Klaus-Peter Puls
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Last Statements
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ziel des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfs der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist es, bestimmte schützenswerte Gruppen in unserer Gesellschaft ausdrücklich unter den Schutz unserer Landesverfassung zu stellen und endlich auch für SchleswigHolstein ein Landesverfassungsgericht einzurichten.
Schleswig-Holstein ist das einzige Bundesland, dessen Verfassungsrechtsstreitigkeiten nicht im Lande selbst, sondern beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verhandelt und entschieden werden. Von einem Landesverfassungsgericht könnten schleswigholsteinische Verfassungsfragen ortsnäher, sachnäher und zeitnäher geklärt und beantwortet werden.
In der Anhörung zu unserem Gesetzentwurf ist dieses Begehren von fachkundiger Seite, insbesondere der Christian-Albrechts-Universität und der Neuen Richtervereinigung, „nachhaltig“ unterstützt worden. Für Professor Albert von Mutius - ich zitiere - „lässt es die erhebliche Überbelastung des Bundesverfassungsgerichtes (sogar) nachgerade als abwegig erscheinen, dieses (Gericht) nach wie vor als einziges Bundesland im Wege der Organleihe … in Anspruch zu nehmen“.
Die Aufnahme weiterer Staatsziele zum Schutz bestimmter gesellschaftlicher Gruppen ist von allen an der Fachausschussanhörung beteiligten Institutionen und Vereinigungen begrüßt worden. Ich will im Einzelnen kurz darauf eingehen.
Erstens. Der Schutz und die Förderung der Sinti und Roma deutscher Staatsangehörigkeit hätte als Staatsziel schon längst in die Landesverfassung gehört.
Die Minderheitenbeauftragte der Ministerpräsidentin hat uns zutreffend darauf hingewiesen, dass es in Erfüllung des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten aus dem Jahre 1995 sogar rechtlich geboten ist, dass die Minderheit der deutschen Sinti und Roma den gleichen verfassungsrechtlichen Status erhält, den heute schon die nationale dänische Minderheit und die friesische Volksgruppe haben.
Für uns wäre das auch ein Beitrag gegen Ausgrenzung und für Integration. Die Forderung ist in der Anhörung nicht nur vom Verband deutscher Sinti und Roma selbst, sondern auch vom Sydslesvigsk Forening und vom Friesenrat unterstützt worden.
Zweitens. Die Anhörung hat uns auch bestärkt, bei unserer Forderung zu bleiben, ein allgemeines Diskriminierungsverbot in die Landesverfassung zu schreiben. Das diesbezüglich von uns vorgesehene Staatsziel zum „Schutz sozialer Minderheiten“ wird insbesondere von der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein und vom Landesverband der Lebenshilfe begrüßt.
Wir wollen alle drei Säulen unserer Staatsgewalt verfassungsrechtlich verpflichten, Sorge dafür zu tragen, dass niemand wegen seiner Herkunft, seiner Abstammung, seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner sozialen Stellung, seiner Sprache, seiner politischen, weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung, seines Geschlechts oder seiner sexuellen Identität bevorzugt oder benachteiligt wird. Wir wollen das so in die Verfassung hineinschreiben.
Wir wollen darüber hinaus Menschen mit Behinderung und pflegebedürftige Menschen unter den besonderen Schutz der Landesverfassung stellen.
Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen hat in der Anhörung die besondere Schutzwürdigkeit der Menschen mit Behinderung nachdrücklich unterstrichen. Hinsichtlich der pflegebedürftigen Menschen hat uns schon die starke Beteiligung der Menschen an der „Volksinitiative für eine menschenwürdige Pflege“ im Jahr 2001 deutlich gemacht, dass es eines stärkeren Schutzes durch den Staat bedarf.
AWO und Sozialverband haben damals für die von ihnen organisierte Volksinitiative über 40.000 Unterschriften als Unterstützung erhalten.
Auch in der aktuellen Anhörung zu unserem Gesetzentwurf wird eine Staatszielbestimmung zum Schutz der Rechte und Interessen pflegebedürftiger Menschen insbesondere von AWO und Sozialverband wieder nachdrücklich eingefordert. Auch der Opposition wird nicht entgangen sein, dass beide Verbände noch gestern öffentlich an die Abgeordneten aller Fraktionen des Landtages appelliert haben, der von uns beantragten Verfassungsergänzung zuzustimmen.
Wollen Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sich wirklich erst durch eine erneute Volksinitiative und einen mit Sicherheit daran anschließenden erfolgreichen Volksentscheid dazu zwingen lassen, die Pflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und für uns alle verbindliches Staatsziel zu respektieren?
Drittens. Auch den Schutz und die Förderung von Kindern und Jugendlichen wollen wir in die Landesverfassung aufnehmen. Diese Forderung wird insbesondere vom Landesjugendring unterstützt und der Deutsche Kinderschutzbund weist zu Recht darauf hin, dass es hierfür schon seit 1992 sogar eine völkerrechtliche Verpflichtung gibt. Die Grundsätze der damals von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Konvention der Vereinten Nationen über den Schutz und die Förderung von Kindern und Jugendlichen haben sich bis heute nicht in der schleswig-holsteinischen Landesverfassung niedergeschlagen. Auch dazu ist heute die Gelegenheit gegeben.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Die FDP-Fraktion hat sich in den Beratungen allen unseren Vorschlägen angeschlossen. Mit der FDPFraktion haben wir zusätzlich für den Tierschutz eine Formulierung erarbeitet.
Weil wir für jede Verfassungsänderung aber eine Zweidrittelmehrheit des Parlaments benötigen, hoffen wir, dass im Interesse der zuvor genannten gesellschaftlichen Gruppen auch die CDU-Fraktion unserem Antrag zustimmt. Das wäre für die Öffentlichkeit, die uns häufig nur streitend erlebt, ein - wie ich finde - auch in Wahlkampfzeiten durchaus angemessenes partei- und gesellschaftspolitisches Signal.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer Bauchthemen differenziert behandelt, verursacht am Stammtisch allenfalls ein Rülpsen. Ich will es trotzdem versuchen.
Erstens. Der Mord an dem Modeschöpfer Rudolph Moshammer kann unseres Erachtens nicht für die Forderung nach einer Ausweitung der DNA-Analyse genutzt werden, um nicht zu sagen: missbraucht werden. Denn bei der Aufklärung des Mordfalles Moshammer sind die nach geltendem Recht längst gegebenen Möglichkeiten der DNA-Analyse ja gerade konsequent und erfolgreich genutzt worden.
Der Täter ist mit vorhandenem DNA-Material aus einer vorangegangenen strafrechtlichen Ermittlung überführt worden.
Zweitens. Der Vorwurf, den die CDU-Fraktion in ihrer Presseerklärung zum Fall Moshammer öffentlich gemacht hat, Herr Kollege Schlie, Rot-Grün verzögere die konsequente Nutzung der DNA-Analyse, ist polemisch-populistischer Unsinn. Die DNAAnalyse wird selbstverständlich im Rahmen der zurzeit bestehenden rechtlichen Möglichkeiten auch in Schleswig-Holstein konsequent genutzt. Erweiterte Möglichkeiten ihrer Anwendung als erkennungs
dienstliche Maßnahmen werden allerdings nur dann unsere Zustimmung finden, wenn die Missbrauchsvorsorge gesetzlich geregelt und die Einhaltung rechtsstaatlicher Grenzen in der Weise gesichert ist, wie es das Bundesverfassungsgericht fordert.
Drittens. Zum Stichwort Missbrauch ist unsere These: Gentests dürfen nur durchgeführt werden, wenn die Betroffenen wirksam einwilligen oder eine gerichtliche Anordnung auf der Basis einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage vorliegt. Wir können uns in diesem Zusammenhang ein allgemeines Missbrauchsvorsorgegesetz, ein Gendiagnostikgesetz vorstellen, wie es im Zusammenhang mit heimlichen Vaterschaftstests aktuell ja auch in Rede ist.
Viertens. Wir wollen nicht nur Schwer- und Schwerst-, sondern auch Kleinkriminalität wirksam bekämpfen. Die Frage, ob bei leichten Straftaten DNA-Tests gemacht werden sollten, ist nun allerdings vom Bundesverfassungsgericht bereits verbindlich entschieden worden. Ein DNA-Test ist rechtlich unzulässig, wenn die Schwere der Tat in keinem Verhältnis zu dem damit verbundenen Eingriff steht.
Zudem muss die DNA-Maßnahme geeignet und erforderlich sein, um ihren Zweck, die aktuelle oder künftige Identifizierung eines Täters, erreichen zu können. Damit fällt eine Vielzahl von Delikten der so genannten Kleinkriminalität auch für erkennungsdienstliche Maßnahmen aus dem verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen heraus. Für „Eierdiebe“ darf der Gesetzgeber die DNA-Tests gar nicht zulassen. Wir sollten deshalb die „Eierdieb“-Diskussion im Zusammenhang mit DNA ein für alle Mal beenden.
Ein letztes Stichwort - fünftens -: erkennungsdienstliche Standardmaßnahme. Wenn es so ist, dass in der polizeilichen Praxis - Sie haben eben wieder darauf hingewiesen, Kollege Schlie - ohnehin nur bei 10 bis 15 % aller Straftaten erkennungsdienstliche Maßnahmen vorgenommen werden, dann kann doch eigentlich auch nichts dagegen sprechen, entsprechend der polizeilichen Praxis die gesetzlichen Voraussetzungen für erkennungsdienstliche Maßnahmen konkret zu formulieren und damit ausdrücklich und für jeden Polizisten nachvollziehbar zu definieren, bei welcher Straftat eine erkennungsdienstliche Behandlung möglich, zulässig und verhältnismäßig ist und bei welcher nicht.
Unter diesen so konkretisierten und gesetzlich formulierten Voraussetzungen könnten wir auch der Aufnahme des Instruments DNA-Analyse in den Katalog erkennungsdienstlicher Standardmaßnahmen näher treten. Denn selbstverständlich wollen wir, dass unsere Polizei bei ihrer verantwortungsvollen Arbeit für das Wohl und die Sicherheit von uns allen die wirksamsten Mittel an die Hand bekommt, die verfügbar sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns liegen zwei kommunalrechtliche Gesetzentwürfe zur Verabschiedung vor.
Mit dem Gesetz zur Verbesserung der kommunalen Verwaltungsstruktur dokumentieren wir einmal mehr unsere Grundposition. Aus der Sicht der SPD-Landtagsfraktion bedeutet Verwaltungsstrukturreform nicht Gebietsreform von oben, nicht Abschaffung der Kreise und nicht Zerschlagung der gewachsenen Ämterstruktur.
Wir stellen alles auf den Prüfstand. Wir kennen keine Tabus, aber wir wollen auch keine Panik in den betroffenen Ämtern, Kreisen und Gemeinden.
Wir unterstützen auch mit diesem Gesetz alle Anstrengungen zur freiwilligen Kooperation für größere Verwaltungseinheiten, für die Zusammenarbeit, wo dies vor Ort gewollt ist. Wir setzen auf Freiwilligkeit. Denn wir respektieren die verfassungsrechtliche Garantie kommunaler Selbstverwaltung.
Und ich füge hinzu, was ich an dieser Stelle immer sage: Wo sich Bürger selbst verwalten, hat der Staat sich herauszuhalten.
Schon durch die Zusammenlegung zweier kleiner Verwaltungen - so hat es der Landesrechnungshof in einem Bericht festgestellt - könnten mindestens durchschnittlich vier Planstellen eingespart werden, was längerfristig einer jährlichen Personalkostenreduzierung von rund 200.000 € entspräche. Auch der Landesrechnungshof befürwortet für Ämter und amtsfreie Städte und Gemeinden eine Mindestgröße und eine anzustrebende Optimalgröße zwischen 6.000 und 9.000 Einwohner und weist ausdrücklich darauf hin, dass die jeweilige Mindest- und Optimalgröße auch durch die Zusammenlegungen hauptamtlicher Verwaltungen ohne Gebietsreform erreicht werden kann. Wir wollen mit unserem Gesetz für die vermehrte Zusammenlegung hauptamtlicher Verwaltungen die Voraussetzungen schaffen, ohne dass die Souveränität der zahlreichen kleineren politischen Gemeinden in Schleswig-Holstein angetastet wird.
Im Mittelpunkt des Gesetzes steht ein Vorschlag zur Änderung der Amtsordnung. Die Ämterverfassung als solche hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als Verwaltungsstruktur für die ländlichen Räume bewährt. Wir wollen sie erhalten und auch mit diesem Gesetz weiter stärken. Wir wollen insbesondere für die Intensivierung der Zusammenarbeit bestehender Verwaltungseinheiten, zum Beispiel mehrerer Ämter miteinander oder eines Amtes mit einer amtsfreien Stadt oder Gemeinde sorgen. Wir wollen die Eingliederung bislang amtsfreier Gemeinden in bestehende Ämter erleichtern. Nicht zuletzt soll der Gesetzentwurf auch verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen für den Zusammenschluss mehrerer bisher amtsfreier Gemeinden zu einem neuen Amt schaffen.
Durch das Gesetz soll das Vorhaben der Gemeinden Heikendorf, Mönkeberg und Schönkirchen speziell zur Fusion ihrer Verwaltungen auf der Basis der Amtsordnung ermöglicht werden. Das dortige Projekt ist beispielhaft für Schleswig-Holstein und wurde in allen Gremien der Gemeinden einstimmig beschlossen. Die durchgeführten Bürgerinformationsveranstaltungen zeigen, dass auch in der Bevölkerung eine hohe Akzeptanz dafür vorhanden ist. Die Vorbereitungen sind in den Gemeinden im vollen Gange. Das Gesetz, das wir heute verabschieden, dient als Rechtsgrundlage dafür, dass in dem neu geschaffenen Amt auch eine hauptamtliche Verwaltungsleitung eingesetzt werden kann.
Wir haben im Entwurf noch eine Änderung vorgenommen. Die im Entwurf vorgesehene obligatorische hauptamtliche Verwaltung eines Amtes mit mehr als 15.000 Einwohnern mit der Möglichkeit einer Ausnahmeregelung durch das Innenministerium soll in der Weise geändert werden, dass generell die Möglichkeit einer ehrenamtlichen Verwaltung von Ämtern bestehen bleibt und die Möglichkeit einer freiwilligen Regelung über die hauptamtliche Verwaltung bei Ämtern ab 8.000 Einwohnern geschaffen wird. Damit soll den Kommunen vor Ort die Möglichkeit gegeben werden, selbst über eine haupt- oder ehrenamtliche Verwaltungsstruktur entscheiden zu können, also auch hier Vorrang für das Prinzip der Freiwilligkeit.
Mit dem zweiten Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften wollen wir die Sitzverteilung in kommunalen Ausschüssen regeln. Das ist erforderlich geworden nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das die spiegelbildliche Abbildung der Mehrheitsverhältnisse in Gemeindevertretungen und Kreistagen auch für kommunale Ausschüsse vorschreibt. Durch eine Neufassung der einschlägigen Vorschriften sollen Fraktionen, die nach dem Verteilungsverfahren d’Hondt nicht in einem Ausschuss vertreten sind, künftig in jedem Ausschuss ein Grundmandat mit beratender Stimme erhalten. Fraktionslose Gemeindevertreterinnen und -vertreter sollen ebenfalls das Recht erhalten, in einem Ausschuss ihrer Wahl Mitglied mit beratender Stimme zu werden. Durch diese Regelung wird die Position kleiner Fraktionen und einzelner Gemeindvertreter und -vertreterinnen insoweit gestärkt, als diese in die Ausschussarbeit eingebunden werden und durch die Mitgliedschaft in den Fachausschüssen der Gemeindevertretung auch Zugriff auf alle Sitzungsvorlagen und sonstigen Informationen haben.
Wir wollen außerdem mit einer so genannten Überproportionalitätsklausel sicherstellen, dass tatsächlich die Mehrheitsverhältnisse der Vertretung in den
Ausschüssen abgebildet werden, dass nicht eine Fraktion, die nicht die absolute Mehrheit in der Vertretung hat, sie plötzlich durch das Verfahren d’Hondt in den Ausschüssen erhält. Dies wollen wir dadurch sicherstellen, dass wir in einem solchen Fall einen Ausgleichssitz der Fraktion mit der nächst höchsten d’Hondt-Zahl zukommen lassen. Damit wird die absolute Mehrheit in Ausschüssen für Fraktionen verhindert, die sie auch in der Vertretung nicht haben. Entsprechende Regelungen, in die Kreisordnung eingeführt, stärken auch in den Kreistagen die Position der kleinen Fraktionen und der fraktionslosen Abgeordneten. Den wesentlichen Inhalt des zugrunde liegenden FDP-Antrages, das Grundmandat mit Stimmrecht, lehnen wir ab. Das halten wir für eine Verfälschung des demokratischen Wahlergebnisses.
Wir bitten, beiden Gesetzentwürfen entsprechend der Beschlussempfehlung des Ausschusses die Zustimmung zu geben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich eigentlich in die vom Kollegen Garg wieder eröffnete Ausschussberatung nicht noch einmal einschalten und mich kurz fassen, weil alles schon mehrfach gesagt worden ist.
Was lange währt, wird endlich gut. Das soll mein Eingangssatz sein. Mit dem Gesetz zur Vorbeugung und Abwehr der von Hunden ausgehenden Gefahren schaffen wir endlich angemessenen landesgesetzlichen Schutz vor gefährlichen Hunden. Seit dem Jahr 2000, als der 6-jährige Volkan in Hamburg von zwei frei laufenden Kampfhunden regelrecht zerfleischt wurde, bemühen wir uns in Schleswig-Holstein um verbesserte Regelungen. Fast alle Neuregelungen auch anderer Bundesländer sind immer wieder von Hundehalterlobbys gerichtlich angefochten worden. Erst im März 2004 hat das Bundesverfassungsgericht endlich die Zulässigkeit einschränkender Regelungen für bestimmte Hunderassen bejaht. Auf der Grundlage des Urteils stuft das Landesgesetz den American Staffordshire-Terrier, den StaffordshireBullterrier, den Bullterrier und den Pitbull-Terrier als grundsätzlich gefährliche Hunde ein. Für sie wird es in Schleswig-Holstein außer dem bereits bestehenden bundesgesetzlichen Einfuhrverbot eine Haltererlaubnispflicht und ein Zuchtverbot geben. Gefährlich und damit erlaubnispflichtig können aber auch besonders scharfe oder bissige Hunde anderer Rassen sein.
- Herr Kollege Kubicki, das Gesetz bestimmt für alle gefährlichen Hunde - Sie sind davon nicht erfasst -,
die gehalten werden dürfen, künftig generell Maulkorb- und Leinenzwang sowie zur Identifizierung und Kontrolle die Kennzeichnung mit einem blauen Halsband - blau-gelb könnte man auch nehmen - und einem elektronischen Chip.
Vom Maulkorbzwang kann durch einen positiven Wesenstest befreit werden. Die Hundehalter müssen volljährig sowie zuverlässig, sachkundig und persönlich geeignet sein. Außerdem müssen sie eine Haftpflichtversicherung für ihre Tiere abschließen. Wer gegen das Gesetz verstößt, kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 € bestraft werden.
Wir freuen uns, dass wir das Gesetz heute endlich verabschieden können. Die vor allem aus Halterkrei
sen und vonseiten der FDP vorgebrachten tierschützerischen Bedenken waren mit Verfassungsrecht abzuwägen. Wir haben das getan. Das Grundgesetz schützt nicht in erster Linie die Freiheit des gefährlichen Hundes, sondern das Leben und die Gesundheit der gefährdeten Menschen. Mit unserem Landesgesetz wirken wir darauf hin, dass die Menschen in Schleswig-Holstein nicht nur vor gefährlichen Hunden, sondern auch vor gefährlichen Hundehaltern geschützt werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPDLandtagsfraktion weist den Antrag von CDU und FDP auf Entlassung der Justizministerin zurück. Er ist nicht begründet.
Auch wir bedauern, dass die Flucht
eines Straftäters aus der Justizvollzugsanstalt Lübeck zur Tötung eines Menschen führte. Der Justizministerin auch nur indirekt Verantwortung für den geschehenen Mord zuzuschieben, ist aus unserer Sicht selbst nicht nur unverantwortlich, sondern unanständig.
Wir halten es für nicht in Ordnung, meine Damen und Herren von der Opposition, dass unmittelbar nach dem Tatgeständnis des Flüchtigen und wieder Festgenommenen am 1. Dezember die Kollegen Dr. Wadephul und Kubicki unisono verkündeten, die Justizministerin trage die Verantwortung dafür, dass „ein unschuldiger Mensch Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sei“ - so Dr. Wadephul - und dass - so der Kollege Kubicki wörtlich - „die Schlamperei im Justizministerium ein Menschenleben gekostet hat“.
Und wir halten es genauso wenig für in Ordnung, dass noch in der Innen- und Rechtsausschusssitzung am 8. Dezember unterstellt wurde, die Gewalttat hätte vermieden werden können, wenn die Staatssekretärin - das ist eben wiederholt worden - auf einer Pressekonferenz nach der Flucht deutlicher vor dem gefährlichen Täter gewarnt hätte - so Dr. Wadephul - oder wenn es - so Herr Kubicki wörtlich - vor der Flucht „dem Ministerium nicht völlig egal gewesen
wäre, wie dieser siebenmalig erfolgreiche Ausbrecher untergebracht war“.
Die Vorwürfe treffen weder die Staatssekretärin noch die Ministerin. Wenn Herr Dr. Wadephul der Staatssekretärin unterstellt, sie habe in besagter Pressekonferenz am Fluchttag nicht gesagt, der Flüchtige sei gefährlich, sondern lediglich, man könne nicht sagen, er sei nicht gefährlich, dann ist das kein sachlicher Vorhalt, sonder Haarspalterei.
Wenn die Staatssekretärin die Worte benutzt hätte „er ist gefährlich“ statt der Worte „Vorsicht, wir können nicht sagen, er ist nicht gefährlich“, meinen Sie dann wirklich, Herr Dr. Wadephul, der Öffentlichkeit weismachen zu können, dass dann die Überlebenschance des bereits vorher konkret ausgesuchten Opfers auch nur um 1 Promille höher gewesen wäre?
Herr Kubicki, der Ministerin zu unterstellen, „Herr Bogner wäre nicht ausgebrochen und hätte keinen Menschen getötet“, wenn sie, die Ministerin, sich durch Nachfrage fachaufsichtlich in den Einzelfall eingeschaltet hätte, ist gleichermaßen daneben,
wenn Sie, Herr Kubicki, im gleichen Atemzug ausweislich des vorläufigen Protokolls des Innen- und Rechtsausschusses vom 8. Dezember, Seite 20, Wert auf die Feststellung legen, zu keinem Zeitpunkt erklärt zu haben, die fachaufsichtliche Einschaltung der Ministerin „sei geboten gewesen“; Sie hätten lediglich gesagt, es wäre „nicht verboten“ gewesen.
Meine Damen und Herren, das sind formale Spielereien, juristisch-exegetische Kunstgriffe, ist l’art pour l’art. Es ist nicht die dem Ernst der Lage angemessene seriöse Untersuchung möglicher Mängel im Strafvollzug, wie sie am Beispiel des gravierenden Einzelfalls der Opposition selbstverständlich zuzugestehen ist. Auch Ihre Rücktritts- und Entlassungsforderung in Richtung Justizministerin ist nicht seriös, weil Sie verlangen, dass politische Konsequenzen aus einem Sachverhalt gezogen werden, der nach Ihrer eigenen Überzeugung noch gar nicht aufgeklärt ist.
Sie selbst verlangen doch von der Ministerin zu Recht ständig die neuesten Informationen über die Umstände und Vorgänge im Zusammenhang mit der Flucht. Auch Ihr legitimes Akteneinsichtsbegehren, dem wir uns selbstverständlich angeschlossen haben, kann
doch sinnvollerweise nur den Zweck verfolgen, die vorhandenen Informationen zu vervollständigen, die uns die Ministerin im Innen- und Rechtsausschuss mit zwei umfangreichen Berichterstattungen bereits gegeben hat.
Beide Berichte zeigen auf, wie im Zusammenwirken von JVA und Ministerium ständig der Auftrag des Strafvollzugsgesetzes erfüllt wird, die Sicherheit innerhalb der Anstalten, aber auch den Schutz der Allgemeinheit vor Flucht und weiteren Straftaten optimal zu gewährleisten. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die für die recht- und zweckmäßige Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalten in unserem Lande hoch qualifizierte und jahrelang, zum Teil jahrzehntelang bewährte Kräfte sind.
Wir haben zur Kenntnis genommen, dass bei der Personalzuweisung im Verhältnis der Mitarbeiter zu Gefangenen Schleswig-Holstein im Bundesvergleich an dritter Stelle liegt und dass in Schleswig-Holstein die JVA Lübeck wegen ihrer besonderen Aufgabenstellungen die günstigste Personalausstattung aller sechs Justizvollzugsanstalten hat. Verbesserungen sind immer noch möglich. Möglichkeiten dazu werden ja auch untersucht.
Wir haben erfahren, dass und wie im Bereich von Alarmierung, Postzustellung, Telefon- und PCNutzung, bei der Mitnahme von Gegenständen in die Werkstätten und bei persönlichen Gefangenenbesuchen Sicherheitsvorsorge getroffen und ständig geübt wird. Uns ist erläutert worden, wie das Ministerium die ihm nach den Strafvollzugsvorschriften des Bundes obliegende Rechts- und Fachaufsicht über das Dienstpersonal der Justizvollzugsanstalten selber ausübt.
Herr Kubicki, wir haben mit Zufriedenheit und Zustimmung insbesondere zur Kenntnis genommen, dass die Ministerin selbst sofort nach Bekanntwerden des aktuellen Vorfalls in der JVA Lübeck generell damit begonnen hat, jedes individuelle Fehlverhalten, aber auch mögliche strukturelle Schwächen im Vollzugsablauf einer konsequenten und umfassenden Aufklärung und Überprüfung zu unterziehen und dies ohne Rücksicht auf die eigenen Zuständigkeiten auch im Bereich der Rechts- und Fachaufsicht des Ministeriums zu tun.
Meine Damen und Herren, wir begrüßen ausdrücklich, dass bei besonders gefährlichen Gefangenen, bei Sicherungsverwahrten und bei langstrafigen Gefangenen nicht nur die Sicherheitsvorkehrungen in den Justizvollzugsanstalten, sondern auch die Kontrollmöglichkeiten des Ministeriums weiter verbessert
werden sollen. Wir begrüßen ausdrücklich auch, dass umgehend nicht nur der Strafvollzugsausschuss der Länder, sondern auch eine Kommission unabhängiger Experten die bisherige Praxis des Controllings besonders gefährlicher Gefangener in Schleswig-Holstein unter Einbeziehung fachaufsichtlicher Erfordernisse überprüfen, mit anderen Ländern vergleichen, bewerten und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge vorlegen.
All dies sind Maßnahmen, mit denen die Justizministerin die ihr obliegende politische Verantwortung für den Justizvollzug in Schleswig-Holstein und für den konkreten Einzelfall wahrnimmt. Sie daraus zu entlassen wäre nicht nur nicht sachgerecht, sondern es wäre im Sinne der eingeleiteten Überprüfungen und angestrebten weiteren Verbesserungen unseres Strafvollzugs sogar kontraproduktiv.
Will die Opposition - das soll meine letzte Frage sein - überhaupt und eigentlich selber die von ihr beantragte Entlassung? Die vermutlich wahrheitsgemäße Antwort hat Dr. Wadephul in der „taz“ vom 9. Dezember gegeben. Ich zitiere:
„Für uns als CDU gäbe es … gar nichts Besseres, als wenn Lütkes bis zum Wahltag im Amt bleibt. Dann haben wir ein Dauerthema.“
Ich gehe davon aus, dass sich Herr Kubicki dieser Erklärung anschließt, denn er hat der CDU die Ehe versprochen und will jedenfalls bisher noch nicht zugeben, dass er sich ins falsche Bett gelegt hat.
Für die SPD-Landtagsfraktion darf ich deshalb abschließend aus einer Presseerklärung der Neuen Richtervereinigung Schleswig-Holstein vom 14. Dezember zitieren, der wir vollinhaltlich zustimmen. Sie lautet:
„Eine Landtagsdebatte ist gut und richtig, wenn sie denn Parlament und Öffentlichkeit die Gefahren und Risiken des Strafvollzugs vor Augen führt und eine sachgerechte Auseinandersetzung darüber fördert, wie diesen Gefahren und Risiken begegnet werden kann. Unerträglich wäre es …, wenn der Tod eines Menschen zum Wahlkampfthema würde.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur, weil der Kollege Kayenburg das Thema politische Brandstiftung angesprochen hat, möchte ich noch Folgendes sagen. Zweierlei ist unstreitig. Erstens. Die Opposition behauptet jetzt unverhohlen, stellt zumindest einen Zusammenhang her zwischen dem Verhalten der Justizministerin unseres Landes und dem Tod eines Menschen, der aus einer Flucht resultierte. Tatsächlich gibt es bisher keinerlei Hinweise oder gar Beweise für ein persönliches Fehlverhalten der Minis
terin, die solche schweren Anschuldigungen rechtfertigen könnten.
Zweitens. Unstreitig ist auch der von der Frau Ministerpräsidentin hier angesprochene unsägliche Beweisantrag der CDU-Fraktion im 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, durch den die Frau Ministerpräsidentin persönlich durch Beiziehung von Todesermittlungsakten in Zusammenhang mit Todesfällen - öffentlich und in der Presse - im Umfeld der damaligen Beteiligten gebracht werden sollte, um sie persönlich und politisch zu diskreditieren.
Drittens - das ist meine Schlussbemerkung -. Ich habe vorhin zum heutigen Fall gesagt, das sei unanständig. Das ist, finde ich, milde ausgedrückt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Menschenwürde darf auch im Freiheitsentzug nicht angetastet werden. Ich freue mich, dass wir tatsächlich breites Einvernehmen für den Antrag, der hier vorgelegt worden ist, im Landesparlament erzielen können. Die Kollegin Fröhlich hat die wesentlichen Begründungselemente dargelegt und erläutert; Herr Kollege Schlie hat sich im Wesentlichen angeschlossen.
Auch wir wollen, dass die Landesregierung auf eine schnelle Unterzeichnung und Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur UN-Anti-Folter-Konvention hinwirkt, dass sie es weiterhin tut, will ich hinzufügen, denn wir wissen, dass sich unsere Justizministerin und der Innenminister in den zuständigen Gremien auf Bundesebene bereits intensiv eingebracht haben.
Anlass für unser Begehren - auch darauf hat die Kollegin Fröhlich hingewiesen - ist nicht etwa ein tatsächlicher Foltervorfall oder ein konkreter Folterverdacht in Schleswig-Holstein. Auch wir halten für genauso wichtig wie die Bestrafung tatsächlich geschehener Folter die Gewährleistung regelmäßiger und unabhängiger Kontrollen zur Verhinderung von Folter. Genau das ist das Ziel des Zusatzprotokolls. Mit der Ratifizierung werden die Voraussetzungen geschaffen für eine international und national abgestimmte vorsorgliche Kontrolle aller Gewahrsamseinrichtungen im Bereich von Polizei und Justiz sowie in Anstalten und Heimen mit geschlossenen Abteilungen. Lassen Sie uns unsere Landesregierung bei ihren weiteren Bemühungen um schnelle Ratifizierung und zügige Realisierung durch eine einstimmige landesparlamentarische Beschlussfassung unterstützen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der eine oder die andere mag sich wundern, dass die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heute kurz vor Toresschluss der Legislaturperiode noch einmal den Versuch unternehmen, unsere Landesverfassung um Gegenstände zu ergänzen, die schon mehrfach hier debattiert wurden und die bisher niemals die für eine Verfassungsänderung erforderliche Zweidrittelmehrheit des Hauses erhalten haben. Wir bringen diesen Antrag ein, obwohl wir wissen, dass wir dafür die bisher verweigerte Zustimmung insbesondere der CDU-Fraktion benötigen, weil wir die Hoffnung nicht aufgegeben haben, dass sich auch die CDU-Fraktion inhaltlich den Zielen unseres Antrages nicht verweigern kann, nämlich erstens bestimmte schützenswerte Gruppen unserer Gesellschaft auch und ausdrücklich unter den Schutz unserer Landesverfassung zu stellen und zweitens endlich auch für Schleswig-Holstein ein Landesverfassungsgericht einzurichten.
Wir sind das letzte Bundesland, das seine Verfassungsrechtsstreitigkeiten nach wie vor im fernen Karlsruhe beim Bundesverfassungsgericht verhandeln lassen muss. Alle anderen Bundesländer haben ein eigenes Landesverfassungsgericht. In SchleswigHolstein wäre die Einrichtung sinnvoll, zweckmäßig und kostengünstig und wäre zum Beispiel mit vorhandenen Räumen und vorhandenem Personal in Schleswig kurzfristig realisierbar. Alle Personen und Institutionen in unserem Lande, auch die Kreise, Städte und Gemeinden, hätten für kommunalrechtli
che Verfassungsstreitigkeiten umgehend eine Appellationsinstanz, die die Streitfragen ortsnah, sachnah und zeitnah beantworten könnte.
Nur zur Auffrischung der parlamentarischen Erinnerung will ich darauf hinweisen, dass in einem Verfassungsänderungsantrag vom 7. Mai 2003 auch die Abgeordneten des SSW und, Herr Kollege Kubicki, auch die Fraktion der FDP mit fast gleichlautendem Text die Errichtung eines schleswig-holsteinischen Verfassungsgerichts gefordert haben.
Um die Ehrlichkeit und Kontinuität Ihrer Politik nicht zu diskreditieren, meine Damen und Herren von SSW und FDP, werden Sie sicherlich unserem heutigen Antrag nach den Ausschussberatungen mit Überzeugung Ihre Zustimmung geben.
Wichtige gesellschaftliche Gruppen und Minderheiten, die auch in Schleswig-Holstein immer wieder der Gefahr ausgesetzt sind, benachteiligt oder nicht angemessen berücksichtigt zu werden, wollen wir mit dem zweiten Teil unseres Antrags ausdrücklich durch die Formulierung politischer Staatsziele unter den Schutz unserer Verfassung stellen. Auch dies haben wir schon mehrfach versucht und versuchen es heute erneut, um insbesondere - ich nenne sie wieder - die CDU-Fraktion von der Notwendigkeit des besonderen Schutzes dieser besonderen gesellschaftlichen Gruppen zu überzeugen. Denn FDP und SSW haben auch insoweit bereits mit dem genannten Antrag vom 7. Mai 2003 ausdrücklich die Aufnahme von Staatszielen in die Landesverfassung gefordert.
Lassen Sie uns endlich einvernehmlich als Gesamtparlament von Schleswig-Holstein Nägel mit Köpfen machen und die gut gemeinten Erklärungen umsetzen. Wir jedenfalls halten es für erforderlich, dass die Minderheit der deutschen Sinti und Roma den gleichen verfassungsrechtlichen Status erhält, den heute schon die nationale dänische Minderheit und auch die friesische Volksgruppe haben.
Wir jedenfalls halten es auch für erforderlich, dass in Schleswig-Holstein niemand wegen seiner Herkunft, seiner Abstammung, seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner sozialen Stellung, seiner Sprache, seiner politi
schen, weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung, seines Geschlechts oder seiner sexuellen Identität bevorzugt oder benachteiligt wird.
- Im Grundgesetz steht es als Grundrecht. Grundrechte haben wir in unserer Verfassung nicht. Hier ist es als Staatsziel, als objektive Verpflichtung für uns, formuliert, Herr Kollege Schlie. Machen Sie sich bitte einmal schlau.
Wir halten es auch für erforderlich, dass Menschen mit Behinderung unter den besonderen Schutz des Landes gestellt werden und dass das Land die Rechte und Interessen pflegebedürftiger Menschen schützt sowie eine Versorgung fördert, die allen Pflegebedürftigen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht.
Schließlich, aber nicht zuletzt wollen wir auch Kinder und Jugendliche in unserem von allen immer wieder in höchsten Tönen proklamierten kinder- und jugendfreundlichen Land unter den besonderen Schutz der Landespolitik und der Landesregierung stellen.
Meine Damen und Herren, Staatsziele - das wissen wir - vermitteln keine Ansprüche rechtlicher oder gar finanzieller Art, aber sie verpflichten uns als Staat, als Landesparlament, Landesregierung und Landesverwaltung, bei jeder staatlichen Maßnahme und bei jeder politischen Entscheidung die schutzwürdigen Interessen der genannten gesellschaftlichen Gruppen zu bedenken und zu beachten. Dem kann sich doch eigentlich niemand in diesem Haus verschließen.
Geben Sie unserem Antrag im Sinne der Menschen, für den wir ihn stellen, eine breite parlamentarische Mehrheit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die systematische Ergänzung unserer Landesverfassung um weitere Staatsziele bezogen auf besondere gesellschaftliche Gruppen sprechen wir seit - ich meine - 1997, als wir 1998 eine Verfassungsänderung auf den Weg gebracht haben. Gleiches gilt für das Thema Landesverfassungsgericht. Seit dem 5. Juni 2002 liegt mit Umdruck 15/2257 der SPD-Landtagsfraktion ein dreifacher Vorschlag zur Änderung der Landesverfassung vor. Dieser ist mit der Bitte an alle Fraktionen verbunden, sich damit auseinander zu setzen. Ich betone: Seit dem 5. Juni 2002!
Herr Kollege Kubicki, wir haben vor einigen Monaten im federführenden Innen- und Rechtsausschuss, dem Sie auch angehören, diesen Umdruck wieder aufgerufen. Wir haben mit den Fraktionen gesprochen und gefragt, wie sie dazu stehen. Alle Fraktionen haben sich unterschiedlich geäußert. Wir haben am 7. Mai 2003 den Antrag der kleineren Fraktionen zur Erweiterung der Verfassung um bestimmte Staatsziele, die heute wieder Antragsgegenstand sind, ebenso wie den Gegenstand Landesverfassungsgericht behandelt. Die Debatte ist in allen Fraktionen gemeinschaftlich und ausführlich geführt worden, und zwar seit Jahren. Sie wollen heute nicht zustimmen. Das ist nicht im Interesse der Bevölkerungsgruppen, die wir hier angesprochen haben. Herr Kubicki, Sie bringen dafür nur formale Ausflüchte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 1. Januar 2005 tritt bundesweit das Zweite Sozialgesetzbuch, mit dem die Zusammenführung von bisheriger Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger realisiert wird, in Kraft. Zur Umsetzung in Schleswig-Holstein bedarf es landesrechtlicher Regelungen, insbesondere für die Sicherung der vom Bundesgesetzgeber zugesagten finanziellen Entlastung der Kommunen. Diese Regelungen wollen wir heute in zweiter Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung beschließen.
Ehe ich darauf zu sprechen komme, lassen Sie mich aber doch eine allgemeine Vorbemerkung zu der so genannten Hartz-IV-Gesetzgebung insgesamt machen. Bei allem finanziellen Gerangel zwischen den verschiedenen politischen Ebenen sollten wir nicht aus den Augen verlieren, für wen die Gesetze gemacht sind und welchen Gruppen von Menschen sie helfen sollen. Und wir sollten im weiteren Verfahren
alles in unserer Macht Stehende dazu beitragen, dass im Zusammenwirken von Bundesarbeitsverwaltung und kommunaler Sozialverwaltung gewährleistet wird, dass es am 1. Januar auch tatsächlich losgeht, und zwar erstens mit der angekündigten verbesserten Betreuung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen - das ist ja das eigentliche Ziel - und zweitens mit der Auszahlung des neuen Arbeitslosengeldes II zur Sicherung des Lebensunterhalts für all die Betroffenen, denen nicht sofort ein Arbeitsplatz oder eine Arbeitsgelegenheit angeboten werden kann.
In finanzieller Hinsicht ist der Gesetzentwurf der Landesregierung nach intensiven und konstruktiven Gesprächen mit allen kommunalen Landesverbänden in den gemeinsamen Ausschussberatungen dahin gehend verändert worden, dass insbesondere im Verhältnis der Kreise zu den kreisangehörigen Städten und Gemeinden ein von allen Seiten akzeptierter Kompromiss zustande gekommen ist.
Mit der heutigen Ausschussempfehlung werden die unterschiedlichen finanziellen Be- und Entlastungen, die durch Hartz IV in den Kreisen und kreisangehörigen Kommunen entstehen, angemessen zum Ausgleich gebracht. Für dieses von den kommunalen Landesverbänden einvernehmlich selbst eingebrachte Lösungsmodell darf ich mich - sicherlich im Namen des ganzen Hauses - bei allen drei kommunalen Landesverbänden auch von dieser Stelle aus herzlich bedanken.
Den nachgereichten Vorschlag der kommunalen Landesverbände, zusätzlich eine gesetzliche Regelung über die Weiterleitung der Entlastungen des Landes an die Kommunen im Landesausführungsgesetz zu verankern, werden wir als SPD-Landtagsfraktion nicht übernehmen. Den darauf gerichteten CDUAntrag werden wir ablehnen.
Es mag, wie es die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Landesverbände schreibt, „sachgerecht und zweckmäßig erscheinen“, eine Regelung über die Weitergabe der Entlastungen des Landes im Ausführungsgesetz zu verankern; wir halten dies jedoch nicht für erforderlich.
Im Gesetzentwurf selbst - lesen Sie bitte Seite 3 ff. - wird ja schon ausdrücklich darauf abgestellt, dass die mit Hartz IV vorgesehene finanzielle Entlastung der Kommunen tatsächlich realisiert wird, dass der Anteil des Bundes an den Unterkunftskosten vom Land unmittelbar in die Kommunen transferiert wird und dass das Land darüber hinaus seine Nettoentlastungen an die Kommunen weiterleiten wird. Eine ausdrückliche Paragraphenregelung ist dafür aus unserer Sicht ent
behrlich. Wir vertrauen darauf, dass unsere rot-grüne Landesregierung nach dem 20. Februar 2005 die im Gesetzentwurf gemachten Zusagen einhält. Die CDU traut sich für den unwahrscheinlichen Fall ihres eigenen Wahlsieges offenbar selbst nicht über den Weg.
Ein letzter Hinweis auf den rot-grünen Änderungsantrag zu Art. 7 des Gesetzentwurfes. Damit die betroffenen Menschen pünktlich zum 1. Januar 2005 ihre neuen Rechte geltend machen können, wollen wir im jetzigen Stadium nicht gleichzeitig die Landesausführungsgesetze zum bisherigen Bundessozialhilfegesetz und zum bisherigen Grundsicherungsgesetz im Alter und bei Erwerbsminderung komplett überarbeiten. Sie sollen für die nicht erwerbsfähigen Sozialhilfe- und Grundsicherungsempfänger bis auf weiteres erhalten bleiben, damit auch für diesen Personenkreis mit dem Jahreswechsel der Leistungsbezug und die notwendige staatliche Unterstützung gewährleistet bleiben. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDULandtagsfraktion hat einen Bericht der Landesregierung zu den von Herrn Lehnert eben angesprochenen vier Tagesordnungspunkten der Innenministerkonfe
renz erbeten, die am 8. Juli in Kiel getagt hat. Der Berichtsantrag ist mit der Überschrift „Sicherheit in Schleswig-Holstein“ versehen worden. Gestatten Sie mir deshalb für die SPD-Landtagsfraktion eine allgemeine sicherheitspolitische Vorbemerkung.
Wir sind uns mit den Antragstellern einig darin, dass unseren Strafverfolgungsbehörden in jeder Beziehung alle auch technisch verfügbaren Möglichkeiten an die Hand gegeben werden, die eine wirksame und erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung gewährleisten, müssen allerdings bei jeder dieser neuen ins Auge gefassten Möglichkeiten immer wieder die verfassungsrechtlichen Grenzen, Bedenken und Missbrauchsvorsorge nach Möglichkeit auch rechtlich treffen. Das gilt insbesondere für den Bereich der DNA-Analyse, auf die sich der erste Punkt bezieht.
Wir teilen die Auffassung der Landesregierung, dass der Einsatz der DNA-Analyse für die Identitätsfeststellung im Strafverfahren ein hervorragend geeignetes Mittel ist. Wir wissen aber auch, dass die DNAAnalyse mit ihrer Aussagekraft über Erbanlagen und Krankheitsdispositionen eine der sensibelsten und problematischsten Informationsquellen überhaupt ist. Deshalb halten wir es mit der Landesregierung für erforderlich und begrüßen die zusätzliche Protokollnotiz in der Innenministerkonferenz, dass weitere Prüfungen in der Innenministerkonferenz und in der Justizministerkonferenz
insbesondere darauf gerichtet werden sollten, ob bei rechtlicher Gleichstellung der DNA-Analyse mit den herkömmlichen erkennungsdienstlichen Maßnahmen besondere gesetzliche Vorkehrungen gegen Missbrauch notwendig sind,
zum Beispiel in Form einer Strafbewehrung.
Zur zweiten Frage: Sollen die Fristen für die Speicherung von Fingerabdruckmaterial und DNA-Identifizierungsmustern verlängert werden? - Auch hier kann man sagen, die Bedeutung, die eine Speicherung und Aufbewahrung polizeilicher Erkenntnisse und Unterlagen, insbesondere von Fingerabdruckmaterial und DNA-Identifizierungsmustern, für die polizeiliche Aufgabenerfüllung hat - so der Bericht -, ist unstreitig. Wenn insbesondere die B-Länder, die CDUregierten Bundesländer, weitergehen wollen und diese Fristen pauschal verlängern wollen, so sagen wir: Das ist nicht erforderlich. Wir teilen insoweit die Auffassung unseres Innenministers und der Innenminister
konferenz. Es bedarf einer generellen Anhebung der Fristen überhaupt nicht, weil in den Polizeigesetzen schon jetzt Einzelfall begründet solche Verlängerungen möglich sind.
Die dritte Frage: Soll an die Polizei über gerichtliche Entscheidungen nach dem Gewaltschutzgesetz informiert werden? - Wir haben seit dem 1. Januar 2002 die Möglichkeit, dass sich Opfer von Gewalt in engen sozialen Beziehungen auch an die Gerichte wenden, um Schutzanordnungen zu erhalten. Auch hier teilen wir die Auffassung der Landesregierung, dass getroffene gerichtliche Entscheidungen der Polizei auch mitgeteilt werden sollten. Wenn Gerichte, teilweise auch in Schleswig-Holstein, die Übermittlungen von Entscheidungen an die Polizei mit dem Hinweis ablehnen, dass die Anordnung über Mitteilungen, die es auf Bundesebene gibt, die Anordnung über Mitteilung in Zivilsachen, keine solche Mitteilungsverpflichtung vorsehe, dann muss diese Mitteilungsanordnung auf Bundesebene geändert werden. Darauf will die Landesregierung hinwirken. Das begrüßen wir.
Zur letzten Frage: Wie beurteilen IMK und Landesregierung die Gefahren des Internet für Kinder und Jugendliche, die Gefahren, die unverkennbar vielfältig vorhanden sind und die auch für Straftäter eine immer größere Bedeutung erlangen? - Nicht umsonst hat der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder den Jugendschutz auf das Internet ausgedehnt. Wir teilen auch hier die Auffassung der Regierung, dass darüber hinausgehend weitere geeignete Maßnahmen und Mittel zu entwickeln sind, zu untersuchen sind, die der Bekämpfung, der gezielten Hilfe, der Intervention und der Prävention dieses Deliktsfeldes dienen, und sollten insgesamt, Herr Kollege Lehnert, das Ergebnis der Prüfungen abwarten, ehe wir von der Landesebene neue gesetzgeberische Initiativen auf den Weg bringen.
Lassen Sie uns die Prüfungsergebnisse in Ruhe abwarten. Dann beraten wir sie im Ausschuss. Dann können wir über weitere gesetzgeberische Maßnahmen sprechen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legen Ihnen heute den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der kommunalen Verwaltungsstruktur vor. Vergessen Sie bitte alles, was Sie dazu im Vorfeld bereits gelesen oder gehört haben; es ist überwiegend falsch.
Erstens. Aus der Sicht der SPD-Landtagsfraktion bedeutet Verwaltungsstrukturreform nicht Gebietsreform von oben, nicht Abschaffung der Kreise und nicht Zerschlagung der gewachsenen Ämterstruktur vom rot-grünen Tisch in Kiel. Wir stellen bei den Beratungen und Entscheidungen alles auf den Prüfstand, auch im Bereich der Kommunalverwaltung. Wir wollen kein Tabu haben, aber bitte in den betroffenen Kreisen und Gemeinden auch keine Panik. Bei dieser grundsätzlichen Position der SPD-Landtagsfraktion bleibt es.
Daraus folgt: Die Befürchtungen des SchleswigHolsteinischen Gemeindetages, die Landesregierung wolle mit gesetzgeberischen Maßnahmen eine Kommunalreform erzwingen - vergleiche Landeszeitung vom 23. August 2004 -, ist unbegründet. Der Gesetzentwurf, den wir heute vorlegen, will das genaue Gegenteil. Der vom Gemeindetag selbst erklärten Intention exakt entsprechend wollen wir mit dem Gesetz genau wie der Gemeindetag - ich zitiere - „alle Anstrengungen zu Kooperationen und vergrößerten Verwaltungseinheiten unterstützen, wo dies vor Ort gewollt ist“.
Auch wir treten für Freiwilligkeit ein und setzen darauf. Wir respektieren die verfassungsrechtliche Garantie kommunaler Selbstverwaltung und sagen: Wo sich Bürger selbst verwalten, hat sich der Staat rauszuhalten.
Zweitens. Die Reformbedürftigkeit unserer kommunalen Verwaltungsstrukturen kann ernsthaft nicht bezweifelt werden. Der Landesrechnungshof hat sie
in einem Bericht vom 16. Dezember 2003 ausdrücklich bestätigt und unterstrichen.
Ausgangspunkt der Prüfung des Landesrechnungshofs war die breite landes- und kommunalpolitische Diskussion zur Größenordnung leistungsfähiger Kommunen und zur Notwendigkeit verstärkter interkommunaler Zusammenarbeit. Der Landesrechnungshof kommt zu dem Ergebnis, „dass alle Ämter, amtsfreien Städte und Gemeinden unter 9.000 Einwohnern ihre Anstrengungen im Hinblick auf Verwaltungszusammenschlüsse deutlich verstärken sollten, um die Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der Verwaltungen zu steigern“.
Schon durch die Zusammenlegung zweier kleiner Verwaltungen - so der Landesrechnungshof - könnten mindestens durchschnittlich vier Planstellen eingespart werden, was längerfristig einer jährlichen Personalkostenreduzierung von rund 200.000 € entspräche. Der Landesrechnungshof befürwortet für Ämter und amtsfreie Städte und Gemeinden gleichermaßen eine Mindestgröße von 6.000 Einwohnern und eine anzustrebende Optimalgröße von 9.000 Einwohnern und mehr. Er weist dann allerdings ausdrücklich darauf hin, dass die jeweilige Mindest- und Optimalgröße auch durch die Zusammenlegung hauptamtlicher Verwaltungen ohne Gebietsreform erreicht werden kann.
Wir wollen mit unserem Gesetzesantrag Anreize für die vermehrte Zusammenlegung hauptamtlicher Verwaltungen geben, ohne dass wir die Souveränität der politischen Gemeinden in Schleswig-Holstein und die Gemeindegrenzen antasten. Auch in kleineren Gemeinden - das ist unsere feste Überzeugung - kann die verdienst- und verantwortungsvolle ehrenamtliche Arbeit der Gemeindevertretungen und -versammlungen für das Wohl der Gemeinde gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Drittens. Der Gesetzentwurf selbst beruht auf einem Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der in der Landtagssitzung am 28. April dieses Jahres beschlossen wurde und mit dem die Landesregierung aufgefordert wurde, unverzüglich einen Gesetzentwurf einzubringen, der die freiwillige Zusammenarbeit von Verwaltungen im kommunalen Bereich fördert und dabei auch neue Formen kommunaler Zusammenschlüsse ermöglicht. Dies geschieht mit dem Gesetzentwurf. Wir haben den Formulierungsvorschlag der Regierung als Gesetzentwurf übernommen und bringen ihn heute ein, damit für das parlamentarische Verfahren bis zum vorgesehenen Inkrafttreten am 1. Januar 2005
genügend Beratungszeit, insbesondere für die Anhörung mit den kommunalen Landesverbänden, vorhanden ist.
Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs steht ein Vorschlag zur Änderung der schleswig-holsteinischen Amtsordnung. Die Ämterverfassung als solche hat sich in den vergangenen Jahrzehnten in der Tat gut bewährt, insbesondere im ländlichen Raum. Wir wollen es dabei natürlich auch belassen. Wir wollen die Struktur durch unseren Gesetzentwurf noch stärken. Erreicht werden soll die Intensivierung der Zusammenarbeit bestehender Verwaltungseinheiten, zum Beispiel mehrerer Ämter miteinander oder aber auch eines Amtes mit einer amtsfreien Stadt oder Gemeinde. Wir wollen die Eingliederung bislang amtsfreier Gemeinden in bestehende Ämter erleichtern. Nicht zuletzt soll der Gesetzentwurf verbesserte Rahmenbedingungen für den Zusammenschluss mehrerer bisher amtsfreier Gemeinden zu einem neuen Amt schaffen.
Die Bildung eines solchen neuen Amtes planen bekanntlich die bisher amtsfreien Gemeinden am Kieler Ostufer: Heikendorf, Mönkeberg und Schönkirchen. Es wäre ein Amt, das für rund 18.500 Einwohner und Einwohnerinnen zuständig würde. Die planenden Gemeinden selbst halten für diese Größenordnung die ehrenamtliche Leitung des Amtes nicht mehr für ausreichend. Sie halten die Amtsleitung durch einen hauptamtlichen Amtsbürgermeister für erforderlich.
Wir sind derselben Auffassung und schaffen mit unserem Gesetzentwurf die Voraussetzungen dafür.
In Ämtern mit mehr als 8.000 bis zu 15.000 Einwohnern kann sich der Amtsausschuss künftig für die Wahl eines hauptamtlichen Amtsbürgermeisters entscheiden. Es kann aber auch bei der ehrenamtlichen Verwaltungsleitung durch den Amtsvorsteher bleiben.
Für Ämter mit mehr als 15.000 Einwohnern ist künftig grundsätzlich - so der Gesetzeswortlaut - die Verwaltungsleitung durch einen hauptamtlichen Amtsbürgermeister vorgesehen. Auf Antrag aber - auch das steht darin - kann es auch hier bei der ehrenamtlichen Verwaltungsleitung bleiben.
Die Wahl eines hauptamtlichen Amtsbürgermeisters soll nicht durch den Amtsausschuss, sondern durch eine so genannte Amtsversammlung aller Gemeindevertreterinnen und -vertreter der amtsangehörigen Gemeinden erfolgen. An der demokratischen Legitimation eines so gewählten Amtsbürgermeisters können ernsthafte Zweifel nicht bestehen. Wo künftig durch einen hauptamtlichen Amtsbürgermeister oder eine Bürgermeisterin die Verwaltung geleitet wird,
wird die Bestellung eines leitenden Verwaltungsbeamten entbehrlich, sodass auch die im Vorfeld geäußerte Kritik in sich zusammenfällt, mit dem Amtsbürgermeister sollten trotz leerer öffentlicher Kassen nur neue gut bezahlte Pöstchen geschaffen werden; vergleiche Landeszeitung vom 11. August 2004.
Es geht um die fach- und sachgerechte hauptamtliche Leitung größerer Amtsverwaltungen auf Wunsch der amtsangehörigen Gemeinden so, wie sie jetzt schon für alle amtsfreien Städte und Gemeinden mit hauptamtlicher Verwaltungsleitung in der Gemeindeordnung in Schleswig-Holstein geregelt ist.
Erstens: Die im GKZ bisher nur für Gebietskörperschaften angebotenen Kooperationsmöglichkeiten werden auf Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts erweitert.
Zweitens: Es wird das so genannte gemeinsame Kommunalunternehmen mehrerer kommunaler Körperschaften als weitere Möglichkeit kommunaler Zusammenarbeit in das GKZ aufgenommen.
Drittens - das ist besonders bedeutsam für die Gemeinden im Hamburger Umland und an der Hamburger Stadtgrenze -: Auch landesgrenzenübergreifend soll die Zusammenarbeit kommunaler und anderer öffentlicher Körperschaften künftig möglich sein. Mit einer Experimentierklausel im GKZ entsprechend § 135 a Gemeindeordnung wollen wir zusätzlich die Fantasie aller schleswig-holsteinischen Gemeinden, Kreise, Ämter und Zweckverbände anregen, die neue Formen der kommunalen Zusammenarbeit frei von vorgegebenen Organisationsformen und Organisationsnormen ausprobieren wollen.
Wir sind zuversichtlich, dass wir mit unserem Gesetzentwurf die rechtlichen Voraussetzungen für vermehrte freiwillige interkommunale Zusammenarbeit in Schleswig-Holstein erheblich verbessern, und freuen uns auf die Beratungen im Fachausschuss.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hildebrand, Sie haben die Landesregierung als den Erfüllungsgehilfen des Landtages darstellt. Verfassungsrechtlich - ohne Fachausdrücke zu verwenden - ist es so, dass die Regierung Erfüllungsgehilfe des Landtags zu sein hat. Sie haben es andersherum gesagt. Wir sind auch nicht der Erfüllungsgehilfe der Regierung, sondern das verhält sich so, Herr Kollege Hildebrand - darauf ist mehrfach hingewiesen worden -: Im April ist hier im Landtag der Beschluss gefasst worden, die Regierung möge einen Gesetzentwurf erarbeiten, der die freiwillige Zusammenarbeit fördert und neue Möglichkeiten für die freiwillige kommunale Zusammenarbeit erschließt.
Das Ergebnis dieses Landtagsbeschlusses, der hier zustande gekommen ist, ist der Formulierungsvorschlag der Regierung, den die Fraktionen von Rot und Grün heute als Gesetzentwurf übernommen haben. Dieser soll sicherzustellen - ich habe vorhin darauf hingewiesen -, dass das parlamentarische Verfahren nicht nur untereinander, sondern auch mit dem interessierten kommunalen Bereich genügend Zeit für Beratungen hat, damit wir zum 1. Januar 2005 dieses Gesetz unter Dach und Fach haben. Dies ist zwar kein übliches Verfahren, aber es dient der Sache und inso
fern sollten wir nicht mit „Erfüllungsgehilfe“ und sonstigen Schimpfworten argumentieren.
Herr Schlie, Sie haben noch einmal auf das „obligatorische“ und „zwingende“ Amtsbürgermeistereinsetzungsverfahren ab 15.000 Einwohner hingewiesen. Lesen Sie doch noch einmal ganz genau den Entwurf zu § 15 a der neuen Amtsordnung. Dort steht zwar, dass vorgesehen ist, ab 15.000 Einwohner einen hauptamtlichen Amtsbürgermeister/eine hauptamtliche Amtsbürgermeisterin zu wählen. Aber auf Antrag der betroffenen Gemeinden soll es weiterhin möglich sein, durch Beschluss des Innenminister ehrenamtlich verwaltet zu werden; es ist also keine Zwangsvorschrift.
Ich schlage vor, dass wir uns über diesen Punkt im Beratungsverfahren im Ausschuss noch einmal unterhalten. Denn es ist in der Tat aus Ämtersicht an uns herangetragen worden, dass es wohl Gemeinden geben mag, die über 15.000 Einwohner/Einwohnerinnen kommen, wenn sie sich zu einem Amt zusammenschließen, gleichwohl aber lieber weiterhin ehrenamtlich verwaltet werden wollen. Insofern könnte man sich über eine noch klarere Formulierung in diesem Bereich unterhalten.
Auf jeden Fall bewegt sich all das, was hier vorgeschlagen wird, Herr Kollege Schlie, im Bereich der Freiwilligkeit. Wir reagieren in der Tat - das müssen wir hier konkret sagen - auf den Wunsch aus Heikendorf, Mönkeberg und Schönkirchen.
Dort will man sich freiwillig zusammenschließen - aber nur, wenn man sich einen hauptamtlichen Amtsbürgermeister wählen darf. Deswegen geben wir diese Möglichkeit. Gleichwohl ist es keine „Lex Heikendorf“ etc. Wir wollen vielmehr auch anderen Gemeinden die Möglichkeit geben, darüber zu entscheiden, ob diese einen ehrenamtlichen oder hauptamtlichen Bürgermeister beziehungsweise Verwaltungsleiter haben.
Herr Maurus, was Sie vorgetragen haben - entschuldigen Sie bitte -, ist verfassungsrechtlicher Unsinn.
Was die demokratische Legitimation angeht - ich komme zum Schluss -, so teilen auch wir nicht die Auffassung des Herrn Schliesky von der Universität:
Ämter sind keine Gebietskörperschaften. Deswegen ist die höchste Stufe der demokratischen Legitimation die jetzt von uns vorgeschlagene Amtsversammlung. Alle gewählten Gemeindevertreter, alle amtsangehörigen Gemeinden wählen den Amtsbürgermeister, der dann die verwaltungsleitenden Aufgaben wahrnimmt.
Das ist sachgerecht und verfassungsrechtlich in Ordnung.
Der letzte Punkt. Liebe Anke Spoorendonk, die Übertragung von Selbstverwaltungsaufgaben auf Ämter beruht auf einer freiwilligen Entscheidung der amtsangehörigen Gemeinden. Es bedarf nicht der Bildung einer Amtsgemeinde, um das zu ermöglichen; insofern ist auch diese Kritik daneben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichs hat der Kollege Hildebrand hingewiesen. Mit diesem Urteil ist in der Tat die Bildung so genannter Zählgemeinschaften bei der Besetzung kommunaler Ausschüsse für unzulässig erklärt worden. Gemeinderatsausschüsse und Kreistagsausschüsse müssen also die Zusammensetzung des Plenums und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln, so das Gericht. Bei der Besetzung der Ausschüsse sind deshalb zur Erlangung zusätzlicher Sitze gebildete gemeinsame Vorschläge mehrerer Fraktionen unzulässig.
Den Erlass des Innenministers hat Herr Hildebrand auch benannt. Der Innenminister hat erklärt, dass Ausschüsse, die in der Vergangenheit abweichend von den Grundsätzen des Bundesverwaltungsgerichts
gewählt wurden, rechtswidrig besetzt sind. Der Innenminister geht ausdrücklich davon aus, dass in den betreffenden Gemeinden umgehend eine Korrektur der fehlerhaften Ausschussbesetzungen erfolgen wird.
Tatsächlich haben nach den schleswig-holsteinischen Kommunalwahlen im März 2003 Kreistage und Gemeindevertretungen in zahlreichen Fällen ihre Ausschüsse mit Hilfe von Zählgemeinschaften besetzt. In vielen Kommunalparlamenten müssten die Ausschüsse neu besetzt werden, und in vielen Fällen würden dann kleinere Fraktionen von der Ausschussmitgliedschaft völlig ausgeschlossen werden, weil bei Anwendung des in Schleswig-Holstein üblichen d’hondtschen Berechnungsverfahrens auf sie kein Ausschusssitz entfiele. Genau diese Konsequenz hat offenbar den neuerlichen Gesetzentwurf der FDP entscheidend befördert. Die FDP will für jede Fraktion in jedem Ausschuss unabhängig von den Kräfteverhältnissen im Plenum ein Grundmandat. Sie will darüber hinaus das in Schleswig-Holstein bewährte Sitzverteilungsverfahren nach d’Hondt ersetzen durch das ausschließlich kleine Fraktionen bevorzugende Verfahren nach Hare/Niemeyer.
Unsere grünen Freunde wollen Ähnliches. Das ist so legitim wie durchsichtig. Mit der SPD-Landtagsfraktion ist beides nicht zu machen, weil damit einseitig und zulasten der größeren Fraktionen demokratische Kommunalwahlergebnisse uminterpretiert werden sollen.
Wir teilen die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, dass Ausschüsse in Gemeindevertretungen und Kreistagen die Zusammensetzung des Plenums und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln müssen. Das muss aber selbstverständlich für alle gelten. Es dürfen also weder große noch kleine Fraktionen bei der Besetzung kommunaler Ausschüsse bevorzugt oder benachteiligt werden. Die kleinen wollen die Kommunalverfassung ändern, weil sie für kleinere Fraktionen und damit für sich selbst unangemessene Vorteile anstreben. Die SPD-Landtagsfraktion wird allenfalls einer Gesetzesänderung zustimmen und dabei auch den Minderheitenschutz mit erörtern, der ausreichend und erforderlich ist, die gewährleistet, dass weder große noch kleine Fraktionen in den Ratsausschüssen über- oder unterrepräsentiert sind. Lassen Sie uns in diesem Sinne über die möglichen, vielleicht notwendigen landesgesetzlichen Konsequen
zen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts beraten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen, die mir aus der Patsche geholfen haben, mit einem freundlichen „Wau, wau!“.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Missverständnis aufgeräumt, das zeitweise insbesondere von der FDP, tendenziell aber auch von der GrünenFraktion gepflegt wurde. Es hat klargestellt, dass es bei Gefahrhundegesetzen nicht um Tierschutz, sondern vorrangig und in erster Linie um den Schutz von Menschen geht.
Das Grundgesetz schützt nicht die Würde und nicht die Freiheit des gefährlichen Hundes, sondern das Leben und die Gesundheit der gefährdeten Menschen. Diese von uns schon immer vertretene eindeutige verfassungsrechtliche Werteordnung ist endlich vom dafür zuständigen Bundesverfassungsgericht bestätigt worden.
Die SPD-Landtagsfraktion begrüßt den vorgelegten Gesetzentwurf. Wir werden auf der Grundlage des Verfassungsgerichtsurteils das bundesrechtliche Importverbot für den American Staffordshire-Terrier, den Staffordshire-Bullterrier, den Bullterrier und den Pitbull-Terrier durch ein landesgesetzliches Zuchtverbot ergänzen und mit der Verabschiedung des Gesetzes darauf hinwirken, dass die Menschen in Schleswig-Holstein nicht nur vor gefährlichen Hunden, sondern auch vor gefährlichen Hundehaltern wirksam geschützt werden.
Die im Gesetzentwurf dazu vorgeschlagenen Einzelregelungen halten wir insgesamt für erforderlich und angemessen. Erforderlich und angemessen, Herr Kollege Kubicki, ist der Leinenzwang für alle Hunde außerhalb von Wohnung und Garten in Bereichen mit Publikumsverkehr. Erforderlich und angemessen ist die Erlaubnis-, Kennzeichnungs- und Versicherungspflicht nicht für alle, aber für gefährliche Hunde. Herr Peter Lehnert bräuchte seinen blauen Schlips eigentlich nicht zu tragen.
Erforderlich und angemessen ist die Zuverlässigkeits-, Eignungs- und Sachkundeprüfung für Halter gefährlicher Hunde.
Und gleichermaßen erforderlich und angemessen ist die Androhung empfindlicher Geldbußen für Hundehalter, die gegen Vorschriften des Gesetzes verstoßen.
Betroffene, geschädigte und bedrohte Familien, Kinder und Erwachsene sind zu Recht daran interessiert, dass sie vor Angriffen gefährlicher Tiere wirksam geschützt werden. Dies geschieht mit dem In-KraftTreten des Gesetzes. Auch ich freue mich auf die Ausschussberatungen, im Rahmen derer wir insbesondere die von Herrn Garg aufgeworfenen Fragen zu klären versuchen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bundesregierung und Union haben sich nach jahrelangem Streit endlich auf einen Gesetzestext zur Zuwanderung verständigt. Wir als SPD-Landtagsfraktion haben diese dpa-Mitteilung heute Vormittag mit Freude und Erleichterung zur Kenntnis genommen.
Es ist ein Kompromiss, aber es gibt endlich eine bundeseinheitliche Regelung für eine zumindest begrenzt erweiterte, wirtschaftlich vernünftige Zuwanderung ausländischer Fachkräfte in den deutschen Arbeitsmarkt. Der humanitäre Flüchtlingsschutz ist verbessert worden, und es wird verbindliche Integrationsmaßnahmen geben, für die auch die Kostenfrage geklärt zu sein scheint. Die Kosten sollen erfreulicherweise nicht den Ländern und Kommunen aufgebürdet werden, sondern - auch das sagt die dpaMeldung - in den nächsten 6 Jahren sollen jährlich 50.000 Integrationskurse vom Bund bezahlt werden.
Eine Bleiberechtsregelung, die es ermöglicht, langjährig geduldeten Menschen ausländischer Herkunft
in Schleswig-Holstein ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Schleswig-Holstein zu gewähren, enthält das offenbar mit allen Formulierungen festgezurrte Kompromisspapier leider nicht. Wir bleiben trotzdem bei dieser Forderung und ermuntern die Landesregierung und insbesondere unseren Innenminister, bei den anstehenden Innenministerkonferenzen und in den noch zu treffenden Folgeregelungen zum Zuwanderungsgesetz sich für diese Forderung einzusetzen.
Wir sind nämlich der Auffassung, dass wir diese humanitäre Altfallregelung für langjährig geduldete Flüchtlinge brauchen, und wir als SPD-Landtagsfraktion wollen jedenfalls auch weiterhin darauf hinwirken. Kriterien könnten sein langjähriger Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, hier geborene und mittlerweile schulpflichtige Kinder, keine Straffälligkeit und Bestreiten des Lebensunterhalts aus eigener Erwerbstätigkeit beziehungsweise nur nicht selbst zu verantwortender Sozialhilfebezug. Das heißt, Sozialhilfebezug nur deshalb, weil keine Vermittlung in Erwerbstätigkeit möglich war. Für die Betroffenen ist es nämlich ein Teufelskreis, wenn sie einerseits vom Zugang zum Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden, ihnen andererseits aber der nicht selbst verschuldete Sozialhilfebezug wieder nachteilig ausgelegt wird, wenn es um den Aufenthalt geht.
Wir verbinden mit unserem Antrag deshalb auch die Forderung in Richtung Bund, den nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt - er bleibt ja nachrangig gegenüber den deutschen Arbeitsplatzbewerbern - deutlich zu vereinfachen, um Flüchtlinge und Asylbewerber von Sozialhilfeleistungen unabhängig zu machen.
Meine Damen und Herren, da eine konkrete Altfallregelung beim Kompromiss um das Zuwanderungsgesetz nicht zustande gekommen ist, ist eine Regelung durch die Innenministerkonferenz aus unserer Sicht umso unverzichtbarer. Sollten den Ländern im Zuwanderungsgesetz zumindest Regelungskompetenzen für einzelne Härtefälle zugestanden werden, wäre eine Landesregelung für Schleswig-Holstein ebenfalls angezeigt. Wir gehen davon aus - der Text liegt noch nicht vor -, dass die insbesondere Dank Verhandlungsdruck und Verhandlungsgeschick aus Schleswig-Holstein im Zuwanderungsgesetzentwurf enthaltene Härtefallregelung im endgültig zu verabschiedenden Gesetzestext verblieben ist beziehungsweise verbleiben wird. Danach könnte wenigstens in Einzelfällen „einem Ausländer auf Ersuchen einer von der Landesregierung durch Rechtsverordnung bestimmten Stelle eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder verlängert werden, wenn dringende humanitäre oder
persönliche Gründe die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen“.
Wir hätten dann endlich auch die immer wieder von uns geforderte Rechtsgrundlage für unsere Härtefallkommission und für eine noch erfolgreichere Arbeit dieser Kommission. Wir könnten unserem Innenminister auch ganz persönlich zu seinem Verhandlungserfolg gratulieren, denn er hat in der Tat dazu beigetragen, dass diese Formulierung in das Bundeszuwanderungsgesetz Einlass finden wird.
Wir bitten den Innenminister, das Anliegen unseres Antrags, also die Schaffung eines konkreten Bleiberechts für Flüchtlinge mit langjähriger Duldung, auf Bundesebene genauso beharrlich zu vertreten. Dann sind wir von dem Erfolg genauso überzeugt und werden ihm später dafür danken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte schon eingangs meines Wortbeitrages vorhin gesagt, wir seien mit Freude und Erleichterung erfüllt, seitdem die dpa-Pressemitteilung heute Morgen herausgekommen sei. Wir raten unseren Leuten in Berlin, dem Kompromiss die Zustimmung zu geben. Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach. Es ist immerhin auch etwas Positives, etwas Verbessertes in der neuen Zuwanderungsregelung drin, die kommen soll. Ich habe das vorhin im Einzelnen skizziert.
Herr Lehnert, Sie kriegen nicht wegdiskutiert, dass Ihre Fraktion sowohl hier als auch auf Bundesebene eher keine Zuwanderung will. Gerade durch die Sicherheitsaspekte, die Sie in die Debatte eingebracht haben, belegen Sie, dass Sie keine Zuwanderung,
sondern Sicherheit vor Zuwanderung haben wollen. Das ist der Unterschied zu unserer Position.
Wir wollen den Menschen mit unserem Antrag helfen - das ist der dritte Punkt, den ich mit Bezug auf Herrn Kubicki ansprechen will -, die hier schon lange leben und schon integriert sind, für die keine Integrationsmaßnahmen mehr erforderlich sind. Sie leben mit ihren Familien hier. Die Kinder haben Abitur gemacht. Sie sprechen zum Teil besser Deutsch als wir hier im Landesparlament.
- Das ist tatsächlich so. Ich kenne ganz viele ausländische Mitmenschen in Schleswig-Holstein, die voll integriert sind, aber die mit Kettenduldungen leben müssen. Frau Hinrichsen hat darauf hingewiesen.
Es ist allerdings nicht zu leugnen: In unserem Antrag ist ein Bezug auf das Zuwanderungsgesetz drin. Das ist nun einmal so. Mein Vorschlag ist folgender. Den bringe ich für die rot-grünen Antragsteller als Änderungsantrag ein. Gestrichen werden sollen die Worte „bei den weiteren Beratungen über das geplante Zuwanderungsgesetz und dessen Folgeregelungen“ und dafür soll eingesetzt werden „auf Bundesebene“. Der Antrag lautet dann:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene für eine Bleiberechtsregelung einzusetzen, die es ermöglicht, langjährig geduldeten Menschen ausländischer Herkunft in Schleswig-Holstein ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu gewähren.“
Das bleibt trotz des Zuwanderungskompromisses unser Anliegen. Ich glaube, da kann vielleicht auch Herr Kubicki inhaltlich zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Gesetz über Lotterien und Sportwetten in öffentlicher Trägerschaft, das der Innenminister soeben eingebracht hat, wird es endlich gelingen, die Sportförderung in Schleswig-Holstein auf sichere Füße zu stellen. Zum ersten Mal soll in einem Gesetz festgelegt werden, wie viel Geld das Land für den Sport zur Verfügung stellt. Die Sportförderung wird damit unabhängig von konjunkturbedingt schwankenden Haushaltsansätzen und die Sportverbände erhalten Planungssicherheit. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass künftig ein bestimmter Prozentsatz der dem Land zufließenden Konzessionsabgaben für Lotterien und Sportwetten, mindestens jedoch jährlich 6,3 Millionen €, zur Förderung des Sports aufgewendet wird. Für 2004 - dies zum Vergleich - sind die Sportfördermittel mit 4,8 Millionen € im Landeshaushalt noch nach Maßgabe konjunkturbedingter Einnahmeschwankungen und allgemein erforderlicher Ausgabenkürzungen bereitgestellt worden.
Wir begrüßen und unterstützen den Gesetzentwurf. Er unterstreicht unsere Überzeugung: Sportförderung ist eine gesellschaftliche Aufgabe ersten Ranges.
Sie hat in Schleswig-Holstein in Form eines Staatszieles sogar Verfassungsrang. In Artikel 9 Abs. 3 unserer Landesverfassung heißt es seit Mitte der 90erJahre: „Die Förderung der Kultur einschließlich des Sports… ist Aufgabe des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände.“
Doch Sportförderung ist nicht nur Kulturpolitik in diesem verfassungsrechtlich normierten übergeordneten Sinn. Sie ist ganz praktisch und konkret Gesundheitspolitik für Jung und Alt, für fast 40 % der schleswig-holsteinischen Bevölkerung, die in Sportvereinen organisiert sind;
sie ist effiziente Sozialpolitik für alle Bevölkerungsgruppen, auch und insbesondere für sozial schwächere Gruppierungen, für behinderte Menschen, für gefährdete Jugendliche, und sie ist funktionierende Integrationspolitik auch für Ausländer und Aussiedler, Migrantinnen und Migranten.
Junge Leute, egal woher sie kommen, lernen Kollegialität, Sportkameradschaft und soziale Kompetenz. Das Zusammenleben unterschiedlichster Menschen unterschiedlichster Herkunft, Schicht und sozialer Zuordnung ist im Sportverein schlicht eine Selbstverständlichkeit.
Mit den Sportfördermitteln des Landes wird im Wesentlichen der Breitensport gefördert, wozu zukünftig auch der VfB Lübeck gehört.
Wer sich in Schleswig-Holstein an einer öffentlichen Lotterie oder Sportwette beteiligt, trägt auch dann, wenn er nicht selbst das große Los zieht, konkret dazu bei, die wichtige Arbeit unserer Sportvereine im Land zu unterstützen. Es ist gut, dass die Vereine auch in finanziell schwierigen Zeiten künftig mit sicheren Einnahmen rechnen können.
Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt den Gesetzentwurf der Landesregierung nicht zuletzt aber auch deshalb, weil er ein wichtiges Signal und ein kräftiges Dankeschön an die vielen ehrenamtlich aktiven Sportlerinnen und Sportler ist, deren Tätigkeit nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Wir beraten mit dem Sportwettengesetz, Herr Kollege Kayenburg, auch zwei Staatsverträge,
den zum Lotteriewesen allgemein beziehungsweise den zur Regionalisierung gewerblicher Lotto- und Toto-Einnahmen. Auch diese Staatsverträge bedürfen in Gesetzesform unserer parlamentarischen Zustimmung. Ich teile das von Herrn Arp vorgetragene Kritische zu dem generellen Zustandekommen der
Staatsverträge hier in diesem Land. Wir werden zu spät beteiligt.
Wir müssen immer erst am Ende sozusagen unsere parlamentarische Zustimmung geben. Wir sollten darauf achten - wir wollen das ja mit einem Parlamentsinformationsgesetz auch tun -, dass künftig eine möglichst frühzeitige parlamentarische Einbindung gewährleistet wird.
Wenn wir letztlich entscheiden sollen, müssen wir schon von Beginn an auch im Verhandlungsstadium über Staatsverträge einbezogen werden.
Ich bitte um Überweisung aller drei Gesetzentwürfe federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und beschränkt zur Mitberatung an den Finanzausschuss.