Protocol of the Session on March 20, 2002

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Meine Damen und Herren, ich eröffne die 21. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Beurlaubt ist die Frau Abgeordnete Aschmoneit-Lücke. Frau Ministerin Moser ist erkrankt. Ich wünsche ihr in Ihrem Namen gute Genesung.

(Beifall)

Ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich darauf verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln.

Zu den Tagesordnungspunkten 2, 3, 15, 20, 21, 27, 32 sowie 35 bis 37 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden soll der Punkt 41. Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Punkte 34 und 5, Volksinitiative für eine menschenwürdige Pflege, sowie die Punkte 18 und 23, Störfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel. Fragen zur Fragestunde liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde wurde von den Antragstellern zurückgezogen. Wann die einzelnen Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 21. Tagung.

Nachträglich haben sich die Fraktionen noch auf folgende Änderungen verständigt. Die Tagesordnungspunkte 34 und 5, Volksinitiative für eine menschenwürdige Pflege, sollen mit dem Tagesordnungspunkt 10, Maßnahmen zur Minderung des motorisierten Individualverkehrs, getauscht werden. Ferner soll der Tagesordnungspunkt 38, Schutz junger Menschen vor Verschuldung, ohne Aussprache behandelt werden.

Unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause werden wir jeweils bis längstens 18 Uhr tagen. Widerspruch höre ich nicht. Dann werden wir so verfahren.

Ich will Besucherinnen und Besucher begrüßen. Auf der Tribüne haben Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte der Meldorfer Gelehrtenschule Platz genommen. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Zweiter Parlamentarischer Untersuchungsausschuss

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/1648

Das Wort zur Begründung erteile ich dem Herrn Oppositionsführer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns heute mit einem Antrag der CDULandtagsfraktion auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses in der Möller/Lohmann-Computeraffäre - des zweiten Untersuchungsausschusses in dieser Legislaturperiode - zu beschäftigen.

Sie von den Mehrheitsfraktionen haben diesem Antrag in der letzten Tagung die Dringlichkeit verweigert. Darum steht er heute erneut auf der Tagesordnung.

Exakt vier Wochen sind seit unserer ersten Antragstellung vergangen. Inzwischen lassen täglich neue Meldungen den Eindruck eines politischen Sumpfes entstehen, in dem auch die Ministerpräsidentin zu versinken droht.

(Beifall bei der CDU)

Damit Ihnen die Dramatik deutlich wird, will ich nur einige Schlagzeilen zitieren, die in den letzten Wochen das Medienbild prägten:

„Kieler Schloss: Korruption im Spiel?“: - „KN“ am 8. März,

„Chef der Staatskanzlei stolpert über Schlossaffäre“ „KN“ am 13. März,

„Korruptionskrise in Kiel - Simonis unter Druck“ „Hamburger Abendblatt“ am 13. März,

„‘Mister EXPO’ bringt die Regierung ins Schleudern“ - „KN“ am 13. März,

„Sumpfgeruch an der Küste - Bestechlichkeit, Untreue und Filz in Kiel und nun auch in Lübeck“ - „Hamburger Morgenpost“ am 13. März,

„Um Frau Simonis wird es einsam - Kieler Affären: Bestechung und Betrug?“ - die seriöse „FAZ“ am 15. März,

„Simonis opfert ihren engsten Mitarbeiter“ - „Die Welt“ am 14. März und

„Küstengenossen im Visier der Justiz“ - „Focus“ am 18. März.

Diese Schlagzeilen spiegeln eine Entwicklung wider, die zum Zeitpunkt der Antragstellung unseres Antrags nicht zu ahnen und überhaupt nicht zu vermuten war. Der neue Skandal, in dessen Mittelpunkt wieder einmal - wie schon bei der Rohwer/Mantik-Affäre - die Staatskanzlei unseres Landes steht, hat offenkundig Parallelen zu dem Sachverhalt, den wir mit unserem Antrag vom 20. Februar zur Computeraffäre aufgeklärt wissen wollen.

Wir erinnern uns noch gut an Ihren Wahlslogan aus dem Jahr 1987/88: „Zeit zum Aufklaren“ ließen Sie damals landesweit plakatieren.

(Lachen und Beifall bei CDU und FDP)

Ich sage Ihnen: Dieser Slogan holt Sie heute ein. Es ist wirklich „Zeit zum Aufklaren“ in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb fordern wir jetzt Aufklärung. Wir fordern Aufklärung, wenn es um Gesetzesverstöße, rechtswidrige Vergabepraktiken und möglicherweise Bestechung geht.

Wir fordern Aufklärung in dem Beziehungsgeflecht von Nebentätigkeiten und eventueller Korruption.

Wir fordern Aufklärung über dubiose - presseöffentlich genannte - Provisionszahlungen bei Kreditvergaben und Zuschussgewährungen.

Wir fordern Aufklärung, die die Verstrickungen in diesem roten Filz deutlich macht.

Mit unserem Antrag vom 20. Februar könnten wir diesen Sumpf vermutlich in Gänze nicht trockenlegen. Wir sehen nämlich inzwischen Verbindungen und Parallelen zwischen den verschiedenen Affären. Deswegen werden wir Ihnen einen neuen, sorgfältig formulierten Antrag vorlegen, mit dem wir die Einsetzung eines umfassenden Untersuchungsausschusses verlangen, ohne dass wir das Risiko laufen, dass Sie in einer Geschäftsordnungsdebatte über die Zulässigkeit einer Erweiterung von der eigentlichen Problematik der Verstöße und des Filzes ablenken könnten.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden unseren neuen Antrag so rechtzeitig einbringen, dass darüber eine Beratung in einer Sondersitzung des Landtages noch im April erfolgen kann, damit der Untersuchungsausschuss seine Arbeit unverzüglich aufnehmen kann.

Wir wollen es dem Landtag ganz bewusst ersparen, dass er drei parallel laufende Untersuchungsaufträge bearbeiten muss. Das halten wir nicht für sachgerecht und, wenn ich an die drei kleineren Fraktionen denke, letztlich auch nicht für zumutbar. Deshalb ziehen wir unseren Antrag Drucksache 15/1648 zurück.

Gleichzeitig kündigen wir einen neuen Antrag an. Mit diesem neuen Antrag sollen die Möller/LohmannComputeraffäre, die Filzaffäre der Staatskanzlei mit den Hauptbetroffenen Gärtner und Pröhl, weitere offene Fragen und die Verantwortlichkeit der Ministerpräsidentin untersucht werden.

Lieber Herr Hay, da ich davon ausgehe, dass Sie in der Rolle der Opposition angesichts der Schwere der

(Martin Kayenburg)

veröffentlichten Vorwürfe wohl auch nicht anders handeln würden, werden Sie sich bei einer für Ende April anzusetzenden Sondersitzung einer rückhaltlosen Aufklärung sicherlich nicht verweigern.

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind bei der Begründung des Antrages. Der Antrag ist zurückgezogen worden. Ich halte es für richtig, dass wir auch den anderen Fraktionen Gelegenheit geben, zur neuen Verfahrenslage Stellung zu nehmen. Ich erteile zunächst das Wort Herrn Abgeordneten Astrup.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kayenburg, ich will es mir versagen, auf das Wortgeklingel einzugehen, das Sie machen müssen - dafür habe ich Verständnis -, und auch auf das Verlesen des Pressespiegels verzichten.

Ich möchte Ihnen, meine Damen und Herren, und der Öffentlichkeit etwas zur Historie des Ganzen sagen, damit es presseöffentlich vielleicht etwas besser eingeordnet werden kann, als dies zumindest aus der heutigen Presse erkennbar ist.

Nach erregter und turbulenter parlamentarischer Debatte wurde von der CDU-Fraktion plötzlich und überraschend am 20. Februar, wie Sie sich erinnern, ein Dringlichkeitsantrag zur Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses eingereicht. Die Mehrheit des Landtages hat, wie richtig dargestellt, die Dringlichkeit verneint. Daraufhin hat der Oppositionsführer laut Plenarprotokoll erklärt, dass die CDUFraktion auf das ihr nach § 2 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz zustehende Recht auf einen Einsetzungsbeschluss durch den Landtag innerhalb von zwei Wochen und damit auf eine Sondersitzung des Plenums damals verzichten und diesen Antrag - wie bis heute Morgen nachlesbar - als ordnungsgemäßen Tagesordnungspunkt vorrangig für heute einreichen würde. Daran hatte sich also bis zum Drucksachenschluss am 8. März nichts geändert.

In der Zwischenzeit, zwischen dem 20. Februar und dem 8. März also, hat sich nun neben dem von der CDU damals angeführten und ausführlich formulierten Untersuchungsgegenstand zu dem Komplex „Vergabe an debis/SAP“ seit der ersten Märzwoche, eigentlich auch für die CDU erkennbar, ein weiterer, die CDU zumindest interessierender Untersuchungsgegenstand mit dem Arbeitstitel „Nebentätigkeiten von Mitgliedern und Mitarbeitern der Landesregierung“ ergeben.

Das Problem, meine Damen und Herren, besteht und bestand formal und gesetzestechnisch nun darin, dass nach dem Untersuchungsausschussgesetz unseres Landes dieser zweite Komplex mit dem ersten in der Tat nicht ohne Weiteres verknüpft werden kann, weil - so sagt es das Gesetz - der ja schon festgelegte und hinreichend bestimmte Kern des Untersuchungsgegenstandes damit verlassen wurde. Im Klartext: Nicht einmal eine Minderheit selbst, in diesem Falle die CDU-Fraktion, und eine parlamentarische Mehrheit im Interesse der Minderheitenschutzes schon gar nicht, kann einem einmal nach dem Untersuchungsausschussgesetz festgelegten Untersuchungsgegenstand nach ihrem Gusto mal eben so verändern oder erweitern. Folgerichtig hätte die CDU heute unter Nachweis des erforderlichen Mindestquorums von 18 Abgeordneten, einem Fünftel der Mitglieder des hohen Hauses also, den Einsetzungsbeschluss für einen weiteren und damit dritten parlamentarischen Untersuchungsausschuss herbeiführen können, nachdem man die vor dem Drucksachenschluss vom 8. März möglich gewesene andere Lösung mit einem zunächst zurückgezogenen und anschließend fristgerecht neu eingereichten Antrag nicht initiieren wollte oder konnte.

Wenn man aber heute nun, wie gerade gesagt, keinen dritten parlamentarischen Untersuchungsausschuss will, was im Übrigen auch die SPD-Fraktion aus den schon genannten Gründen nicht begrüßen würde, ergibt sich wiederum daraus in der Tat nur die von der CDU heute Morgen vorgelegte Verhaltensweise. Erst die Zurücknahme, wie gerade geschehen, des alten Vorschlags aus der Drucksache 15/1648 eröffnet die neue Möglichkeit eines Einsetzungsbeschlusses für einen dann neuen zweiten parlamentarischen Untersuchungsausschuss gemäß dem Ausschussgesetz auf Verlangen der antragstellenden Minderheit im Rahmen einer Zweiwochenfrist nach Einreichung des Antrages.