Guten Morgen, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Sitzung und bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen. - Das gilt auch für die Abgeordneten auf der linken Seite des Hauses. Erkrankt ist Frau Abgeordnete Ulrike Rodust, der wir von hier aus gute Besserung wünschen.
Wegen dienstlicher Verpflichtung auf Bundesebene sind heute Frau Ministerpräsidentin Heide Simonis, Frau Ministerin Lütkes und Frau Ministerin Dr. Trauernicht-Jordan beurlaubt. Auf der Tribüne begrüße ich unsere Besucher. Das sind Rechtsanwalts- und Notarfachangestelltenklassen der Beruflichen Schulen des Kreises Dithmarschen aus Heide und die Naturfreunde Wedel. - Herzlich willkommen!
Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Organisation der Polizei in Schleswig-Holstein (Polizeiorganisationsgesetz - POG)
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung. Das Wort hat zunächst Herr Innenminister Klaus Buß.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die finanzielle Situation des Landes und die technologische Fortentwicklung im Bereich der Landespolizei ermöglichen und erfordern eine stärkere Zentralisierung und Straffung von Arbeitsprozessen. Das gilt vor allem für die Stabsorganisation. Auf der Basis der Ergebnisse einer eingehenden Aufgaben- und Prozessanalyse der Stabs- und Führungsorganisation wurde ein Modell mit acht neuen operativen Flächenbehörden und einem für die zentrale Führung und Koordination zuständigen Landespolizeiamt entwickelt. Das weist im Vergleich mit mehreren geprüften Alternativen ein Maß an Organisationseinheiten auf, deren Führungsspanne noch handbar ist. Dabei bleibt die Funktionsfähigkeit der Polizei weiterhin gewährleistet. Es gilt weiterhin der Grundsatz einer maximalen Zentralisierung von Führungs- und Stabsaufgaben.
Städte behalten weiterhin eine Polizeiführerin beziehungsweise einen Polizeiführer als Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner. Durch Organisationsgewinne können polizeiliche Schwerpunkte personell verstärkt werden. Mit der Neuorganisation der Landespolizei wird unnötige Doppelarbeit in der Führungs- und Stabsebene reduziert. Die derzeit bestehenden 24 Organisationseinheiten - Ämter, Direktionen und Inspektionen - werden zu elf neuen zusammengefasst. Nach vollständiger Umsetzung der Reformergebnisse werden rund 25 % des Stabspersonals für den operativen Dienst freigesetzt.
Innerhalb von zwei Jahren nach In-Kraft-Treten des Polizeiorganisationsgesetzes wären das immerhin rund 160 Stellen. Darüber hinaus können mit der Realisierung der Reduzierung von fünfzehn auf vier Einsatzleitstellen sowie mit der beabsichtigten Einführung des Digitalfunks bis zu 80 weitere Stelle in die operative Polizeiarbeit vor Ort gebracht werden. Schließlich sind - je nach Grad und Ausprägung von zukünftigem Outsourcing - weitere Stellen für den Dienst vor Ort verfügbar.
Eine solch grundlegende Organisationsreform lässt sich nicht kostenneutral umsetzen. Der finanzielle Aufwand steht jedoch in einem angemessenen Verhältnis zum operativen Gewinn und ist in der Begründung detailliert dargestellt. Der Vorzug ist, dass ab 2006 auf der Grundlage der derzeitigen Berechnungen jährlich lediglich 50.000 € Mehraufwendungen entstehen. Der Betrag soll durch einen sozialverträglichen Abbau von ein bis zwei Stellen im Tarifbereich realisiert werden. In dem offenen und transparenten Prozess waren und sind die Personalvertretungen eingebunden. Darüber hinaus erfolgt eine kontinuierliche Information über die Ergebnisse der Reformkommission III. Ich erinnere unter anderem an den Projektabschlussbericht vom 16. Dezember 2003 an alle Landtagsabgeordneten und an Informationsbriefe des Projektleiters an die polizeipolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen.
Das ganz Besondere an diesem Projekt ist, dass wir für diese sehr umfassende Organisationsreform keine neutralen Gutachter genommen haben. Wir haben dieses Reformmodell ausschließlich mit eigenen Kräften, mit Fachleuten aus der Polizei, die über zwei Jahre intensiv gearbeitet haben, entwickelt. Ich finde das mehr als bemerkenswert.
gewirkt haben, dass letztlich ihre heutige Führungspositionen wegfallen. Das gibt es - bescheiden gesagt - nicht sehr häufig.
Wer diese Reform nicht will, müsste aufzeigen, wie die operative Ebene der Polizei in Zeiten knapper Kassen anders verstärkt werden sollte. Ich glaube, fast alle wollen sie. Ich habe nur wenige Stimmen gegen die Reform gehört. Ich bin davon überzeugt, dass die mit der Neuorganisation der Landesorganisation verbundene Verstärkung der operativen Ebene der Polizei mit Blick auf die aktuelle Sicherheitslage alternativlos ist. Die Reformkommission III bringt die Landespolizei auf den Weg zur lernenden flexiblen Organisation. Zwei Jahre nach der Realisierung findet eine Evaluation statt. Schwachstellen können zügig ermittelt und zügig beseitigt werden. Die Polizei wird in die Lage versetzt, noch professioneller und angemessener auf Veränderungen zu reagieren.
Wir werden in dem neuen Landespolizeiamt ein Hauptsachgebiet haben, das sich mit Organisationsfragen befasst, weil ich nicht will, dass noch einmal so ein großer Sprung notwendig ist, um die Polizei auf moderne Zeiten einzustellen. Vielmehr soll kontinuierlich an der Organisation gearbeitet werden, um die Polizei organisationstechnisch immer auf dem neuesten Stand zu halten.
Insofern glaube ich, dass wir mit diesem Modell für die Polizei im Land Schleswig-Holstein tatsächlich einen großen Schritt tun. Weil wir so viele Beamte und Beamtinnen, ohne mehr Geld aufwenden zu müssen, in den operativen Dienst vor Ort bringen können, ist dies vor allem ein großer Schritt für unsere Bürgerinnen und Bürger.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das neue Polizeiorganisationsgesetz für Schleswig-Holstein
Die Bilanz der Amtsführung von Klaus Buß in Bezug auf die Landespolizei weist - ich will das ausdrücklich sagen - positive Ergebnisse auf. Die Einführung des von der Opposition seit Jahren geforderten KFZLeasings und die Anschaffung von individuellen Schutzwesten für alle Polizeibeamte sind Beispiele dafür.
Anders als zu Zeiten Ihrer Amtsvorgänger, Dr. Wienholtz und Dr. Bull, haben Sie, Herr Buß, durchaus einen „Draht“ zur Landespolizei gehabt. Das wollen wir gern konzedieren. Nur leider hat Sie diese Landesregierung unter der Führung von Frau Simonis insgesamt daran gehindert, tatsächlich das umzusetzen, was Sie - das nehme ich Ihnen persönlich ab - gern gewünscht hätten.
Deswegen ist es leider seit 1996 zu einem erheblichen Stellenabbau gekommen. Deswegen hat es immer nur Beförderungen nach Haushaltslage gegeben. Deswegen hat es chaotische Beurteilungsrichtlinien gegeben. Deswegen wurden immer neue Reformkommissionen eingesetzt. Vor allem aber hat das gebrochene Versprechen nach der Einführung der zweigeteilten Laufbahn Frust und Demotivation in der Landespolizei ausgelöst. Das ist leider nicht gut.
Wir glauben schon, dass die politische Entscheidung des Innenministers, eine tatsächlich wirksame Reform der Landespolizei durchzuführen, positiv ist. Herr Innenminister, wir als CDU haben das von Anfang an konstruktiv begleitet, zwar kritisch, aber immer sach- und zielorientiert.
Ich will ausdrücklich erwähnen: Die ausgesprochen qualifizierte, fachlich exzellente Arbeit der Reformkommission III wird von der CDU begrüßt.
Dem Landespolizeidirektor, Herrn Pistol, gebührt dabei besonderer Dank, weil er neben der sachorientierten Aufgabenerfüllung gemeinsam mit all seinen Kolleginnen und Kollegen vor allem auch Rückgrat im Interesse der Landespolizei und auch manchmal gegen die politische Führung bewiesen hat. Das ist meiner Ansicht nach wirklich bemerkenswert.
Die Ergebnisse der Reformkommission III in der Erarbeitungsphase werden von uns also ausdrücklich begrüßt. Sie bieten eine solide und fachlich abgesicherte Grundlage für eine notwendige und umfassende Organisations- und Aufbaureform und eine
Viele der Vorschläge werden von uns als sinnvoll erachtet: Der Wegfall einer Führungsebene, die Verringerung der Stäbe, die Schaffung eines zentralen Landespolizeiamtes, die Eigenständigkeit des Landeskriminalamtes und die umfassende Aufgabenübertragung und die sich dadurch auch ergebende Aufgabenverlagerung, die natürlich noch zu Ende diskutiert werden muss, sind richtig und sinnvoll.
Neben dem Wegfall einer Stabsebene hält meine Fraktion allerdings auch an der Zielsetzung fest, dass es zu einer wirklich schlanken Verwaltungsstruktur im Polizeibereich kommen muss, dass die Führungsstrukturen klar und eindeutig geregelt werden müssen und dass real mehr Polizeibeamte auf der Straße erscheinen müssen. Es darf nicht so sein wie bei der Polizeireform III - das wird zwischenzeitlich von allen zugegeben -, bei der Herr Wienholtz 70 Polizeibeamte mehr im Streifendienst, zu Fuß und per Fahrrad angekündigt hatte. Diese suchen wir immer noch. Wir müssen wirklich dafür sorgen, dass mehr Polizei auf die Straße kommt.
Die Neuorganisation der polizeilichen Regionalebene ist aber anhand der bisher vorgelegten Zahlen, Daten und Fakten nicht nachvollziehbar. Die Zerschlagung der bisherigen Identität zwischen der politischen Ebene des Kreises und der kreisfreien Stadt einerseits und der Polizei der Inspektion andererseits ist bisher nicht begründet und nachvollziehbar. Der Fehler der Polizeineuorganisation war nicht deren Erarbeitung und das Vorlegen von Vorschlägen, sondern die politische Hektik, mit der Sie, Herr Minister, im letzten Jahr, kurz vor Weihnachten, versucht haben, politische Vorgaben in den Prozess hineinzugeben. Sie haben diesen Prozess nicht so weiterlaufen lassen, wie er begonnen hat, nämlich die Fachleute in Ruhe, Transparenz und anhand von Analysedaten Vorschläge unterbreiten zu lassen, die anschließend bewertet werden müssen.
Unsere Kritik an den Umsetzungsplänen richtet sich vor allem gegen die hektische Einleitung und den politischen Dauerstress bei der Umsetzung der Reko III. Die Schlussfolgerungen aus der Arbeit von Hunderten von Polizeibeamten sind durch die überzogene politische Profilierungsabsicht, die dahinter steckt, in der Umsetzungsphase leider nicht mehr rational begründet, nachvollziehbar und abgesichert.