Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 15. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Erkrankt sind die Abgeordneten Silke Hinrichsen und Bernd Schröder, denen ich auch in Ihrem Namen gute Genesung wünsche.
Beurlaubt ist Frau Abgeordnete Schmitz-Hübsch und wegen dienstlicher Verpflichtungen auf Bundesebene wird ab heute Nachmittag die Frau Ministerpräsidentin abwesend sein.
Am 19. September ist im Alter von 77 Jahren die ehemalige Abgeordnete Frau Ingeborg Sommer verstorben. Frau Sommer gehörte dem SchleswigHolsteinischen Landtag von 1967 bis 1975 an. Sie war Mitglied der SPD-Fraktion. Der SchleswigHolsteinische Landtag gedenkt seines ehemaligen Mitglieds in Dankbarkeit.
„Mit Ablauf des 31. August 2001 ist Herr Rüdiger von Plüskow aus seinem Amt als Staatssekretär im Ministerium für ländliche Räume, Landesplanung, Landwirtschaft und Tourismus in den Ruhestand getreten. Aus diesem Grunde darf ich Ihnen mitteilen, dass ich mit Wirkung vom 1. September 2001 Herrn Dr. Aloys Altmann zu seinem Nachfolger ernannt habe.“
Herr Dr. Altmann, ich gratuliere Ihnen im Namen des Hauses und wünsche Ihnen für die verantwortungsvolle Aufgabe immer eine glückliche Hand und alles Gute.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung über die im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 3, 5, 8, 10, 12, 18 bis 20, 22, 28, 39, 41, 43, 44 sowie 54 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Punkte 31, 37, 40, 46, 48, 50 und 52. Zur gemeinsa
men Beratung vorgesehen sind die Punkte 4, 7 und 45 - Nachtragshaushalt 2001, Haushalt 2002 und Haushaltsbegleitgesetz 2002 -, die Punkte 13 und 25 Forstwirtschaft -, die Punkte 14 und 29 - Abschaffung der Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen sowie die Punkte 23 und 49 - Qualität der Pflege und Heimaufsicht in Schleswig-Holstein.
Wann die einzelnen Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratungen der 15. Tagung.
Wir werden unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause, die heute um eine halbe Stunde verkürzt wird, jeweils bis längstens 18 Uhr tagen. - Widerspruch höre ich nicht. Dann werden wir so verfahren.
Auf der Tribüne begrüße ich als Gäste Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte der Integrierten Gesamtschule Neumünster-Brachenfeld. - Herzlich willkommen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit Erschütterung und Entsetzen haben wir die terroristischen Anschläge auf das World Trade Center in New York, auf das Pentagon, auf die Menschen und den Absturz des Flugzeuges bei Pittsburg am 11. September miterleben müssen. Wir waren sprachlos und fassungslos über diese Verbrechen. Die Bilder der zusammengestürzten Türme, die Bilder der Flugzeuge, die in die Gebäude rasten, die Bilder der Menschen, die in Panik aus den Hochhäusern in den Tod sprangen, haben sich unvergesslich in unser Gedächtnis geprägt. Wir trauern um zahllose Opfer und wir trauern mit den Angehörigen. Wir empfinden tiefes Mitgefühl mit dieser sonst so vitalen Stadt New York und mit dem amerikanischen Volk.
Unter den Trümmern liegen nicht nur Amerikaner; viele Nationen beklagen ihre Opfer. Auch 100 Deutsche, darunter vermutlich vier aus Schleswig-Holstein, sind bei diesem Anschlag ermordet worden. Wir nehmen Anteil an ihrem Schicksal, wir nehmen Anteil am Schicksal der Familien.
Diese Terroranschläge sind eine Kriegserklärung fanatischer Extremisten an unsere Werte von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten. Damit trifft dieser entsetzliche Anschlag auch uns. Deutschland steht in fester Solidarität zu dem amerikanischen Volk. Überall im Land, auch hier in Kiel und an vielen Orten in Schleswig-Holstein, haben Gedenkgottesdienste und Demonstrationen der Solidarität stattgefunden. Sie
Meine Damen und Herren, nahezu alle unsere ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, auch Mitbürgerinnen und Mitbürger moslemischen Glaubens, sind genauso erschüttert, genauso betroffen wie wir. Sie betonen zu Recht, dass der furchtbare Terror mit ihrem Glauben niemals begründet werden kann. Ich bitte alle Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserem Land, die unter uns lebenden Ausländerinnen und Ausländer nicht mit der Geisteshaltung der Terroristen in Verbindung zu bringen, sie nicht auch nur in ihre Nähe zu rücken.
Es wäre ein fataler Triumph des Terrors, wenn es ihm mit diesen Anschlägen gelingen würde, unser Zusammenleben nachhaltig zu erschüttern oder gar zu lähmen. Denn einer der bestimmenden Werte in unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung ist die Anerkennung und Integration von ethnischen und religiösen Minderheiten. Leitsatz unseres Handelns, wenn es um die Verteidigung unserer Freiheit geht, muss daher auch die Verteidigung der freiheitlichen Werte sein. Dies muss sich nach innen und nach außen im Denken und Handeln aller Bürgerinnen und Bürger widerspiegeln.
Der Anschlag auf die Vereinigten Staaten lässt uns auch mit Sorge in die Zukunft blicken. Jedem ist klar, dass neben den diplomatischen Bemühungen auch Vergeltungsschläge der USA erfolgen werden. Das völkerpolitische Recht dazu ist unbestritten. Der solidarische Beistand aller demokratisch-freiheitlichen Nationen steht hierbei außer Frage. Eine Reaktion gegen den Terror und eine Bekämpfung des Terrors selbst muss erfolgen. Das weckt bei vielen Bürgerinnen und Bürgern auch verständliche Ängste. Wir haben es mit Terroristen zu tun, die weltweit agieren und überall auf dieser Erde zuschlagen können. Es gibt keine klaren Fronten und kein eindeutig eingrenzbares Territorium. Deshalb wird dieser Kampf lange dauern.
Nach den bisherigen Erkenntnissen ist Deutschland kein Angriffsziel dieser Terroristen, aber sie haben sich auch hier mitten unter uns auf ihre Anschläge vorbereitet. Das fordert uns heraus, das fordert unsere Überwachungsmöglichkeiten heraus, das fordert, sie zu stärken und unsere Sicherheitsvorkehrungen zu intensivieren. Dieser sicherlich auch einschränkende Schritt ist notwendig, um unsere auf Freiheit und Demokratie basierende Ordnung nachhaltig zu sichern.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die amerikanische Administration keine voreiligen oder überstürzten Aktionen plant, dass sie vielmehr besonnen und über
legt vorgeht. Das zeigt sich auch an dem bisherigen Vorgehen. Ich bin ebenso überzeugt, dass die Reaktion der Amerikaner differenziert genug sein wird. Sie haben verstanden, dass nur eine internationale Zusammenarbeit die Möglichkeit bietet, die Terroristen ausfindig zu machen.
Die internationale Gemeinschaft mit ihren Institutionen ist aufgerufen, sich dem Terror überall wirkungsvoll in den Weg zu stellen. Der Angriff auf die USA ist auch ein Angriff auf einen verbündeten Partner in der NATO. Das verpflichtet die Mitgliedsländer zu gegenseitigem Beistand. In welcher Form dieser Beistand erfolgt, liegt im Ermessen der einzelnen Länder selbst. Die Bundesrepublik wird aus dieser Verpflichtung heraus verantwortlich und uneingeschränkt solidarisch handeln.
Angesichts der traumatischen Bilder ist dies nicht die Zeit, über die Ursachen extremistischer Gewalt zu debattieren. Wir werden uns aber auch in diesem Haus mit diesen Problemen zu beschäftigen haben. Uns allen ist klar: Mit der Bekämpfung des Terrors allein wird sich nichts grundlegend verändern lassen. Vielmehr ist zu befürchten, dass eine weitere Verhärtung und Verschärfung des fundamentalistisch geprägten Terrors stattfinden wird. Wir werden auch an uns Fragen stellen müssen, die sich mit dem Zusammenhang von Armut und Gewalt und von Verelendung und politischer Unterdrückung beschäftigen. Wir müssen über die Verteilung von Ressourcen und Gütern nachdenken und wir werden auch Konsequenzen zu ziehen haben. Wir müssen die katastrophalen Verhältnisse in vielen Ländern dieser Erde ernster nehmen und nicht nur beklagen.
Wie diese globalisierte Welt friedlich und für alle menschenwürdig organisiert werden kann, wie wir in dieser Welt ohne Angst verschieden sein und miteinander friedlich leben können, das sind die entscheidenden Frage der Zukunft. Wir kehren nach diesen Ereignissen nicht zur Normalität zurück. Es gibt sie nicht mehr. Wir erarbeiten uns eine neue. Wir müssen bewusster aus dem Willen zu Veränderung und Annäherung handeln. Alle sind wir hierzu aufgefordert. Ich bitte Sie, sich jetzt mit mir für einen Moment des stillen Gedenkens zu erheben.
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Wir treten in die Aussprache ein. Ich erteile Frau Abgeordneter Kähler das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt sicherlich nicht leicht, nach der Erklärung des Präsidenten zum 11. September die normale Tagesordnung abzuhandeln. Herr Präsident, gleichwohl haben Sie gestern Abend während des LPK-Empfangs deutlich gemacht, dass Sprachlosigkeit und Stillstand genau das bewirken würden, was die Terroristen, diese gnadenlosen Menschen, gern hätten. Deshalb müssen wir eine neue Form finden, miteinander umzugehen.
Die interfraktionelle Arbeitsgruppe „Stärkung des Föderalismus“ hat sich in mehreren Sitzungen auf einen gemeinsamen Antrag geeinigt, wobei ich für meine Fraktion ganz klar sage: Ich respektiere die Entscheidung der Grünen, zu einer differenzierten Diskussion des Föderalismus beizutragen. Dies wird der heutige Debattenbeitrag zeigen.
Die föderale Staatsverfassung bietet Bund und Ländern beste Chancen für ein wettbewerbliches, effizient organisiertes Miteinander. Unsere politische Praxis ist heute von diesem Ideal jedoch weit entfernt. Sie muss und sie kann verbessert werden. Dies ist auch erforderlich, weil die europäische Integration den deutschen Föderalismus vor neue Herausforderungen stellt. Die Balance zwischen den einzelnen Ebenen muss deshalb neu bestimmt werden. Sie muss autonomieschonend schonen und trotzdem gemeinschaftsverträglich sein. Der entscheidende Punkt ist: Diese Debatte sollte keineswegs wie bisher ausschließlich auf Regierungsebene geführt werden, sondern unter maßgeblicher Beteiligung und Einbindung der Landesparlamente stattfinden.
Frau Ministerpräsidenten, wir wollen weder eine Revolution ausrufen noch hegen wir Misstrauen gegen unsere eigene Landesregierung, dass sie unsere Forderung nach Beteiligung der Landesparlamente vernachlässigen oder gar verneinen würde. Das Gegenteil ist
bisher der Fall gewesen. Gleichwohl wird das föderalistische System seit Jahren kritisiert und niemand wird behaupten, dass es dafür keine guten Gründe gäbe. Mit unserem gemeinsamen Antrag wollen wir jedoch keinesfalls von einer Runderneuerung des deutschen Föderalismus sprechen. Vielmehr wollen wir mit unserem Antrag die längst überfällige Entscheidung einfordern, endlich die Mitwirkungsrechte der Landesparlamente gegenüber dem Bund und der EU zu verankern.