Protocol of the Session on May 10, 2000

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Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie und eröffne hiermit die 2. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages.

(Unruhe)

- Es ist immer noch zu unruhig im Haus. Ich bitte, den Innenraum zu räumen.

Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.

Erkrankt ist Herr Abgeordneter Wiegard, der sich einer Operation unterziehen muss. Dafür und für die dann folgende Gesundung wünsche ich ihm im Namen des Hauses alles Gute.

(Beifall)

Ich bitte Sie, sich zu erheben. - Am 6. April ist der ehemalige Abgeordnete und Wirtschaftsminister Knud Broder Knudsen verstorben. Herr Knudsen war Mitglied des Landtages von der 2. bis zur 6. Wahlperiode, von 1950 bis 1971. Er gehörte der CDU-Fraktion an. Von 1967 bis 1969 war Herr Knudsen Minister für Wirtschaft und Verkehr.

Herr Knudsen war eine herausragende Persönlichkeit. Wir gedenken seiner mit Respekt. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen.

Meine Damen und Herren, Sie haben sich zu Ehren des Verstorbenen erhoben. Ich danken Ihnen.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 8, 10, 11, 16, 17 sowie 28 bis 35 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden soll der Tagesordnungspunkt 38. Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 9 und 24 - Sonderausschuss zur Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen dem Land und den Kommunen und Einsetzung einer Enquetekommission - sowie die Punkte 25 und 37 - Info-Net Umwelt Schleswig-Holstein. Ferner wurde mir mitgeteilt, dass wir den Tagesordnungspunkt 31 - Wahl der Mitglieder des Richterwahlausschusses - von der Tagesordnung absetzen müssen, weil die notwendigen Abstimmungsgespräche über die Besetzung des Richterwahlausschusses noch nicht abgeschlossen werden konnten.

Anträge zur Aktuellen Stunde und Fragen zur Fragestunde liegen nicht vor.

(Präsident Heinz-Werner Arens)

Wann die einzelnen Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 2. Tagung.

Wir werden unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause jeweils längstens bis 18:00 Uhr tagen, allerdings heute mit der Besonderheit, dass die Mittagspause erst nach Beendigung von Tagesordnungspunkt 2, Regierungserklärung, einsetzt und bis 15:30 Uhr dauert.

Widerspruch höre ich nicht. Dann werden wir so verfahren.

Ich möchte als Besucher auf der Tribüne Schülerinnen, Schüler, Lehrerinnen und Lehrer der Realschule Ratekau, der Realschule Sandesneben, der Claus-RixenSchule Altenholz sowie einzelne Besucher in der Loge begrüßen. Seien Sie alle herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 2 auf:

Regierungserklärung

Ich erteile das Wort der Frau Ministerpräsidentin.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Am 27. Februar haben die Wählerinnen und Wähler mit klarer Mehrheit entschieden, dass SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Landesregierung bilden und ihre Arbeit fortsetzen sollen. Wir haben den Auftrag, am Beginn des neuen Jahrtausends Politik für unser Land zu gestalten. Auf dem Weg in die globale Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft machen wir SchleswigHolstein stark für den Wettbewerb in Deutschland, Europa und in der Welt. Wir werden die Chancen des Strukturwandels offensiv nutzen und die Stärken unseres Landes weiter ausbauen, und wir sorgen dafür, dass es bei allen Umbrüchen und Veränderungen sozial gerecht zugeht. Wir wollen eine lebendige und vielseitige Bürgergesellschaft, die sich auch ihrer ökologischen Verantwortung für die Zukunft bewusst ist. Dafür tritt diese Landesregierung ein.

Schleswig-Holstein steht für wunderschöne Natur, intakte Umwelt, für Gastfreundschaft und Weltoffenheit, für Gelassenheit und Liberalität, wie es norddeutsche Tradition ist. Unsere politischen Markenzeichen sind Toleranz und Zuverlässigkeit, Pragmatismus und der Mut zu neuen Wegen, auch gegen Widerstände.

Europaweit gilt Schleswig-Holstein als Vorbild für partnerschaftliches Zusammenleben von Mehrheit und Minderheiten. Unsere Politik nimmt jede Minderheit

gleich ernst. Dänen, Friesen, Sinti und Roma tragen aktiv und selbstbewusst zur kulturellen Vielfalt und Attraktivität unseres Landes bei. Das soll und muss auch in Zukunft so bleiben.

Schleswig-Holstein ist auch für seine vielseitige kulturelle und künstlerische Szene bekannt: SchleswigHolstein Musik Festival, die nordischen Filmtage, ArsBaltica oder JazzBaltica sind Markenzeichen weit über die Landesgrenzen hinaus.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Wir müssen trotzdem darüber nachdenken, wie wir mit mehr Kooperation und neuen Finanzierungswegen das Angebot noch besser machen können.

Unser Land ist ein Land für Kinder. Familien mit Kindern sind bei uns gut aufgehoben. Nach unseren Anstrengungen für eine ausreichende Versorgung mit Kindergartenplätzen wollen wir die betreute Grundschule, Ganztagsschulen und bessere Teilzeitangebote für Mütter und Väter weiter ausbauen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ohne die Gleichberechtigung von Frauen und Männern bleibt jede gesellschaftspolitische Reform Flickwerk. Deshalb machen wir eine lebensnahe Frauenpolitik.

Schließlich ist Schleswig-Holstein ein sicheres Land. Unsere liberale und bürgernahe Justiz- und Innenpolitik ist seit Jahren ein Erfolg.

Wir leben heute in einem attraktiven Gründerland, haben ein Wirtschaftswachstum, das über dem Bundesdurchschnitt liegt, und unsere Arbeitslosenzahlen sind die niedrigsten in Norddeutschland.

Diese Erfolgsgeschichte wollen wir fortschreiben. Dabei zählen wir auf die innovativen Kräfte in diesem Land. Parteipolitische oder ideologische Vorbehalte gibt es für uns nicht. Keine gute Idee darf diesem Land verloren gehen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit unserer Politik denken wir über die fünf Jahre hinaus, für die wir gewählt sind. Wir haben Perspektiven für Schleswig-Holstein, die weiter reichen. Wir wollen Fragen beantworten, die heißen: Was erwartet unsere Kinder, wenn sie die Schule, ihre Lehre oder ihr Studium abschließen? Wie wollen sie leben und arbeiten? Wie übergeben wir dieses Land an die nächste Generation? Wie viel innere und soziale Sicherheit können wir dann den Menschen garantieren, jungen wie alten?

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

Einige unserer Perspektiven stelle ich an den Anfang meiner Regierungserklärung, Perspektiven, die in den nächsten 15 bis 20 Jahren in konkrete Politik für unser Land münden.

Erstens. Schleswig-Holstein wird das Herzstück einer europäischen Technologieregion von Hamburg über Kopenhagen bis Malmö sein. Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft kooperieren miteinander und mit weltweiten Partnern.

Zweitens. Schon heute arbeiten rund zwei Drittel der Beschäftigten im Dienstleistungssektor. Das wird sich auf 80 % steigern. Mehr Schulabgänger als heute werden sich in ihrem Berufsleben selbstständig machen. Viele kleine Betriebe werden entstehen. Schnell, innovativ und flexibel werden sie das Rückgrat der schleswig-holsteinischen Wirtschaft sein.

Drittens. Schleswig-Holstein wird sich als der Standort für Medizintechnik und Forschung, für Reha- und Kureinrichtungen in Deutschland und in der Ostseeregion profilieren. Tourismus, Umweltschutz, Kultur, Freizeit- und Gesundheitswirtschaft arbeiten Hand in Hand. Der Zukunftsmarkt Wellness und Gesundheit wird das produzierende Gewerbe bei Umsatz und Beschäftigung überrundet haben.

Viertens. Sanfte Energie wird zum Marktführer. Regenerative Energiequellen und die ökologisch effiziente Kraft-Wärme-Kopplung produzieren dann die Hälfte des bei uns verbrauchten Stroms. Die Zahl der Arbeitsplätze in der Umweltwirtschaft wird sich verdoppeln.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Fünftens. Für jeden - Männer und Frauen - werden sich Erwerbsarbeit, berufliche Qualifikation und Familienzeit abwechseln. In 20 Jahren wird es noch mehr freiwilliges Engagement, Eigenverantwortung und Möglichkeiten zur Selbsthilfe geben. Mithilfe großer Bürgerstiftungen engagieren sich Menschen für gemeinnützige Zwecke. Ein neuer Gesellschaftsvertrag zwischen Bürgern und Staat wird den Rahmen für eine funktionierende Bürgergesellschaft vorgeben.

Mut zu Veränderung setzt Mut zu politischer Führung voraus. Das ist es, was die Menschen von uns erwarten.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Nicht Besserwisserei und Bevormundung, sondern Orientierung braucht unser Land.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Meine Landesregierung setzt alles daran, diese Perspektiven Wirklichkeit werden zu lassen. Dazu suchen wir Verbündete. Unsere norddeutschen Nachbarn zählen ebenso dazu wie der Bund und unsere europäischen Partner.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Wie sinnvoll die Zusammenarbeit im Norden ist, zeigt das aktuelle Beispiel des Großraumflugzeugs Airbus A3XX. Mit diesem Projekt können wir für die Region Hamburg und Schleswig-Holstein mehrere tausend Arbeitsplätze schaffen.