Protocol of the Session on November 14, 2002

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Meine Damen und Herren! Die Tagung ist wieder eröffnet. Ich begrüße Sie alle.

Ich habe Ihnen mitzuteilen, dass der Herr Abgeordnete Dr. von Hielmcrone und die Frau Abgeordnete Schmitz-Hübsch erkrankt sind. Ich wünsche beiden Abgeordneten gute Genesung.

(Beifall)

Beurlaubt sind die Herren Abgeordneten Ehlers und Geißler, aus dem Bereich der Regierung Frau Ministerpräsidentin Simonis, Frau Ministerin Lütkes und - zumindest teilweise - Herr Minister Möller.

Auf der Tribüne haben Besucher Platz genommen. Es sind Schülerinnen und Schüler der Hauptschule Nortorf mit ihren Lehrkräften. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Damit sind wir bei der Tagesordnung angelangt. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 7 und 17 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/2220

b) Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes in Schleswig-Holstein Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/2236

Bericht der Landesregierung

Ich erteile zunächst dem Herrn Innenminister das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, über die Vorbereitungen zur Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes berichten zu können. In weiten Bereichen wird durch das Gesetz Neuland betreten. Die Anforderungen an die Verwaltung sind daher außerordentlich hoch. Der Zeitrahmen von rund neun Monaten seit der Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes ist eng. Verschärft wurde der Zeitdruck dadurch, dass ein Teil der Länder über Monate die Mitarbeit verweigert hat. Seit Ende September arbeiten nun aber alle Länder - darüber bin ich sehr froh - intensiv und bislang konstruktiv an den Vorbereitungen mit.

Uns allen ist bewusst, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch aussteht und entgegen mancher Pressespekulation auch nicht feststeht. Bei jeder Kommentierung der Entscheidung des Gerichts sollte bedacht werden, welche Auswirkungen eine negative Entscheidung auf die Migranten und Migrantinnen und das gesamtgesellschaftliche Klima hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unabhängig davon gilt aber: Am 1. Januar 2003 müssen wir startklar sein. Dazu ist die Landesregierung auf drei Ebenen aktiv, gegenüber dem Bund, im Bereich der Landesgesetzgebung und mit den Kommunen.

Die Bundesregierung hat in den letzten Wochen zwei Verordnungen beschlossen, die der Zustimmung der Länder im Bundesrat bedürfen, die Verordnung zur Durchführung des Zuwanderungsgesetzes und die Ausländerintegrationskursverordnung.

Die Durchführungsverordnung regelt die Arbeit der Ausländerbehörden mit dem neuen Zuwanderungsgesetz. In den vorangegangen Anhörungen hat Schleswig-Holstein vor allem praktikable Verfahren und ausreichende Gebührentatbestände gefordert. Den Weg werden wir weiter gehen.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit dem Zuwanderungsgesetz wird erstmals eine gesetzliche Selbstverpflichtung des Bundes und der Länder zur Förderung der Integration von Ausländern formuliert. Für die Ausländer wird ein Anspruch auf Teilnahme an den Sprach- und Orientierungskursen eingeführt, und - ich betone das! - auch die Verpflichtung zur Teilnahme, wenn keine einfachen Sprachkenntnisse vorhanden sind.

Bei der Ausländerintegrationskursverordnung geht es darum, die Einzelheiten der Integrationskurse zu regeln. Ich sehe die Regelung als absolut zentral an.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Innenministerium hat daher seine Erfahrungen mit der Sprachförderung in Schleswig-Holstein in einer Vielzahl von Besprechungen mit dem Bund erfolgreich eingebracht.

Trotzdem gibt es zwischen Bund und Ländern noch offene Punkte:

Schleswig-Holsteinischer Landtag (15. WP) - 73. Sitzung - Donnerstag, 14. November 2002 5469

(Minister Klaus Buß)

Wir brauchen ein finanziertes Kinderbetreuungsangebot für Frauen mit Kleinkindern.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Henning Höppner [SPD], Jutta Schümann [SPD] und Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Außerdem benötigen wir eine begleitende sozialpädagogische Betreuung für jugendliche Neuzuwanderer, um sie auf den hiesigen Ausbildungsmarkt vorzubereiten. Die Begleitmaßnahmen dürfen nicht auf die Länder und Kommunalhaushalte abgeschoben werden.

(Beifall im ganzen Haus - Klaus Schlie [CDU]: Sehr richtig!)

Bereits hier lebende Ausländer und EU-Bürger müssen ebenfalls einen Platz in den Integrationskursen bekommen.

(Beifall der Abgeordneten Klaus Schlie [CDU] und Günther Hildebrand [FDP] - Klaus Schlie [CDU]: Sehr richtig!)

Das Auswahlverfahren für die Träger der Sprachkurse ist voll im Gang. Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hat zugesagt, dass die Bewerber Ende November ihre Zulassungen in den Händen halten werden. Schleswig-Holstein wird den Bund in dem Verfahren unterstützen und mit dazu beitragen, dass die Träger baldmöglichst Sicherheit bekommen.

Klar ist, dass weder am Neujahrstag noch in den ersten Januartagen erste Integrationskurse starten werden. Wir haben es hier mit einer kompletten Systemumstellung zu tun. Da wird nicht von Anfang an alles rund laufen. Trotzdem steht Schleswig-Holstein im Vergleich zu anderen Ländern sehr gut da.

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Träger, Ausländer und Sozialbehörden wurden und werden über die aktuellen Entwicklungen ganz zeitnah informiert.

Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes liegt Ihnen vor. Mit der Änderung soll das Gesetz an das Zuwanderungsgesetz angepasst werden. Neben einer redaktionellen Umformulierung wird die Anpassung für weitere kleinere Änderungen genutzt. Ich zähle sie Ihnen kurz auf.

In Einzelfällen kann auf eine Erstaufnahme von Migraten im Landesamt verzichtet werden. Auch

sollte der Kreis der aufzunehmenden Personen um eine Personengruppe reduziert werden. Beides sind Änderungen, die auch die Kommunen betreffen und deren Zustimmung finden. Die Förderung kultureller und wissenschaftlicher Maßnahmen von Spätaussiedlern und Vertriebenen kann - wie bei anderen Gruppen - auch ohne gesetzliche Grundlage beantragt werden. § 5 soll daher gestrichen werden.

Die Landesregierung wird die Ausländer- und Aufnahmeverordnung ändern. In der Verordnung wird von einer bundesgesetzlichen Ermächtigung Gebrauch gemacht werden, die Schleswig-Holstein lange gefordert hat. Wir werden in die Verordnung einen neuen Teil einfügen, der Regelungen über eine Härtfallkommission enthält.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei können wir auf die inzwischen fast sechsjährigen Erfahrungen mit der Härtefallkommission zurückgreifen. Befürchtungen, dass hier ein neues Einfallstor für ungeregelte Zuwanderungen eröffnet würde, sind absurd. Ich freue mich jedenfalls sehr, wie viel Anerkennung die Arbeit der Kommission gerade in einem aktuellen Fall an der Westküste erfahren hat, auch durch einen Kollegen aus der Opposition.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und vereinzelt bei der CDU)

Abschließend einige Worte zu den Ausländerbehörden, die ab Januar 2003 in besonderem Maße gefordert sein werden. Die Ausländerbehörden werden neues Recht anwenden müssen, sicherlich oft auch altes Recht im neuen Gewand. Sie haben im Bereich der Arbeitsmigration neue Aufgaben.

Mit dem Jahreswechsel werden die Ausländerbehörden auch mehr als bisher in die Beratung und Betreuung von Ausländerinnen und Ausländern eingebunden sein. Um hier den Übergang zu erleichtern, hat das Innenministerium gemeinsam mit allen Ausländerbehörden vier Workshops durchgeführt. Gegenstand war neben einer ersten Information über das neue Recht auch eine Schulung in interkultureller Kompetenz.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Eine vertiefende Erörterung mit Vertretern der Ausländerbehörden hat letzte Woche in Neumünster stattgefunden. Darauf aufbauend ist für den 26. November 2002 in der Verwaltungsfachhochschule Altenholz in Absprache mit dem Städteverband und dem Landkreistag eine Fortbildungsveranstaltung für alle Beschäftigten der Ausländerbehörden in Vorbereitung.

(Minister Klaus Buß)

Mit dem Landesarbeitsamt gibt es einen intensiven Kontakt. Aber auch die Migrantenorganisationen und Wohlfahrtsverbände arbeiten eng mit dem Innenministerium zusammen, um sich auf die neue Situation einzustellen und in ihrem Umfeld zu informieren und zu beraten.

Das alles kann bei einer so umfangreichen Änderung sicher nicht einen reibungslosen Übergang garantieren. Manches Problem wird sich auch erst in der Praxis erweisen. Aber, die Behörden wissen, was auf sie zukommt. Wir haben in Schleswig-Holstein in diesem Themenfeld eine so große Kommunikationskultur, dass wir die anstehenden Probleme gemeinsam werden lösen können. Da helfen Sie bitte alle mit.