Guten Morgen, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung.
Erkrankt ist nach wie vor die Frau Abgeordnete Silke Hinrichsen, der wir weiterhin gute Besserung wünschen.
Beurlaubt sind die Frau Kollegin Herlich Marie Todsen-Reese und die Herren Kollegen Manfred Ritzek und Wolfgang Kubicki.
Ich habe das besondere Vergnügen, Herrn Abgeordneten Wilhelm-Karl Malerius sehr herzlich zum Geburtstag zu gratulieren. - Herzlichen Glückwunsch und alles Gute!
Auf der Besuchertribüne möchte ich die Besuchergruppen des Heinrich-Heine-Gymnasiums, Heikendorf, und der Kreisberufsschule Rendsburg begrüßen.
Bericht über die Bedeutung des Handwerks in der Wirtschaft Schleswig-Holsteins und die derzeitige Lage des Handwerks
Ich erteile dem Herrn Minister für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, Professor Dr. Rohwer, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bericht zur Lage des Handwerks, den wir Ihnen vorgelegt haben, zeigt erneut: Das Handwerk ist und bleibt einer der Stützpfeiler unserer Wirtschaft und damit unserer Gesellschaft.
Jeder fünfte Arbeitsplatz in Schleswig-Holstein wird vom Handwerk zur Verfügung gestellt. Jeder dritte Ausbildungsplatz in Schleswig-Holstein wird vom Handwerk gestellt. Das ist deutlich mehr, als das Handwerk selbst braucht. Und: Das Handwerk bietet Schulabgängern mit Hauptschulabschluss - das sind etwa zwei Drittel der Auszubildenden - die Möglich
keit einer soliden Berufsausbildung, ein nicht zu unterschätzender Beitrag auch zur gesellschaftlichen Stabilität in unserem Land. Das Handwerk engagiert sich auch überdurchschnittlich in besonders vielen Bereichen für ehrenamtliche Aufgaben. Dafür gebührt dem Handwerk an dieser Stelle ein herzlicher Dank.
Den Handwerksmeisterinnen und -meistern, die kürzlich ihre Meisterprüfung 2001 bestanden haben, habe ich bei der großen Meisterfeier gesagt:
„Sie haben mit Ihrer Entscheidung für den Handwerksberuf eine gute Wahl getroffen. Das Handwerk hat eine gute Zukunft. Hochwertige Handwerksleistungen werden künftig eher noch wichtiger.“
Ich sage dies ganz bewusst, auch wenn uns allen die aktuelle Situation in der Bauwirtschaft und im Handwerk Sorgen macht.
Die Baunachfrage ist strukturell rückläufig. Das hängt mit dem Wohnungsbau zusammen. Das hängt mit der Finanzlage von Bund, Ländern und Gemeinden zusammen. Das hängt mit der allgemeinen Konjunkturschwäche zusammen. Es kommt hinzu, dass die Lohnnebenkosten in diesem Bereich besonders hart zuschlagen und dass der Wettbewerb zu Nachbarländern teilweise verzerrt ist.
Dies alles drückt die Bauwirtschaft nach unten und schwächt das Handwerk wegen seiner engen Verflechtungen in diesem Bereich mit entsprechenden Folgen für Wachstum und Beschäftigung, und zwar für Wachstum und Beschäftigung in allen Branchen in Schleswig-Holstein.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle - das war gestern Thema - einige Anmerkungen zur aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation. Herr Kayenburg, Sie haben mich richtig zitiert. Der Konjunkturverlauf ist insgesamt schwächer als erwartet und in SchleswigHolstein ist er zurzeit besonders unbefriedigend und enttäuschend. Aber ich bitte Sie und alle anderen, die dazu Stellung genommen haben, auch um eine differenziertere Analyse. Es gibt eine Konjunkturschwäche in Schleswig-Holstein, es gibt aber keine Wachstumsschwäche.
Die öffentliche Investitionsquote ist - das bedauere auch ich; das wissen Sie - rückläufig. Aber - ich komme gleich darauf zurück - die Ausgaben für öffentliche Infrastrukturinvestitionen in den wichtigen Bereichen gehen nicht nach unten, sondern gehen nach oben. Ich werde Ihnen das gleich im Einzelnen darstellen.
Erstens. Hinter den Zahlen des ersten Halbjahres verbergen sich höchst unterschiedliche Branchenverläufe: Bauwirtschaft minus 11 %, Nachrichtentechnik minus 42 %, EDV, Elektrotechnik minus 15,7 %, Tourismus, Gastgewerbe im Bereich minus 0,3 bis minus 1 %. Das heißt, wir haben auf der einen Seite dieses Branchenproblem, wir haben auf der anderen Seite sich sehr gut entwickelnde Branchen: Chemische Industrie plus 15,7 %, Maschinenbau plus 10 %, Metallindustrie deutlich nach oben. Das heißt, wir haben keine allgemeine Schwäche, sondern im Wesentlichen ein Struktur- und Branchenproblem.
Nun haben Sie gestern gesagt, wir förderten die Old Economy zu wenig. Das Gegenteil ist richtig. Sie wissen, was ich beispielsweise für den Chemiestandort Brunsbüttel tue. Sie wissen, was wir für die Medizintechnik - das ist gleichzeitig eine alte und neue Ökonomie - in Lübeck tun, was wir im Bereich der Biotechnologie tun. Zu sagen, wir konzentrierten uns nur auf die New Economy, entspricht einfach nicht den Tatsachen.
Gestern ist gefragt worden: Was passiert eigentlich im Bereich der Gesundheitswirtschaft? - Es passiert eine Menge. Das stellt man fest, wenn man sich in dem Bereich etwas umhört. Wir haben mehrere hoch interessante Investitionsprojekte in diesem Bereich an mehreren Standorten in Schleswig-Holstein, wo sich im Moment Investoren um interessante Projekte in mehrfacher Millionenhöhe bemühen, im Klinikbereich, im Wellnessbereich. Wir haben ein Medizinkompetenzzentrum in Lübeck, das sich im Aufbau befindet. In Sachen Life-Science-Verbund kommen wir weiter. Wir, Ingrid Franzen und ich, sind Schritt für Schritt dabei, die Tourismusinfrastruktur auszubauen. Auch da sind wir uns hoffentlich einig.
Zweitens. Wir sollten zwischen Konjunkturschwankungen und Wachstumstrend unterscheiden. Bei der Konjunktur gab es auch für Schleswig-Holstein immer bessere und schlechtere Jahre. 1999 war ein besseres Jahr. Das erste Halbjahr 2000 war ein schlechteres Jahr. Wichtiger für den Wirtschaftsstandort ist etwas ganz anderes, nämlich wie er sich im Trend entwickelt. Ein fünfter Platz unter 16 Ländern ist kein schlechter Platz.
Ich sage nochmals: Abgerechnet wird am Schluss, am Schluss des Jahres 2001. Das Statistische Landesamt hat erste Berechnungen für das erste Halbjahr vorgelegt. Sie wissen, dass diese Zahlen immer wieder korrigiert worden sind und dass Sondereinflüsse eine Rolle spielen.
Aktuelle Meldungen aus Unternehmen in SchleswigHolstein deuten darauf hin, dass die Gesamtbilanz für 2001 besser ausfallen kann. Interessant wird sein, was die morgige Vorstellung der Herbstumfrage der Unternehmensverbände dazu vorlegen wird.
Richtig ist, dass wir aufpassen müssen, dass wir am aktuellen Rand nicht abkippen. Darüber sind wir uns einig. Der Standortwettbewerb wird härter. Die Lage in der Bauwirtschaft, im Handwerk, in der Ernährungswirtschaft, im Bereich Nachrichtentechnik, Mobilfunk, Multimedia ist im Moment sehr, sehr schwierig. Aber - und das ist das, worauf ich hinweisen möchte - die Wirtschaftsstruktur des Landes, meine Damen und Herren, ist in den letzten Jahren wachstumsfreundlicher geworden. Dazu hat die Wirtschaft natürlich den Hauptbeitrag geleistet. Darüber müssen wir uns gar nicht streiten. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit unserer Wirtschaftsund Strukturpolitik einen Beitrag geleistet haben.
Ich könnte Ihnen jetzt viele Beispiele dazu nennen, die Sie alle systematisch verschweigen. Die Forschungsund Technologieinfrastruktur in Schleswig-Holstein ist ausgebaut worden. Wir haben in unseren Technologiedebatten immer wieder darüber diskutiert. Wir haben im Bereich Medizintechnik/Biotechnologie, im Bereich IT/Multimedia, wir haben im Bereich neue Werkstoffe, neue Materialien Akzente gesetzt. Wir haben in der Energie- und Umwelttechnik - die Energiemesse in Husum hat das gerade jetzt wieder gezeigt - deutliche Impulse gegeben.
Wir haben mehr Neuansiedlungen nach SchleswigHolstein geholt. Wir haben die Existenzgründungen in Schleswig-Holstein deutlich nach oben gefahren. Wenn ich sage „wir“, ist das keine Leistung der Regierung, sondern eine gemeinsame Leistung für Schleswig-Holstein, die wir erbringen, meine Damen und Herren.
Wir haben neue Studiengänge aufgebaut, in denen wir mehr qualifizierte Ingenieure, Informatiker und andere ausbilden. Auch das ist ein wichtiger Beitrag für die Wirtschaft. Wir haben im Verkehrsbereich viele Pro
jekte auf den Weg gebracht, die Sie nicht auf den Weg gebracht haben. Ich nenne die Elektrifizierung und viele große Ortsumgehungen. Wir haben in den letzten Jahr mehr Geld nach Schleswig-Holstein geholt, um die A 20, die A 21 und die A 7 auszubauen. Das sind Fortschritte, meine Damen und Herren, die Sie nicht einfach bestreiten sollten.