Protocol of the Session on August 28, 2003

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Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung und bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen. Zunächst möchte ich - wenn er mir für einen Moment sein Ohr schenkt - Herrn Abgeordneten Hildebrand herzlich zu seinem heutigen Geburtstag gratulieren. Alles Gute!

(Beifall - Günther Hildebrand [FDP]: Es tut mir Leid, heute ist nicht mein Geburtstag!)

- Wir sind einer „Ente“ aufgesessen. Ich nehme dies mit dem Ausdruck höchsten Bedauerns zurück. Erkrankt ist Ministerin Heide Moser, der wir von dieser Stelle aus gute Besserung wünschen.

(Beifall)

Beurlaubt sind die Abgeordneten Sylvia Eisenberg und Thorsten Geißler. Auf der Tribüne begrüße ich Besucher, und zwar von der Krankenpflegeschule der Fachklinik Heiligenhafen und des Gymnasiums Kronwerk, Rendsburg. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Modernisierung der Hochschulen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/2829

Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/2853

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten de Jager das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Während der gestrigen Haushaltsberatungen war viel von der Erichsen-Kommission und ihren Vorschlägen zur Weiterentwicklung der Hochschulstruktur in Schleswig-Holstein die Rede. Der Bericht der ErichsenKommission äußert sich jedoch nicht nur zu der äußeren Entwicklung der Hochschulstruktur im Lande, sondern auch zu der inneren Entwicklung und der inneren Modernisierung der Hochschulen in Schleswig-Holstein.

(Klaus Schlie [CDU]: Das interessiert die Regierung nur bedingt!)

- Das interessiert die Regierung - und übrigens auch die Koalitionsfraktionen - nur bedingt. Mit unserem

7032 Schleswig-Holsteinischer Landtag (15. WP) - 93. Sitzung - Donnerstag, 28. August 2003

(Jost de Jager)

heutigen Antrag nimmt die CDU-Fraktion eine Reihe von Vorschlägen der Erichsen-Kommission auf und konkretisiert sie. Es muss verhindert werden, dass die Vorschläge der Kommission zur inneren Entwicklung der Hochschulen genauso im Nirwana landen wie die Vorschläge zur äußeren Entwicklung. Wir wollen, dass das, was zur Modernisierung der Hochschulen vorgeschlagen wird, tatsächlich in diesem Parlament diskutiert wird, und zwar so früh wie möglich, damit es nicht vor Einstieg in die Diskussion zu vollendeten Tatsachen kommt. Es fällt uns leicht, eine Reihe von Vorschlägen der Erichsen-Kommission aufzunehmen, weil wir sie frühzeitig selber geäußert haben. Zum Beispiel haben wir bereits vor zwei Jahren die Einführung eines Landeshochschulrats gefordert.

(Beifall bei der CDU)

Dies geschah damals noch unter dem Begriff des Landeswissenschaftsrats. Die Zielsetzung war jedoch gleich. Ebenfalls seit zwei Jahren beantragen wir die Einrichtung eines Innovationspools für die Hochschulen. Diesen haben wir High-Potential-Pool genannt, um den Einstieg in eine wettbewerbsorientierte Finanzierung der Hochschulen zu bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Beide Vorschläge wurden von der Mehrheit in diesem Haus - übrigens auch von der FDP - abgelehnt. Mittlerweile finden wir Teile unserer Vorschläge als offizielle Regierungspolitik - beziehungsweise als Vorschläge einer hochrangigen Kommission - wieder. Dies sage ich auch vor dem Hintergrund, dass gestern immer wieder gesagt wurde, die CDU würde angeblich keine eigenen Vorschläge unterbreiten. Wir unterbreiten sie. Sie werden nur nicht aufgenommen. Wenn sie aufgenommen werden, dann oftmals in einer falschen Form.

(Beifall bei der CDU)

Wir stellen den Antrag auf Umsetzung einiger Vorschläge der Erichsen-Kommission nicht nur, weil es jetzt den Bericht einer Kommission gegeben hat, und wir in einer unpolitischen Art und Weise einfach abarbeiten, was dort als Papierberg vorliegt. Wir tun es, weil wir glauben, dass die Hochschulen in Schleswig-Holstein hinsichtlich ihrer Autonomie und Eigenverantwortlichkeit dringend einen Modernisierungsschub brauchen.

„Weitgehende Autonomie ist eine wesentliche Voraussetzung für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hochschulen. Nur so können sie als selbstständige Institutionen agieren. Nur so können sie das

Verhältnis zwischen Hochschule und Staat nicht als ein Verhältnis einer nachgeordneten Behörde zum Staat regeln, sondern als ein Verhältnis zweier Partner gestalten. Dabei wollen wir, dass die Hochschulen sich die für sie am besten geeignete Verfassung geben, ihre Entscheidungs- und Strategiefestlegung vom Staat unabhängig fällen und so die notwendige Exzellenz entwickeln, um im internationalen Wettbewerb Führungspositionen einzunehmen.“

Dies klingt wie ein Satz aus der Begründung zu unserem Antrag. Das ist es aber nicht. Es ist aus einem gemeinsamen Papier der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Hochschulrektorenkonferenz zur Weiterentwicklung und Modernisierung der Hochschulen. Er trifft genau das, was wir mit unserem Antrag bezwecken und beantragen.

(Beifall bei der CDU)

Eine der großen Linien unseres Antrags ist die Stärkung der Autonomie, denn wir wollen mehr Selbstverwaltung der Hochschulen, weniger ministerielle Gängelbänder und eine mutige Deregulierung im Hochschulbereich,

(Beifall bei der CDU)

weil wir volles Vertrauen darin haben, dass die Hochschulen damit auch umgehen können. Ich sage an dieser Stelle aber auch: Mehr Selbstverwaltung bedeutet weniger Fremdverwaltung und damit auch parallel einen Abbau der Ministerialbürokratie im Hochschulwesen.

Ein zweiter Punkt, den wir beantragen, ist dieser: Wir wollen, dass Hochschulpolitik in diesem Lande stärker landesweit „gedacht“ wird. Aus diesem Grunde wollen wir die Einführung eines Landeshochschulrats, der nach unseren Vorstellungen die örtlichen Hochschulbeiräte, die wir jetzt haben, ersetzen soll. Dies wird sicherlich ein Punkt sein, über den wir im Ausschuss und in der weiteren Beratung noch streiten werden. Wir wollen, dass dieser Landeshochschulrat kein zahnloser Tiger ist. Wir wollen, dass er in seinen Zuständigkeitsbereichen als eine Art Steuerungsinstrument und als ein Instrument wirkt, das die Mittelvergabe durch den Innovationspool tatsächlich begleitet.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein Wort zu dem Innovationspool sagen, der mit 5 Millionen € ausgestattet werden soll; das haben wir übrigens immer gefordert und beantragt. Wenn dieser Pool funktionieren soll, ist es wichtig, dass durch ihn nicht nur

Schleswig-Holsteinischer Landtag (15. WP) - 93. Sitzung - Donnerstag, 28. August 2003 7033

(Jost de Jager)

eine Vielzahl kleiner Projekte unterstützt wird, sondern dass auch einige wenige Projekte mit einer hohen Dosierung der Mittel massiv unterstützt werden. Es gibt schon jetzt eine Diskussion darüber, dass man diesen Pool in unterschiedliche Sparten aufteilen muss, um hier etwas für die Fachhochschulen und dort etwas für die Universitäten zu tun. Wenn wir das tun, wird die Wirkung dieses Pools verpuffen. Wir müssen einige wenige große Projekte unterstützen, um die Hochschulen mit ihrem High Potential in diesem Lande international wettbewerbsfähig zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss und möchte nur noch darauf verweisen, dass ein wichtiger Teil der Selbstverwaltung der Hochschulen darin besteht, dass sie eine inhaltliche und personelle Autonomie erhalten. Deshalb wollen wir, dass die Hochschulen ihre Studien- und Prüfungsordnungen ohne einen Genehmigungsvorbehalt des Ministeriums verabschieden können.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Daneben wollen wir, dass die Hochschulen ihre Professoren selbst auszusuchen dürfen, ohne dass es einer Genehmigung des Ministeriums bedarf. Das sind wichtige Punkte, deren Umsetzung dazu führt, dass die Hochschulen die Luft, die sie zum Atmen brauchen, erhalten.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Weber das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer gut und wünschenswert, wenn die Entwicklung der Hochschulen Rückenwind und Anschub - aus welcher Richtung auch immer - erhält.

Deswegen will ich gerne noch einmal daran erinnern, dass wir nach der Vorlage des Erichsen-Gutachtens dabei sind, die Struktur unserer Hochschullandschaft neu zu gestalten, das neue Hochschulrahmenrecht mit vernünftigen Reformen, wie beispielsweise der Juniorprofessur, auch in Schleswig-Holstein umzusetzen

und schließlich zwischen dem Land und den Hochschulen einen Hochschulvertrag auf den Weg zu bringen und Zielvereinbarungen zu formulieren, um diesen Prozess zu stützen und zu begleiten und vor allem natürlich, um eine zukunftsfähige Struktur und finanzielle Grundsicherung zu schaffen. Um das noch einmal deutlich zu machen und diesen Zielen seitens des Parlaments Rückenwind zu geben, haben wir Ihnen unseren Antrag vorgelegt.

Die Umsetzung der Empfehlungen der ErichsenKommission schließt sehr viele Dinge ein. Deswegen haben wir noch einmal darauf hingewiesen, dass zum Beispiel auch die Einführung gestufter Studienabschlüsse oder die Entscheidung über ein internes oder externes Controlling-Verfahren wichtige Punkte sind. Um der Regierung einen klaren Rahmen vorzugeben, werden wir in der September-Sitzung des Landtages einen Antrag einbringen, durch den die Kategorien und Kriterien für die Abfassung von Zielvereinbarungen und die Unterschrift darunter seitens des Parlaments kodifiziert werden sollen.

Reformen für die Hochschulen oder Modernisierung der Hochschulen - so nennen Sie es in Ihrem Antrag - sind in der Tat Begriffe, die auch inhaltlich intensiv diskutiert werden müssen. Deswegen will ich unsere Grundsätze und die Grundlagen noch einmal deutlich machen.

In Zeiten knapper öffentlicher Kassen ist es schwer genug, eine klare und auskömmliche Finanzierung zu realisieren. Daneben bedarf es einer klaren politischen Rahmensetzung, damit alle, die im Wissenschaftsbereich Verantwortung tragen, optimale Ergebnisse erzielen können.

Das bedeutet, dass drei Punkte im Mittelpunkt des Reformprozesses stehen müssen: Beim ersten Punkt teile ich Ihre Auffassung, Herr de Jager, zumindest im Grundsatz. Wir wollen die Autonomie der Hochschulen deutlich stärken. Zum Zweiten wollen wir die Verantwortung der Hochschulen gegenüber der Gesellschaft und die Verantwortung der Gesellschaft gegenüber den Hochschulen deutlicher herausstellen. Dazu sage ich gleich noch etwas. Zum Dritten müssen wir dafür Sorge tragen, dass Studium und Lehre sowohl aus der Sicht der Studierenden als auch aus der Sicht der Lehrenden eine wechselseitige Verpflichtung beinhalten. Das hat konkrete Auswirkungen.

Zur Hochschulautonomie haben Sie vorhin ein Beispiel angeführt. Neue Regelungen zum Genehmigungsvorbehalt sind bereits auf dem Weg. In der letzten Sitzung des Landtags haben wir in erster Lesung eine Änderung des Hochschulgesetzes beraten.