Protocol of the Session on September 11, 2002

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bitte nehmen Sie Platz. Ich eröffne die 25. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Erkrankt sind die Frau Abgeordnete Fröhlich und der Herr Abgeordnete Weber. Von dieser Stelle aus wünsche ich ihnen gute Genesung!

(Beifall)

Beurlaubt ist Frau Abgeordnete Kleiner.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben. Vor einem Jahr wurden wir mit den Attentaten vom 11. September in den USA Zeugen von bis heute unfassbaren Terroranschlägen. Die Verbrechen haben die Welt erschüttert. Die Anschläge zerstörten die Türme des World Trade Centers, die herausragenden Symbole der freien Welt. Tausende Menschen kamen zu Tode. Heute gedenken wir in ungebrochener Trauer dieser unschuldigen Opfer. Ebenso gedenken wir der Opfer, die bei dem Anschlag auf das Pentagon und bei dem Absturz des vierten gekaperten Flugzeugs, das über Pennsylvania abstürzte, gestorben sind.

Die Welt hat sich nicht erst seit diesen Anschlägen geändert, aber die Attentate haben diesen Wandel auf drastische Weise deutlich gemacht. Wesentliches Merkmal des Wandels ist die Erkenntnis, dass es in dieser Welt nicht länger eine ausschließlich lokale Dimension gibt. Auch regionales oder lokales Handeln ist nur noch unter Berücksichtigung globaler Auswirkungen zu betrachten. Dies betrifft Wirtschaft, Kultur, Recht und nicht zuletzt die Politik gleichermaßen. Es betrifft alle Formen unseres menschlichen Zusammenlebens.

Die Globalisierung hinterlässt keine Nische, in die man sich zurückziehen kann. Jede Erwartung, man könne sich der globalen Dimension des Betroffenseins und der Verantwortung entziehen, wäre trügerisch. Wir leben nicht auf einer Insel. Die uneinholbare Globalisierung lässt dies nicht zu. Die unmittelbaren Folgen können jede und jeden überall treffen. Die Anschläge haben dies auf brutale Art gezeigt.

Was am 11. September vorigen Jahres geschah, geht uns alle an. Das Verbrechen hat bei den Bürgerinnen und Bürgern zu einer nicht gekannten Form der Unsicherheit geführt. Attentate und alle Formen terroristischer Gewalt unterliegen eben nicht den Regeln des Krieges und schon gar nicht den Regeln des Völkerrechts. Immer richten sie sich gegen die Zivilbevölke

rung. Sie sind das Gegenteil des Völkerrechts; sie sind beherrscht durch Gesetzlosigkeit. Gerade die Maßlosigkeit der Verbrechen vom 11. September hat uns vor Augen geführt, wie verletzbar unsere moderne und technisierte Welt ist. Jeder kann davon in aller Grausamkeit betroffen sein, wie es tausende von Menschen in New York mit ihren Angehörigen in Amerika und auch bei uns in Deutschland erfahren mussten.

Der 11. September ist aber nicht nur ein Symbol für Terror und Entsetzen, er ist auch ein Symbol für Solidarität. Die Solidarität war nicht lokal begrenzt, sondern grenzenlos. Die Folgen der Anschläge werden uns auch in Zukunft begleiten. Es geht mit aller Konsequenz und aller gebotenen Kompromisslosigkeit um die wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Die politischen Diskussionen um die Grenzen möglicher Einsätze auf diesem Gebiet werden aktuell geführt. Sich hieran zu beteiligen, wäre in dieser Stunde des Gedenkens nicht angemessen. Aber auch hier muss zuallererst eine politische Antwort gegeben werden. Diese Antwort bedingt eine stärkere Auseinandersetzung mit den Ursachen der terroristischen Gewalt. Gerade das stellt uns alle vor große Herausforderungen und nimmt alle - auch uns in Schleswig-Holstein - in eine stärkere Verantwortung für diese Welt, als wir dies vor dem 11. September 2001 wahrgenommen haben.

Sie haben sich zum Gedenken erhoben; ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, die Fraktion der CDU hat für die heutige Sitzung einen Dringlichkeitsantrag eingebracht.

Fusion der Landesbank Schleswig-Holstein Girozentrale (LB Kiel) mit der Hamburgischen Landesbank (HLB) Dringlichkeitsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/2116

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wiegard das Wort zur Begründung der Dringlichkeit.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Finanzminister hat vor einem Jahr ein Strategiekonzept zur Fusion der Landesbanken Kiel und Hamburg angekündigt. Am Montag dieser Woche fanden zwischen den Anteilseignern abschließende Gespräche statt. Dort sind Entscheidungen getroffen worden, von denen das Parlament betroffen ist, weil das Parlament bestimmte Voraussetzungen zu schaffen hat. Deshalb sind wir der Meinung, dass es notwendig ist, dass die Landesregierung im Verlauf diese

4878 Schleswig-Holsteinischer Landtag (15. WP) - 66. Sitzung (neu) - Mittwoch, 11. September 2002

(Rainer Wiegard)

Tagung über den Stand der Verhandlungen und die Auswirkungen auf Schleswig-Holstein berichtet und dass wir im Anschluss daran in die Beratung eintreten. Dies ist deshalb wichtig, weil wir ursprünglich mit dem Finanzminister eine andere Vorgehensweise vereinbart hatten, nämlich dass wir hierzu in dem dafür zuständigen Ausschuss Beratungen führen. In der Zwischenzeit ist die Öffentlichkeit besser unterrichtet als das Parlament. Diesen Zustand sollten wir gemeinsam schleunigst beenden.

(Beifall bei der CDU)

Ebenfalls zur Dringlichkeit erteile ich Herrn Abgeordneten Astrup das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion ist der CDU-Fraktion ausgesprochen dankbar, diesen Dringlichkeitsantrag gestellt zu haben. Auch wir hatten bereits überlegt, wie wir dieses zugegebenermaßen wichtige und im Ergebnis hervorragende Vertragswerk nach Ende der Redaktionsfrist im Landtag diskutieren können. Insofern werden wir der Dringlichkeit zustimmen. Ich gestehe, dass ich ein wenig verwundert war, dies aus Oppositionssicht zu sehen. Ich hätte erwartet, dass ein Dringlichkeitsantrag unsererseits bei diesem guten Ergebnis keine Mehrheit gefunden hätte. Wir stimmen zu.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen zu dieser Dringlichkeitsdebatte sehe ich nicht. Ein Hinweis auf § 51 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung scheint sich zu erübrigen. Wir stimmen ab: Wer die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit haben wir einstimmig so beschlossen.

Dieser Punkt wird als Punkt 31 a in die Tagesordnung aufgenommen. - Herr Abgeordneter Astrup!

Ich schlage vor, den Punkt unmittelbar nach den Haushaltsberatungen einzureihen.

Dieser Tagesordnungspunkt bekommt technisch - wie ich gesagt habe - die Nummer 31 a. Es ist vorgeschlagen worden - es scheint auch auf Zustimmung zu

stoßen -, dass wir unmittelbar im Anschluss an die Haushaltsberatung diesen Punkt aufrufen. Dann werden wir so verfahren.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 4, 5, 6, 8, 21, 22, 23, 28, 37, 39, 49 und 50 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Punkte 18, 19, 24, 30, 35, 40 bis 42, 44, 45, 48, 51 und 52. Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Punkte 2, 20, 27 und 31, die Regierungserklärung zu den Regenwasser- und Flutschäden sowie die Punkte 7 und 38, Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2003 und Finanzplan. Fragen zur Fragestunde liegen nicht vor. Wann die einzelnen Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 25. Tagung. Unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause werden wir jeweils längstens bis 18 Uhr tagen. - Widerspruch dagegen höre ich nicht. Dann werden wir so verfahren.

Frau Abgeordnete Tengler hat heute Geburtstag. Dazu gratuliere ich ihr im Namen des gesamten Hauses herzlich.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, will ich kurz eine Erklärung zur Technik abgeben. Ich sehe viele mit Papier fächeln und wedeln. Es ist sehr warm. Eine Klimatisierung des Raumes kann aus technischen Gründen nicht mehr stattfinden. Wir haben vorher ausreichend gelüftet. Wenn es erforderlich werden sollte, werden wir die Sitzung kurz unterbrechen müssen. Anders werden wir das Problem nicht handeln können.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 7 und 38 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Haushaltsplanes für das Haushaltsjahr 2003

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 15/2020

Schleswig-Holsteinischer Landtag (15. WP) - 66. Sitzung (neu) - Mittwoch, 11. September 2002 4879

b) Finanzplan des Landes SchleswigHolstein 2002 bis 2006

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/2057

Das Wort zur Begründung erteile ich dem Minister für Finanzen und Energie, Herrn Möller.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung legt Ihnen heute den Haushaltsplanentwurf 2003 und die Finanzplanung bis zum Jahre 2006 vor. Wie schon der Haushaltsplan 2002 steht auch der Haushaltsplanentwurf 2003 unter dem Eindruck der Terroranschläge des 11. September. Der Landtagspräsident hat auf die globalen Folgen eindrucksvoll hingewiesen. Auch die ökonomischen Konsequenzen sind unübersehbar.

Steuereinbrüche haben im Mai nicht nur die Haushälter von Bund, Ländern und Gemeinden alarmiert. Nach der Mai-Steuerschätzung werden bis zum Jahre 2005 insgesamt 65 Milliarden € weniger Steuereinnahmen in den öffentlichen Haushalten sein. Die Länder sind mit 25,5 Milliarden € betroffen. Für Schleswig-Holstein wird bis zum Jahr 2005 ein Minus von 1 Milliarde € prognostiziert. Ich habe deshalb unverzüglich eine Haushaltssperre erlassen. Der Bund und fast alle Länder haben im Laufe des Jahres zu dieser in einem Wahljahr unpopulären Maßnahme greifen müssen. Nur der bayerische Finanzminister Herr Faltlhauser muss wohl noch bis zum Oktober warten.

(Zuruf von der CDU: Der braucht das nicht!)

Die widersprüchlichen Konjunkturdaten in Europa und in den Vereinigten Staaten, die drohende Kriegsgefahr, die Unwetter im Juli und August, die Flutkatastrophe erlauben zurzeit keine sichere Prognose über die konjunkturelle und fiskalische Entwicklung. Dementsprechend unterscheiden sich die Prognosen der wissenschaftlichen Institute ähnlich wie die der Wahlumfragen, auch wenn es bei den Wahlumfragen erfreulicherweise eine Stabilisierung gibt.

(Beifall bei der SPD)

Der Präsident des Kieler Weltwirtschaftsinstitutes, Horst Siebert, warnte jüngst davor, bestimmt Indexe überzuinterpretieren, und hält nach wie vor ein Wirtschaftswachstum von etwa 1 % für machbar. Andere Gutachter sehen das nicht so. Wir müssen die Ergebnisse der Steuerschätzungen im Mai und November und die Entwicklung der steuerstarken Monate September und Dezember abwarten. Alles andere wäre

heute Kaffeesatzleserei. Für den September erwarte ich ein gutes Ergebnis.

Wenn sich allerdings die Entwicklung fortsetzt wie im ersten Jahr, dann ist für dieses Jahr ein Haushaltsdefizit zu befürchten. Raum für weitere Steuersenkungen und andere Wahlgeschenke, wie von der Opposition in mehrstelliger Milliardenhöhe angekündigt, gibt es aus unserer Sicht nicht.

(Zuruf von der CDU: Was?)

Der Spruch: „Weniger Steuern gleich mehr Bildung“, klingt vielleicht ganz eingängig. Doch die Legende, dass Steuersenkungen automatisch zu mehr Steuern führen, ist hinreichend widerlegt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU)