Jost de Jager
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihr Beitrag, Herr Kollege Weber, lässt mich ein bisschen Rätsel ratend zurück. Ich frage mich: Warum haben Sie diesen Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung gesetzt? Was wollten Sie uns mit Ihrem Antrag und Ihrer Rede sagen? Es spricht doch ein wenig für Erklärungsnot, wenn Sie für Ihre These für die Einheitsschule, nachdem Sie PISA nicht mehr heranziehen können, die Kommentare schleswig-holsteinischer Tageszeitungen als Quelle für einen Systemwechsel nutzen müssen,
den Sie in Schleswig-Holstein vollziehen wollen.
Lassen Sie es mich deshalb noch einmal Folgendes sagen. Schließlich ist das hier heute der 57. Aufguss der Debatte, die wir hier führen. Lassen Sie es mich noch einmal sagen: Aus PISA lässt sich die Schlussfolgerung nicht ziehen, dass man eine Einheitsschule aufgrund der Ergebnisse von PISA einführen muss.
Das ist eine schlichte Fehlinterpretation, die auch die Kultusministerkonferenz - deshalb haben wir sie in unserem Antrag zitiert - festgestellt hat, die nämlich gesagt hat:
„Zur Schulstruktur kommt der jetzt vorliegende Bericht in ähnlicher Weise wie der Bericht zu PISA 2000 zu dem Ergebnis, dass kein Zusammenhang zwischen dem Differenzierungsgrad des Schulsystems beziehungsweise dem Alter und dem Kompetenzniveau steht.“
Das heißt, Sie können PISA nicht als wissenschaftliche Grundlage für einen Schulsystemwechsel heranziehen.
Ich wäre an Ihrer Stelle übrigens auch vorsichtig mit den Ländervergleichen, die Sie heranziehen, wenn Sie sagen, wir müssten jetzt sozusagen integrierte Systeme schaffen, Einheitsschulsysteme. Einige Länder, die vor uns in der PISA-Tabelle liegen, haben diese integrierten Systeme und Einheitsschulmodelle. Ich sage Ihnen, alle Länder, die hinter uns liegen, haben die Einheitsschule. Insofern stellt sich die Frage, wenn Sie die Einheitsschule hier einführen wollen: In welche Richtung geht es denn - an die Spitze der Tabelle oder an das Ende der Tabelle?
Ich sage Ihnen, so wie Sie hier im Begriff sind, die Einheitsschule in Schleswig-Holstein einzuführen,
geht es geradewegs an das Ende der Tabelle von PISA.
Sie haben ohnehin - Herr Kollege Astrup! - ein bisschen Schwierigkeiten mit den Ländervergleichen. Auch zu dem Stolz, mit dem der Kollege Weber und vorher schon die Kollegin Frau Erdsiek-Rave den Ländervergleichstest VERA vorgestellt haben, woran man sehen könne, wie spitzenmäßig die schleswigholsteinischen Grundschulen dort lägen, sage ich Ihnen, das ist ein Ländervergleichstest ohne die PISA-Sieger. Insofern ist natürlich die Aussagekraft von VERA nicht richtig. VERA hat in allererster Linie erbracht, dass etwa 50 % der Viertklässler ausländischer Herkunft nur auf dem schwachen Kompetenzniveau in Rechnen und Lesen sind. Das ist ein Wert, der uns zu denken geben sollte.
Das führt uns auch haargenau zu dem Punkt, den wir als Schlussfolgerung aus PISA ziehen. Aus PISA geht nicht der Schulsystemwechsel hervor, sondern aus PISA geht hervor, dass wir vor allem die Bildung in den ersten Schuljahren stärken und auf neue Beine stellen müssen, damit es besser wird.
Sie haben, Herr Kollege Weber, die gemeinsame Diagnose angesprochen. Die ist richtig. Das deutsche Schulwesen schafft es nicht ausreichend, Defizite, die die Kinder in die Schule mitbringen, in der Schule auszugleichen. Nur, der Ort dafür, diese Defizite auszugleichen, ist die Grundschule. Aus dem Grunde geben wir eine Unterrichtsgarantie für die Grundschule ab, weil man dort die Zeit braucht, um tatsächlich diese Defizite auszugleichen, die die Kinder mit in die Schule bringen. Deshalb ist das Thema Unterrichtsversorgung natürlich der Schlüssel auch für eine bessere Leistung im Schulwesen insgesamt.
Meine Damen und Herren, wir werden oftmals belehrt, auch von der Landesregierung, über soziale Diskrepanzen und soziale Ungerechtigkeiten, die wir im System hätten. Das ist eine Ungerechtigkeit, die wir im System haben, die Sie in Teilen selbst mit herbeigeführt haben. Zu der Bilanz dieser Regierung gehört, dass diejenigen Kinder, die besonders viel Unterricht brauchen, in Schleswig-Holstein besonders wenig Unterricht erhalten. Das sind nämlich die Hauptschüler, die 17 % weniger haben als im Bundesdurchschnitt, und das sind die Förderschüler, die 20 % weniger haben als im Bundesdurchschnitt.
Wer eine solche Bilanz hinlegt, der braucht uns nicht über soziale Ausgrenzung, Selektion oder soziale
Gerechtigkeit zu belehren. Die soziale Ungerechtigkeit in Schleswig-Holstein haben sie selbst geschaffen!
Sie haben die Umfrage angesprochen, dass die Menschen angeblich gegen die Unterschriftenaktion seien. Ich sage Ihnen, in diesen Tagen und Wochen unterschreiben Tausende Menschen in diesem Land für unsere Schulen und gegen die Einheitsschule. Das ist haargenau das, was wir erreichen wollen.
- Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.
Sie sollten den Leuten nicht vorgaukeln, wir brauchten die Einheitsschule aus PISA heraus, Sie sollten die Wochen, die wir vor uns haben, nutzen, um den Leuten zu sagen, was Ihre Einheitsschule bedeutet: Sie bedeutet, dass alle Kinder vom Hauptschüler bis zum Hochbegabten in einer Klasse sitzen und von einem Lehrer unterrichtet werden und hinterher einen Abschluss machen sollen. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir debattieren heute über einen OECD-Länderbericht zur frühkindlichen Erziehung, der in der Presse auch als Baby-PISA bezeichnet wurde. Ich mag diesen Begriff Baby-PISA, weil er ein bisschen das karrikiert, was wir zum Teil bei der OECD erleben, dass nämlich mit sehr stark internationalisierten pauschalen Ratschlägen in die doch sehr unterschiedlich gewachsene Bildungslandschaft der Länder hineinregiert wird. Deshalb finde ich es richtig, wie das die Ministerin auch getan hat, dass man zu Anfang noch einmal darauf hinweist, dass wir in Deutschland und
auch in Schleswig-Holstein eine sehr, sehr lange Tradition von gut ausgebauten Kindertagesstätten und eben auch eine Trägervielfalt im Bereich der Kindertagesstätten haben, hinter die wir uns ausdrücklich stellen und die uns sehr, sehr viel wert ist.
Lassen Sie mich drei Anmerkungen zum Thema des OECD-Berichtes, zur frühkindlichen Förderung, machen. Ich glaube, der Schlüssel für die frühkindliche Förderung ist die Schnittstelle zwischen Kindertagesstätte und Schule. Aus dem Grund muss man Kindertagesstätten sehr viel stärker als Bildungseinrichtungen begreifen, als wir das alle zusammen in der Vergangenheit getan haben. Kindertagesstätten sind natürlich Betreuungseinrichtungen, aber sie werden in einem immer stärkeren Maße auch Bildungseinrichtung. Deshalb gilt es, den Bildungsauftrag der Kindertagesstätten zu stärken, zu konkretisieren und mit Leben zu erfüllen.
Dazu gehören auch einige organisatorische Maßnahmen, die einen inhaltlichen Bezug haben, etwa die Bildung von Jahrgangsgruppen in dem Jahr vor der Schule, um schon auf die Schule vorzubereiten, etwa der institutionalisierte Kontakt zwischen Kindertagesstätten und den Grundschulen, was zum Teil schon auf den Weg gebracht worden ist. Ich könnte mir das noch ein bisschen verbindlicher vorstellen.
Ich glaube aber, dass ein ganz entscheidender Punkt der frühkindlichen Förderung - ein sehr schweres Wort - darin liegt, dass man die Schuleingangsprüfung um ein Jahr nach vorn zieht. Es ist notwendig, die Prüfung der motorischen, der sprachlichen und der anderen Fähigkeiten ein Jahr vor der Einschulung zu machen, damit man dann in dem letzten Jahr im Kindergarten tatsächlich die Zeit und die Gelegenheit hat, das durch Förderung abzustellen, was sonst in der Schule als Problem auftritt. Ich glaube, insofern ist dieser Punkt ein ganz wesentlicher, wenn wir über die frühkindliche Förderung reden.
Der andere Punkt, über den wir heute zu reden haben, ist die Akademisierung der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern im Kindergarten. Wir als Union sind in diesem Punkt anderer Auffassung als eigentlich alle anderen Fraktionen. Wir glauben, dass man sehr wohl die Qualitätsmaßstäbe an die Erzieherinnenausbildung hoch halten und noch verbessern muss. Es ist richtig, dass gerade im Bereich der Diagnose von Förderbedarf von Kindern im Vorschulalter in der Ausbildung noch sehr viel geschehen muss und geschehen kann.
Vielen Dank für die Unterstützung, Herr Präsident. - Wir glauben aber nicht, dass dafür eine Akademisierung der Ausbildung notwendig ist.
Ich glaube, dass eine Akademisierung der Erzieherinnenausbildung auch dazu führen würde, dass weitere Bevölkerungsanteile von dem Beruf ausgeschlossen würden. Das würden wir für falsch halten. Ferner werden wir als Ergebnis, selbst wenn das als ein schrittweiser Einstieg geplant ist, erleben, dass die Personalkosten für die Träger - bei der beschriebenen Trägervielfalt - steigen werden. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang eines sagen: Ich bin schon der Auffassung, dass wir beim Ausbau und bei der Verbesserung des frühkindlichen Bildungsangebots sehr große Anstrengungen unternehmen sollten. Wir dürften aber die Kosten und die Lasten dafür nicht den Kommunen aufbürden, die das allein nicht schultern können.
Wir müssen bei diesen ganzen Diskussionen über Kindertagesstätten, über Bildungsauftrag und so weiter aufpassen, dass wir als Landespolitiker nicht ständig dabei sind, das Geld anderer Leute auszugeben, das Geld der Kommunen, das diese nicht haben.
Deshalb bin ich dagegen, dass wir hier so stark formalisieren.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Anmerkung machen. Die passt zu den Belastungen der Kommunen. Zu dem Angebot der Betreuungsplätze für die unter 3-Jährigen gibt es eine Initiative der Bundesregierung, das zu machen. Ich glaube, man wird es für diejenigen machen müssen, die tatsächlich einen Bedarf haben. Ich bin aufgrund der Kostensituation der Kommunen aber auch der Auffassung, dass wir sehr flexible Angebote finden müssen.
Aus dem Grund glaube ich, wir dürfen nicht nur starr
in Krippenplätzen denken, sondern müssen sehr viel stärker auch in Tagesmüttermodellen denken.
Denn am Ende ist es so, dass die Rechnung, die Ersparnisse der Kommunen aus Hartz IV könnten in den Ausbau der Krippenplätze gehen, nur auf dem Papier steht und nicht eintreten wird.
Frau Höfs, lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen, und zwar eine - auch wenn Vorwahlkampf ist - etwas nachdenklichere.
Wir haben in Deutschland ein bisschen die Diskussion in Richtung Monokausalität nach dem Motto: Wir brauchten nur die Betreuungsplätze für Kinder von null bis drei Jahren auszuweiten -
- ich komme zum Schluss, Herr Präsident -
- und dann gäbe es mehr Kinder. Die neueste Umfrage der Zeitschrift „Eltern“ hat bewiesen, dass dieser monokausale Zusammenhang nicht besteht. Wir müssen natürlich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Betreuungsplätze ausweiten. Zu glauben, dass wir allein über eine Ausweitung der Betreuungsplätze mehr Kinder bekämen, ist falsch. Nach wie vor ist die Entscheidung für Kinder - das hat die Befragung ergeben - eine persönliche. Deshalb brauchen wir eine insgesamt gute Familienpolitik.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal zum Verfahren, lieber Kollege Weber! Der Ort, an dem Gesetze beraten und endgültig beschlossen werden, ist das Plenum. Wir haben im Vorwege sicherlich Beratungen in den Ausschüssen, aber es ist absolut im Rahmen der Geschäftsordnung und nicht unüblich, zur zweiten Lesung eines Gesetzes im Plenum Anträge zu stellen. Das haben wir getan. Es sind mehr als nur redaktionelle Änderungen. Insofern hätte ich schon erwartet, dass Sie sich mit diesen Punkten inhaltlich auseinander gesetzt hätten, denn die Zeit dazu hätte im Vorwege bestanden.
Lassen Sie mich - auch für Sie, Herr Hentschel - noch einmal erläutern, was der Hintergrund unserer Änderungsanträge ist.
- Auch dazu sage ich etwas. - Zunächst einmal haben wir es mit einer bundesgesetzlichen Regelung zu tun, bei der es nur wenige und zudem geringe Spielräume für landesrechtliche Anpassungen gibt. Diese Spielräume sind durch die Vorlage der Landesregierung unserer Auffassung nach nicht ausreichend genutzt worden. Unsere Hauptsorge ist, dass es durch diese Nichtnutzung der Spielräume eine Schlechterstellung schleswig-holsteinischer Hochschulen im Vergleich zu den Hochschulen im übrigen Bundesgebiet gibt.
Das macht sich im Wesentlichen an dem Besoldungsdurchschnitt für die Professorengehälter fest. Wir wollen diesen Besoldungsdurchschnitt erhöhen. Wir wollen von einer Regelung Gebrauch machen, die auch das Bundesrahmengesetz vorsieht, nämlich eine Dynamisierung der Sätze, die für das Jahr 2001 festgeschrieben sind. Sie machen das nicht. Die Regierung macht damit Folgendes: Sie lässt die Hochschulen Schleswig-Holsteins im Wettbewerb mit anderen Hochschulen auf dem Stand der Besoldung von 2001, obwohl wir kurz vor dem Jahr 2005 stehen. Andere Bundesländer, namentlich Baden-Württemberg und Bayern, haben von dieser Dynamisierung Gebrauch gemacht und die Besoldungsdurchschnittswerte im Vergleich zu 2001 um 6 % erhöht. Das ist das, was wir sowohl für die Universitätsprofessoren als auch für die Fachhochschulprofessoren machen wollen.
Der jetzige Stand - Sie lachen, Herr Finanzminister und Ex-Bildungsstaatssekretär - ist so, dass wir an drittletzter Stelle stehen, was die Personalkosten anbelangt, nur noch unterboten von Sachsen-Anhalt und Sachsen. Wir glauben, wenn es tatsächlich zu einem Wettbewerbsföderalismus und einem Wettbewerb der Hochschulen untereinander kommen soll, wir nur dann erfolgreich sein können, wenn wir die Spielräume für Leistungszulagen und damit für eine Attraktivität der schleswig-holsteinischen Hochschulen für die besten Köpfe in der Wissenschaft tatsächlich nutzen.
Das kostet Geld, Frau Heinold; das ist richtig. Unsere Vorlage bedeutet einen Mehraufwand von 3 Millionen € im Vergleich zur Vorlage, die die Landesregierung vorlegt. Nur: Erstens reden wir über 3 Millionen € bei einem Haushalt, der 8 Milliarden € umfasst. Zweitens. Ein bisschen Redlichkeit gehört auch dazu. Wenn wir tatsächlich davon reden, dass wir die Ressourcen für Bildung in diesem Land stärken wollen, können wir nicht zu einer schleichenden Verschlechterung der Situation in Schleswig-Holstein beitragen. Das ist der Grund, weshalb wir sagen: Sie
waren diejenigen, die vor allem diese neue Besoldung auf Bundesebene haben wollten. Wenn Sie sie einführen, müssen Sie sie auch so einführen, dass die schleswig-holsteinischen Hochschulen dabei nicht hinten herunterfallen.
Der zweite Punkt, den wir anders als die Landesregierung und die SPD machen wollen: Wir wollen keine zentralen Vorgaben für das Verhältnis von W-2- und W-3-Stellen machen. Wir glauben, dass das ein Punkt ist, bei dem die Hochschulen selber entscheiden sollen, wie sie das machen, weil sie am Ende auch über die Finanzierung dieser Stellen zu entscheiden haben. Hier wollen wir die Hochschulautonomie stärken.
Bei dem letzten Punkt, den wir anders machen wollen, geht es um ein Stück Gerechtigkeit der C-2Professuren. Die C-2-Professuren sind diejenigen, die bei der Einführung der neuen Besoldung hinten herunterfallen. Es gibt sehr viele, in einigen Hochschulen 40 %, die nach C 2 mit der festen Aussicht eingestellt wurden, nach C 3 befördert zu werden. Diese Regelbeförderung fällt bei der neuen Besoldung weg. Insofern muss man wie in anderen Bundesländern - wir haben uns an der bayerischen Regelung orientiert - für diese auch aus einer Fürsorgepflicht heraus eine Regelung treffen. Wir haben eine Regelung getroffen, die es diesen Leuten erlaubt, in die neue Besoldung hinüberzugehen, ohne dass sie sich schlechter stehen, als sie vorher gestanden haben. Das ist ein Stück Gerechtigkeit. Das muss ein Arbeitgeber wie das Land machen. Aus diesem Grund glauben wir, dass unsere Vorlage, auch wenn sie nicht so früh gekommen ist, wie Sie das gewünscht haben, überlegen ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister, ich habe die Vorlage und das, worauf Sie Bezug genommen haben, gelesen. Die Dynamisierung ab 2005 ist eine grandiose Nebelkerze. Denn es ist eine Dynamisierung ab dem Jahr 2005 mit den Werten von 2001.
Sie machen Folgendes: Sie nehmen im nächsten Jahr die Durchschnittswerte von 2001 und sagen, dies seien die Werte von 2005, und dann dynamisieren Sie. Das ist eine schleichende Schlechterstellung der Hochschulen. Am Ende ist es auf Umwegen eine Kürzung bei den Hochschulen und die machen wir nicht mit.
Frau Heinold, mit Ihrer Detailverliebtheit und Ihrer Argumentationskette erzeugen Sie folgenden Effekt: Sie schauen nur noch nach Schleswig-Holstein und vernachlässigen den bundesweiten Vergleich völlig.
Der Bundesgesetzgeber hat in die Besoldungsvorschriften auf Bundesebene den Ländern extra die Möglichkeit gelassen, nachträglich zu dynamisieren oder eben nicht zu dynamisieren. Die allermeisten Bundesländer - und vor allem die Bundesländer, die
gut im Bildungswesen dastehen - dynamisieren diese Sätze tatsächlich. Wenn wir mithalten und als Schleswig-Holstein bildungsmäßig in der Bundesliga mitspielen wollen, dann müssen wir uns an diese Bundesländer halten und dürfen nicht nur nach innen schauen und völlig vergessen, was im Rest der Republik vor sich geht.
Ich möchte Ihnen deutlich machen, was Sie hier eigentlich anstellen: Diese neue Besoldung im Professorenbereich ist gerade von der rot-grünen Bundesregierung auf den Weg gebracht worden. Sie sagen: Wir machen das alles neu. Sie sagen: Wir setzen jetzt Leistungsanreize. Gleichzeitig versetzen Sie aber die schleswig-holsteinischen Hochschulen finanziell nicht in die Lage, diese Leistungsanreize tatsächlich ausschütten zu können.
Das ist doch eine völlig verkehrte Welt: Auf der einen Seite setzen Sie sich damit in Szene und sagen, Sie würden alles neu machen, auf der anderen Seite versagen Sie den Hochschulen die Mittel, die sie brauchen, um dieses neue Bundesrecht tatsächlich auszufüllen.
Das ist in der Tat verlogen und das lassen wir nicht durchgehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben in Deutschland wieder einmal ein PISA-Ergebnis.
Dieses PISA-Ergebnis unterscheidet sich eigentlich nicht sehr von dem PISA-Ergebnis von vor drei Jahren.
Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, ist es so erstaunlich, dass wir heute bei Rot-Grün eine völlig andere Reaktion auf dieses Ergebnis erleben als vor drei Jahren. Zweieinhalb Jahre lang - seit dem Vorliegen der ersten PISA-Studie - bestand in diesem Haus der Konsens, dass aus der PISA-Studie keine Schulstrukturdebatte folgen solle. Diesen Konsens haben Sie gekündigt.
Sie haben ihn, meine Damen und Herren, in der Tat aus ideologischen Gründen gekündigt.
Meine Damen und Herren, die nächsten Wochen und Monate entscheiden über das Schulwesen hier im Land. Selten hatten die Menschen in SchleswigHolstein eine so klare Wahl zwischen der Abschaffung unserer Schulen und der Einführung der Einheitsschule auf der einen Seite und der Verbesserung der Bildungschancen im gegliederten Schulwesen, wie wir es wollen, auf der anderen Seite.
Meine Damen und Herren, wir haben diesen Schulkampf, den Sie begonnen haben, nicht gewollt. Aber wenn Sie ihn beginnen, dann werden wir in der Tat gegen ihn argumentieren, und wir sagen Ihnen, meine Damen und Herren: Der ideologische Impetus kommt von Ihnen und nicht von uns!
Meine Damen und Herren, die CDU lehnt die Einheitsschule ab. Wir stehen für unsere Schulen hier im Land, weil sie sehr viel mehr können, als es Rot-Grün in den vergangenen 17 Jahren zugelassen hat.
Insbesondere Bundesbildungsministerin Bulmahn will das abschaffen, was sie über Jahre hinweg vernachlässigt hat. Sie hat in Berlin gesagt, die Hauptschule müsse abgeschafft werden, weil die Hauptschule bei PISA II die wenigsten Fortschritte verzeichnet habe.
Ich frage Sie aber: Wie sollen die Hauptschulen überhaupt Fortschritte machen? - Festzustellen, die Hauptschulen hätten keine Fortschritte gemacht, ist eine Selffulfilling-Prophecy angesichts der Rahmen
bedingungen, die diese Schulart vor allen Dingen hier in Schleswig-Holstein vorfindet.
Es gibt keine Schulart, die von Rot-Grün hier im Lande so stiefmütterlich behandelt worden ist wie die Hauptschule. Dieser Schulart jetzt die eigene Schlechterstellung zum Vorwurf zu machen, meine Damen und Herren, ist schon fast perfide.
Hier werden von Ihnen, Frau Erdsiek-Rave - auch persönlich -, politische Zerrbilder erzeugt.
Ich möchte Ihnen einmal vorlesen, wie Hauptschullehrer darauf reagieren. Das ist nachzulesen in den „Kieler Nachrichten“ vom 10. Dezember.
„Mit den Worten: ‚Gegen das Image (der Restschule) kämpfen wir seit langem. Aber dass man uns das jetzt noch von höchster Stelle bescheinigt, ist nicht nur schmerzlich; das verkennt die Situation und den Auftrag, den die Hauptschule in dieser Gesellschaft hat’ hält Lehrer Rolf Jakob Clausen von der Muhliusschule dagegen.“
Der Mann hat Recht. Denn der Auftrag ist haargenau der springende Punkt: Der Auftrag, den die Hauptschulen in dieser Gesellschaft haben, und der Auftrag, den jede Schule in dieser Gesellschaft hat. Diesen Auftrag gibt es - das ist unsere feste Überzeugung - und es ist bei jeder Schulart in dieser Gesellschaft ein eigener, spezifischer Auftrag. Deshalb glauben wir an das bestehende und bewährte Schulwesen, weil es unsere Kinder entsprechend ihren Begabungen, Fähigkeiten und Neigungen fördert und weder über- noch unterfordert.
Die Einheitsschule dagegen wird alle Kinder des Begabungsspektrums in einer Klasse zielgleich unterrichten. Ich sage Ihnen: Jedes Kind ist anders. Nichts ist ungerechter als die Gleichbehandlung Ungleicher,
um es mit den Worten des Pädagogen Brandwein zu sagen. Doch gerade darauf läuft die Einheitsschule hinaus. Deshalb wird sie nicht funktionieren.
Was wir hier diskutieren, meine Damen und Herren, ist mehr als eine Frage der Schulorganisation. Wir diskutieren hier einmal über das Menschenbild und darüber, welches Bild von Schule wir haben. Der Unterschied zwischen CDU und SPD in dieser Frage ist der Unterschied zwischen Vielfalt und Vereinheitlichung. Deshalb sind wir gegen die Einheitsschule.
Die Einheitsschule löst keine Probleme, aber sie schafft neue. Wir wissen durch den Bericht des Landesrechnungshofs, dass die Umwandlung des gegliederten Schulwesens in eine integrierte Beschulung der 5. bis zur 10. Klasse die Schließung von 96 Schulen nach sich ziehen würde. Das wäre eine Schließung von Schulen nicht aus demographischen, sondern aus rein politischen Gründen. Deshalb sind wir auch hier dagegen.
Ich kenne Ihre Gegenargumente, die immer lauten - Sie haben sie hier ja auch noch einmal vorgetragen, Frau Erdsiek-Rave -, dass das alles gar nicht so stimme, dass wir hier von einem Zeitraum von zehn bis 15 Jahren redeten und dass alles Schritt für Schritt passieren werde.
Dennoch ist das Ziel klar, das übrigens in dem Gutachten des Bildungsforschers Ernst Rösner beschrieben wird. Es ist überhaupt interessant, dass man, wenn man die Programmatik von Rot-Grün erfahren will, mittlerweile nicht mehr in deren Parteiprogramme gucken muss, sondern in Regierungsgutachten.
Herr Rösner schreibt in dem Gutachten:
„Auch wenn die Gemeinschaftsschule nicht binnen kurzer Zeit zu einem ersetzenden Regelangebot ausgebaut werden kann, ist es aus Sicht des Gutachters - und damit der Landesregierung - notwendig, politisch unmissverständlich deutlich zu machen, in welche Richtung die Entwicklung des Schulwesens in Schleswig-Holstein gehen soll. Klare Zielvorgaben erleichtern die Entscheidung der Schulen und der Schulträger.“
Sie verharmlosen Ihr eigenes Projekt, wenn Sie sagen, es dauere zehn bis 15 Jahre. Sie werden im nächsten Jahr damit beginnen, die Einheitsschule durch die Einführung des Einheitslehrers vorzubereiten. Dem muss man Einhalt gebieten. Wir machen das nicht mit.
Sie setzen eine Maschinerie in Gang, die unsere Schüler in einen offenen Feldversuch führen wird. Wir wissen von allen Gesamtschulen, die in Deutschland praktiziert worden sind, dass die Gesamtschulen dem gegliederten Schulsystem nicht überlegen sind. Aus dem Grund werden Sie sich auf den falschen Weg machen.
Sie beziehen sich immer auf Finnland. Aber, meine Damen und Herren, das finnische System differen
ziert in einer Weise, wie es bei Ihnen überhaupt nicht vorgesehen ist. Im Vergleich zwischen der Gemeinschaftsschule und der Gesamtschule erkennt man, dass eine Differenzierung überhaupt nicht mehr vorgesehen ist. Die Leistungszüge A, B und C, die es in der Gesamtschule noch gibt, werden in der Gemeinschaftsschule am Ende nicht mehr da sein. Sie werden daher alle Leistungsunterschiede nivellieren.
In Wahrheit übernehmen Sie gar nicht das finnische Modell, sondern Sie übernehmen diejenigen seiner Teile „à la carte“, die Ihnen ideologisch gerade passen.
Das finnische Modell, Herr Hay, ist durch ganz andere Dinge gekennzeichnet, zum Beispiel durch ein Zentralabitur, das Sie hier in Schleswig-Holstein auf das Bitterste bekämpfen. Das finnische Modell ist durch gebundene Ganztagsschulen gekennzeichnet, die Sie, wie wir gehört haben, in Schleswig-Holstein definitiv nicht einführen wollen.
Das finnische Modell ist fremdsprachenorientiert. Dort beginnt man in der dritten Klasse mit der ersten Fremdsprache, in der fünften Klasse mit der zweiten Fremdsprache und in der siebten Klasse mit der dritten. Sie haben es in Schleswig-Holstein nicht einmal geschafft, Englisch in die Grundschule richtig einzuführen.
Insofern können Sie sich nicht auf Finnland beziehen.
Das finnische Modell hat eine Personalausstattung, die Sie in Schleswig-Holstein nicht hinbekommen. Das finnische Modell funktioniert, weil es in Finnland Förderlehrer gibt, die wir hier nicht haben. Das finnische Modell funktioniert, weil es in Finnland einen Psychologen pro Schule gibt, während es in Schleswig-Holstein einen schulpsychologischen Dienst gibt. Das sind die Unterschiede. Wir dürfen hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.
Nach PISA ist das eigentliche Thema das der individuellen Förderung. Diese könnten die Schulen in Schleswig-Holstein leisten, wenn man sie nur ließe. Sie, Frau Erdsiek-Rave, sind Ministerin einer Regierung, die es zugelassen hat, dass sich in SchleswigHolstein ein Fehlbedarf von 1.100 Lehrern aufgebaut hat. Diese wären nötig, um individuelle Förderung zu machen.
Deshalb setzen wir einen anderen Schwerpunkt und ziehen aus PISA eine andere Schlussfolgerung als Sie. Wir ziehen die Schlussfolgerung, dass man die Grundschulen stärken muss, weil in der Tat dort die Grundlage für die weiteren Bildungsgänge und für die Startchancen junger Leute gelegt wird.
Deshalb wollen wir für die Grundschulen 650 zusätzliche Planstellen zur Verfügung stellen, damit die Stundentafeln erfüllt werden können, aber auch zur ordentlichen Einführung von Englisch in den Grundschulen als ordentliches Unterrichtsfach.
Gerade wo es Ihnen - zu Recht - um die Bildungsbeteiligung geht, müssten Sie unseren Weg der Stärkung der Grundschule eigentlich mitgehen. Denn wenn es einen Ort gibt, wo die Defizite ausgeräumt beziehungsweise ausgeglichen werden können, die die Kinder in die Schule mitbringen, dann ist es die Grundschule. Deshalb muss die Grundschule aus pädagogischen Gründen gestärkt werden.
Wir haben einen anderen PISA-Befund. Er lautet, dass wir in Deutschland überproportional viel Geld für die späten Jahrgänge ausgeben, aber viel zu wenig für die frühen Jahrgänge. Das wollen wir ändern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehört zu den ganz wesentlichen Aufgaben der Politik insgesamt, aber ganz besonders zu denen der Landespolitik, weil die Landespolitik in weiten Teilen zusammen mit den Kommunen für zusätzliche Angebote verantwortlich ist. Die Größenordnung dieser Aufgabe ergibt sich aus gesellschaftlichen Entwicklungen, sie ergibt sich allerdings auch aus demographischen Entwicklungen. Es ist so, dass 40 % der Akademikerinnen meines Jahrganges - in Klammern: 1965; Sie werden alle sagen, dass ich dafür sehr jung aussehe - kinderlos sind.
- Ja, aber die kriegen ja keine Kinder. Wenn 40 % der Akademikerinnen kinderlos sind und es wahrscheinlich bleiben werden, haben wir ein gewaltiges gesellschaftliches Problem. Insofern müssen wir viel dafür tun, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu
unterstützen und zu fördern, denn am Geld allein liegt es bei den Akademikerinnen nicht. Wir sind deshalb von den Zielvorstellungen her, die wir haben, gar nicht so weit auseinander.
Ganztagsangebote, offene Ganztagsschulen, können ein Beitrag zur Betreuung sein, sie sind aber nicht die alleinige Antwort. Denn für die CDU geht es nicht nur um die Frage der Betreuung, sondern es geht auch um die Frage, wenn wir zusätzliches öffentliches Geld in die Hand nehmen, ob wir es dann allein für Betreuung ausgeben oder nicht auch für mehr Bildung.
Wir sind dafür, dass wir zusätzliche öffentliche Mittel vor allem für ein Mehr an Bildung hier in diesem Land ausgeben sollten.
Wir wollen die gebundene Ganztagsschule deshalb als eine Zielvorgabe, weil wir glauben, dass die gebundene Ganztagsschule sehr stark auf einem ganzheitlichen pädagogischen Konzept aufbaut und weil sie die Möglichkeit hat, gewisse Dinge vorzunehmen, die man in der offenen Ganztagsschule oder bei Ganztagsbetreuungsangeboten nicht machen kann, etwa die Entzerrung der Unterrichtsblöcke am Vormittag, indem man Teile in den Nachmittag zieht oder auch schon am Vormittag andere unterrichtsergänzende Angebote macht. Wir glauben, dass vor allem bei einer gebundenen Ganztagsschule die Möglichkeit besteht, gezielte Fördermaßnahmen, die sehr eng mit dem zusammenhängen, was in der Schule und im Unterricht stattfindet, anzubieten.
Wir sagen - da sind wir auch ganz ehrlich -, dass die gebundene Ganztagsschule natürlich teuer ist. Wir wissen, dass sie pro Schule bei etwa 20 bis 25 % über den Kosten liegt, die jetzt zur Verfügung stehen. Insofern sagen wir nicht, dass wir innerhalb weniger Jahre den Schalter umlegen können und dann haben wir überall flächendeckend das Angebot. Wir sagen aber, dass die Zielvorgabe - auch vor dem Hintergrund der Lehren, die wir aus PISA zu ziehen haben - darin bestehen muss, vor allem ein pädagogisch ausgereiftes ganzheitliches Konzept anzubieten. Das ist aus unserer Sicht in allererster Linie die gebundene Ganztagsschule.
Damit sagen wir nicht, dass wir gegen andere Formen von zusätzlicher Betreuung sind. Ich bezweifle aber, dass es einer Initiative des Bundes, von Frau Bulmahn, bedurft hätte, um zusätzliche Betreuungsangebote vor Ort und ortsnah zu regeln. Mein Eindruck
ist, sehr viele Kommunen haben von sich aus diesen Weg beschritten. Deshalb ist es so, dass man nicht sagen kann, dass allein die Initiative von Frau Bulmahn dies erreicht hätte. Denn wir müssen auch sehen, dass es in diesem Bereich einige Probleme gibt.
Erstens. Das Programm der Bundesregierung weckt Erwartungen, die oftmals vor Ort nicht erfüllt werden können. Sie selbst haben gesagt, Frau ErdsiekRave, die Aktie offene Ganztagsschule sei schon jetzt überzeichnet. Sie haben die Relationen genannt, dass es Anträge für 100 Millionen €, aber nur Investitionsmittel in Höhe von 33 Millionen € gibt. Man kann es auch anders ausdrücken. Bis zum Jahr 2008 stehen für Schleswig-Holstein 135 Millionen € zur Verfügung, allein für die Jahre 2003, 2004, 2005 sind Mittel in Höhe von 142 Millionen € beantragt oder bereits beschieden. Die Erwartungshaltung, die es gibt und die nicht gedeckt werden kann, weil das Geld fehlt, führt dazu, dass am Ende die Kommunalpolitiker und die kommunalen Träger der Schulen vor Ort das auszuhalten und zu entscheiden haben. Das ist haargenau der Punkt, aus dem ich nicht möchte, dass wir eine Arbeitsteilung bekommen. Die familienpolitischen Lorbeeren dieser Betreuung werden von der Bundesregierung eingestrichen und die Lasten, die Schwierigkeiten, die es gibt, landen bei den Kommunen. Haargenau dort landen wir.
Wir reden bei den Mitteln der Bundesregierung über Investitionsmittel, die immerhin zu 90 % - das muss man zugestehen - abgedeckt werden, aber es sind Investitionsmittel. Die eigentlichen Kosten auch bei der offenen Ganztagsschule sind aber die Folgekosten, die sich über die Jahre und Jahrzehnte danach ergeben, weil das Konzept weiter getragen werden muss. Es gibt sehr zaghafte Ansätze der Landesregierung, das mitzubegleiten. Es gibt in sehr vielen Gemeinden die Hoffnung, dass man die offene Ganztagsschule und die Angebote am Nachmittag über ehrenamtliche Arbeit abdecken kann. Ich freue mich über das Vertrauen in die Ehrenamtlichkeit.
- Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Ich glaube aber nicht, dass man am Ende dauerhaft über Jahre hinweg das Angebot einer offenen Ganztagsschule den Ehrenamtlichen aufbürden darf. Ich glaube, wenn ein solches Angebot von der öffentlichen Hand gemacht wird, muss es auch von der öffentlichen Hand getragen werden. Aus pädagogischen Gründen ist die Zielvorgabe einer qualitativ gebundenen Ganztagsschule die richtige und wir müssen uns bei allem, was wir machen, auch schützend vor die kommunalen
Haushalte stellen, die in diesen Tagen beraten werden. Wir wissen, wie es dort aussieht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man dem Kollegen Weber zuhört, glaubt man, wir lebten in einer anderen Welt, die nicht von dem geprägt ist, was sich außerhalb der Redemanuskripte von SPD-Rednern abspielt.
Meine Damen und Herren, bei der Vorstellung des neuesten Hochschul-Rankings des Zentrums für Hochschulentwicklung, CHE, sagte der Leiter der Einrichtung, Herr Detlef Müller-Böling: Der föderale Wettbewerb zwischen den Ländern um die besten Hochschulen ist in vollem Gange.
Das ist das, was wir wollen; das ist unsere Politik. Wir wollen einen bundesweiten Wettbewerbsföderalismus auch in der Bildungspolitik und auch für die Hochschulen. Was uns in diesem Zusammenhang allerdings Sorge macht, ist das regelmäßig schlechte
Abschneiden Schleswig-Holsteins in den HochschulRankings. Seit Jahren liegt Schleswig-Holstein Mal ums Mal hinten, sei es beim Stifterverband der deutschen Wirtschaft, der uns eines der rückständigsten Hochschulgesetze bescheinigt hat, oder - wie in diesem Fall - beim CHE. Bei dem CHE-Ranking in den Kategorien Studierendenzufriedenheit, Studiendauer, Reputation und Forschung landet Schleswig-Holstein auf dem vorletzten Platz.
Besonders Besorgnis erregend ist dabei: In der Kategorie Reputation liegt Schleswig-Holstein sogar auf dem allerletzten Platz oder - anders formuliert - unter allen Bundesländern hat der Wissenschaftsstandort Schleswig-Holstein das schlechteste Ansehen.
Schlechter kann eine Landesregierung nicht dastehen - nicht am Ende einer Legislaturperiode, auf die Herr Weber Bezug genommen hat, und auch nicht nach 17 Jahren Verantwortung für die Hochschulen im Lande.
Wenn keine einzige Fakultät im Lande in punkto Ansehen mehr einen Spitzenplatz einnimmt, liegt das nicht mehr im Zuständigkeitsbereich der einzelnen Hochschule, sondern das liegt an den Rahmenbedingungen, die die Hochschulen in Schleswig-Holstein vorfinden.
Diese Rahmenbedingungen sind nicht zuletzt auch von Herrn Erichsen treffend zusammengefasst worden: Die schleswig-holsteinischen Hochschulen sind überreguliert und unterfinanziert, ihnen fehlt die materielle Ausstattung zum Arbeiten und ihnen fehlt die Luft zum Atmen.
Das Schlimmste daran ist, dass es keine Anzeichen gibt, dass sich daran im Lande tatsächlich etwas ändern würde. Mit der vorliegenden Mini-Novelle der Landesregierung passiert zwar etwas, aber es geschieht nichts.
Die Wettbewerbsbedingungen schleswig-holsteinischer Hochschulen werden sich dadurch jedenfalls nicht verbessern.
Während andere Bundesländer handeln, während sie ihre Hochschulgesetze reformieren, während weit
sichtigere Bundesländer mehr Handlungsspielräume für sich einklagen - wie gestern vor dem Bundesverfassungsgericht -, bleibt es in Schleswig-Holstein bei der Versteinerung des Hochschulrechtes. Doch sie werden zunehmend von den Ereignissen überholt, wie sich zum Beispiel im Bereich der Studiengebühren zeigt. Auch dort gehören Sie zu den Reformverweigerern. Wir werden feststellen, dass die anderen Bundesländer nicht auf Schleswig-Holstein warten werden.
Wir glauben, dass der Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit schleswig-holsteinischer Hochschulen nur über die Eigenverantwortung führt. Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Deregulierung von Hochschulgesetzen und der Eigenverantwortung von Hochschulen sowie deren Konkurrenzfähigkeit. Aus dem Grund glauben wir, dass nur mit mehr Autonomie Qualität und bessere Konkurrenzfähigkeit unserer Hochschulen erreicht werden können.
Das ist das Kernstück unseres Gesetzentwurfs neben einzelnen Fragen, die ich hier nicht erörtern will. Kernstück unseres Gesetzentwurfs bleibt das Recht der Hochschulen, sich alle Professoren selber auszusuchen, nicht nur die C3-Professoren, sondern auch die C4-Professoren, und die Studierenden. Wir wollen den Hochschulen für die landesweit zulassungsbeschränkten Studiengänge die Möglichkeit geben, 90 % der Studienplätze nach einem eigenen Auswahlverfahren auszusuchen. Das gilt zum Beispiel für die Studiengänge Jura, Deutsch, Englisch oder auch Molekularbiologie.
Meine Damen und Herren von der Regierung, Sie weigern sich hingegen, unseren Hochschulen eine solche Kompetenz zuzusprechen, und werden auch hier von den eigenen Leuten auf Bundesebene überholt. Die Bundesbildungsministerin hat sich längst mit den Bundesländern auf eine Neuregelung der Studienplatzvergabe für die bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengänge, die ehemaligen ZVSStudiengänge, verständigt. Ab dem Wintersemester 2005/06 können immerhin 60 %, also mehr als die Hälfte, der Bewerber nach eigenen Zulassungsverfahren ausgesucht werden.
Sie führen jetzt eine Situation herbei, dass die Hochschulen in den bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen mehr eigene Einflussmöglichkeiten auf die Auswahl haben als in den landesweit zulassungsbeschränkten, für die sie verantwortlich sind. Es
zeigt sich, dass Sie zu der Hochschulpolitik von Frau Bulmahn mittlerweile ein antiquiertes Verhältnis haben.
Meine Damen und Herren, wir haben mit unserem Gesetzentwurf, den wir vorgelegt haben, deutlich gemacht, wie wir in die weiteren Auseinandersetzungen gehen wollen, wie wir uns die Hochschulpolitik vorstellen. Ich darf in diesem Zusammenhang vielleicht anmerken, dass ich es bedauerlich finde, dass es die FDP im Laufe dieses Jahres nicht geschafft hat, eigene Anträge zum Thema Hochschulgesetznovelle auf den Tisch zu legen. Es wäre angemessen gewesen zu wissen, was genau die FDP will.
Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem wir den Mut haben, den Hochschulen mehr Entscheidungsbefugnisse zu geben. Wir glauben, dass es richtig ist, den Hochschulen insgesamt mehr Vertrauen zu geben, weil sich herausstellt, dass die Menschen mit diesem Vertrauen sehr gut umgehen. Wir haben es in den letzten Jahrzehnten mit einer sehr kleinteiligen Regulierung der Hochschulen versucht. Wir wollen es jetzt mit sehr viel mehr Autonomie versuchen. Ich bin fest davon überzeugt, dass das der richtige Weg ist.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! - Auf Wiedersehen, Herr Kollege Nabel. Zunächst zur Einmütigkeit: Die CDU-Fraktion unterstützt die Umwandlung der Muthesius-Hochschule in eine Kunsthochschule. Der Kollege Weber hat es ausgeführt, Basis dafür ist ein einstimmiger Beschluss des Wissenschaftsrates. Wir haben bei den verschiedenen Diskussionen formeller und informeller Natur immer gesagt, dass natürlich diese Basis gegeben sein muss. Die Anerkennung ist abhängig davon, dass der Wissenschaftsrat diesen Plan bestätigt. Die Einstimmigkeit ist ein Zeichen dafür, dass dieser Punkt am Ende nicht mehr strittig war.
Allerdings ist es das Ergebnis eines dornigen Weges. Die Muthesius-Schule ist lange Zeit Gegenstand einer anhaltenden Diskussion gewesen. Ich glaube, der Schritt, den wir heute diskutieren, ist dazu angetan, die Muthesius-Schule aus dieser Diskussion herauszubekommen. Ein Teil der Diskussion in den vergangenen Jahren hat damit zu tun gehabt, dass nicht ganz klar war, welches Profil, welche Perspektive und welches Alleinstellungsmerkmal die MuthesiusSchule in der schleswig-holsteinischen und norddeutschen Hochschullandschaft haben sollte. Das hat dazu geführt, dass wir schwierige Diskussionen gerade über den Bereich der Architektur geführt haben. Ich bin mir dessen bewusst - das ist mir letztens dort auch noch einmal gesagt worden -, dass mein Popularitätsgrad in der Muthesius-Schule über die Frage des Bereiches Architektur nicht gerade gestiegen ist. Das
ist aber auch ein Zeichen dafür, dass die verschiedenen Schnittmengen, die wir sowohl mit dem Standort Lübeck für die Architekturausbildung als auch dem immer noch vorhandenen Standort Architektur in Eckernförde ein Zeichen dafür gewesen ist, dass diese Profile nicht klar gewesen sind.
Die Muthesius-Hochschule hat es nun aufgrund ihrer eigenen Beharrlichkeit und auf der Basis eines Konzeptes, das sie selber entworfen hat, geschafft, sich dieser Diskussion zu entziehen und eine neue Grundlage zu finden. Ich lege Wert darauf, dass das, was wir heute beraten, das Konzept, das vom Wissenschaftsrat am Ende einstimmig bestätigt wurde und das wir jetzt sozusagen durch Gesetzesform anerkennen müssen, das Ergebnis einer Initiative der Hochschule selbst gewesen ist und nicht das Ergebnis einer landespolitischen Initiative oder einer klaren landespolitischen Vorgabe, die von dieser Landesregierung gekommen ist.
Wir unterstützen gleichwohl dieses Ergebnis, legen aber Wert darauf, dass es kostenneutral zu dem ist, was bisher in der Zielvereinbarung festgelegt ist. Ich glaube, dass das durch die Konzeption der MuthesiusHochschule selbst auch sichergestellt ist.
Lassen Sie mich allerdings neben dem jetzt allgemeinen Teil noch etwas zu dem gesetzestechnischen Teil sagen, den wir heute zu beraten haben. Ich glaube, dass das schon kritikwürdig ist. Es ist nämlich mehr als ungewöhnlich, dass die Anerkennung oder die Umwidmung einer Hochschule am Ende durch einen Gesetzentwurf von zwei Regierungsfraktionen erfolgt und nicht durch einen Gesetzentwurf der Regierung. Nun ist mir schon klar, weshalb das erfolgt, nämlich um auf Anhörungen, die es sonst im Vorfeld gegeben hätte, verzichten zu können.
- Ja, ja. Mir ist schon klar, weshalb das passiert, aber der Ruch der parteipolitischen Inanspruchnahme und Instrumentalisierung bleibt.
Ich glaube, es wäre für die Hochschule selber besser gewesen, wenn das Gesetzgebungsverfahren geordneter gewesen wäre, als es jetzt ist, weil es eine Initiative der Regierungsfraktionen ist und nicht der Regierung selbst,
zumal meines Erachtens die Vorlage in Teilen auch überarbeitungsbedürftig ist. So ist es zum Beispiel so,
dass die Fristen für die Übergangs- und Auslaufzeiten nicht mit dem übereinstimmen, was in der Zielvereinbarung steht. Nach meiner Prüfung des Gesetzes ist es auch so, dass wir noch Änderungen des Hochschulgesetzes vornehmen müssen, die in diesem Gesetz noch nicht vorgesehen sind. Mit einem anderen Gesetzesverfahren hätte man das eleganter lösen können. Ich glaube, für die Hochschule selber wäre es besser gewesen, wenn sie ein anderes Gesetzgebungsverfahren bekommen hätte.
In der Sache und im Inhalt bedeutet das nicht, dass wir dem Gesetz nicht zustimmen können, aber wir glauben, dass wir unter anderem zu dieser Frage Beratungsbedarf im Ausschuss haben. Ich glaube, dass wir das weitgehend einvernehmlich in der Sache tun können. Ich wünsche der Muthesius-Hochschule in ihrer neuen Form, in ihrem neuen Profil, viel Perspektive und viel Erfolg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass sich der SSW seit geraumer Zeit - seit Jahren eigentlich schon - Träumereien einer Einheitsschule hingibt, ist nicht neu. Neu ist, dass sich auf einmal unsere Bildungsministerin mit der Überschrift „Der deutsche Weg ist ein Irrweg“ in der „Welt“ zitieren lässt. Wortwörtlich sagt die Bildungsministerin zum Thema Einheitsschule in der „Welt“:
„Der deutsche Weg ist ein Sonderweg.“
- Damit meint sie die gegliederten Schulen.
„Untersuchungen haben bewiesen,“
- das ist unzutreffend -
„dass es ein Irrweg ist.“
Solche Sätze sagt die Ministerin, die selber - und die rot-grüne Regierung seit 17 Jahren - für dieses Schulwesen in Schleswig-Holstein verantwortlich ist.
Was Sie damit, Frau Erdsiek-Rave, allen an Schule Beteiligten - Eltern, Schülerinnen und Schüler, Lehrer - signalisieren, ist: Das Projekt Schule in Schleswig-Holstein war leider nur ein großer Irrtum. Dumm gelaufen! - Meine Damen und Herren, solche Signale
darf die verantwortliche Bildungsministerin nicht geben.
Man fragt sich, warum diese Sätze jetzt kommen. Drei Jahre lang nach PISA haben diese Ministerin und die Landesregierung gesagt: Wir wollen keine Schulstrukturdebatte. - Aber jetzt, wenige Monate vor dem Wahlkampf, führen Sie diese Schuldebatte, und zwar sehr offensiv. Ich sage Ihnen: Die Antwort auf die Frage, warum Sie das tun, ist ganz einfach: Sie wollen von der katastrophalen Schlussbilanz dieser Landesregierung in der Schulpolitik ablenken.
Sie wollen darüber hinwegtäuschen, dass keine wesentliche Bildungsreform, kein wesentlicher Reformschritt zur Weiterentwicklung des gegliederten Schulwesens, der in anderen Bundesländern umgesetzt worden ist, hier in Schleswig-Holstein angepackt worden ist. Das ist die Wahrheit und davon wollen Sie ablenken, indem Sie jetzt sagen: Schuld ist nicht mehr unsere schlechte Schulpolitik, sondern schuld ist unser schlechtes Schulwesen. - Das ist ein billiger Wahlkampftrick und damit kommen Sie nicht durch, Frau Erdsiek-Rave!
Das gegliederte Schulwesen, Frau Erdsiek-Rave, kann mehr, als es in Schleswig-Holstein darf. Nur: Wenn man jahrelang die Infusionen verweigert, dann darf man am Ende nicht feststellen, dass dem Patienten nicht geholfen werden darf. Wenn Sie das getan hätten, was in anderen Bundesländern in den vergangenen Jahren seit PISA an Schulerneuerung umgesetzt worden ist, dann würden wir heute anders dastehen.
Wir können doch die großen Reformen nennen: Was ist mit Englisch in der Grundschule? - Die „Landeszeitung“ vom 4. September dieses Jahres schreibt: Es gibt nur drei Länder, in denen Englisch in der Grundschule noch nicht umgesetzt ist. - Das sind wir, das ist Rheinland-Pfalz und das ist Brandenburg. Das ist neuerdings die Liga, in der wir spielen.
Nun steht es in Ihrem Wahlprogramm. Aber Regierungen sind dazu da, um zu regieren und nicht um Wahlprogramme zu schreiben. Sie hätten jahrelang die Möglichkeit gehabt, Englisch in der Grundschule als ordentliches Unterrichtsfach umzusetzen.
Das Gleiche gilt für das Abitur nach zwölf Jahren. Wir sind zusammen mit Brandenburg das einzige Land, in dem das Abitur nach zwölf Jahren nicht umgesetzt worden ist. Dies ist ein weiteres Zeichen dafür, dass Ihre Schulpolitik, Frau Erdsiek-Rave, von Halbherzigkeiten, von nicht zu Ende gebrachten Projekten gekennzeichnet ist, die dazu führen, dass Schleswig-Holstein im Ländervergleich da steht, wo wir stehen.
Eines Ihrer Probleme, Frau Erdsiek-Rave, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, besteht darin, dass Sie nach PISA die falschen Akzente gesetzt haben. Sie haben nach PISA - Herr Hay hat es dargelegt - vor allem auf mehr Betreuung gesetzt. Sie haben nicht auf mehr Bildung gesetzt. Das ist der Unterschied zwischen dem, was Sie gemacht haben, und dem, wofür wir stehen. Sie haben durch zusätzliche Betreuungszeiten, zu denen auch Lehrerstellen gehören, die Verlässliche Grundschule einführen wollen. Wir wollen aber die Verlässliche Halbtagsgrundschule durch mehr Unterricht verwirklichen, indem wir für die Grundschule eine Unterrichtsgarantie geben.
Damit erfüllen wir eine wesentliche Forderung von PISA. PISA hat gesagt: Stärkt die Grundschulen, und zwar mit mehr Zeit für Bildung, durch mehr Unterricht! Diesen zusätzlichen Unterricht wollen wir für die Grundschulen durch unsere Unterrichtsgarantie verwirklichen. Wir wollen aber nicht nur eine Unterrichtsgarantie geben, sondern auch eine Qualitätsgarantie, indem wir Englisch in die Grundschule durch zwei zusätzliche Wochenstunden einführen wollen. Es soll ordentliches Unterrichtsfach werden. Der Input, den wir dadurch geben, lautet ganz einfach: Bereitstellung von 650 zusätzlichen Planstellen!
Ich komme zum Schluss. Zum OECD-Bericht möchte ich etwas Nachdenkliches sagen. Wir dürfen nicht dauerhaft den Eindruck erwecken, dass wir einen Masterplan einer internationalen Organisation abarbeiten. Wofür wir hier in Schleswig-Holstein stehen, ist, dass wir Schulpolitik machen, indem wir uns schützend vor die Schulen stellen. Deswegen bekennen wir uns zum gegliederten Schulwesen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die dritte Runde gibt mir noch einmal Gelegenheit, auf einige Punkte einzugehen, die Frau Erdsiek-Rave beispielsweise eben in dem Rührstück über die Gerechtigkeit und die schöne neue Welt der Einheitsschulen gebracht hat.
Zunächst einmal, meine Damen und Herren, ist es schon etwas kurios, dass die SPD und die Grünen in die Mottenkiste der 70er-Jahre greifen, die Einheitsschule hervorzaubern und uns Ideologie vorwerfen.
Sie beschreiben hier, was die Einheitsschule alles leisten soll, bleiben aber den Beweis schuldig, dass bei den Problemen, die wir haben, die Einheitsschule tatsächlich zu einer Verbesserung führen wird. Bezüglich dessen, was Sie als Beschreibung der Wirklichkeit gebracht haben
- ich bin viel in Wahlkreisen unterwegs -, nehme ich dort eine andere Problembeschreibung durch die Menschen wahr. Ich bin noch nie auf einer Veranstaltung angesprochen worden, dass jemand gesagt hätte: Schafft doch einmal die Einheitsschule! - Ich erlebe, dass sich die Menschen darüber Sorgen machen, ob ihr Sohn nach der Haupt- oder der Realschule ausbildungsreif ist und einen Ausbildungsplatz bekommt. Ich erlebe, dass sich die Leute Gedanken machen, ob
das Kind nach Studienabschluss tatsächlich in Lohn und Brot kommt. Ich erlebe, dass die Leute Angst haben, dass ihr Kind in der Grundschule zu wenig Unterricht erhält und hinterher nicht weiterkommt. Das sind die Sorgen, von denen ich höre. Diese Sorgen werden durch Ihre Einheitsschule überhaupt nicht beseitigt. Insofern bauen Sie hier ebenso einen Popanz auf, wenn Sie auch eine Beschreibung der Idylle liefern, die Sie damit schaffen wollen.
Meine Damen und Herren, die entscheidende Botschaft von PISA ist nicht gewesen, das Schulsystem zu ändern. Sie bezog sich auch nicht auf die Klassengrößen, sondern die entscheidende Botschaft von PISA war die Qualität des Unterrichts. Darauf muss man es immer wieder reduzieren.
Wir müssen an die Bildungspolitik herangehen. Da spielt die Lehrerausbildung, spielen auch viele andere Punkte eine Rolle. Wir müssen in der Bildungspolitik dafür sorgen, dass der Unterricht qualitativ gut ist. Das kann er im jetzigen Schulwesen sein. Wir werden sehr viel Energie darauf verwenden, ein neues Schulwesen zu schaffen, ohne dabei die von Ihnen vorgeschlagene Änderung einzuführen.
Ein letztes Wort, weil Sie, Frau Erdsiek-Rave, immer wieder die schöne neue Welt beschreiben. Es ist nicht so. Man soll das auch nicht romantisieren. Frau Spoorendonk sagt, was die kleine Einheitsschule anbelangt, gibt es verschiedene Modelle. Die kleine Einheitsschule gibt es nicht. Die Einheitsschule von der 1. bis zur 10. Klasse unter einem Dach, die Sie wollen, ist eine große Schule. Sie wird nur durch Schulschließungen zustande kommen. Die Einheitsschule von Klasse eins bis zehn unter einem Dach bedeutet,
dass sie nur dort eingeführt werden kann, wo Grundschule, Hauptschule und Realschule an einem Ort vorhanden sind. Dort, wo sie nicht an einem Ort vorhanden sind, müssen denklogisch Schulschließungen und -zusammenlegungen vorgenommen werden.
Insofern werden wir erleben, dass die Einführung der Einheitsschule in der Fläche einen Bildungsabbau bedeuten wird. Den machen wir nicht mit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, es ist richtig, dass wir mit dem Landesbesoldungsgesetz Bundesrecht umsetzen. Es gehört aber auch zu der Wahrheit, daran zu erinnern, dass diese so genannte Dienstrechtsreform der ganz große Wurf von Bundesbildungsministerin Bulmahn zur Modernisierung der Hochschulen werden sollte. Inzwischen ist es so, dass einer der ganz wesentlichen Teile, nämlich die bundesweite einheitliche Einführung der Juniorprofessur, ein juristisch klägliches Schicksal vor dem Bundesverfassungsgericht erlitten hat.
Auch von der Einführung der W-Besoldung ist kein großer Schub oder eine besonders durchgreifende Verbesserung der Lage an den Hochschulen zu erwarten. Das gilt insbesondere für ein finanziell so heruntergewirtschaftetes Land wie Schleswig-Holstein. Herr Kollege Weber, anders als Sie es hier darstellen, ist es so, dass die Hochschulen in den finanziell besser aufgestellten süddeutschen Bundesländern mit der
Einführung der W-Besoldung in einer deutlich besseren Position als bisher sind.
Der Punkt ist: Die W-Besoldung koppelt die Höhe der Leistungszulagen für Professoren - und damit ihre Gehälter insgesamt - an die finanzielle Ausstattung der jeweiligen Hochschule. Von den schleswigholsteinischen Hochschulen wissen wir nicht erst seit dem Erichsen-Gutachten, dass sie im Bundesschnitt chronisch unterfinanziert sind, während die finanzielle Ausstattung der Hochschulen vor allem in den südlichen Bundesländern sehr viel besser ist.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass besser ausgestattete Hochschulen mehr Wissenschaftlern höhere Zulagen gewähren können, als dies schlechter ausgestatteten Hochschulen - etwa in Schleswig-Holstein - gelingen kann. Dadurch verlieren wir hier an Attraktivität.
Das sieht man nicht zuletzt an dem gesetzlich festgelegten Besoldungsdurchschnitt für Professoren. Der Minister hat es dargelegt: Der liegt in SchleswigHolstein für Fachhochschulprofessuren bei 59.808 €. Bei den Universitäten und gleichgestellten Hochschulen liegt er bei 66.812 €. Damit sind die durchschnittlichen Besoldungsausgaben in Schleswig-Holstein geringer als in den meisten anderen Bundesländern. Bei den Universitäten liegt Schleswig-Holstein an drittletzter Stelle. Nur noch Sachsen und SachsenAnhalt zahlen ein niedrigeres Professorendurchschnittsgehalt. Daran zeigt sich, dass die schleswigholsteinischen Hochschulen bei den Ausgaben für Professorengehälter in einer schlechten Startposition sind.
Ohnehin ist die Einführung der W-Besoldung schwierig, weil sie für weite Felder der Wissenschaft den Professorenberuf weniger attraktiv macht. W 3 ist weniger als ehemals C 4. W 2 ist weniger als ehemals C 3. Rechnerisch ist es klar: Um die Kostenneutralität einhalten zu können, muss das Grundgehalt erst einmal sinken, bevor Spielräume für Leistungszulagen geschaffen werden. Für weite Felder der Wissenschaft, in denen diese Leistungszulagen nicht gezahlt werden können, wird die Attraktivität, tatsächlich in den Hochschullehrerberuf zu gehen, geringer.
Davon werden vor allem die Fachhochschulen betroffen sein, die darauf angewiesen sind, dass sie ihr Lehrpersonal tatsächlich aus aktiven wirtschaftlichen Berufen rekrutieren. Ein niedriges Grundgehalt, ungewisse Leistungsbezüge und ein abgesenktes Ruhegehalt sind dafür nicht gerade förderlich.
Herr Kollege Weber, Sie sind sehr nonchalant über das besondere Problem hinweggegangen, das sich für die C-2-Professoren an Fachhochschulen ergibt. C-2Professoren machen 40 % der Professoren aus, die an den Fachhochschulen in Schleswig-Holstein lehren. Denen ist ursprünglich in Aussicht gestellt worden, in einer Art Regelbeförderung nach C 3 befördert zu werden, um dann auf einer C-3-Stelle weiterarbeiten zu können.
Nun ist es so, dass die Besoldungsgruppe W 3 sowohl für die C-2- als auch für die C-3-Professoren gilt. Auf der anderen Seite sagt das Gesetz, dass die Zahl der W-3-Professoren an Fachhochschulen nicht höher sein darf als 10 %. Das heißt, dass diejenigen, die mit C 2 angefangen haben und die Erwartung haben konnten, irgendwann einmal auf C3 zu landen, diesen Weg verschlossen sehen. Das ist nicht ein Problem der bundesweiten Regelung, sondern das ist ein Problem der landesrechtlichen Umsetzung, weil BadenWürttemberg über Zulagen einen Weg für C-2Professoren gefunden hat. Baden-Württemberg hat ermöglicht, was diese Landesregierung für die Professoren an Fachhochschulen offenbar nicht erreichen möchte.
Lassen Sie mich zum Schluss ein grundsätzliches Wort sagen: Ich bin der Auffassung, dass sich die Landesregierung mit dem vorliegenden Entwurf der Professorenbesoldung in Widersprüche verwickelt. Sie geben den Hochschulen - hochschulpolitisch gesehen - mit diesem Gesetz in Bezug auf die Verhandlung der Gehälter zwischen den Hochschulen und den Professoren ein Höchstmaß an Eigenständigkeit und Autonomie. Diese Autonomie und Eigenständigkeit verwehren Sie den Hochschulen aber bei dem parallelen Gesetzentwurf, den wir zum Hochschulgesetz beraten, wenn Sie den Universitäten nicht die Gelegenheit geben, die C-4-Professoren auch tatsächlich selber zu berufen. Wir sind der Auffassung: Wer den Hochschulen mehr Freiräume bei der Besoldung gibt, der muss ihnen auch mehr Freiräume bei der Berufung geben. Deshalb wäre es gut, wenn die Hochschulen in Zukunft die C-4-Professoren selber berufen dürften.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ministerin hat es angesprochen, dass mit diesem Gesetzentwurf die Landesregierung den Versuch unternimmt, die verschiedenen Bestimmungen im Bestattungswesen zu bündeln und zu einem Gesetz zusammenzuführen. Es ist richtig, dass das geschehen muss. Das gibt auch die Gelegenheit, eine gesellschaftliche Diskussion über einige Fragen und Aspekte der Bestattungskultur in diesem Land zu führen. Es ist ebenfalls eine gute Gelegenheit, einige Bestimmungen zu überprüfen.
Ich glaube allerdings, man muss voranstellen, dass die Basis einer jeglichen gesetzlichen Neuregelung einzelner Bestimmungen nicht nur die Frage sein darf, welche Bestattungsarten der einzelne heute für sich beanspruchen kann, sondern es geht ebenso darum, abzuwägen, in welcher Weise sich Veränderun
gen auf das Erscheinungsbild unserer Friedhöfe und damit auf die Bestattungskultur insgesamt auswirken.
In der Bestattungskultur einer Gesellschaft bildet sich nicht nur das Verhältnis des Einzelnen zu seinem eigenen Tod ab, sondern auch der Umgang einer ganzen Gesellschaft mit dem Thema Tod überhaupt. Deshalb muss man aufpassen, dass gesetzliche Neuregelungen nicht zu Wirkungsverstärkern werden für gewisse gesellschaftliche Tendenzen zu einer weiteren Anonymisierung des Todes oder zu einer - teilweise ja schon vorhandenen - Entsorgungsmentalität.
Deshalb ist es richtig, dass die Landesregierung in dem vorliegenden Gesetzentwurf ursprünglich einmal angedachte Veränderungen, die noch im Referentenentwurf standen, korrigiert hat, etwa die allgemeine Abschaffung der Sargpflicht oder einer Privatisierung von Friedhöfen.
Lassen Sie mich einige Worte zu der jetzt gefundenen Ausnahme von der Sargpflicht sagen. Die Ministerin hat es angesprochen: Wir haben Veränderungen in der Bestattungskultur. Ein Punkt, wo wir diese gesellschaftlichen Änderungen besonders feststellen, ist die Heterogenität der Religionszugehörigkeit in der Bevölkerung, die wir früher nicht hatten. Aus dem Grund müssen wir denjenigen, die einer Religionsgemeinschaft angehören, welche andere Bestattungsformen vorsieht, diese Möglichkeit auch geben. Deshalb unterstützt die CDU-Fraktion die vor allem auf Intervention der Kirchen gefundene Regelung, die Ausnahme von der Sargpflicht auf religiöse Gründe zu beschränken. Eine allgemeine Abschaffung der Sargpflicht hätte in der Tat beinhaltet, dass es zu einer Art billiger Beisetzungsform kommen würde.
Wichtig ist aber, wie gesagt, dass diejenigen, die anderen Religionsgemeinschaften angehören, die Möglichkeit haben, etwa mit einem Leichentuch beigesetzt werden. Das bezieht sich in Deutschland nicht nur, aber vor allem auf die 3,25 Millionen Moslems, die wir in Deutschland haben.
Gängige Praxis ist derzeit, dass verstorbene Moslems in ihre Heimatländer zurückgeflogen und dort beerdigt werden. Für die zweite und dritte Generation von Moslems, die in Deutschland geboren sind, ist aber Deutschland die Heimat. Deswegen ist es gut, Ihnen die Möglichkeit zu geben, hier in Deutschland nach ihren Riten beigesetzt zu werden. Das ist auch ein Beitrag zur Integration, der dringend geleistet werden muss.
Erleichtert bin ich darüber, dass die Privatisierung von Friedhöfen aus dem Gesetzentwurf weitgehend
verschwunden ist. Frau Ministerin, Sie sprachen vom Untergang des Abendlandes und von der Emotionalität. Es handelt sich nun einmal um ein emotionales Thema, wenn wir über Tod und Beerdigung sprechen. Insofern glaube ich, dass Sie in diesem Punkt die Diskussion entschärft haben; und dafür zolle ich Ihnen Respekt.
Ich will vor allem sagen: Wir sind normalerweise eine Partei, die für Privatisierung ist. Aber ich würde das Beerdigungswesen von den übrigen Tummelplätzen der Privatisierungsdebatte trennen wollen. Denn ich glaube, dass sich die auf Dauerhaftigkeit angelegte Totenruhe mit einer Privatisierung nicht gut verträgt. Ich glaube - auch Sie haben es erwähnt -, dass Privatisierungstendenzen einen Kostendruck auf die bestehenden Friedhöfe auslösen würden, sodass wir das, was wir jetzt an Grünanlagen und auch an Würde den Friedhöfen zur Verfügung stellen, dann nicht mehr vorfänden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein Wort auch zu den Totgeburten sagen. Es ist in der Tat das schwierigste Thema, das wir in den Ausschüssen zu beraten haben werden. Es geht dabei um diejenigen Totgeburten zwischen 500 und unter 1.000 g, bei denen im Moment eine Bestattung durch die Eltern möglich, aber nicht vorgeschrieben ist. Ich halte es wegen der besonderen Belastung, der Eltern bei einer Fehl- oder Totgeburt ausgesetzt sind, für richtig, dass man die Eltern nicht dazu verpflichtet, ihr Kind selbst zu beerdigen.
Ich glaube, wir müssen uns aber auch die Frage stellen, was denn mit der Totgeburt passiert, wenn die Eltern sie nicht beisetzen. Im Moment ist eine Formulierung gefunden worden, die, wie ich finde, sehr würdig ist, dann aber am Ende darauf hinausläuft, dass die Totgeburten als Klinikabfall beseitigt werden. Es ist meine persönliche Auffassung, dass Totgeburten schon kleine Menschen sind und kein Klinikabfall.
Insofern trete ich dafür ein, dass wir im Ausschuss noch einmal darüber beraten, ob man nicht auf jeden Fall eine Beerdigung - durch die Eltern oder die Klinik - vornimmt. Es handelt sich um eine Position, die wir auch mit den Kirchen noch einmal beraten müssen. Die Kirchen haben sich dazu schon geäußert. Aber es ist einer der Punkte, die wir auch noch fraktionsübergreifend beraten müssen. Es ist ein heikler, ein sensibler Punkt, über den wir uns sicherlich noch einmal auseinander setzen müssen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal gemeldet, um zu erläutern, warum es in der vierten Runde zum Staatsstreich kam. Der Kollege Klug, der Kollege Arens und ich haben eigentlich nur die Agenda 2010 von Herrn Schröder verfolgt. Da war es dann irgendwann vorbei. Das passiert, wenn man nicht rechtzeitig umschaltet!
Ein Wort zu Ihnen, Frau Birk. Ich glaube, das, was Sie hier versucht haben, ist ein ungehöriger Versuch, aufgrund auch in der Bundesrepublik wirklich veränderter Lebensverhältnisse das Thema bei uns abzuladen und uns vor die Füße zu legen, wir hätten angeblich ein veraltetes Familienbild und deshalb würde es nicht funktionieren. Frau Birk, Sie müssen die geänderten Lebensverhältnisse doch zur Kenntnis nehmen! Das ist das Angebot, das Sylvia Eisenberg gemacht hat. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass das bedeutet, dass die Schule in sehr viel stärkerem Maße die Dinge auffangen muss, die in den Familien - egal, wie sie zusammen gesetzt sind - bei der Erziehung nicht mehr geleistet werden. Das ist eine zwingende Aufgabe, die Schule zu erfüllen hat. Das ist das, was die Kollegin Eisenberg angesprochen hat.
Noch einmal zu dem Thema des Zentralismus und des ständigen Prüfens und so weiter: Frau Erdsiek-Rave, ich glaube, das eigentliche Thema besteht darin: Wir müssen uns in der Schulpolitik und in der Bildungspolitik insgesamt sehr viel mehr über eine Ergebnisorientierung der Schullaufbahnen und der Schulbil
dung unterhalten. Das ist eines der Hauptprobleme, das wir haben.
Schulbildung muss zu etwas führen. Die Schulbildung muss am Ende der Hauptschule dazu führen, dass Hauptschüler ausbildungsfähig und ausbildungsreif sind. Das ist in den vergangenen Jahren versäumt worden.
Es ist richtig, dass wir das mit unserem Antrag noch einmal ansprechen. Es ist auch nicht das Problem, ob wir ein 10. Hauptschuljahr brauchen oder nicht. Das Thema ist die Frage, was in den neun Hauptschuljahren davor geschieht. Frau Erdsiek-Rave, da lassen wir uns von Ihnen nicht nach dem Motto den Mund verbieten: Jeder, der über die Hauptschule redet, redet die Hauptschule schlecht. Ich sage Ihnen: Der schlechteste Dienst, den wir der Hauptschule erweisen können, ist es, über die objektiven Probleme dieser Schulart nicht mehr zu reden. Wenn wir aufhören, über die Hauptschule zu streiten, dann haben wir sie in der Tat abgeschrieben. Das ist mit uns nicht zu machen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Ladenschluss wird die Debatte um die Öffnungszeiten im Einzelhandel und die Frage der Liberalisierung auf der einen Seite und Regulierung auf der anderen Seite mehrfach auch noch den Landtag beschäftigen, weil die Zuständigkeit dafür den Ländern zugewiesen worden ist. Unserer Auffassung nach soll es so sein, dass die Öffnungszeiten während der Woche tatsächlich möglichst weitgehend freigegeben werden.
Heute haben wir es aber nicht mit Regulierungen und Öffnungszeiten während der Woche zu tun, sondern heute haben wir es mit dem Schutz von Sonn- und Feiertagen zu tun. Auch hier geht es um die Frage, wieweit und was der Staat an Betätigung wirtschaftlicher und freizeitmäßiger Art regulieren soll.
Der Sonn- und Feiertagsschutz ist aber nicht nur eine Angelegenheit der Verwaltungsvereinfachung. Hierbei geht es auch um die Frage, welchen Rhythmus wir als Gesetzgeber dem öffentlichen Leben noch geben wollen.
Zugleich gilt es einem gesellschaftlichen Wandel Rechnung zu tragen, der sich nicht nur in einem geänderten Freizeitverhalten widerspiegelt, sondern vor allem in mehr Ansprüchen an die Freizeitgestaltung insgesamt. Diese Ansprüche sind abzuwägen gegen eine verfassungsmäßig vorgegebene Schutzwürdigkeit von Feiertagen, die sich im Fall der kirchlichen Feiertage nicht aus der Zahl der aktiven Christen herleiten lässt, sondern aus einer über die Jahrhunderte gewachsenen Feiertagskultur.
Der Sonn- und Feiertagsschutz ist mehr als nur ein Minderheitenschutz für Kirchgänger.
Im Wesentlichen ging es bei der Novellierung des Gesetzes um zwei Punkte, einmal um die Ausweitung der Öffnungszeiten. Die CDU-Fraktion trägt die Öffnung von Autowaschanlagen und die Verlängerung der Öffnungszeiten für Videotheken, Fitness- und Bräunungsstudios sowie Saunen an Sonntagen mit. Wir tun das nicht nur, weil wir einen gesellschaftlichen Wandel in diesem Fall anerkennen, sondern weil wir die derzeitige Konstruktion der Öffnungszeiten für nicht dauerhaft tragbar halten. Die Lebenswirklichkeit in diesen Feldern ist so, wie sie ist, und der derzeitige Formelkompromiss im Gesetz lässt sich argumentativ nicht dauerhaft halten.
Der zweite große Punkt, auch bei der Anhörung, war die Frage der Umstellung des Sonntagsschutzes auf die konkrete Störung. Das Kernstück des Gesetzentwurfs ist tatsächlich die Umstellung des Sonntagsschutzes von der abstrakten Störung, wie wir es im gegenwärtigen Gesetz haben, hin zu einer konkreten Störung mit der Begründung, dass der Erholungscharakter der Sonn- und Feiertage gesellschaftlich an Bedeutung gewonnen hätte.
Die CDU-Fraktion hält an einem konsequenten Sonntagsschutz fest und will den Charakter der Sonn- und Feiertage erhalten wissen. Zu dem Charakter der Sonn- und Feiertage gehört, dass sie einen allgemeinen und einheitlichen Schutz genießen. Wir glauben, dass die alten Bestimmungen des bestehenden Gesetzes dieser allgemeinen und einheitlichen Schutzwürdigkeit besser Geltung verschaffen.