Protocol of the Session on May 31, 2001

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Ich eröffne die Sitzung und begrüße Sie alle recht herzlich.

Auf der Tribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Hauptschule Munkbrarup, der Schule Rotenhof in Rendsburg sowie Soldatinnen und Soldaten der Marinewaffenschule Ellenberg-Kappeln. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich gebe bekannt, dass der Abgeordnete Claus Ehlers erkrankt ist und dass Minister Klaus Buß wegen dienstlicher Verpflichtungen heute nicht anwesend ist.

Ich rufe dann die Tagesordnungspunkte 8 und 21 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Die Zukunft des ÖPNV in Schleswig-Holstein

Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/531

Antwort der Landesregierung Drucksache 15/947

b) Bahnpolitisches Konzept der Landesregierung für das Land Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/971

Wird das Wort zur Begründung der Großen Anfrage oder des Antrages gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Dann erteile ich zunächst dem Minister für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, Herrn Dr. Rohwer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leistungsfähige Verkehrsanbindungen sind für unser Land lebenswichtig. Das gilt auch und ganz besonders für gute Verbindungen per Bahn, im Nahverkehr, im Personenfernverkehr und im Güterverkehr.

Zunächst zum Schienenpersonennahverkehr. Unser Ziel ist es, den Schienenpersonennahverkehr noch attraktiver zu machen, damit mehr Menschen auf die Bahn umsteigen, unsere Straßen entlastet werden und die Umwelt geschont wird.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Attraktiv ist der öffentliche Personennahverkehr dann, wenn der Zug oder der Bus dann fährt, wenn wir ihn brauchen. Wir haben das Angebot an Zugkilometern in sieben Jahren um 13,5 % ausgebaut und es wird weiter ausgebaut. Wir haben die Takte auf den wichtigen Strecken verdichtet und sie werden weiter verdichtet.

Attraktiv ist der öffentliche Personennahverkehr, wenn Sie von Zug zu Zug, von Zug zu Bus und von Bus zu Bus umsteigen können, wie Sie es brauchen. Wir haben vor zehn Jahren als erstes Bundesland mit dem integrierten Fahrplan mit der Verknüpfung innerhalb des ÖPNV-Systems begonnen. Im nächsten Jahr kommt der integrale Taktfahrplan, der diese Verknüpfung weiter optimieren wird.

Attraktiv ist der ÖPNV, wenn Sie für eine Fahrt nur einen Fahrschein brauchen. Deshalb forcieren wir das Prinzip des Tarifverbunds. In der Region Kiel ist gerade ein sehr wichtiger Tarifverbund an den Start gegangen. Wir werden den Hamburger Verkehrsverbund demnächst weiter nach Schleswig-Holstein ausdehnen und wir werden das Schleswig-Holstein-Ticket realisieren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Attraktiv ist der ÖPNV, wenn Sie bequem in modernen Fahrzeugen sitzen können. Wir haben in Schleswig-Holstein auf der Schiene wie auf der Straße überwiegend moderne Fahrzeuge. Wenn Sie es einmal vergleichen, dann werden Sie feststellen, dass die Fahrzeuge besser sind als die in manch anderen Ländern. Der gesamte Wagenpark der DB Regio ist mit kräftiger Hilfe des Landes modernisiert worden. Auf den Wettbewerbsstrecken fahren inzwischen die modernsten Triebwagen, die es gibt.

Attraktiv ist der ÖPNV, wenn der Bahnhof möglichst nahe ist und wenn Sie sich im Bahnhof wohl fühlen. Wir haben acht Bahnhöfe wieder eröffnet und wir sanieren gemeinsam mit der DB AG 150 Bahnhofsgebäude in Schleswig-Holstein. Zwar dauert es manchmal etwas länger, aber ich hoffe, dass wir am Schluss alle mit den neuen Bahnhöfen zufrieden sein werden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Alles Wohlfühlbahnhö- fe!)

Wir reaktivieren zurzeit die Strecke Neumünster - Segeberg. Auch hier gilt: Nicht viele Länder reaktivieren zurzeit Strecken, sondern es wird überall gekürzt. Wir erlauben uns den „Luxus“ - wir halten dies

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

für wichtig -, eine bedeutsame Strecke wieder zu reaktivieren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Joachim Behm [FDP])

Dieses Programm zur Steigerung der Attraktivität greift. Wir haben allein in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren 15 % Fahrgäste hinzugewonnen. Jeder zusätzliche ÖPNV-Gast ist ein Autofahrer weniger.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

ÖPNV ist - ich meine, auch das muss hier einmal gesagt werden - eine konzertierte Aktion von Aufgabenträgern, und zwar dem Land für den Schienenpersonennahverkehr und den Kreisen und kreisfreien Städten für den übrigen ÖPNV. Wir haben einen Marktführer, die Regionalbahn. Wir haben eine Verzahnung mit dem größten Busunternehmen, der Autokraft. Wir haben die AKN und die NOB, die NordOstsee-Bahn. Wir haben leistungsfähige Busunternehmen in diesem Land. Ich glaube, es ist an dieser Stelle angebracht, allen Beteiligten für ihre Leistungen im ÖPNV-System zu danken.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wettbewerb ist in allen Wirtschaftsbereichen gut, auch im öffentlichen Personennahverkehr. Die Landesregierung bekennt sich eindeutig zum Wettbewerb. Ich sage auch: Wir wollen die mittelständischen Strukturen im Verkehrsgewerbe mit ihren qualifizierten Arbeitsplätzen erhalten. Wir wollen kein Preis- und Lohndumping.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Dass der Wettbewerb eine Chance ist, können wir bereits jetzt am regionalen Schienenverkehr in Schleswig-Holstein sehen. Rund 20 % der SPNVLeistungen sind im Wettbewerb. Damit sind wir bundesweit führend. Die Erfahrungen zeigen, dass die Ausschreibungen zu einer deutlich höheren Qualität für die Fahrgäste, insbesondere was die Fahrzeuge angeht, und zu deutlich geringeren Kosten für das Land geführt haben. Wir werden den Weg des Wettbewerbs im SPNV daher in Zukunft konsequent weitergehen.

(Beifall der Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Brita Schmitz-Hübsch [CDU])

Herr Eichelberg, Sie haben in Ihrem Berichtsantrag gefragt, wie es mit den Ausschreibungen weitergeht.

Ich sage an dieser Stelle nur Folgendes - alles Weitere sollten wir im Ausschuss diskutieren -: Wir werden noch in diesem Jahr den nächsten Schritt gehen. Dass diese Entscheidung von verschiedenen Parametern abhängig ist, wissen Sie persönlich; das weiß auch die CDU-Fraktion. Dies werden wir gemeinsam weiter besprechen. Wir haben uns darauf geeinigt, dieses Thema im Ausschuss zu vertiefen.

Im Busbereich gibt es seit geraumer Zeit eine Strategiediskussion darüber, wie sich Aufgabenträger und Busunternehmen auf den Wettbewerb vorbereiten sollen. Meine Position dazu ist klar: Der Wettbewerb kommt. Alle Unternehmen sind gut beraten, sich rechtzeitig darauf einzustellen und entsprechende Restrukturierungsprozesse einzuleiten. Die Aufgabenträger müssen sich rechtzeitig Gedanken über Ausschreibungskonzepte, über sinnvolle Netzgestaltung und die zukünftige Infrastruktur machen.

Deshalb führen wir zurzeit auf allen Ebenen - in Brüssel, in Berlin, aber auch in Schleswig-Holstein - Gespräche darüber, wie ein rascher, aber nicht ruinöser Übergang in den Wettbewerb bewerkstelligt werden kann. Das gilt aktuell insbesondere für die neue EUVerordnung. Gemeinsam mit dem Bund und den anderen Ländern setzen wir uns in den Verhandlungen mit Brüssel für eine möglichst weitgehende Erhaltung des deutschen Rechtsrahmens sowie die Sicherung und den Ausbau von Kooperationen und Verbünden und für angemessene Übergangsfristen ein. Diesbezüglich besteht mit den Aufgabenträgern und den Verbänden der Verkehrsunternehmen in Schleswig-Holstein Einigkeit; das halte ich für sehr wichtig.

Der ÖPNV hat - das ist meine feste Überzeugung eine große Zukunft, aber nur als Gesamtsystem. Wir müssen Bahn und Bus optimal miteinander verknüpfen und zugleich Fußgänger, Radfahrer und PKWs wirksam einbeziehen. Bahn und Bus müssen einheitlich geplant, vermarktet, finanziert und auch organisiert werden. Angesagt ist nicht Konkurrenz der Verkehrsträger, sondern Kooperation.

In der Perspektive sollte das ÖPNV-Angebot in einen Verkehrsverbund Schleswig-Holstein münden mit einem einheitlichen Tarif in einem noch enger aufeinander abgestimmten Fahrplan und einem gemeinsamen Außenauftritt mit Verkehrsleistungen, die im Wettbewerb vergeben werden, und mit abgestimmten Verkehrsverträgen und einer angemessenen Verteilung der Finanzierungsleistung. Daran arbeiten wir. Ich hoffe, dass wir nächstes Jahr die Ergebnisse vorlegen können.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

Ich habe die Bahn mehrfach angesprochen. Sie ist im System des ÖPNV ja das zentrale Element.

Zu dem Antrag der CDU-Fraktion möchte ich an dieser Stelle nur einige Eckpunkte nennen. Auch hier verweise ich auf unsere weitere Diskussion. Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit, die Deutsche Bahn AG künftig wirtschaftlich zu betreiben: Die Regionen dürfen vom Fernverkehr nicht abgeschnitten werden.

(Beifall im ganzen Haus)

Weitere Kürzungen bei den Fernanbindungen von Kiel, Lübeck, Flensburg und Westerland können und werden wir nicht akzeptieren.

(Beifall im ganzen Haus)

Einen Teil der ursprünglich zum 10. Juni vorgesehenen Streichungen haben wir wegverhandelt. Einen anderen Teil kompensieren wir durch zusätzliche Regionalzüge - mit allen Vor- und Nachteilen, die das hat.

Diese Kompensation - über 10 Millionen DM per annum - belastet das Budget. Die Regionalisierungsmittel in Schleswig-Holstein werden dadurch knapper. Jede Mark - das muss die Deutsche Bahn wissen -, mit der wir ausfallende Fernzüge finanzieren, kann und wird zulasten neuer Angebote im SPNV gehen und damit auch zulasten der DB in einem anderen Topf führen.