Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Erkrankt sind die Herren Abgeordneten Geerdts und Wiegard. Beiden wünsche ich von dieser Stelle aus gute Genesung.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 3, 5, 6, 7, 20, 22, 29, 31, 32, 38, 40, 41, 44, 49, 53, 54, 56 bis 60 sowie 63 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Punkte 11 und 61. Ferner müssen wir auch den Punkt 62 - Zukunft der Landeszentrale für Politische Bildung - von der Tagesordnung absetzen, weil der Bildungsausschuss seine Beratungen noch nicht abschließen konnte.
Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Punkte 2 - Änderung des kommunalen Verfassungsrechts - und 55 - Entschließung zur Reform des Gemeinde- und Kreiswahlrechts, die Punkte 10 - Änderung des Abgeordnetengesetzes - und 42 - Änderung des Einkommensteuergesetzes -, die Punkte 15, 16 und 51 - sie betreffen Energiethemen -, die Punkte 18 Preiserhöhungen im Zuge der Euro-Umstellung - und 30 - Überprüfung der Baugebührenverordnung - sowie die Punkte 24 und 25, - die die Diäten betreffen.
Anträge zur Aktuellen Stunde und Fragen zur Fragestunde liegen nicht vor. Wann die einzelnen Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 24. Tagung. Die Fraktionen haben sich nachträglich darauf verständigt, dass der Tagesordnungspunkt 9, der für heute gegen 17 Uhr vorgesehen ist, mit der gemeinsamen Beratung der Tagesordnungspunkte 18 und 30 getauscht werden soll. Wir werden unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause jeweils längstens bis 18 Uhr tagen. Widerspruch höre ich dazu nicht. Also werden wir so verfahren.
Ich möchte Besucherinnen und Besucher begrüßen. Auf der Tribüne haben Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrkräften folgender Schulen Platz genommen: der Realschule Flensburg-West und der Claus-RixenSchule Altenholz. - Herzlich willkommen!
In der Besucherloge sehe ich die Bürgervorsteherin der Gemeinde Leck, Frau Gressmann. - Ebenfalls herzlich willkommen!
b) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung und der Kreisordnung - Abschaffung der Direktwahl von hauptamtlichen Bürgermeistern und Landräten
Bericht und Beschlussempfehlung des Sonderausschusses „Fortschreibung des kommunalen Verfassungsrechts“ Drucksache 15/1908
Bericht und Beschlussempfehlung des Sonderausschusses „Fortschreibung des kommunalen Verfassungsrechts“ Drucksache 15/1909
Ich erteile jetzt der Berichterstatterin des Sonderausschusses, der Frau Abgeordneten Kruse, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sonderausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages „Fortschreibung des kommunalen Verfassungsrechts“ hat seinen durch Beschluss des Landtages vom
22. Januar 2001 erteilten Auftrag erfüllt und legt Ihnen heute mit dem Bericht und der Beschlussempfehlung eine in manchen Teilen weit gehende Fortschreibung des kommunalen Verfassungsrechts zur Abstimmung vor.
Die Reform des kommunalen Verfassungsrechts aus dem Jahr 1996 war von dem Gedanken getragen, dass die Demokratisierung der Gesellschaft auf der einen und erhebliche Veränderungen in den Verwaltungsstrukturen auf der anderen Seite eine Anpassung des kommunalen Rechts an diese veränderten Rahmenbedingungen erforderlich machte. Aber auch die Erkenntnis, dass immer weniger Menschen bereit und in der Lage sind, den hohen Aufwand an Zeit und Energie auf sich zu nehmen, der mit dem Ehrenamt in der kommunalen Selbstverwaltung verbunden ist, machte es notwendig, nach neuen Wegen zu suchen, um Instrument der Demokratie zukunftsfähig zu gestalten.
In den folgenden Jahren der praktischen Anwendung wurde deutlich, dass dieses nur der erste Schritt in Richtung einer zeitgemäßen Kommunalverfassung sein würde. Parteiübergreifend war man sich einig, dass auf der Basis der mit der neuen Kommunalverfassung gewonnenen Erfahrungen eine Nachsteuerung notwendig sein würde. Dieses galt insbesondere für das sensible Machtverhältnis zwischen haupt- und der ehrenamtlicher Selbstverwaltung. Hier haben sich durch den Wegfall der Magistratsverfassung und durch die Einführung der Direktwahl der hauptamtlichen Verwaltungsbeamtinnen und -beamten die gravierendsten Veränderungen ergeben. Auch die Mitwirkungs- und Informationsrechte der ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger, die Elemente der direkten kommunalen Demokratie sowie die Auswirkungen von Verwaltungsstrukturreformen auf die kommunalpolitische Praxis mussten erneut auf den Prüfstand.
Das Interesse der haupt- und ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker an diesem Vorhaben war groß. Den Ausschuss sowie die Fraktionen erreichte eine Vielzahl von Vorschlägen und Anregungen, aber auch Kritik, was unserer Arbeit im Ausschuss wichtige Impulse gegeben hat. In besonderer Weise möchte ich an dieser Stelle die kommunalen Landesverbände hervorheben, die durch ihre konstruktive Mitarbeit im Ausschuss sehr dazu beigetragen haben, dass sich die Beratungen über einzelne Probleme nicht freischwebend im theoretischen Raum bewegt haben, sondern eng an der Praxis orientiert waren. Ihre Erfahrungen und Vorschläge waren für uns alle eine wichtige Arbeitsgrundlage. An dieser Stelle möchte ich mich sehr herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen für die sachliche und konstruktive Zusammenarbeit sowie bei der
Ob die in dem jetzt vorliegenden Bericht und Beschlussempfehlung des Ausschusses enthaltenen Regelungen eine angemessene Antwort auf alle an uns herangetragenen Fragen sein werden, wissen wir nicht. Nur die praktische Anwendung wird uns das zeigen. Eine politische Bewertung kommt mir als Ausschussvorsitzender nicht zu. Die Fraktionen werden nachfolgend ihre Standpunkte darlegen.
Ich möchte an dieser Stelle aber auf Eines hinweisen, das mir persönlich bei vielen Punkten immer wieder deutlich geworden ist. Wir haben als Gesetzgeber nicht die Macht, jedes Problem durch eine adäquate gesetzliche Regelung so zu lösen, dass jeder mit jedem Ergebnis vollkommen zufrieden sein kann. Es ist vielmehr unsere Aufgabe, bei widerstreitenden Interessen, wie sie hier insbesondere im Spannungsverhältnis zwischen haupt- und ehrenamtlicher Selbstverwaltung vorliegen, nach Kompromissen zu suchen, welche für alle Seiten vertretbar sind. Ich meine, dass uns dies durch die Neuregelung auch gelungen ist.
Sehr schwierig wird es jedoch dann, wenn hinter den Sachproblemen im Einzelfall zwischenmenschliche Schwierigkeiten und Differenzen zu stehen scheinen, die wir nicht zu lösen imstande sind. In diesen Fällen Einzellösungen zu finden, übersteigt unsere Möglichkeiten, aber auch den verfassungsmäßigen Auftrag des Gesetzgebers. Hier können nur Konfliktvermeidungsund Konfliktlösungsmöglichkeiten geschaffen werden, um in einem geordneten Verfahren jeder Seite zu ihrem Recht zu verhelfen. Ich bitte daher um Verständnis, wenn einige Erwartungen, welche in die Neuregelungen gesetzt wurden, nicht erfüllt werden können.
Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass es sich bei der nun fortgeschriebenen Kommunalverfassung um ein Gesamtkunstwerk im wahrsten Sinne des Wortes handelt, bei dem alle Beteiligten in dem Bemühen mitgewirkt haben, ein optimales Gleichgewicht der Kräfte sowie eine in der Praxis anwendungsfreundliche und zeitgemäße Kommunalverfassung zu schaffen, die allerdings nur durch das Engagement vor Ort mit Leben erfüllt werden kann.
Ich danke der Frau Berichterstatterin für den Bericht und dem Sonderausschuss insgesamt für seine intensive Arbeit. Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Puls das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Reform der Kommunalverfassung setzt sozialdemokratische Tradition fort. Seit ihren Anfängen arbeitet die deutsche Sozialdemokratie an einer umfassenden Demokratisierung unserer Gesellschaft, von der Erkämpfung des allgemeinen, gleichen und direkten zunächst noch geschlechtsspezifischen Wahlrechts über die Einführung des Wahlrechts für Frauen bis hin zu der Forderung nach Volksbegehren und Volksinitiativen sowie Volksentscheiden.
Seit 1988 ist die Ausweitung der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der Bürgerinnen und Bürger eines der Kernprojekte sozialdemokratischer Politik in Schleswig-Holstein, auch im kommunalen Bereich. Die Einführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, die Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen, die Möglichkeit von Einwohnerversammlungen und Einwohneranträgen, neue Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche sowie die Einführung des kommunalen Wahlrechts für EU-Ausländer und die Herabsetzung des kommunalen Wahlalters auf 16 Jahre verschaffen den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Lande größeren Einfluss auf die Gestaltung der Politik in den Gemeinden, Städten und Kreisen.
Die Reform des Kommunalverfassungsrechts im Jahre 1995/96 war ein weiterer Schritt in Richtung mehr direkte Demokratie, mehr Partizipation, mehr Bürgerbeteiligung.
Die Erfahrungen seit Inkrafttreten der letzten Reform allerdings haben gezeigt, dass die Aufgabenverteilung zwischen Haupt- und Ehrenamt an verschiedenen Orten unseres Landes zu Problemen in der Zusammenarbeit geführt hat. Das galt insbesondere dort, wo das Verhältnis von Haupt- und Ehrenamt nicht von gegenseitigem Vertrauen und Respekt getragen wurde - die Vorsitzende hat soeben darauf hingewiesen -, sondern Streit über Inhalte und Grenzen gesetzlicher Kompetenzzuweisungen und die Reichweite von Kontrollbefugnissen die sachliche Arbeit zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger überlagerte oder in Einzelfällen sogar in den Hintergrund treten ließ. Hier mussten wir handeln, um das Ehrenamt zu stärken. Dabei war und ist uns klar, dass keine gesetzliche Regelung - so vollkommen sie auch sein mag - den Willen zur Kooperation und einen vertrauens- und respektvollen Umgang der handelnden Personen miteinander ersetzen kann. Gesetze können nur Grenzen ziehen und Konfliktregelungsinstrumente anbieten.
Wir haben auch festgestellt, dass der Einfluss des Ehrenamtes durch Einführung des so genannten Aufgabentrennungsprinzips in einigen Bereichen zurückgegangen ist. Dies gilt insbesondere dort, wo die Kontroll- und Steuerungskompetenzen der Mandatsträgerinnen und Mandatsträger unzureichend geregelt sind oder vom Hauptamt durch restriktive Interpretation des Gesetzes unterlaufen werden können. Hier mussten zur Stärkung des Ehrenamtes wirksamere Informationsund Teilhaberechte geschaffen werden. Für den Fall der Verletzung dieser Rechte musste ein sicheres und transparentes Sanktionsverfahren im Gesetz verankert werden. An anderer Stelle mussten zur Herstellung einer ausgewogenen Machtbalance auch die Mitgestaltungsräume der ehrenamtlichen Verwaltung erweitert werden. Dabei blieb und bleibt es unser Ziel, die Einheit von Haupt- und Ehrenamt in der kommunalen Selbstverwaltung zu wahren. Denn in der gesamten Diskussion zur neuerlichen Reform der Kommunalverfassung sind wir als SPD-Landtagsfraktion von drei tragenden Gesichtspunkten ausgegangen.
Erstens. Für die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde kommt es darauf an, dass die kommunale Selbstverwaltung insgesamt effektiv ist und reibungslos funktioniert. Dafür, dass die Schulen ordentlich ausgestattet sind, dass genügend Kindergartenplätze geschaffen werden und dass alle verfügbaren kommunalen Dienstleistungen schnell und unbürokratisch erbracht werden, sind alle Amts- und Mandatsträger in den Rathäusern und Kreisverwaltungen gemeinsam verantwortlich. Der Laden insgesamt muss laufen; das Produkt öffentliche Dienstleistung muss stimmen.
Zweitens. Voraussetzung für eine vernünftige arbeitsteilige Organisation der Kommunalverwaltung nach betriebswirtschaftlichen und organisationswissenschaftlichen Gesichtspunkten zum Nutzen unserer Bürgerinnen und Bürger sind eine eindeutige Zuordnung und klare Aufteilung der Verantwortungsbereiche zwischen den ehrenamtlichen Kommunalvertretungen und den hauptamtlichen Verwaltungsleitungen. Das Ehrenamt entscheidet, das Hauptamt setzt um. Dabei muss es bleiben. Reformbedürftig war vor allem der Bereich der Vollzugskontrolle. Hier wollen wir das Ehrenamt stärken durch verbesserte Kontrollinstrumente, verstärkte Berichtspflichten und Sanktionsmöglichkeiten.