Manfred Ritzek
Sitzungen
15/5
15/6
15/7
15/8
15/11
15/13
15/15
15/16
15/22
15/25
15/26
15/30
15/36
15/42
15/44
15/51
15/52
15/54
15/58
15/62
15/64
15/70
15/72
15/73
15/74
15/75
15/80
15/85
15/88
15/91
15/94
15/98
15/103
15/111
15/113
15/117
15/120
15/122
15/126
15/131
15/133
Letzte Beiträge
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die bewegenden Worte von meinem Kollegen Peter Jensen-Nissen bezüglich der Forderung, mehr als 1 % für den Struktur- und den Agrarfonds einzuzahlen, veranlassen mich, hier noch einmal in die Debatte einzugreifen und vielleicht noch ein paar andere Dinge zu sagen.
Frau Ministerpräsidentin, Sie haben mit dem Bekenntnis, dass Sie die 1 % favorisieren beziehungsweise großes Verständnis dafür haben, SchleswigHolstein eigentlich festgelegt, obwohl es in den 25 Mitgliedstaaten eine sehr heiße Diskussion über die Frage gibt, ob nun 1,14 oder 1 %. Nach meinem Verständnis musste dieses Signal eigentlich nicht sein. Denn es ist klar, dass wir sowieso - auch bei 1,14 % - weniger Mittel für unsere Regionen zur Verfügung haben werden. Und bei 1 % des Bruttoinlandproduktes wird es sogar zu ziemlich drastischen Einschnitten kommen. Das muss den verschiedenen Regionen dann erklärt werden.
Nicht verstehen kann ich aber auch Ihre Aussage in dem Bericht - vielleicht ist das aber auch ein Schreibfehler -, dass der Unterschied zwischen 1 und 1,14 % 100 Milliarden € mehr Strukturmittel bedeuten würden. Ich weiß nicht, auf welchen Zeitraum sie sich bezieht. Von 2007 bis 2013 oder pro Jahr? Mit Sicherheit ist die Zahl 10 Milliarden € pro Jahr falsch. Also, eine der Zahlen ist falsch.
Zu dem Thema „Ausschuss der Regionen“ steht in dem Bericht, dass sich unser Mitglied im AdR besonders für die sozialen Dimensionen der Globalisierung eingesetzt habe. Ich hätte gern ein paar mehr Ausführungen dazu, was das bedeutet.
Ein dritter Punkt: In der letzten Woche haben wir uns in einer Sitzung des Europaausschusses mit dem Thema „Europafähige Kommunen“ beschäftigt. Dort wurde von den Vertretern der kommunalen Landesverbände gesagt: Wir wollen nicht mehr Befehlsempfänger sein, nein, wir wollen mitgestalten. Mitgestalten können Sie unter anderem in dem so genannten Frühwarnsystem, das bedeutet Teilhabe in
nerhalb der 6-Wochen-Frist, vom Start der Gesetzgebung bis zum Einbringen in das Europäische Parlament. Hier vermisse ich jeden Ansatz der Vorbereitung für die Teilnahme der Kommunen an diesem europäischen Frühwarnsystem.
Ich hätte gern auch eine klare Aussage dazu gehabt, dass wir grundsätzlich Strukturmittel für Neuinvestitionen oder Erweiterungsinvestitionen in benachbarten Bundesländern oder neuen EU-Staaten ablehnen, um dort gleiche Firmen aufzubauen. Denn das führt hier in Deutschland dann zur Arbeitslosigkeit.
Das sind also vier Positionen, die ich gern noch etwas näher ausführen wollte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Müllerwiebus, ich glaube, Sie haben die Zusammenhänge in der Energiepolitik noch nicht so richtig verstanden.
Sie haben ein bisschen internationale Energiepolitik in die Debatte hineingebracht und dann sind Sie zur regionalen Politik übergegangen. Wir haben in Europa 158 Kernkraftwerke. Mit den zehn neuen Mitgliedsländern der Europäischen Union ab 1. Mai 2004 sind fünf neue Länder dazugekommen, die noch einmal 19 Kernkraftwerke in die Europäischen Union eingebracht haben. In Schweden ist der Ausstieg gestoppt worden, Finnland baut ein neues Kernkraftwerk, Frankreich baut ein neues Kernkraftwerk und in China sind 29 weitere Kernkraftwerke geplant bezie
hungsweise im Bau. Warum? - Weil der Energiebedarf weltweit in den nächsten 20 Jahren um etwa 60 % steigen wird. Deshalb ist jede regenerative Energie, die dazukommt, zu begrüßen, aber sie wird niemals einen bedeutenden Anteil am Gesamtenergiebedarf decken.
Deshalb ist es unwahr, ich würde sogar sagen, ganz bewusst unwahr, wenn Sie sagen, die Kernenergie wird durch die regenerative Energie ersetzt. Das ist undenkbar, das können Sie nicht schaffen. Das wird vielleicht dann möglich sein, wenn in 30, 40 oder 50 Jahren die Wasserstofftechnologie entwickelt ist.
Sie dürfen eines nicht vergessen: Wir haben in Deutschland 21.000 MW Kernkraftstrom verfügbar und in den nächsten Jahren, bis zum Jahr 2010, werden etwa 35.000 MW klassischer Stromerzeugungskapazität aussortiert werden müssen, weil die Kraftwerke 35 Jahre und älter sind. Wie wollen Sie denn die 20.000 MW Kernkraftstrom decken und dazu die 35.000 MW zusätzlich? - Doch nicht mit regenerativer Energie! Das schaffen Sie doch nie! Tun Sie doch bitte nicht so, als wenn die regenerative Energie den Ausstieg aus der Kernenergie auffangen kann. Das ist Heuchelei und unwahr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man persönlich an der Ostseeparlamentarierkonferenz teilnimmt, stellt sich das Bild über Erfolg oder Nichterfolg, über Ergebnisse oder Nichtergebnisse sicherlich anders dar, als wenn man nur Zuschauer in der Ferne ist, wie ich es dieses Mal war.
Dann beschafft man sich Material über diese Konferenz, spricht mit Teilnehmern und sucht nach Pressemitteilungen.
Herr Landtagspräsident, Sie haben hier versucht, erstaunlich viel Positives aus dieser Ostseeparlamentarierkonferenz vorzutragen. Aber meiner Meinung nach kann nicht jede Konferenz derselben Organisation - in diesem Fall die Ostseeparlamentarierkonferenz - gleich erfolgreich sein. Diese 13. Ostseeparlamentarierkonferenz in Bergen - dies bezieht sich auf das, was ich analysieren konnte - war sicherlich eine der am wenigsten erfolgreichen, was konkrete Ergebnisse betrifft.
Unser in der letzten Landtagsdebatte gemeinsam formulierter Antrag an die Ostseeparlamentarierkonferenz zur Ernennung eines Beauftragten für demokratische Fragen und Minderheiten verschwand chancenlos im Papierkorb der Ostseeparlamentarierkonferenz. Das bedauern wir.
Bedenklicher ist schon, dass Jörgen Kosmo, Präsident des Norwegischen Storting, in seiner Ansprache zum Auftakt der Ostseeparlamentarierkonferenz sagt, dass mit der jüngsten EU-Erweiterung die Ostsee zwar zum Binnenmeer geworden sei, es aber bisher keine Anzeichen dafür gebe, dass sich das politische Gravitationszentrum der Europäischen-Union nach Norden verlagert habe. Dies gelte trotz aller Aktivitäten - auch unserer.
Er macht aber Mut. Er sagt in seiner Rede, dass eine parlamentarische Partnerschaft in Nordeuropa notwendig sei, um als politische Triebfeder gegenüber den Regierungen im Ostseeraum und gegenüber der Europäischen Union aufzutreten.
Es gibt eine solche Triebfeder, nämlich das Parlamentsforum Südliche Ostsee mit den Landtagen aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern sowie der Sejmiks der Wojewodschaften Pommern und Westpommern.
Wir hatten Anfang dieser Woche das zweite Forum in Westpommern; ich meine, es war eine sehr erfolgreiche Veranstaltung und wir werden in der nächsten Debatte ausgiebig darüber sprechen.
„Wo die Ostseewellen trecken“ lautet ein schöner Titel in der letzten Parlamentszeitschrift über die Ostseeparlamentarierkonferenz. Aber das ist nach 13 Jahren Ostseeparlamentarierkonferenz zu wenig. Müssen wir uns als Parlamentarier nicht intensiver - und zwar ergebnisorientierter - um die auch in der letzten Konferenz genannten wichtigen Themen kümmern? - Die Abschlussresolution der Ostseeparlamentarierkonferenz bleibt jedenfalls im Unklaren.
Ist es wirklich eine wichtige Aussage der Resolution - ich zitiere -, „dass man überzeugt ist, dass sich die Parlamente gemeinsam auf Ostseefragen konzentrieren müssen“ oder „dass Regierungen und Parlamentarier die Erfahrungen der NGO anerkennen und nutzen sollen“?
Wenn Maßnahmen zum Schutz der Ostsee, zur Minderung der Belastung der Meeresumwelt, zur Verbesserung des Gesundheitsstandards von den Regierungen der Ostseeregion gefordert werden, so ist das richtig. Nur: Wie geht es weiter? Was wird aus der Resolution, wer packt Maßnahmen an, wer konkretisiert Defizite, wer konkretisiert Fortschritte?
Die Bedeutung der Parlamente in der Ostseepolitik muss gestärkt werden, damit konkrete internationale Arbeit geleistet werden kann. Sie, Herr Landtagspräsident, haben von einem Workshop gesprochen, der Ende November in Sankelmark durchgeführt werden soll. Bisher ist mir davon nichts bekannt gewesen.
- Wie bitte? Soviel ich weiß, ist die Einladung bereits vor zwei oder drei Wochen herausgeschickt worden. Wir vom Europaausschuss - jedenfalls ich - haben sie nicht bekommen.
Diese Baltic Sea Parliamentary Conference lässt viele Fragen offen. Hoffentlich gelingt es der nächsten Konferenz in Vilnius, auch mal auf Ergebnisse zu verweisen. Das wäre mein Wunsch, das würde die Bedeutung der Ostseeparlamentarierkonferenz deutlich erhöhen.
Nun zum Ostseebericht. Frau Ministerpräsidentin, ich muss ja auf das eingehen, was ich dem Ostseebericht entnehmen konnte. Da ich nicht an der Konferenz teilnahm, kann ich die Zusammenhänge nicht so vortragen, wie Sie es taten. Ihre Ausführungen fand ich übrigens gut.
Wir haben in dieser gesamten Legislaturperiode den Ostseebericht 2000, 2002 und 2004 erhalten. Das
Volumen dieser Berichte ist ständig gestiegen - sicherlich zu Recht, weil die Anliegen vielfältiger und die Anzahl der Mitglieder größer geworden ist.
Doch wer kann bei der unglaublichen Vielzahl der genannten Aktivitäten überhaupt die Effektivität und Effizienz, also die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der Regierungsmaßnahmen beurteilen? - Wenn überhaupt, dann ist das nur in Teilbereichen für unmittelbar Verantwortliche und Betroffene möglich. - Wir werden mit diesem Bericht inhaltlich überschwemmt, ohne Beurteilungsmöglichkeiten zu haben.
Angesichts so vieler Aktivitäten - wie schon im Bericht 2000 beschrieben - müsste doch eine erkennbare, ja spürbare Kompetenz unseres Landes für alle in der Ostseeregion, hier im hohen Haus und auch in unserem Land deutlich werden. Die Veranstaltung gestern war sicherlich beeindruckend und solche Signale müssen wir weiter nach draußen geben. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Auf den ganzen Bericht kann ich nicht eingehen. Ich will nicht verkennen, dass seine Erstellung erneut eine Fleißarbeit war. Neue Entwicklungen wurden aufgezeigt. Aber wo sind die wirklich erkennbaren Kernkompetenzen und deren Umsetzung in diesem Bericht, die uns gegenüber anderen Anrainerstaaten der Ostsee auszeichnen?
Einige kurze Anmerkungen zu konkreten Beschreibungen und zu einigen Auffälligkeiten seien erlaubt. - Im Bericht 2002 wurde auf die 1997 vereinbarte Zusammenarbeit der Energieminister des Ostseerates mit der Einrichtung eines eigenen BASRECSekretariats - Baltic Sea Region Energy Corporation - in Stockholm hingewiesen. Im Bericht 2004 steht, dass sich die Energieminister in Vilnius im November 2002 auf Empfehlungen zum Aufbau integrierter Strom- und Gasversorgungsmärkte, zur effizienten Energieversorgung und zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen sowie zur regionalen Umsetzung des Kyoto-Protokolls verständigt hätten. Leider sagt der Bericht nichts über die Ergebnisse aus. Gibt es welche? - Wenn es welche gibt, sollten wir darüber informiert werden.
Im Bericht 2002 wurde darauf verwiesen, dass sich auf schwedische Initiative hin die Zusammenarbeit zur Bekämpfung sexueller Ausbeutung von Kindern entwickelt habe. Im Bericht 2004 wird darauf nicht mehr hingewiesen, wie es zum Beispiel bei der Bekämpfung von verbreitbaren Krankheiten oder Drogenkriminalität durchaus geschah. Gibt es diese Initiative noch?
Die Rolle des gemeinsam von Schleswig-Holstein und Hamburg getragenen Hanse-Office wird im Bericht als „Focus für regionale Ostseeinteressen in Brüssel“ genannt. Ich empfehle dringend, den „Focus“ inhaltlich anzureichern und die Zusammenarbeit des Hanse-Office mit der deutsch-dänischen Grenzregion, das heißt mit dem Bund deutscher Nordschleswiger und mit der dänischen Minderheit, aufzunehmen. Hier klafft eine Lücke, gehören sie doch zu den Subregionen des Ostseeraumes.
Die Reisen der Regierungsmitglieder werden in den Berichten immer detailliert aufgezählt. Es fällt auf, dass die Anzahl der Reisen der Ministerpräsidentin in den Ostseeraum im Berichtzeitraum mit sechs Reisen um zwei niedriger ist als im vorigen Berichtsraum
und dass in dem Zeitraum 2003/2004 keine Reise der Ministerpräsidentin nach Kaliningrad erfolgte. Das hat allerdings der Wirtschaftsminister für sie getan. Das reicht dann wohl aus. Denn anders ist das nicht zu erklären.
Dennoch bin ich der Meinung, dass es anlässlich des 200. Todestages von Immanuel Kant im Jahr 2004 Raum und Zeit hätte geben müssen, dass unsere Regierung oder unser Parlament diesen Todestag für eine der bedeutendsten Persönlichkeiten von Königsberg würdig hätte begehen müssen. Was denn sonst bedeutet die Partnerschaft? - „Der Mensch ist Gestalter und Erfinder“, so Kant. Hier galt das leider nicht.
Im Rahmen des PHARE-Programms erfahren wir, dass Projekte im Justizbereich - so mit Estland im Drogen-, im Agrar- und Fischereibereich - erfolgreich abgeschlossen wurden. Das ist erfreulich, jedoch wäre eine Kurzbeschreibung des erfolgreichen Projektabschlusses ganz interessant.
Es gibt unzweifelhaft positive Entwicklungen - besonders im grenzüberschreitenden Bildungsbereich und im Gesundheitsbereich -, auf die hingewiesen wurde. Ich empfehle, dies nachzulesen.
Der Bericht ist als Nachschlagewerk wichtig. Er muss meiner Meinung nach aber unsere Kompetenzen erkennbarer herausstellen, um die Ostseepolitik unseres Landes als führende Ostseepolitik darzustellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Rolf Fischer hat schon sehr viele gute Argumente gebracht. Ich möchte aber noch einige kurze ergänzende Bemerkungen dazu machen.
Wir möchten die Ostseeregion stärken. Wir möchten sie zu einem Modell in Europa entwickeln, und zwar nicht nur im wirtschaftlichen und ökologischen, sondern auch im politischen und kulturellen Bereich. In den politischen und kulturellen Bereich passt unser Antrag an die Ostseeparlamentarierkonferenz zur Prüfung der Einsetzung einer oder eines Beauftragten für die Entwicklung demokratischer Prinzipien und für Minderheitenfragen.
Wir haben eine europäische Verfassung. Wenn wir uns da nur an das Wort hielten, brauchten wir keinen Beauftragten. In der Verfassung steht alles drin. Da steht, dass die Europäische Union auf den Prinzipien der Demokratie aufgebaut ist und Minderheiten nicht diskriminiert werden dürfen. Aber ich bin der Meinung, das geschriebene Wort muss durch Taten ergänzt werden. Dafür steht unser Antrag.
Die Entwicklung demokratischer Prozesse, die Einrichtung entsprechender Institutionen, das Einüben, das Korrigieren, die Fortentwicklung und Vertiefung des Denkens und Handelns sind demokratische Abläufe und Notwendigkeiten. Der Aufbau von Bürgergesellschaften bedarf der Zusammenarbeit vieler.
Dafür ist die Ostseeparlamentarierkonferenz eine unschätzbare Institution. Offenheit und Verständnis füreinander, persönliches Kennen und gemeinsames Planen für eine konstruktive Zusammenarbeit im Prozess Demokratie.
Auch für die Mitgestaltung der Minderheitenpolitik im Ostseeraum bietet die Ostseeparlamentarierkonferenz eine hervorragende Plattform. SchleswigHolstein ist ein Land mit drei von vier anerkannten Minderheiten - kein anderes deutsches Bundesland hat vier Minderheiten -: die dänische Minderheit, die Friesen in Deutschland und die deutschen Sinti und Roma.
Durch die Einbeziehung der Minderheitenpolitik in unsere Landesverfassung haben wir eine herausragende Stellung nicht nur in der Definition der Minderheitenpolitik, sondern auch in der Umsetzung. Wir sind vertraut mit der Situation lokaler, nationaler und teilweise auch europäischer Situationen von Minderheiten.
Wenn unsere Grenzregion zu Dänemark als Vorbildregion bezeichnet wird, dann sollten wir auch den Mut haben, unser Wissen und unser Verhalten zu den Minderheiten in einem Antrag für die Ostseeparlamentarierkonferenz zur Prüfung der Einsetzung eines Beauftragten zu formulieren - mit aller Zurückhaltung, wie im Antrag definiert.
Unsere neuen EU-Partner im Ostseeraum, insbesondere die drei baltischen Staaten, haben mit ihren Unabhängigkeiten erhebliche Umbrüche erlebt. Mehrheiten wurden zu Minderheiten. Das kann hinsichtlich des Erhalts der eigenen Identität und Kultur bei jeder nationalen Integrationspolitik zu Schwierigkeiten führen.
Die Ostseeparlamentarierkonferenz - ich erwähnte es bereits - ist ein herausragendes Gremium, eine Beauftragte oder einen Beauftragten für die demokratische Entwicklung und für Minderheitenangelegenheiten zu definieren. Wir sollten jedoch darauf bedacht sein, keinen neuen, kostenaufwendigen Apparat ins Leben zu rufen. Darüber hinaus könnte diese Aufgabe von jedem Land der Ostseeregion übernommen werden.
In der heutigen Zeit der zunehmenden Internationalisierung wird es immer notwendiger, Bedingungen zu fördern, die es den nationalen Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln und die wesentlichen Bestandteile ihrer Identität wie Religion, Sprache, Tradition und kulturelles Erbe zu bewahren. Dafür gilt auch dieser Beauftragte.
Die Benennung eines Beauftragten innerhalb der Ostseeparlamentarierkonferenz bedeutet auch eine Stärkung und Weiterentwicklung der Ostseeparlamentarierkonferenz selbst, wenn diese Aufgaben gemeinsam in dieses Gremium getragen werden. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem gemeinsamen Antrag.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Zahlen mögen verdeutlichen, dass es unzweifelhaft ist, dass sich alle darum bemühen, den Anteil der regenerativen Energien zu erhöhen und den der fossilen Rohstoffe zu senken.
Wir verzeichnen heute weltweit einen Treibhausgasausstoß von 25 Milliarden t und der Energiebedarf wird zu 90 % von fossilen Rohstoffen gedeckt. Die fossilen Rohstoffe sind endlich, der Ausstoß von Treibhausgasen muss reduziert werden.
Aber es darf nicht so getan werden, als ob die Windkraft das Heil der Welt wäre.
Die regenerativen Energien in Deutschland decken gerade einmal 3,1 % des gesamten Energiebedarfs von 480 Millionen t Steinkohleeinheiten. Die Windkraftenergie ist einer der kleinsten Anteile innerhalb der 3,1 %, allerdings werden etwa 8 % für den Strombedarf bereitgestellt. Das ist richtig.
Ich bitte darum, nicht so zu tun, als wenn die Windkraftenergie das Heil der Welt ist. Wir müssen hier wirklich aufpassen. Der Kollege Matthiessen ist leider nicht da - er sagte, die CDU kümmere sich nicht um regenerative Energien. Die CDU oder die CSU waren die Ersten, die die Wasserkraft als regenerative Energie ausgenutzt haben. Diese Kapazitäten sind erschöpft. Deshalb ist es normal, dass wir hier oben, wenn wir Wind haben, die Windkraft nutzen. Nur: Es muss sinnvoll, effizient und effektiv gemacht werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Erweiterung Europas zum 1. Mai 2004 ist die größte, aber auch die schwierigste Erweiterung in der 50jährigen Geschichte der Europäischen Union. Sie bietet einerseits die Chance zur langfristigen Garantie von Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand in
ganz Europa. Sie bedeutet andererseits aber auch eine Zunahme der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten innerhalb der Europäischen Union. Europa muss deshalb in einem schwierigen Umfeld für fast alle Länder einen Weg finden, um einen Ausgleich zwischen Haushaltszwängen und dem Gebot der Solidarität zu schaffen.
Unterstützung für die schwachen Regionen in den Beitrittsländern wird oberste Priorität bei einer neuen Kohäsionspolitik haben. Dennoch müssen auch weiterhin die Regionen in der bisherigen Europäischen Union Unterstützung erhalten, die den wirtschaftlichen Aufholprozess noch nicht abgeschlossen haben. Darüber hinaus beanspruchen die alten und neuen Grenzregionen besondere Förderung, da sie die Hauptanpassungslast der Erweiterung zu tragen haben.
Der 3. Kohäsionsbericht der Europäischen Kommission vom 18. Februar 2004 umfasst etwas mehr als 200 Seiten. Er beinhaltet Vorschläge zur Finanzierung und Verteilung der Mittel für den Zeitraum von 2007 bis 2013. Allerdings gibt es für die nächste Förderperiode bis 2013 noch keine belastbaren Ergebnisse. Gesicherte Schlussfolgerungen für SchleswigHolstein und für die Regionalpolitik sind deshalb noch nicht möglich. Ein Versuch der Landesregierung, erste konkrete Aussagen zu machen, wäre aber schon bedeutend gewesen. Sie sind doch sonst nicht so sparsam mit Prognosen. Ich erinnere nur an das Wirtschaftsstrategiepapier für den Zeitraum bis 2020. Dieses Papier ist zwar nicht bedeutend, aber ich hätte schon erwartet, dass hier in Bezug auf die Regionalpolitik ein erster Versuch gestartet wird.
Welches sind nun die Hauptaufgaben und welches die Grundlagen für die Gestaltung eine Kohäsionspolitik, wie sie in dem Bericht beschrieben ist? Im März 2000 - die Frau Ministerpräsidentin erwähnte das bereits - setzte sich die Europäische Union beim Gipfeltreffen in Lissabon dafür ein, die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Die europäische Kohäsionspolitik will dazu einen wichtigen Beitrag leisten, fordert aber von den Ländern und Regionen selbst einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen. Die Landesregierung müsste sich jetzt darauf konzentrieren, diese Rahmenbedingungen schon einmal zu verbessern.
Die Erweiterung der Europäischen Union um zehn neue Mitglieder hat das durchschnittliche Bruttoinlandsprodukt um 12,5 % gesenkt. Das bedeutet, dass einige Regionen, die bisher zum Ziel-1-Gebiet gehören, nun in das Ziel-2-Gebiet kommen, andere wiederum aus dem Ziel-2-Gebiet in das Ziel-3-Gebiet. Zu
den Ziel-2-Regionen gehören auch viele schleswigholsteinische Fördergebiete.
Es ist unzweifelhaft, dass die Regionen in den neuen EU-Ländern gefördert werden müssen. Die Ziel-1- und die Ziel-2-Gebiete der bisherigen 15 Mitgliedstaaten dürfen aber nicht von jeder Förderung ausgeschlossen werden, insbesondere dann nicht, wenn der Ausschluss nur auf den statistischen Effekt der Erweiterung zurückzuführen ist. Eine solche Verschiebung der EU-Fördermittel von West nach Ost, ein Rückzug der Europäischen Union aus der Raumentwicklungs- und Regionalpolitik sowie aus Gemeinschaftsinitiativen wie INTERREG III, URBAN II, LEADER und EQUAL hätte fatale Folgen für städtische Gebiete, ländliche Regionen und vor allem für Grenzregionen auch in Schleswig-Holstein.
Woher aber sollen in welcher Höhe die Finanzmittel kommen? Klar ist, dass eine unveränderte Fortschreibung des jetzigen Finanzierungssystems auf die neuen EU-Mitgliedsländer bei der derzeitigen wirtschaftlichen Lage fast aller Regionen unfinanzierbar ist. Nach den Vorstellungen der Kommission sollen die realen Ausgaben der EU-Mitglieder im Durchschnitt 1,4 % des Bruttoinlandsprodukts betragen. Die sechs Geberländer - darunter Deutschland als größter Nettozahler - fordern, dass das EUAusgabevolumen auf 1 % des Bruttoinlandsprodukts begrenzt wird. Deutschland, Großbritannien und Österreich haben erklärt, dass ihre Vorstellung über die Finanzierung nicht verhandelbar sei. Das wäre katastrophal für Schleswig-Holstein, denn gerade die Marge zwischen 1 und 1,4 % macht den Betrag aus, der für die Fortsetzung der regionalen Förderprogramme entscheidend ist.
Die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Kommissions- und Länderinteressen ist noch riesengroß. Die europäische Kohäsionspolitik ist Ausdruck der Solidarität zwischen den Ländern und Regionen Europas. Wir in Schleswig-Holstein haben die Aufgabe, einen angemessenen Anteil der Mittel für unsere Regionen zu sichern. Das ist primäre Aufgabe der Landesregierung. Wir erwarten ihren Einsatz dafür.
Ich beantrage Kenntnisnahme des Berichtes.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin und liebe Kollegin Ulrike Rodust, was Sie gesagt haben, ist zum großen Teil richtig, das könnte auch ich sagen, ich glaube, das könnten wir alle sagen. Aber ich habe die Aufgabe etwas anders verstanden. Ich habe sie so verstanden, dass Instrumente und Konzepte herausgearbeitet werden, die uns ermöglichen, im Rahmen der vier Herausforderungen auch wirklich Landespolitik zu machen. Sie haben die Herausforderungen erwähnt, Frau Ministerpräsidentin, einmal die zehn neuen, ehrgeizigen Mitgliedstaaten, die am 1. Mai in die EU eingetreten sind, dann die neue EU-Verfassung, die Lissabon-Strategie und die Strukturdebatte über die Mittel, die wir für unser Land erwarten können.
Es ist nichts Neues, dass Europapolitik auch Landespolitik ist. Das haben wir auch immer so gemacht, da gibt es genug Berichte, Reports und Reisen, auch Sie haben es wieder erwähnt. Landespolitik wird schon als Europapolitik gemacht. Aber wir müssen für die Zukunft Konzepte entwickeln. Wir müssen unseres Chancen im Rahmen der Herausforderungen nutzen.
Ich möchte durchaus auf positive Entwicklungen hinweisen, aber auch auf Gefahren, auf Schwachstellen und auf ständige Verbesserungsnotwendigkeiten.
Zur Verfassung. In Teil I des Verfassungsentwurfs wurden in den Artikeln 11 bis 18 - das geschah unter Mitwirkung der zehn neuen Mitglieder - die Kompetenzen definiert in ausschließliche und geteilte Zuständigkeiten sowie in Bereiche, in denen die Union die Länder unterstützt und koordiniert. Die ausschließliche Kompetenz der Union ist sicherlich unstrittig.
Mit der geplanten Verabschiedung der europäischen Verfassung werden jedoch erhebliche Veränderun
gen verbunden sein, da sich die Kommissare dann ihre verfassungsrechtlich definierten Politikfelder aneignen werden. Auf den Umfang müssen wir achten. Ist sich die Landesregierung der Politikbereiche bewusst, wo der Einfluss der Union dann zu groß werden kann? Gibt es vorbereitete konkrete Abgrenzungen der Aktivitäten der Landesregierung zu den Aktivitäten der Europäischen Union, wenn diese in Bereiche geteilter Zuständigkeiten fallen?
Für die geteilten Zuständigkeiten gilt: Ich zitiere Artikel 11 der Verfassung:
„Die Mitgliedsländer nehmen ihre Zuständigkeit wahr, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausübt oder entschieden hat, diese nicht mehr auszuüben.“
Diese Definition bedeutet: Wir hängen am Tropf der Union. Wir müssen aufpassen.
Es gilt eine Balance herauszufinden und zu definieren, wie Landespolitik nach den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit gestaltet werden kann. Diese Abwägung muss von der Landespolitik im Rahmen ihrer Europapolitik stets vorgenommen werden - ab heute.
Nur bei Klarheit dieser Verantwortlichkeiten lässt sich auch eindeutig die Zuordnung der Koordinierungsfunktion durch die Union in den verschiedensten Politikbereichen definieren und akzeptieren. Auch wenn aus verschiedensten Fonds der Europäischen Union für diese Koordinierungsbereiche Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, die Verantwortung für effektive und effiziente Durchführung muss bei den Ländern bleiben.
Auch im Bereich der Ergänzungs- oder Unterstützungsmaßnahmen kann die Kommission alle Initiativen ergreifen, die dieser Koordinierung förderlich sind. Das betrifft die Bereiche Gesundheitswesen, Industrie, Kultur, allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport und den Katastrophenschutz. Aufgabe der Landespolitik ist es, diese Koordinierung für die speziellen Anforderungen unseres Landes zu nutzen, nicht aber Kompetenzen abzugeben. Die nationale Bildungspolitik zum Beispiel gerät zunehmend unter europäischen Einfluss, obwohl der Subsidiaritätsvorbehalt besonders die Lehrinhalte vor einer Harmonisierung schützt, so die IHK in einem Artikel im vorigen Jahr.
Im Entwurf der Eckpunkte des Europaberichts 2003/2004 der Landesregierung mit dem Titel „Europapolitik ist Landespolitik - Europapolitische Grundsätze und Handlungsperspektiven der Landesregierung 2004 bis 2006“ wird ausdrücklich darauf hinge
wiesen, dass auf die deutschen Länder durch die Verabschiedung einer europäischen Verfassung in den nächsten Jahren erhöhte Anforderungen zur Ausfüllung ihrer Mitwirkungsrechte zukommen. Schon im Europabericht 2001 schreibt die Landesregierung:
„Bei der Umsetzung von europäischen Politiken brauchen Länder größere Gestaltungsmöglichkeiten, um den Aufgaben vor Ort besser gerecht werden zu können.“
Zu begrüßen ist, dass die Landesregierung das schon einmal erkannt hat. Handelt sie aber auch danach? Hat die Landesregierung zum Beispiel das zweistufige Kontrollsystem entwickelt? Dazu gehört als erste Stufe das so genannte Frühwarnsystem, mit dem die nationalen Parlamente der Mitgliedsstaaten durch einen so genannten Subsidiaritätsbogen von der Kommission über ein neues europäisches Rechtsetzungsverfahren informiert werden. Innerhalb von sechs Wochen müssen dann die Parlamente, auch unser Landesparlament, sofern es vom Bund informiert wurde, über mögliche Beschneidungen ihrer Kompetenzen bezüglich des Subsidiaritätsgebotes Einspruch erheben. Hat die Landesregierung diese Beteiligungsinstrumente, mit der Sachkompetenz, mit den Informationswegen entwickelt? Die zweite Stufe der Kontrollfunktion ist das eigene Klagerecht zum Schutz der Subsidiarität, das über den Bundesrat oder Bundestag eingebracht werden kann. Ich bezweifle, dass diese Kontrollfunktion bei uns schon lebt. Ferner muss sich die Landesregierung verstärkt dafür einsetzen, dass sich der AdR insbesondere nach der Erweiterung auf 25 Mitglieder verstärkt zu einem europapolitischen Forum entwickelt, das sich für die Stärkung des Föderalismus, der Regionalisierung, der Dezentralisierung und der kommunalen Selbstverwaltung einsetzt. Der AdR hat mit der Erwähnung in Artikel 31 als beratende Einrichtung der Union Verfassungsrang erhalten. Fordern wir unsere AdRVertretung heraus. Dann könnten wir auch einmal die Effektivität unserer Vertretung evaluieren, vielleicht auch ihre Effizienz.
Alle bisherigen Aktivitäten, Meine Damen und Herren, in der Ostseeregion sind zu begrüßen, fortzusetzen und ständig zu verbessern. Unser Hanse-Office leistet gute Arbeit. Allerdings müsste es uns in Zukunft noch mehr über den Beginn von Gesetzgebungsverfahren informieren, um die beiden Kontrollfunktionen ausüben zu können.
Betrachten wir noch einmal unsere Repräsentanzen in Tallin, Riga, Vilnius und Danzig, also in den neuen EU-Ländern, vor dem Hintergrund der Erweiterung!
Vor Ort Flagge zeigen - das ist das Motto dieser Repräsentanzen. Die Büros haben Aufgaben zu erfüllen. Diese müssen an die neuen Entwicklungen und die Herausforderungen durch die Erweiterung angepasst werden. Gibt es neue Jahresprogramme für die Büros? Welche Kooperationsprojekte für die Nutzung von grenzüberschreitenden EU-Programmen wurden oder werden konkret entwickelt?
Die Reform der Strukturpolitik der Europäischen Union können wir als Land nicht direkt beeinflussen. Wir müssen aber überall, wo Einflussmöglichkeiten bestehen, und bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen, wie bedeutend die Strukturmittel für die Entwicklung unseres Landes sind. Mitte nächsten Jahres will die Europäische Union den Strukturfonds verabschieden.
Die Lissabon-Strategie für den Zeitraum von 2000 bis 2010 beinhaltet - wie im rot-grünen Antrag erwähnt - eine Menge Anforderungen, die auch von unserem Land erfüllt werden müssen. Immerhin verweist die Landesregierung in dem Eckpunktepapier auf die Lissabon-Strategie. Sie beschränkt sich aber eben nur auf den Zeitraum von 2004 bis 2006, statt bis zum Jahre 2010 zu gehen, wie es die Lissabon-Strategie vorgibt.
Der Wirtschaftsminister hat in der vorigen Debatte bei der Vorstellung des Strategiepapiers bis zum Jahre 2020 die Lissabon-Strategie nicht einmal erwähnt, geschweige denn gestern bei der Vorstellung des Wirtschaftsberichtes 2004. Das ist sehr bedauerlich, denn die Lissabon-Strategie betont ja gerade das Wachstum und die Bedeutung der Wirtschaft für unser Land.
Wo steht Schleswig-Holstein? Was waren bisher die Inhalte der Landespolitik im Rahmen dieser Europapolitik, diese Lissabon-Strategie? Sie beinhaltet ja konkrete Ziele, zum Beispiel für die Höhe der Investitionsquote, der Arbeitslosenquote, des Verschuldungsgrades, der Neuverschuldung, der Studienquote, ebenso im Hinblick auf Beschäftigungsgrad, lebenslanges Lernen und so weiter. Wie entwickelten sich diese Kennziffern seit der Initiierung der LissabonStrategie in unserem Land? Hat unser Land zur Verbesserung der europaweit geforderten Ergebnisse beigetragen? Darüber wurde nichts berichtet.
Europapolitik ist Landespolitik. Warum aber beginnt die Landesregierung so spät, Konzepte zu entwickeln, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden? Der 1. Mai ist ja nicht vom Himmel gefallen. Eine europapolitische Zukunftskonzeption ist bei der jetzigen Landesregierung nicht erkennbar. Wegen des
dringenden Handlungsbedarfs beantragen wir die Überweisung an den Europaausschuss.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Am 1. Mai 2004 erleben wir mit der Aufnahme von zehn neuen Mitgliedern in die Europäische Union ein historisches Ereignis der modernen Geschichte, wie es sich kaum noch einmal wiederholen wird. Der Prozess der Ost- und Südosterweiterung wird in der Geschichte Europas beispiellos bleiben. Staaten, die kulturell immer zu Europa gehörten, die aber getrennt waren, erhalten endlich die Chance, am Projekt der europäischen Wiedervereinigung teilzunehmen. Wir
begrüßen alle Menschen der neuen Mitgliedstaaten - von Tallin bis Valletta - recht herzlich!
Hoffen wir, dass die Menschen in den neuen zehn EU-Ländern auch uns alle sehr herzlich begrüßen.
Der Prozess der europäischen Wiedervereinigung ist eine ungeheure Herausforderung für alle Mitgliedsländer, für die alten und für die neuen. Die Zustimmung in Deutschland mit aktuell etwas über 50 % ist nicht gerade ein Zeichen des großen Vertrauens und der großen Sehnsucht nach dem neuen Europa. Haben wir es vielleicht nicht verstanden, den Menschen mehr Zustimmung für den europäischen Prozess zu vermitteln? Der gesamte Prozess ist noch nicht ungefährdet. Das beginnt mit der noch ausstehenden Zustimmung zur endgültigen Verabschiedung der europäischen Verfassung und endet nicht mit der Regelung der Arbeitsmärkte.
Wir dürfen aber nicht aufhören, die Bedeutung der Europäischen Union mit all seinen Kerninhalten immer wieder nach draußen zu den Menschen zu bringen. Diese sind: die Friedenssicherung mit politischer Stabilität; die Zugehörigkeit zu einer Wertegemeinschaft, die Menschenrechte und Minderheitenschutz als hohe Aufgaben akzeptiert; die Stärkung der Völkerfreundschaft zwischen demokratischen Staaten und die Steigerung des wirtschaftlichen Wohlstandes, der unausweichlich auf der Grundlage der Solidarität beruht, wie auch der umfassende Einfluss auf bestimmte länderübergreifende Politikfelder. Das sind die Ziele, für die wir uns einsetzen sollten.
Es kommt aber auch entscheidend darauf an, die Ängste und Sorgen der Menschen - sowohl in den alten als auch in den neuen Mitgliedstaaten - ernst zu nehmen. Hier ist besonders auf Besorgnis erregende Globalisierungsentscheidungen hinzuweisen, die im eigenen Land und in der Region Arbeitsplätze gefährden oder auch vernichten können. Sofern die Politik - leider ist das so - durch falsche oder überzogene ordnungspolitische Rahmenbedingungen das Wirtschaften erschwert, also Motive für Arbeitsplatzgefährdung schafft, müssen wir diese Motive durch eine Veränderung der politischen Rahmenbedingungen minimieren. Immer neue Belastungen, Zwänge und Regulierungen sind keine Wegbereiter für die Zukunftsgestaltung mit den neuen Partnern.
Europa war und ist kein homogenes Paradies und es wird auch keines werden. Wir werden uns Mühe ge
ben müssen, in allen 25 Regierungshauptstädten, in allen 25 Ländern, Europa bei dem Prozess der Wiedervereinigung zu begleiten. Die neuen Länder bringen viele Schätze, aber auch Eigenheiten mit, die unser soziales, kulturelles und auch wirtschaftliches Zusammenleben bereichern und herausfordern werden. Nur einige seien erwähnt:
Ein großer Nationalstolz zeichnet die neuen Länder aus, der im Falle Zyperns leider bisher durch die Übertreibung und daraus resultierende Ansprüche eine Einheit der Insel verhinderte.
Polens Selbstbewusstsein, aber auch seine Ansprüche, besonders im Agrarbereich, lassen keinen einfachen Partner erwarten. Die Religiosität der Bevölkerung wird hoffentlich nicht auf dem EU-Altar geopfert. Polen ist erwachsen geworden. Das werden wir merken und das haben wir auf unserer letzten Besuchsfahrt in Danzig gemerkt.
Der Löwe will nach Westen springen, so heißt es von der Slowakei. Sorgen und Hoffnungen bestimmen die Menschen. Die Integrationsprobleme der Roma wird die Europäische Union mit lösen müssen. Sechs Millionen Roma leben dann in dem Europa, das ab dem 1. Mai 2004 für alle da ist.
Slowenien, ein kleines Land mit 1,9 Millionen Einwohnern, zeichnet sich durch seine homogene Bevölkerung aus. Fast 90 % der Einwohner sind slowenischer Abstammung. 90 % der wahlberechtigten Bevölkerung stimmten im März 2004 für den Beitritt zur Europäischen Union.
Auch in Ungarn gab es eine Zustimmung von fast 84 %, aber nur knapp 46 % der Bevölkerung gingen dort zur Wahl. Ungarn lebt und pflegt seine alten historischen Traditionen und Kulturen. Das kommt besonders in der stark gelebten Familientradition zum Ausdruck. Auch deshalb verlassen die Ungarn nicht gern ihr Zehn-Millionen-Einwohnerland. Interessant ist, dass die meisten Deutschen mit mehr als zwei Dritteln der Befragten sich auf den Beitritt Ungarns freuen.
Das kleine Malta ist zu klein für große Sünden - so sagt man. Es wird mit 400.000 Einwohnern das kleinste Mitgliedsland sein, aber mit unvergleichlichen Schätzen. 20.000 Menschen pro Quadratmeter schaffen allerdings auch Probleme.
Mit der Tschechischen Republik kommt ein neues EU-Mitglied dazu, das noch Problemlösungen für Folgen aus dem unseligen Zweiten Weltkrieg fordert.
Wir sind gespannt auf den Fortgang und die Einigung.
Ich komme zu meinem Schlusssatz. - Unsere drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, überzeugen durch ihr Selbstbewusstsein, ihren Nationalstolz und den unbedingten Willen, ein hohes wirtschaftliches Niveau in kürzester Zeit zu erreichen. Sie sind uns alle schon sehr nah.
Wir werden uns auf den Ostseeraum konzentrieren, aber wir heißen alle zehn neuen Mitgliedstaaten herzlich willkommen in der Europäischen Union!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Wirtschaftsminister, Sie sagten zu Recht, Energieversorgung müsse langfristig gesichert werden, preisgünstig und umweltschonend sein. Diese Aussage kann ich hundertprozentig unterstützen. Ich kann aus Ihrem Bericht aber nicht erkennen, dass Sie etwas Konkretes dazu gesagt haben.
Es gibt eigentlich nur drei konkrete Zahlen, die verwertbar sind, die durch Maßnahmen und Interpretationen weiter hätten ausgeführt werden müssen. Diese drei Zahlen sind: In Schleswig-Holstein werden bis zum Jahr 2019 drei Kernkraftwerke geschlossen. Dadurch werden 3.500 MW von der Leitung genommen. Am Emissionshandel werden sich 78 Anlagen beteiligen.
Wenn man in Ihrem Bericht nachliest, welcher Ersatz für den Ausfall der Kernkraftwerke geschaffen werden soll, sieht man Folgendes:
Die GKK will ein Nachfolgekraftwerk errichten. Zwar steht der Zeitpunkt fest, aber es ist noch keine definitive Entscheidung gefällt.
In Lübeck steht ein Grundstück zur Verfügung. Derzeit aber ist offen, wann das Kraftwerk gebaut werden soll.
HEW in Brunsbüttel hat ein Grundstück, aber noch keine Investitionsentscheidung getroffen.
Konkrete Planungsüberlegungen für den Ausfall in Krümmel und Brunsbüttel bestehen bisher nicht.
Die Frage ist: Wann soll mit dem Ersatz der ausgefallenen Strommengen begonnen werden?
Richtig ist, dass wir in Schleswig-Holstein Gott sei Dank einen überproportionalen Anteil am Strombedarf mit der Windkraft decken. Bundesweit aber ist die regenerative Energie nur mit 8 % an der gesamten Stromdeckung beteiligt, am gesamten Energiebedarf nur mit knapp 3 %. Wenn wir bundespolitisch denken, ist die regenerative Energie zu begrüßen. Sie wird aber immer einen relativ kleinen Anteil haben. Im Jahr 2010 ist es durchaus möglich, eine Deckung von 12 % zu erreichen und im Jahr 2020 eine Deckung von 20 %. Konkret vermisse ich für unser Land eine Aussage über die Deckung.
Sie erwähnten die Kohletechnologie. Sie sagten, die Kohletechnologie befinde sich auf einem guten Weg. Heutige moderne Kohlekraftwerke reduzieren den Immissionsausstoß um gerade einmal 30 %. Das ist zu wenig, um die Kyoto-Auflagen zu erfüllen.
Wir müssten eine so genannte Clean Coal Technology haben. Sie ist erst in zehn bis 15 Jahren auf dem Markt. Das würde bedeuten, es gebe keine zusätzlichen Emissionsausschüttungen mehr. Das Problem, das noch geklärt werden muss, ist, in welche Lagerstätten das Kohlendioxid kommt.
Beim Emissionshandel wäre, wenn in SchleswigHolstein 78 Anlagen daran beteiligt sind, zu wissen: Wie groß ist die Menge der Emissionen, die für diese 78 Kraftwerke und Industrieanlagen für SchleswigHolstein infrage kommt? Ich will Ihnen einmal Zahlen nennen. Wir haben heute etwa 969 Millionen t Ausstoß an Emissionen. Die Kraftwerke und die Industrieanlagen „produzieren“ etwa 630 Millionen solcher Emissionen. Der Emissionshandel basiert doch auf einer Basismenge zwischen 480 Millionen und 500 Millionen t. Das sind doch die Zahlen, die im Jahr 2007 erreicht werden sollen.
Deshalb meine Frage: Welche Menge ist für unsere schleswig-holsteinische Industrie vorgesehen? Gibt es vornehmlich moderne Anlagen oder nicht moderne? Werden wir vornehmlich eine Belastung für die Firmen haben oder werden wir eine Gutschrift für die
Firmen haben? Das alles ist aus Ihrem Bericht nicht zu erkennen. Ich warte gespannt auf das, was kommt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist sehr zu begrüßen, dass die Initiative der CDUFraktion von Mitte 2002, das Problem der Verschuldung junger Menschen hier in den Landtag hineinzubringen, jetzt durch den ersten Bericht der Landesregierung konkret erfüllt worden ist.
Besonders zu begrüßen ist, Frau Ministerin, dass in dem Bericht konkrete Maßnahmen, insbesondere präventive Maßnahmen, zu Problemerkennung und Schuldenvermeidung beschrieben wurden.
Einige knallharte Fakten seien noch einmal erwähnt; Sie haben einige genannt. Eine Befragung von 19 Millionen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch das Institut für Jugendforschung in München hat einen Schuldenberg von fast 3,6 Milliarden € ermittelt. Nach Angaben der Inkassobranche stehen junge Menschen bis 25 Jahren sogar mit 5,1 Milliarden € in der Kreide.
Wie auch in dem Bericht der Landesregierung aufgeführt ist, ist in den alten Bundesländern bereits jeder fünfte Jugendliche verschuldet. In der Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen steht jeder durchschnittlich mit 5.000 € im Minus. Der Bericht der Landesregierung weist auf zwei zentrale Erkenntnisse der Schuldenneigung junger Menschen hin. Erstens ist die Schuldenneigung umso größer, je geringer das Zahlungswissen ist, also das Wissen über die Bedeutung von eigenem verfügbarem Geld und einem Kredit, der aufgenommen werden muss, um die Schulden zu begleichen, und der auch zurückgezahlt werden muss. Zweitens ist die Schuldenneigung umso größer, je jünger die Menschen sind.
Richtigerweise weist der Bericht auch auf die vererbte Armut hin, also die Übertragung der Armut von den Eltern auf die Kinder. Der Bericht der Landesregierung weist auch auf die Ursachen der Verschuldung hin, insbesondere auf die Kosten der Mobilfunknutzung, die von der Schufa als dominantes Problem ermittelt wurde. Die UMTS-Nutzung, begonnen im letzten Jahr und in diesem Jahr fortgesetzt, kann den Effekt noch verstärken, wollen die UMTSAnbieter mindestens 50 € pro Monat und Kopf von
den Nutzern erzielen. Hier drohen Gefahren für die jungen Menschen.
Andere Untersuchungen weisen darauf hin, dass nach wie vor auch die Kosten der Anschaffung eines Fahrzeugs, einer eigenen Wohnung, für Urlaub auf Kredit, aber auch insbesondere die Ausgaben für den Freizeitbereich, für Internetnutzung, PC einschließlich Software große Verschuldungsgefahren bergen.
Folgende zusätzliche Thesen aus Befragungen und Expertengesprächen sollten über den Bericht hinaus Anregungen für weiteres Untersuchungspotential zur Prävention geben.
Erste These: Junge Menschen, Schülerinnen und Schüler haben Erfahrungen im Umgang mit Leihen und Verleihen, mit Krediten und Schulden. Nur das Moment Zinsen und Kredit liegt für viele außerhalb des persönlichen Erfahrungsbereiches.
Zweite These: Die Erfüllung eingegangener finanzieller Verpflichtungen wird im Hinblick auf den Zeitpunkt der Rückzahlung locker gesehen.
Dritte These: Bei der konkreten Verschuldung spielt die Frage, ob eine Rückzahlung in der insgesamt abgesprochenen Weise tatsächlich möglich ist, bei den meisten keine tragende Rolle. Eltern, Großeltern, die im ersten Stadium Leiher sind, nehmen es mit der Rückforderung oftmals nicht sehr ernst. Das führt zu Fehleinschätzungen auch für die Zukunft, wenn diese als Leiher nicht mehr zur Verfügung stehen.
Vierte These: Schülerinnen und Schüler sind überwiegend vor Negativverfahren im Sinne von konkreten Sanktionen noch bewahrt worden.
Fünfte und letzte These: Aussagen von Lehrerinnen und Lehrern und Polizei und Jugendämtern lassen erkennen, dass sich aus Verschuldungen keine erkennbaren problemhaften Verhaltensweisen Dritten gegenüber ergeben, zum Beispiel Gewaltakte im Kontext einer Schuldenregulierung oder Beschaffungskriminalität.
Was ist zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen? Die im Bericht der Landesregierung genannten Projekte als Präventionsmaßnahmen wie die Einrichtung der Koordinierungsstellen der Schuldnerberatung, das vom Land finanzierte DRK-Infocenter „fit for money“, Schuldenprävention an Schulen und so weiter und die 37 örtlichen Schuldnerberatungsstellen sind Ansprechpartner für diese Problematik. Auf die Broschüre zur Schuldnerberatung mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren, die stärkere Einbindung der
Presse, Aktionstag, Fachtagung warten wir noch; sie waren für Anfang des Jahres versprochen. Interessant wäre es auch, wenn Schleswig-Holstein einmal selbst eine spezifische Untersuchung mit qualifizierter wissenschaftlicher Begleitung durchführen würde.
Wir alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben die Möglichkeit, in unseren Gesprächen mit den Jugendlichen in Schulen und Vereinen auf die Problematik der Verschuldung hinzuweisen.
Insbesondere wäre es wichtig, dass wir mit den Schuldnerberatungsstellen vor Ort Kontakt aufnehmen, um persönlich und nachhaltig diese bei der Umsetzung der Präventionsmaßnahmen zu unterstützen. Ich meine, das ist eine lohnende Aufgabe für uns zum Schutz unserer jungen Menschen.
Wir beantragen die Überweisung in den Sozialausschuss zur abschließenden Beratung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 21 Europaschulen verglichen mit unseren circa 1.100 Schulen in Schleswig-Holstein sind zwar ein relativ kleiner Prozentsatz, aber bezogen auf die infrage kommenden Schulen - Gymnasien, Realschulen, Berufsschulen und vielleicht auch Hauptschulen - ist die Relation deutlich besser.
Ich möchte aber auf einen anderen Punkt hinweisen. Dass die 21 Europaschulen unterstützt werden müssen, ist gar keine Frage. Aber die originäre Initiative, Europaschule zu werden, muss von den Schulen selbst ausgehen. Es kann nicht sein - das ist hier auch nicht gesagt worden -, dass wir eine Schule dekorieren und auszeichnen als Europaschule, ohne den Nachweis erbracht zu haben, dass sie auch Europaschule sein kann.
Was kann eine Schule, die Europaschule werden möchte, tun oder was muss sie tun? Das kostet nicht unbedingt viel Geld. Es gibt unterrichtsbegleitende europäische Projekte, an denen sich eine Schule beteiligen kann. Es gibt europäische Wettbewerbe wie zum Beispiel die Chemie-Olympiade, die Mathematik-Olympiade, die vielleicht nicht jedes Jahr aufgelegt werden, aber die immer wiederkommen, an denen sich eine Schule beteiligen kann.
Es gibt die Möglichkeit - das kostet sicherlich auch Opfer der Eltern, sofern es machbar ist -, Firmen- oder Ausbildungspraktika im Ausland zu absolvieren,
vielleicht im Wechsel mit Schülerinnen und Schülern aus den anderen Ländern, die dann zu diesen Eltern kommen. Es gibt die Möglichkeit, in den Schulen mit Eigeninitiative möglichst früh mit einer dritten oder vierten Fremdsprache zu beginnen.
Es gibt die Notwendigkeit, den europäischen Gedanken, die europäischen Initiativen in den Schulen wirklich nachhaltig, das heißt langfristig anzugehen und nicht nur durch irgendein Programm, das dann wieder in die Schublade gelegt wird, sondern langfristig, um den Nachweis zu erbringen, dass man sich dem europäischen Gedanken öffnet und ihn beibehalten wird. Ich möchte betonen, dass die Schulen von sich aus den Nachweis erbringen müssen, um nachher das Zertifikat, Europaschule zu sein, zu erhalten.
Es ist nicht immer das große Geld, das notwendig ist; sicherlich ist es immer herzlich willkommen. Aber wie wäre es denn, wenn wir den Europaschulen einfach einmal einige Europaflaggen kostenlos übergeben?
Wie wäre es, wenn wir ihnen einmal Europakarten kostenlos übergeben? Das sind auch Wünsche der Europaschulen. Ein dritter Wunsch der Europaschulen ist, dass sich die Abgeordneten, insbesondere diejenigen, die etwas mit Europapolitik zu tun haben, häufiger und regelmäßiger in den Europaschulen zu Gesprächen und Diskussionen einfinden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, alle werden dem Antrag des SSW zustimmen, weil es als richtig angesehen wird, sich intensiv für die Fortsetzung des INTERREG-Programms einzusetzen. Es wird - dies haben die Vorredner betont - zu Verschiebungen bei den zu fördernden Gebieten kommen; denn mit der Aufnahme der zehn neuen EU-Mitglieder reduziert sich das durchschnittliche Bruttoinlandsprodukt um 13 %. Das heißt, einige der jetzt geförderten Projekte - Ziel 1, Ziel 2, Ziel 3 - fallen dann aus der Förderung heraus. Umso mehr müssen wir für unsere Interessen kämpfen.
Ich möchte einen Satz aus dem Newsletter des HanseOffice von November 2003 zitieren. Da heißt es:
„Zur Wahrung der Länderinteressen bleibt wichtig, wie die Länder sich in der Weiterentwicklung der europäischen Strukturpolitik insgesamt und zeitgerecht positionieren und wie die Länderpositionen mit der Bundesregierung abgesprochen und in die deutsche Haltung aufgenommen werden.“
Es ist also die Aufgabe der Landesregierung, diesen Satz mit Leben zu füllen.
Ich vermisse im Antrag die Aussage - dies würde unsere Position erleichtern -, dass wir die 33 Millionen € aus dem INTERREG-Programm bis zum Jahre 2006 ausschöpfen. Ich habe in dem Bericht der Landesregierung über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Mitte des Jahres noch einmal nachgelesen. Ich kann nicht erkennen, ob diese 33 Millionen € wirklich ausgeschöpft werden. Wenn sie durch die Bereitstellung entsprechender Kofinanzierungsmittel in Anspruch genommen würden, würde das unsere Position stärken. Darüber hinaus würde unsere Position gestärkt werden, wenn wir konkrete
Folgeprojekte in die Diskussion mit der Landesregierung einbringen könnten. Vielleicht sollten wir uns darum bemühen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor Ort Flagge zeigen - das war das ursprüngliche Ziel der seit 1995 eröffneten schleswig-holsteinischen Repräsentanzen in Tallinn, Riga, Vilnius, Danzig, Kaliningrad und Malmö. Es gibt keinen Zweifel: SchleswigHolstein braucht von seiner strategischen Aufgabe und geografischen Lage her Verbindungsbüros in diesen Ländern. Sicherlich haben die Büros auch gute Arbeit geleistet. Das muss aber auch präziser gesagt werden. Die jährlichen Kosten für den Betrieb dieser Schleswig-Holstein-Büros von circa 102.000 € im Jahr 2003 und 107.000 € im Jahr 2004 sowie 110.000 € im Jahr 2005 sind meiner Meinung nach vertretbar. Gefragt werden muss, was für diese Beträge geleistet werden kann und geleistet wird.
Der einheitliche Aufgabenkatalog für die Büros legt Tätigkeiten und Anforderungen fest. Natürlich wurden einige durchaus erkennbare Erfolge erzielt, wie zum Beispiel die Durchführung des Jugendtreffens „Czas-Sprung“, der Deutschlehrer-Tag, polizeiliche Kooperation, das Engagement beim Twinning-Projekt Justiz und Suchtgefahren sowie Agrar, der Austausch von Beschäftigten der Königsberger Gebietsverwaltung mit der schleswig-holsteinischen Landesverwaltung und die Erstellung von diversen Tourismusbroschüren über Schleswig-Holstein, von denen ich nicht weiß, inwieweit diese bekannt sind.
Reicht das? Es bleibt im Bericht trotz der genau definierten Anforderungen im Aufgabenkatalog zu oft bei vagen Formulierungen. Was sind die definierten Anforderungen an die Büros? Die erste Tätigkeit fordert Unterstützung der regionalen Partnerschaften bei der Verwirklichung von vereinbarten Jahresarbeitsprogrammen. Wo sind diese Jahresarbeitsprogramme? Darüber wird nichts gesagt. Die zweite Tätigkeit der Büros ist die Unterstützung der Entwicklung von Kooperationsprojekten zur Nutzung von EU-Programmen. Über solche Projekte ist wenig zu erfahren. Gibt es so wenige oder sind die Vertretungen nicht in der Lage, diese zu entwickeln?
Die dritte Anforderung nennt Beiträge zu ostseeweit bedeutenden Prozessen und Strategien. Dazu gehört auch die Auswertung politischer Entwicklungen in der Region - beziehungsweise in dem Land - und
Rückübersetzung an Schleswig-Holstein. Eine ostseeweit bedeutende Strategie ist erwähnt worden, nämlich dass das Schleswig-Holstein-Büro in Vilnius mit litauischen Regierungsstellen in Kontakt steht und dabei ist, dort Verbindungen zur Kooperation zwischen Litauen und Kaliningrad aufzubauen. Mich hätte vielmehr interessiert, was erreicht wurde, und nicht, dass man dabei ist.
Zur Strategie gehört sicherlich auch die Nutzung der baltischen Staaten als Tor zu Russland. Darüber erfährt man nichts.
Das vierte Anforderungsprofil bezieht sich auf das Herstellen enger Verknüpfungen mit der Wirtschaft vor Ort durch die jeweilige Bürokonstruktion. Hier gibt es im Bericht in der Tat erfreuliche Angaben, wie zum Beispiel die gemeinsam veranstalteten Kooperationsbörsen. Ich vermisse jedoch einen Hinweis auf die Fachmessen, zum Beispiel in Tallinn, Riga und Vilnius, die ein hohes Ansehen genießen.
Natürlich muss auch wieder die Windenergie als Zukunftsenergie für die drei baltischen Staaten herhalten. Das Seminar in Tallinn im September zum Thema „Alternative Energie und Bodensanierung“ wird hoffentlich erfolgreich sein. Wir warten gespannt auf das Ergebnis. Wie aber das Thema Bodensanierung hier in die Windkraftthematik reingerutscht ist, müsste erklärt werden.
Die fünfte Anforderung betrifft die Vorbereitung von Politikerbesuchen. Sie sind alle detailliert aufgeführt; ich meine etwas zu aufwendig.
Beim sechsten Anforderungsprofil wird es dann wieder sehr vage, was die Berichterstattung betrifft. Gefordert wird von den Büros die verstärkte Entwicklung eigener Vorschläge für neue gemeinsame Projekte und die Durchführung von Projektbegleitungen. An Hinweisen auf die Erfüllung dieser Aufgaben liest man, dass die Repräsentanzen bei der Anbahnung neuer Kooperationsprojekte und bei der praktischen Projektarbeit unterstützend tätig sind. Bei welchen - außer den von mir genannten - Projekten, das wird nicht genannt.
Es bleiben viele Fragen offen: Wie ist zum Beispiel der Stand bei dem Projekt „Aufbau von Strukturen des Schutzes von Katastrophen im Ostseeraum“? Was ist aus den lettischen Interessenten an unseren Hochschulen geworden? Was ist aus den Kontakten zwischen den Lehrstühlen geworden? Wie weit sind die Vorbereitungen für das lettische Projekt zur Schaffung von Strukturen der Drogenbekämpfung gediehen?
Ein Wort zu Kaliningrad: Der Arbeitsschwerpunkt des Kaliningrader Schleswig-Holstein-Büros im Jahr 2001 mit dem Titel „Schleswig-Holstein-Präsentation“ war politisch sicher angemessen. Ich hätte nur gern gewusst, was das bedeutet. Im Jahr 2002 lag der Arbeitsschwerpunkt des Kaliningrader Büros „bei der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Besuchs der Ministerpräsidentin in Kaliningrad Anfang Juni 2002“.
Bei so viel Aufwand für die Ministerpräsidentin ist natürlich für die beiden Mitarbeiterinnen vor Ort kaum noch Zeit für andere sinnvolle Koordinierungsaufgaben. So etwas sollte zukünftig auf kleinerer Flamme gefahren werden.
Dieser Bericht sollte auch die Notwendigkeit zur Fortsetzung der Büros für weitere drei Jahre untermauern. Das ist in Ordnung. Generell gibt es an der Notwendigkeit für unser Bundesland keinen Zweifel, in diesen Staaten oder Regionen präsent zu sein. Zu prüfen wäre allerdings, ob eine koordinierte Zusammenarbeit - zum Beispiel mit Hamburg - zu einer gezielteren und damit effektiveren Arbeit führen würde. Die Ministerpräsidentin praktiziert das jetzt auf ihrer Reise nach Tallinn und St. Petersburg.
Ich beantrage die Überweisung an den Europaausschuss.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Wort zu Ihnen, Frau Kollegin Rodust, und zu Ihnen, Frau Dr. Kötschau. Ich weiß nicht, ob Sie zu Anfang meines Vortrags richtig zugehört haben. Vielleicht haben Sie sich etwas zu viel mit dem Fußball beschäftigt. Ich habe nämlich ausdrücklich gesagt, dass ich die Arbeit der Büros hoch schätze. Ich habe die 107.000 € nicht angezweifelt. Ich habe vielmehr gesagt: Sie sind angemessen.
Die Frage ist, was dafür geleistet werden kann. Hinter dieser Frage verbirgt sich auch, dass wir, wenn wir Geld hätten, dafür auch ohne weiteres mehr zur Verfügung stellen könnten, um in diesen Ländern noch mehr zu leisten.
Wenn Sie noch einmal etwas zum Fußball formulieren, dann sollten Sie sich das bitte vorher geben lassen, damit Ihre Aufmerksamkeit hier nicht leidet.
Herr Kollege Behm, Sie sind in dem Bericht nicht erwähnt worden. Sonst hätte ich Sie im Jahr 2002 bei
den Kaliningrader Aktivitäten natürlich mit aufgenommen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerpräsidentin, zunächst möchte ich mich sehr herzlich dafür bedanken, dass ich Sie auf der nächsten Reise nach Kaliningrad begleiten darf; Sie haben mich eingeladen. Ich habe Ihnen die dreitägige Reise des letzten Jahres sehr gegönnt, finde es aber etwas wenig, dass ausschließlich sie als Aktivität für das Jahr 2002 beschrieben wird.
Es ist schade, dass dieser Bericht auf fünf Minuten zusammengestrichen werden musste. Das ist sicherlich - ich glaube, darin stimmen wir alle überein - ausschließlich deshalb geschehen, weil wir in dieser Debatte so wenig Zeit haben. Es gäbe sicherlich mehr zu sagen, als das in fünf Minuten möglich ist.
Frau Ministerpräsidentin, ich begrüße es sehr, dass Sie in diesem Bericht auch die Probleme angeschnitten haben; denn ich denke, auch das ist die Aufgabe der Redner. Sie dürfen nicht nur auf die Erfolge, sondern sie müssen auch auf die Probleme hinweisen, um im Anschluss daran Maßnahmen zu ergreifen, damit bessere Lösungen erreicht werden können.
Der Bericht enthält eine Vielzahl von Daten und Ergebnissen, die interessant sind. Alle Erfolge sind ausdrücklich zu begrüßen. Dennoch möchte ich einige Dinge ansprechen, die etwas mehr Klarheit benötigen.
Es wäre wichtig zu wissen, ob alle aus dem EUINTERREG-Programm genehmigten Projekte auch realisiert werden oder wurden oder ob es Projekte gibt, für die zwar EU-Mittel bereitgestellt wurden, die aber nicht zur Durchführung kommen, weil möglicherweise keine eigenen Landesmittel verfügbar sind.
Die Gründung des Regionalrates ist sehr zu begrüßen; das ist gar keine Frage. Allerdings ist - das hat die IHK Flensburg gesagt - mit dieser Maßnahme die Etablierung zahlreicher zusätzlicher Gremien, Ausschüsse oder Arbeitskreise einhergegangen. Damit verstricken sich die deutsch-dänischen Initiativen immer häufiger in bürokratische Strukturen, wenn es um die konkrete Umsetzung geht. Das hätte in dem Bericht vielleicht auch einmal erwähnt werden können.
Ein aktueller Schwerpunkt des Regionalrates ist die Entwicklung der grenzüberschreitenden Hochschulkooperation der Uni Flensburg mit der Syddansk Universität. Es wäre interessant, zu erfahren, von wie vielen Studenten das Angebot der deutschdänischen Studiengänge genutzt wird, wie sich diese Nutzung auf dänische und deutsche Studenten verteilt und welche weitere Entwicklung zu erwarten ist.
Auch über den Erfolg der STRING I- und II-Projekte könnte man vielleicht etwas detaillierter berichten.
Was ist zum Beispiel aus der Förderung des EBusiness in kleinen und mittelständischen Unternehmen, aus der onlinebasierten Fort- und Weiterbildung und aus dem transregionalen Tourismusmarketing geworden, um nur einige Projekte zu nennen?
Einige sehr positive Beispiele seien hervorgehen. Da ist zum Beispiel der Jugendhof Knivsberg, der schulübergreifende Europazweig ab 2003 an den Gymnasien in Niebüll und Tondern, die Kooperation der Sicherheitsbehörden und Rettungsdienste und der gemeinsame Küsten -und Katastrophenschutz. Besonders erwähnt sei auch die Zusammenarbeit bei der Versorgung krebskranker Patientinnen und Patienten und das Abkommen mit der Ostseeklinik Damp für grenzübergreifende medizinische Aktivitäten.
Nun aber einige kritische Anmerkungen zu den ministeriellen Darstellungen. Der im Bericht genannte Anstieg des Exports nach Dänemark von 680 Millionen € in 2002 gegenüber circa 614 Millionen € in 2001 ist - bezogen auf einen länger zurückliegenden Zeitpunkt - leider nur die Darstellung einer Stagnation, ja, eines Rückgangs der wirtschaftlichen Beziehungen. Bereits in den Jahren 1997 und 1998 betrug die Ausfuhr nach Dänemark mehr als 700 Millionen €. Im Jahre 2002 - wir haben es gelesen - waren es nur 680 Millionen €.
Auch bei der Einfuhr hat sich nichts Bewegendes getan. Im Jahr 2002 betrug sie wie schon im Jahr 1998 1,3 Milliarden €. 1992 waren es sogar 2 Mil
liarden €. Das ist keine dynamische Entwicklung, die in diesem Bericht vorgegaukelt werden sollte.
Selbstdarstellungen der Staatskanzlei haben hier wenig Substanz.
Im Zusammenhang mit Sønderjyllands Amt wird von der Notwendigkeit der Schaffung eines vertieften Verständnisses gesprochen - wie wahr. Was heißt das aber konkret?
Die Aussage im Bericht der Regierung bezüglich der Diskussion um eine Reform der Regionalstrukturen - Frau Ministerpräsidentin, Sie haben darauf hingewiesen, was ich sehr gut fand - in Dänemark, dass diesbezüglich ein kontinuierlicher Informationsaustausch stattfindet, ist zu wenig aussagefähig.
Der Hauptvorsitzende des Bundes der Nordschleswiger sagte im November letzten Jahres - ich zitiere -:
„Wir sind besorgt über die Folgen einer beabsichtigten Kommunalreform in der dänischen Kommunal- und Amtspolitik, die die Abschaffung der bisherigen Ämter und stattdessen die Bildung von Großregionen vorsieht, sodass Charakter und Identität der historisch gewachsenen Gebietseinheiten verloren gehen und die politische Vertretung und Präsenz der deutschen Minderheit gefährdet sind.“
Welche Berichterstattung erfolgte durch die Minderheitsbeauftragte an den Ministerpräsidenten zu diesem genannten Problem? - Darüber erfahren wir im Bericht nichts.
Von der Staatskanzlei hätten wir im Bericht auch eine Aussage zu den vier Grenzverbänden erwartet. Die Landeszuschüsse für die Grenzlandarbeit der Verbände wurde, wie bekannt, drastisch gekürzt. Ist die Angst um die deutsch-dänische Vielfalt im Grenzland mit der Gefahr des sozialen und kulturellen Aderlasses bei der Staatskanzlei nicht angekommen? Diese Angst haben die vier deutschen Grenzverbände noch im April deutlich formuliert.
Am Prozess der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Dänemark muss ständig weitergearbeitet werden. Daran besteht kein Zweifel. Das Parlament hat aber das Recht, regelmäßig, qualifiziert und vor allen Dingen auch tiefer über diese Arbeit unterrichtet zu werden.