Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir treten in die heutige Sitzung ein. Ich darf zunächst bekannt geben: Erkrankt ist Frau Ministerin Moser, beurlaubt sind Frau Abgeordnete Sandra Redmann, Frau Abgeordnete Sylvia Eisenberg und Herr Abgeordneter Thorsten Geißler. Wegen dienstlicher Verpflichtungen auf Bundesebene ist Herr Minister Klaus Müller beurlaubt.
Ich darf Gäste begrüßen. Bei uns auf der Tribüne begrüße ich zuallererst unsere Freunde der Kaliningrader Gebietsduma, an der Spitze Herrn Wladimir Nikitin, Präsident der Duma, daneben Herrn Boris Schuschkin, Vorsitzender des Ausschusses für Staatsaufbau und regionale Selbstverwaltung, Herrn Nikolaj Andrejew, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaftspolitik, Herrn Konstantin Poljakow, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Sozialpolitik und Gesundheit, und Herrn Walerij Selesnjow, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Rechtsordnung, Sicherheit, internationale und interregionale Beziehungen. - Ihnen allen ein herzliches Willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag! Schön, dass Sie wieder hier sind.
Wie Sie wissen, findet morgen auch ein Spiel des FC Landtag gegen die Kaliningrader Gebietsduma statt. Das erste Spiel haben wir mit 1:1 in Kaliningrad gewonnen.
Ich darf dann zwei ehemalige Kollegen herzlich begrüßen. - Frau Anke Gravert und Frau Kläre Vorreiter, herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag hier im neuen Plenarsaal!
Und ich darf Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer des Klaus-Harms-Gymnasiums, Kappeln, begrüßen. - Ihnen allen zusammen ein herzliches Willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Wir treten dann in die Tagesordnung ein. Nach der mir vorliegenden Tagesordnung ist zwischen den Geschäftsführern der Fraktionen vereinbart worden, mit Tagesordnungspunkt 36 zu beginnen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 36 auf:
Bericht über die Schleswig-Holstein-Büros im Ostseeraum: Bisherige Tätigkeit (2001 - 2003) und Weiterführung (2004 - 2006)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 1. Mai des nächsten Jahres bekommen neue Beitrittskandidaten die Möglichkeit, sich noch näher an uns heran - politisch, gesellschaftlich, sozial - zu entwickeln. Wir freuen uns darauf, denn damit sind wir dann auch psychologisch den Vertretern etwas näher, die heute Morgen hier sitzen und uns zuschauen und zuhören können.
Schleswig-Holstein ist bereits seit Jahren mit seinen Büros in den vier Beitrittsländern der Ostseeregionen Lettland, Estland, Litauen und Polen, in Südschweden und in Kaliningrad vor Ort vertreten. Wir wollen, dass das auch in Zukunft ein Motor der Entwicklung in diesem Raum ist. Diese Büros werden von Bürgern der jeweiligen Länder angelaufen, die sich für uns und für Europa interessieren beziehungsweise für Deutschland, und umgekehrt von schleswig-holsteinischen Verbänden und Institutionen beziehungsweise Unternehmen, die sich für diese Regionen interessieren.
Wir legen weiterhin einen Schwerpunkt der Arbeit auf die Ostseezusammenarbeit. Dort gelten wir als gut. Das ist unser so genanntes „Alleinstellungsmerkmal“. Hier haben wir gute Beziehungen knüpfen können, man kennt sich, man weiß miteinander zu reden. Und zwischen dem Landtag und den Verbänden hier und den jeweiligen parlamentarischen Vertretungen und Verbänden dort hat sich in der Zwischenzeit ein dichtes Netz von Informationen entwickelt, so wie zwischen den jeweiligen Regierungen.
Heute stehen drei Aussprachen zur Ostseepolitik auf der Tagesordnung dieses hohen Hauses. Damit wird auch für den unbefangenen Zuschauer klar, welche herausragende Bedeutung die Zusammenarbeit im Ostseeraum für uns hat.
Die Landesregierung berichtet über die Tätigkeit der Schleswig-Holstein-Büros im Ostseeraum, die seit 1995 Schritt für Schritt errichtet wurden. Dieses ist in
seiner Struktur ein einmaliges Netzwerk von Verbindungsbüros, die allerdings nicht allein dort stehen. Es gibt neben dem bekannten Netzwerk unserer regionalen Partnerschaften in der Ostseeregion auch im Rahmen des Ostseerates die Möglichkeit, unsere politischen Ziele zur Geltung zu bringen. Auch unsere grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Dänemark, die oft als ein Element unserer Innenpolitik missverstanden wird, ist eine wichtige Säule unserer Zusammenarbeit.
Ein tragendes Element - das ist klar -, sind die Schleswig-Holstein-Büros im Ostseeraum. Sie stellen die Kontakte her, sie sind die Ansprechpartner, sie berichten, sie warnen und sie machen aufmerksam auf das, was sich dort entwickelt. Außerdem haben sie dazu beigetragen, den guten Ruf Schleswig-Holsteins als verlässlichen Partner in der Ostseeregion auszubauen. Ich darf dafür ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken, die sich auch sehr bemühen, sprachliche Barrieren abzubauen, Gesetzestexte hin- und herzuschicken, zu erklären und zu erläutern und unter Umständen Austausche zwischen Verwaltungen und Institutionen herzustellen.
Mit der Unterstützung von Wirtschaft und Verbänden aus unserem Land und aus dem jeweiligen Partnerland ist es gelungen, ein stabiles Netz der Kommunikation und der Zusammenarbeit zu knüpfen.
In dem Bericht, den wir Ihnen heute vorlegen, wird die praktische Arbeit in jedem Büro detailliert beschrieben. Als Ergebnis darf ich festhalten: Unser Land Schleswig-Holstein ist gut darauf vorbereitet, die positiven ökonomischen und politischen Entwicklungen in dieser Region für sich zu nutzen. Dazu nenne ich Ihnen einige Beispiele. Am 3. und 4. September - also in der nächsten Woche - bin ich im Rahmen meiner diesjährigen Ostseereise - nach einem Aufenthalt in St. Petersburg - in Tallinn zu Gast. In Tallinn werden wir uns insbesondere für eine Zusammenarbeit im Bereich der Windenergie einsetzen.
Ich werde zusammen mit dem neuen Regierungschef Parts eine kleine Fachmesse besuchen. Auch wird es einen Workshop geben, an dem Fachleute beider Seiten teilnehmen werden. Ich werde mit dem neuen Regierungschef Parts, der Außenministerin Ojuland und dem Innenminister Leivo sprechen. Bei der Vorbereitung dieses Besuches hat unser SchleswigHolstein-Büro eine zentrale Rolle gespielt.
In der Oblast Kaliningrad haben wir ein eigenes Schleswig-Holstein-Büro eingerichtet. Auf der Grundlage der beiden Memoranden der Landesregierung mit der Gebietsverwaltung und des Landtages mit der Gebietsduma ist der Umfang der Projekte deutlich gewachsen. Wir haben uns darauf eingestellt, dass dies auch in Zukunft so weitergehen wird.
Das Büro in Malmö arbeitet als eine schleswigholsteinische Verbindungsstelle in der Øresundregion. Damit können wir die Boomregion südliche Ostsee direkt vor Ort vertreten und uns über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden halten.
Die erfolgreiche Arbeit der Schleswig-Holstein-Büros in Riga, Vilnius und Danzig wird gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer zu Kiel weitergeführt. Dies dient der Verbreitung von Informationen und hat gewisse Türöffnungsfunktionen für Unternehmer, die dorthin wollen. Unsere Unternehmer sind bekanntlich im Wesentlichen mittelstandsorientiert. Ich weiß aus einigen Gesprächen, dass insbesondere Vertreter der Medizintechnologie glauben, dort einen guten Markt zu finden. Unsere guten Kontakte gelten nicht nur für Wirtschaft und Politik, sondern auch für den kulturellen und sozialen Austausch, für Jugendbegegnungen und Wissenschaftsprogramme in der Region rund um die Ostsee. Dies ist auch nötig, damit nicht nur allein der Tunnelblick Wirtschaft entsteht, sondern vielmehr das breite Feld der gesamten politischen und kulturellen Betätigung allen offen steht.
Mit der Erweiterung der Europäischen Union werden die Anforderungen wachsen; das ist uns klar. Damit wird auch die Bedeutung der Büros noch weiter zunehmen. Die Landesregierung hat sich also für die Fortsetzung der Arbeit der sechs Büros ausgesprochen. Mit der Entscheidung, das Netz der SchleswigHolstein-Büros für weitere drei Jahre zu betreiben, setzen wir in unserer Ostseepolitik auf Kontinuität. Wir würden uns freuen, wenn auch Sie in Ihrer parlamentarischen Arbeit sowie in der Verbandsarbeit davon Nutzen hätten.
Nach dem Bericht der Ministerpräsidentin eröffne ich jetzt die Aussprache. Für die Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abgeordneten Manfred Ritzek das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor Ort Flagge zeigen - das war das ursprüngliche Ziel der seit 1995 eröffneten schleswig-holsteinischen Repräsentanzen in Tallinn, Riga, Vilnius, Danzig, Kaliningrad und Malmö. Es gibt keinen Zweifel: SchleswigHolstein braucht von seiner strategischen Aufgabe und geografischen Lage her Verbindungsbüros in diesen Ländern. Sicherlich haben die Büros auch gute Arbeit geleistet. Das muss aber auch präziser gesagt werden. Die jährlichen Kosten für den Betrieb dieser Schleswig-Holstein-Büros von circa 102.000 € im Jahr 2003 und 107.000 € im Jahr 2004 sowie 110.000 € im Jahr 2005 sind meiner Meinung nach vertretbar. Gefragt werden muss, was für diese Beträge geleistet werden kann und geleistet wird.
Der einheitliche Aufgabenkatalog für die Büros legt Tätigkeiten und Anforderungen fest. Natürlich wurden einige durchaus erkennbare Erfolge erzielt, wie zum Beispiel die Durchführung des Jugendtreffens „Czas-Sprung“, der Deutschlehrer-Tag, polizeiliche Kooperation, das Engagement beim Twinning-Projekt Justiz und Suchtgefahren sowie Agrar, der Austausch von Beschäftigten der Königsberger Gebietsverwaltung mit der schleswig-holsteinischen Landesverwaltung und die Erstellung von diversen Tourismusbroschüren über Schleswig-Holstein, von denen ich nicht weiß, inwieweit diese bekannt sind.
Reicht das? Es bleibt im Bericht trotz der genau definierten Anforderungen im Aufgabenkatalog zu oft bei vagen Formulierungen. Was sind die definierten Anforderungen an die Büros? Die erste Tätigkeit fordert Unterstützung der regionalen Partnerschaften bei der Verwirklichung von vereinbarten Jahresarbeitsprogrammen. Wo sind diese Jahresarbeitsprogramme? Darüber wird nichts gesagt. Die zweite Tätigkeit der Büros ist die Unterstützung der Entwicklung von Kooperationsprojekten zur Nutzung von EU-Programmen. Über solche Projekte ist wenig zu erfahren. Gibt es so wenige oder sind die Vertretungen nicht in der Lage, diese zu entwickeln?
Die dritte Anforderung nennt Beiträge zu ostseeweit bedeutenden Prozessen und Strategien. Dazu gehört auch die Auswertung politischer Entwicklungen in der Region - beziehungsweise in dem Land - und
Rückübersetzung an Schleswig-Holstein. Eine ostseeweit bedeutende Strategie ist erwähnt worden, nämlich dass das Schleswig-Holstein-Büro in Vilnius mit litauischen Regierungsstellen in Kontakt steht und dabei ist, dort Verbindungen zur Kooperation zwischen Litauen und Kaliningrad aufzubauen. Mich hätte vielmehr interessiert, was erreicht wurde, und nicht, dass man dabei ist.
Zur Strategie gehört sicherlich auch die Nutzung der baltischen Staaten als Tor zu Russland. Darüber erfährt man nichts.
Das vierte Anforderungsprofil bezieht sich auf das Herstellen enger Verknüpfungen mit der Wirtschaft vor Ort durch die jeweilige Bürokonstruktion. Hier gibt es im Bericht in der Tat erfreuliche Angaben, wie zum Beispiel die gemeinsam veranstalteten Kooperationsbörsen. Ich vermisse jedoch einen Hinweis auf die Fachmessen, zum Beispiel in Tallinn, Riga und Vilnius, die ein hohes Ansehen genießen.
Natürlich muss auch wieder die Windenergie als Zukunftsenergie für die drei baltischen Staaten herhalten. Das Seminar in Tallinn im September zum Thema „Alternative Energie und Bodensanierung“ wird hoffentlich erfolgreich sein. Wir warten gespannt auf das Ergebnis. Wie aber das Thema Bodensanierung hier in die Windkraftthematik reingerutscht ist, müsste erklärt werden.
Die fünfte Anforderung betrifft die Vorbereitung von Politikerbesuchen. Sie sind alle detailliert aufgeführt; ich meine etwas zu aufwendig.
Beim sechsten Anforderungsprofil wird es dann wieder sehr vage, was die Berichterstattung betrifft. Gefordert wird von den Büros die verstärkte Entwicklung eigener Vorschläge für neue gemeinsame Projekte und die Durchführung von Projektbegleitungen. An Hinweisen auf die Erfüllung dieser Aufgaben liest man, dass die Repräsentanzen bei der Anbahnung neuer Kooperationsprojekte und bei der praktischen Projektarbeit unterstützend tätig sind. Bei welchen - außer den von mir genannten - Projekten, das wird nicht genannt.
Es bleiben viele Fragen offen: Wie ist zum Beispiel der Stand bei dem Projekt „Aufbau von Strukturen des Schutzes von Katastrophen im Ostseeraum“? Was ist aus den lettischen Interessenten an unseren Hochschulen geworden? Was ist aus den Kontakten zwischen den Lehrstühlen geworden? Wie weit sind die Vorbereitungen für das lettische Projekt zur Schaffung von Strukturen der Drogenbekämpfung gediehen?