Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Einen schönen guten Morgen! Die Sitzung ist wieder eröffnet.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Ihnen mitteilen, dass der Abgeordnete Lehnert erkrankt ist. Wir wünschen ihm von hier aus gute Besserung.
Dann darf ich zunächst zur Beantwortung der Großen Anfrage für die Landesregierung Frau Ministerpräsidentin Simonis das Wort erteilen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ihnen liegt die Drucksache 15/2560 als Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor. Das erspart mir in der Kürze der Zeit, auf Einzelheiten einzugehen, das gibt mir aber die Möglichkeit, mich für die Anfrage zu bedanken, gab sie mir doch die Möglichkeit, einmal nachzugucken, was wir überhaupt alles gemacht haben, und Ihnen dann darüber hier zu berichten.
Die seit 1993 als politischer Schwerpunkt laufende Reform der Landesverwaltung Schleswig-Holstein ist kein Selbstzweck. Es geht vielmehr darum, den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen unseres Landes einen effizienten, freundlichen und engagierten sowie einen wissenden Service durch Behörden und Ämter anzubieten, um ihr alltägliches Leben zu erleichtern. Damit ist die Verwaltungsreform sozusagen eine dauerhafte Verpflichtung und ein kontinuierlicher Prozess. Deshalb kann die vorgelegte Antwort auch nur eine Zwischenbilanz, aber keine
Schlussbilanz sein, wie sie der Landesrechnungshof verlangt hat. Das ist mir eine zu eingeschränkte Sicht auf die Problematik der Dinge.
Um einschätzen zu können, welche Fortschritte wir in der Verwaltung gemacht haben, muss man sich vergegenwärtigen, wie wir noch vor zehn Jahren gearbeitet haben. Es hat in der Zwischenzeit einen mühsamen, aber erfolgreichen Wechsel vom obrigkeitsstaatlichem Denken hin zur Servicekultur für die Bürgerinnen und Bürger gegeben. Das war ein kultureller Wandel, den die Menschen schätzen. Natürlich kommt es immer wieder einmal vor, dass ein Bürger von ganz schrecklichen Erfahrungen in einer Verwaltung erzählen kann. Aber das ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Heute nämlich werden Bürgerinnen und Bürger als Auftraggeber der Verwaltung verstanden und entsprechend behandelt. Und da, wo es noch nicht überall überzeugend klappt, kann man inzwischen von einer Demokratisierung der Verwaltung sprechen, das heißt, man kann seine Klagen loswerden und auf Änderung hoffen - ja, man muss sogar erwarten können, dass auf berechtigte Klagen auch Veränderungen folgen.
Die Ziele der Reformbemühungen waren und sind: weniger Bürokratie, mehr Transparenz und Effizienz, mehr Bürgernähe und damit eine Qualitätsverbesserung in der Servicestruktur, Entlastung des Haushaltes und - nicht zu vergessen - eine höhere Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diesem Ziel sind wir seit 1996 ein großes Stück näher gekommen. Entgegen der Auffassung des Landesrechnungshofs ist die Verwaltung erheblich moderner geworden, das heißt wirtschaftlicher, transparenter und vor allem kundenorientierter. Wir haben trotz angespannter Finanzsituation erhebliche Mittel vor allem in eine moderne Informations- und Kommunikationsstruktur gesteckt. Die Ausstattung mit Arbeitsplatzcomputern und die elektronische Vernetzung der Arbeitsplätze hat die Abläufe erheblich beschleunigt und eine Verkürzung der Verwaltungsverfahren ermöglicht. Wir setzen diese Arbeit fort, indem wir systematisch die Ansätze von E-Government im Land zwischen Land und Kommunen weiterentwickeln.
Man mag heute die elektronische Ausstattung der Verwaltung als selbstverständlich ansehen. Doch nur wer sich erinnert, mit welchen Mitteln wir noch Ende der 80er-Jahre gearbeitet haben, kann den Erfolg unserer Modernisierungsbemühungen im EDVBereich richtig einschätzen.
Die in den Jahren 1993 bis 2001 eingesetzten Mittel von rund 72 Millionen € für die technische Ausstattung der Arbeitsplätze waren eine erfolgreiche Zukunftsinvestition. Auch die Auswahl der Software SAP R/3 für eine flächendeckende Kostenleistungsrechnung hat sich bewährt. Fast alle Bundesländer arbeiten ebenfalls damit.
Anfang diesen Jahres haben wir die Erweiterung der Funktionalitäten des SAP-Systems beschlossen. Damit konnten wir zum Beispiel das Controlling der Förderprogramme optimieren.
Es bleibt klar festzuhalten: Eine moderne Kommunikations- und Informationstechnik, die den Mitarbeitern Zeit für die persönliche Betreuung ihrer Kunden lässt, ist ein Schlüsselelement für eine zeitgemäße und offensive Bürgerbetreuung.
Parallel dazu schreitet die kontinuierliche Dezentralisierung von Aufgaben des Landes auf die kommunale Ebene fort. Die Landesregierung hat in mehreren Entscheidungen zwischen 1997 und 2000 die Umsetzung von insgesamt 111 Aufgabenübertragungen auf die Kommunen beschlossen, die nach dem Konnexitätsprinzip vom Land bezahlt werden. Die Vorschläge der Strukturkommission weisen weiter in Richtung einer konsequenten Funktionalreform. Die Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen wird komplett auf den Prüfstand gesetzt. Wir reden mit den Kommunen darüber, wie sie eine europafähige Region gründen können, in der sie härter und schwerer werdende Aufgaben genauso effizient lösen können, wie sie andere Aufgaben bis jetzt gelöst haben.
Zur Modernisierung der Landesverwaltung gehört auch eine intensive norddeutsche Zusammenarbeit. Die norddeutsche Kooperation hat eine vor zehn Jahren noch nicht geahnte Intensität erreicht. Exemplarisch steht hierfür die Fusion der Landesbanken. Dazu kommen weiter der Statistikverbund, die bevorstehende Fusion der Datenzentrale SchleswigHolstein mit Hamburg oder die Zusammenarbeit der Landesvermessungsämter.
Damit sind allerdings die Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft. Es ließen sich weitere Synergieeffekte nutzen. Die umfangreiche Palette von Kooperationen, die wir zum Beispiel auf einer gemeinsamen Kabinettssitzung am 4. Februar 2003 mit Hamburg vereinbart haben, werden neben ihrer politischen Bedeutung ein enormes Sparpotenzial für unsere jeweiligen Haushalte erbringen.
In den letzten Jahren haben wir die Kooperation der verschiedenen Hochschulen in Schleswig-Holstein und darüber hinaus mit Hamburg vorangetrieben. Die Konferenz der norddeutschen Wissenschaftsministerinnen und Wissenschaftsminister im September 2000 hatte gemeinsame Projekte beschlossen, um sowohl die Finanzierungsprobleme der Hochschulen zu verringern als auch Forschung und Lehre voranzubringen. Vielfältige Maßnahmen der Verwaltungszusammenarbeit der Universitäten und Hochschulen sind auf gutem Weg beziehungsweise bereits abgeschlossen. Für eine Neuorganisation der Hochschullandschaft hat die Erichsen-Kommission ihre Vorschläge unterbreitet, die wir jetzt zügig prüfen, um daraus Konsequenzen ziehen zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit 1996 hat es eine Fülle von Modernisierungsmaßnahmen gegeben. Rund 40 ressortübergreifende und rund 180 ressortinterne Projekte beweisen die Vielfalt der Reformansätze. Sie haben einen bislang nicht gekannten Innovationsschub für einen grundlegenden Umbau der Landesverwaltung ausgelöst und modernes Management ermöglicht.
Diesem Veränderungswillen auch unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder vielleicht sogar vor allem unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es zu danken, dass das Land Schleswig-Holstein in den vergangenen Jahren eine Vorreiterrolle in den bundesweiten Reformbestrebungen übernommen hat. Nicht zuletzt deshalb sind wir bereits zweimal durch die Hochschule für Verwaltungswissenschaft in Speyer ausgezeichnet worden.
Der ständigen Aufgabe, den Haushalt auch durch Personalabbau zu entlasten, kommen wir nach. Die Zahl der Referate in den Ministerien ist von 419 im Jahre 1997 auf 247 im Jahre 2002 reduziert worden. Von 1996 bis heute ist die Zahl der Stellen um rund 500 reduziert worden, das heißt, die Einsparsumme beläuft sich inzwischen auf rund 20 Millionen €. Rund 11.650 Stellen sind großenteils durch Ausgliederung und Verselbstständigung von ehemals der Landesverwaltung zugeordneten Aufgaben in betriebswirtschaftlich geführte Einrichtungen übertragen worden. Trotzdem haben wir in den Jahren 1996 bis heute 1.080 neue Lehrerstellen geschaffen. Wir starten gerade einen weiteren Ausbau im Schulbereich. Das ist ein Beleg dafür, dass wir unseren
Das ist durch die Modernisierung überhaupt erst möglich geworden. Auch das verdanken wir dem internen Willen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich an diesem Prozess zu beteiligen.
In den einzelnen Ministerien sind eine Fülle von Reformen durchgeführt worden. Zu nennen ist beispielsweise die Einrichtung eines Normen-TÜVs im Innenministerium seit 1998. Durch die so genannte Erforderlichkeitsprüfung der Normenprüfungsstelle ist eine deutliche Verbesserung der Rechtsetzungsqualität erreicht worden. In die Zukunft gerichtet: Wir sind längst noch nicht am Ende mit dem Prozess der Modernisierung unserer Verwaltung. Verordnungen und Verwaltungsvorschriften sollen künftig grundsätzlich auf fünf Jahre befristet werden.
Vom Bürokratieabbau profitieren alle. In der Landesverwaltung werden so Kapazitäten für andere Aufgaben frei und für die Bürgerinnen und Bürger und für die Unternehmer reduziert sich der Zeit- und Kostenaufwand für das Bearbeiten von Vorschriften und Formularen. Das hat direkte Auswirkungen auf die Servicekultur der Verwaltung. Da fangen wir allerdings nicht bei null an. Ich bin sicher, dass die bereits im Lande geschätzten kurzen Bearbeitungszeiten für Anträge aller Art, vor allem aber auch die, die kleine Unternehmen und Selbstständige stellen, noch kürzer und effizienter werden. Hier ist der Einsatz elektronischer Datenverarbeitung übrigens besonders evident.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, schaut man sich die bisherigen Ergebnisse der Verwaltungsreform an, so können wir von einem erfolgreichen Weg sprechen. Die Verwaltung ist bürgernäher, effizienter und sowohl kostengünstiger als auch, was viel wichtiger ist, kostenbewusster geworden. In SchleswigHolsteins Amtsstuben werden die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr als Bittsteller, sondern als Partner und Auftraggeber behandelt, so wie das in einer erwachsenen Demokratie üblich und notwendig ist. Ein Ruhekissen ist das allerdings noch nicht. Wir haben uns zu bemühen, diesen erfolgreichen Weg fortzusetzen, wohl wissend, dass die Optimierung von Verwaltungsabläufen auch deswegen ein Dauerauftrag für die Zukunft ist, weil sich nun einmal das Leben ändert und eine einmal geschneiderte Verwaltung nicht für alle Zeiten für alle Sachen, die passieren können, passt.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Monika Heinold.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst einmal einen herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Beantwortung der Großen Anfrage. Ich weiß, dass es viel Arbeit war.
Die Große Anfrage ist eine gute Bilanz der letzten sieben Jahre und sie ist eine hilfreiche Grundlage für die weiteren Beratungen über notwendige Strukturmaßnahmen. Nicht alle Strukturmaßnahmen haben zu Einsparungen geführt. Beispielhaft ist der Bereich der EDV. Hier wurden seit 1993 – die Ministerpräsidentin hat darauf hingewiesen – über 74 Millionen € in die neue Informations- und Kommunikationsstruktur investiert, um die Verwaltung zu modernisieren. Das war auch unvermeidlich. Das Bleistiftzeitalter ist vorbei, auch in Schleswig-Holstein. Dies macht deutlich, dass Verwaltungsreform mehreren Ansprüchen genügen muss: die Verwaltung effizient organisieren, Kapazitäten für neue Aufgaben schaffen, mehr Transparenz und Bürgernähe schaffen und für das Parlament neue Kontroll- und Steuerungsmittel schaffen.
Vor diesem Hintergrund hat meine Fraktion bereits 1997 umfangreiche und grundlegende Vorschläge für neue Verwaltungsstrukturen erarbeitet. Jetzt ein Zitat aus der Antwort: „Die seit 1996 angestoßenen Modernisierungsmaßnahmen haben einen bis dahin nicht gekannten Innovationsschub für einen grundlegenden Umbau der Landesverwaltung ausgelöst.“ Mit dem Einzug der Grünen in den Schleswig-Holsteinischen Landtag kam die Modernisierung der Verwaltung kräftig voran. Darauf sind wir stolz.
- Ich habe nur zitiert und habe gesagt, 1996 sind wir eingezogen und ab dann ging es richtig los und das ist klasse. Diesen Weg werden wir konsequent weiter gehen. Wir Grünen werden auch zukünftig Auseinandersetzungen nicht scheuen, auch wenn es um sehr strittige und grundsätzliche Fragen geht. Ich nenne
hier das Stichwort Reduzierung von Kreisen, Zusammenlegung von Verwaltungen. Hier wird es strittig werden, aber auch hier positionieren wir uns.
Die Landesregierung hat große Anstrengungen unternommen, um die Verwaltung leistungs- und zukunftsfähig zu machen. Landesbetriebe wurden eingerichtet, Aufgaben ausgegliedert, Ämter und Behörden aufgelöst und umstrukturiert. Ich erinnere mich daran, dass wir oft alleine waren auf dieser Seite des Saales, wenn es darum ging, die Maßnahmen dann auch durchzusetzen. Allein durch die Behördenstrukturreform 1998 sind 240 Stellen weggefallen, sodass jährlich zirka 3,5 Millionen € Personalkosten und über 3 Millionen € Sachkosten eingespart werden.