auch der Ausbau des Schienennetzes kommt in Schleswig-Holstein voran. Bei der Elektrifizierung der Strecke Lübeck-Travemünde-Hamburg werden jetzt die ersten Planfeststellungsbeschlüsse vorbereitet. Wir kommen im Planungsverfahren schön voran. Bei der Reaktivierung der Strecke Neumünster-Bad Segeberg gab und gibt es leider Verzögerungen, die für mich übrigens wiederum ein Beleg dafür sind, dass es besser ist, Entscheidungen vor Ort zu treffen, statt wieder in Konzernstrukturen zu operieren.

(Beifall bei der SPD)

Ich hoffe trotzdem, dass wir unser Ziel erreichen, spätestens zum Fahrplanwechsel Ende nächsten Jahres einen vollständigen und guten Verkehr auf der Strecke Neumünster-Bad Segeberg zu erreichen. Ich werde alles dafür tun.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Joachim Behm [FDP])

Ich nenne aber auch die anderen Maßnahmen, von denen Sie wissen, dass wir sie mit Hochdruck vorantreiben: Ausbau der AKN-Strecke, Beschleunigung der Strecke Kiel-Lübeck - wir haben darüber informiert - und Sanierung der Hochbrücken. Hier passiert endlich etwas. Leider gibt es immer noch Verzögerungen bei der Beseitigung des Engpasses zwischen Pinneberg und Elmshorn. Hier mahne ich dringend an, dass die Deutsche Bahn ihre Entscheidung nicht bis zur Entscheidung über die feste Fehmarnbelt-Querung hinauszögert. Wir müssen dafür kämpfen, dass beide Korridore gleichberechtigt und schnell ausgebaut werden.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Heinz Maurus [CDU] und Christel Aschmo- neit-Lücke [FDP])

Bei den Fernverkehrszuganbindungen konnten wir Schlimmeres verhindern. Ich hoffe, wir haben die Deutsche Bahn jetzt so weit, dass sie die ICE- und ICVerbindungen nicht weiter infrage stellt. Das sieht in der Tat im Moment so aus. Wir müssen natürlich wei

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

ter fordern, dass die Verbindungen, die wir jetzt haben, bestehen bleiben. Ich sage an dieser Stelle sehr deutlich: Wenn die Bahn meint, die InterRegios, die jetzt noch in Schleswig-Holstein fahren, abschaffen zu müssen, dann werden wir sehr stark dagegenhalten. Ich denke hier an das Beispiel Flensburg. Für den Fall, dass die Deutsche Bahn das tut, werden wir alles tun, um einen leistungsfähigen Wettbewerber - Sie wissen, dass es inzwischen mehrere Angebote gibt - aktiv zu unterstützen, damit diese Verkehre übernommen werden.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW sowie der Abgeordneten Heinz Maurus [CDU] und Brita Schmitz-Hübsch [CDU])

Bei der Verlagerung von Güterverkehren auf die Schiene geht es - das muss man leider so feststellen am langsamsten. Die Strategie MORAC halte ich für problematisch, auch wenn man sie aus Sicht der DB AG nachvollziehen kann. Allerdings ist sie, wie sich inzwischen herausstellt, in einigen Bereichen auch eine Chance. Wir haben inzwischen - Sie sind zum Teil darüber informiert, soweit Sie regional betroffen sind in einer Vielzahl von Gesprächen erreicht, dass Private in Schleswig-Holstein die Anschlüsse übernehmen und zu interessanteren Konditionen für Unternehmen anbieten als die alte Bahn und diesen Service auch schneller erbringen. Diese Chance müssen wir weiter nutzen, meine Damen und Herren. Ich werde alles dafür tun, dass dies geschieht.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Insgesamt ziehe ich eine positive Zwischenbilanz, sage aber auch: Es gibt noch einiges zu tun. Es wird aber auch schon kurzfristig und insbesondere im nächsten Jahr ganz wichtige Fortschritte für den Bahnverkehr in Schleswig-Holstein geben, zu allererst mit unserem neuen integralen Taktfahrplan, der Ende nächsten Jahres in Kraft treten soll und der bedeuten wird, dass wir noch mehr Strecken in Schleswig-Holstein befahren, dass wir dichtere Takte haben, dass wir mehr Haltepunkte haben, dass wir nochmals verbesserte Wagenqualitäten realisieren werden.

In diesem Zusammenhang ist nach Vorlage des Berichts noch einiges passiert. Insoweit kann ich über eine neue Entwicklung, nämlich darüber berichten, dass wir bei der Einigung der Bundesländer über den künftigen Verteilungsschlüssel der Regionalisierungsmittel sehr gut abgeschnitten haben. Wir haben mit dem Bund noch nicht das Gesamtvolumen ausgehandelt; aber der Verteilungsschlüssel ist ja schon ein ganz wichtiger Punkt. Wenn wir alles so hinbekommen, wie wir das meinen, sind wir, was die Regionalisierungsmittel angeht, für die neuen Verkehre, die wir

zusätzlich bestellen wollen, gut gewappnet. Ich glaube, dies ist ein guter Erfolg für Schleswig-Holstein.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Meine Damen und Herren, zweitens wollen wir im nächsten Jahr, wie Sie wissen, den Hamburger Verkehrsverbund erweitern. Die Hausaufgaben sind alle gemacht. Die Verträge liegen praktisch unterschriftsreif in Hamburg vor. Einige kleine, spezielle Punkte sind noch nicht geklärt, so zum Beispiel was die AKNStrecke und was den Haltepunkt in Ahrensburg angeht. Das können keine entscheidenden Punkte sein, um diese Verbesserung zu verhindern. Dies alles liegt, wie gesagt, unterschriftsreif in Hamburg. Ich hoffe nur, dass auch mit der neuen Konstellation in Hamburg eine zügige Unterschrift möglich ist. Als ich das Wahlprogramm der Schill-Partei gelesen habe, die künftig angeblich den Verkehrssenator stellen soll, habe ich dazu leider nichts gefunden. Ich hoffe sehr, dass der zuständige Senator zumindest weiß, worum es bei diesem Thema geht.

(Werner Kalinka [CDU]: Na, na!)

Wir werden einen neuen, übersichtlicheren und attraktiven Schleswig-Holstein-Tarif einführen. Wir werden bei den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn Druck ausüben, die Fernzugverbindungen aufrechtzuerhalten. Wir bereiten zurzeit einen Ausschreibungsfahrplan vor. Meine Damen und Herren, da ich davon ausgehe, dass Sie auch hierzu eine Information haben wollen, möchte ich diese gerne geben.

Meine Aussage steht, in den nächsten zehn Jahren alle Schienennetze in Schleswig-Holstein in den Wettbewerb zu stellen. Dieser Ausschreibungsfahrplan ist bei uns intern fertig gestellt. Allerdings gibt es kommunizierende Röhren. Was wir ausschreiben und wie wir es ausschreiben, hängt auch damit zusammen, welche Verträge wir mit der DB über den Rest, also über das, was wir nicht sofort, sondern später ausschreiben, schließen können. Natürlich versuchen wir, bei diesen Verhandlungen das Beste für Schleswig-Holstein herauszuholen. Sie werden verstehen, dass hier taktische und strategische Punkte miteinander verwoben sind. Außerdem müssen wir sicher sein, dass sich auf die Ausschreibungen, die wir durchführen, interessante Bewerber melden. Dazu ist eine Reihe von Gesprächen erforderlich, die wir führen, bevor wir uns in Ausschreibungen begeben.

Das läuft zurzeit. Ich gehe davon aus, dass wir unseren Ausschreibungsplan bis Ende November veröffentli

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

chen und dann auch sehr zügig weiter ausschreiben werden,

(Beifall des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])