Protocol of the Session on May 27, 2004

Login to download PDF

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung. Erkrankt sind Frau Abgeordnete Irene Fröhlich und Herr Abgeordneter Bernd Schröder, denen wir von hier aus gute Besserung wünschen.

(Beifall)

Beurlaubt sind der Herr Abgeordnete Dr. Johann Wadephul und wegen dienstlicher Verpflichtungen auf Bundesebene Herr Minister Dr. Stegner.

Ich möchte zunächst unsere Gäste auf der Besuchertribüne begrüßen, und zwar von der Erich-KästnerHauptschule aus Silberstedt. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Zur Bahnreform und zum Schienenpersonennahverkehr in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/3430

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache.

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Poppendiecker.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute Morgen beschäftigen wir uns wieder einmal mit einem Thema, das - ähnlich wie Schulthemen - hier im Landtag recht selten erörtert wird, die Bahn, die Bahnreform, der SPNV.

(Heiterkeit)

Die Bahn ist eine unendliche Geschichte, überlegt man, wie oft wir uns mit dem Thema befasst haben, wie oft wir Gespräche geführt haben. Uwe Eichelberg weiß das, Frau Aschmoneit-Lücke weiß das, wie oft wir in Berlin waren, wie oft wir mit Herrn Mehdorn - übrigens ein glasharter Mann - gesprochen haben. Es gab unzählige Schreiben, nicht allein von mir; es ist bekannt, dass ich gern einmal einen Brief schreibe. Viele Dinge haben nichts genutzt, obwohl wir gehofft hatten, dass einige Dinge in unserem Land - ich komme noch einmal darauf zurück - ein bisschen besser gelaufen wären.

Die Bahnreform, vor einigen Jahren eingeführt, sollte einige Dinge in Bewegung bringen, nämlich den Durchbruch, mehr Verkehre auf die Schiene zu be

kommen. Sie sollte privatwirtschaftlich geführt werden. Sie sollte den Nimbus einer Behördenbahn ablegen. Es ist nicht überall gelungen.

Im Fernverkehr sind die Fahrgastzahlen zum Teil rückläufig. Im Güterverkehr sind sie rückläufig; da gibt es einen gewissen Ausgleich dadurch, dass inzwischen private Anbieter auf der Schiene sind. Im SPNV sieht es eigentlich ganz gut aus. Durch die Finanzierung der Länder, durch das, was die Länder gemacht haben, sind sehr viele Dinge ins Positive gekommen.

Man muss an dieser Stelle aber auch eines sagen. Die Bahn ist über Jahrzehnte vernachlässigt worden. Da lasse ich keine Bundesregierung aus. Die Bahn ist vernachlässigt worden. Es gab Jahrelang nur Stilllegungen, selten eine neue Strecke, die in Betrieb genommen wurde, keine Elektrifizierung in SchleswigHolstein.

Wie sieht es heute aus? - Die Bahn ist wichtiger denn je. Sie ist nach wie vor ein wichtiger Verkehrsträger, zum Beispiel für Massengüter. Wie gesagt, hier schafft sie einige Dinge nicht.

Die Landesregierung hat vor einigen Jahren die Weichen gestellt, indem sie die Elektrifizierung Hamburg-Flensburg und Hamburg-Kiel vorangetrieben hat. Vorher war dieses Land ohne jegliche Elektrifizierung. In den letzten Jahren sind die Taktverkehre eingeführt worden, von den Menschen sehr gut angenommen. Es hat neue Streckeneröffnungen gegeben. Neue Haltepunkte wurden eingerichtet, die zum Teil besser angenommen werden, als man dachte.

Private Anbieter, die wir in unserem Land haben - ob es die NOB ist, ob es die AKN ist - zeigen der Deutschen Bahn AG inzwischen, wie es geht. 20 % mehr Fahrgäste sind das positive Fazit. Neue Fahrzeuge locken neue Kunden. Neue Angebote, Pünktlichkeit, Frühstück im Zug, Zeitung im Zug sind Dinge, die positiv angenommen werden. Aber, meine Damen und Herren, wir sind immer noch nicht zufrieden. Wichtige Ziele für die nächsten Jahre sind im landesweiten Nahverkehrsplan aufgeführt: neue Strecken im Takt, weitere Haltepunkte, um das Land bahnmäßig im SPNV weiter zu vernetzen.

Aber wir wollen auch ein Mitspracherecht beim Einsatz von Bundesmitteln. Wir wollen wissen: Wo lässt die Bahn eigentlich das Geld, das sie für all diese Dinge bekommt, für die Infrastruktur, für den Ausbau von Bahnhöfen? Das Thema ist ein besonderes Thema. Darüber müssen wir nicht reden, denkt man allein daran, wie lange die Restaurierung des Kieler Bahnhofs dauert. Das ist schon beschämend. Wir wollen sehen, wie lange Lübeck dauern wird.

9004 Schleswig-Holsteinischer Landtag (15. WP) - 116. Sitzung - Donnerstag, 27. Mai 2004

(Gerhard Poppendiecker)

Dass der Bund im Moment die Mittel kürzt, ist natürlich ein bedauerlicher Schritt. Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir eigentlich möchten. Es ist im Moment aber natürlich schwierig, die Mittel zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind. Ich frage mich jetzt, Herr Minister: Sollen wir glücklich sein, dass wir die Elektrifizierung der Strecke Hamburg - Lübeck nun doch bis zum Jahr 2008 bekommen? Es wäre uns natürlich lieber gewesen, man hätte die ersten Masten jetzt im Mai aufstellen können.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen über diese Dinge hier nicht reden. Der Maut-Flop hat uns dies eingebracht. Das ist so.

Wir möchten in Zukunft ein bisschen mehr Transparenz beim Streckenausbau haben. Wir möchten als Land gewissermaßen dabei sein, wenn es darum geht, wo die Mittel verplant werden.

Für den Fernverkehr wünschen wir uns, dass die Fernverbindungen nach wie vor erhalten werden, die wir heute haben, und dass wir möglichst neue Fernverbindungen bekommen. Wir wünschen uns, dass Hamburg nicht der Endpunkt für SchleswigHolstein ist, an dem alle Fahrgäste umsteigen müssen. Das Gleiche gilt für die Anbindung unserer Fremdenverkehrsgebiete - sei es Ostholstein, sei es die Nordseeküste, wo im Gegensatz zu Mecklenburg-Vorpommern noch einiges zu tun ist.

Zur Elektrifizierung hatte ich schon etwas gesagt. Wir hatten alle gehofft - ich wiederhole meine Bitte in dieser Hinsicht -, dass wir in diesen Fragen gemeinsam arbeiten, dass wir uns nicht zerstreiten, sondern unsere Forderungen nach wie vor gemeinsam erheben, um hier wirklich zu einer vernünftigen Lösung zu kommen.

(Beifall bei der SPD)

Weiterhin ist der Ausbau der Strecke Lübeck-Kiel notwendig, wobei irgendwann eine Elektrifizierung vorzunehmen ist. Die Strecke Pinneberg-Elmshorn mag ich schon gar nicht mehr in den Mund nehmen. Als ich vor 17 Jahren in den Landtag kam, hieß es, dass der Ausbau der Strecke Pinneberg-Elmshorn dringend notwendig ist. Das ist 17 Jahre her! Bis heute wurde mit diesem Ausbau noch nicht angefangen. Ich bin jetzt aber voller Hoffnung, dass es doch noch klappt.

Hinzu kommt, dass das Nadelöhr Hamburg - darauf muss auch dieses Land achten - beseitigt werden muss.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Es nützt schließlich alles nichts, wenn wir in Hamburg ankommen und dort nichts mehr durchgeht. Dort haben wir es bis heute mit erheblichen Problemen zu tun.

Lieber Günther, wir brauchen einen planerischen Anschub für eine Querung des Nord-Ostsee-Kanals im Bereich Rendsburg und - damit verbunden - unbedingt auch die Sanierung der jetzigen Hochbrücken Hochdonn und Rendsburg. Auch das ist inzwischen eine ewige Geschichte.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir brauchen auch die Anbindung der Flughafenbahn NeumünsterHamburg/Flughafen-Hamburg/Hauptbahnhof. Das ist ein dringendes Bedürfnis.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Eine weitere Forderung ist für uns die Trennung von Netz und Betrieb. Obwohl sich die Situation in den letzten Jahren etwas verbessert hat, ist die Diskriminierung seitens der Bahn gegenüber Privaten immer noch vorhanden. Ich denke, hier muss etwas geschehen. Es ist übrigens auch eine europäische Forderung, das Netz vom Betrieb zu trennen. Dann könnten auch die privaten Bieter, die immer noch gewisse Schwierigkeiten haben, besser arbeiten. Ganz wichtig - Herr Minister, Sie haben das mehrfach gefordert - ist auch die Abstimmung des Fernverkehrs im Fahrplanwesen mit dem SPNV. Es kann nicht angehen, dass für den Fernverkehr plötzlich ein neuer Fahrplan vorgelegt wird, ohne dass dabei darüber nachgedacht wird, welche negativen Konsequenzen sich dadurch für den Taktverkehr ergeben. Es sollte nicht so sein, dass alles nicht mehr passt, wenn plötzlich die Züge aus Hamburg, Kiel oder von sonstwo zu ganz anderen Zeiten fahren.

Zum Börsengang der Bahn brauche ich nichts zu sagen. Persönlich bin ich der Meinung, dass der Börsengang der Bahn im Jahre 2005, von Herrn Mehdorn forciert, zu früh ist. Bevor die Bahn an die Börse geht, müsste das Netz abgetrennt werden, sodass der Bund die Verantwortung dafür hat. Das Gleiche gilt für die Trassenpreise. Auch hier muss mehr Transparenz vorhanden sein. Es muss klar sein, zu welchen Kosten was im Angebot ist.

Meine Damen und Herren, ich denke, die Bahn hat Zukunft. Die Bahn hat in unserem Land besonders viel Zukunft, und zwar deshalb, weil die Regierung in den letzten Jahren die Weichen für ein gutes Angebot im SPNV gestellt hat. Ich denke, diese Linie werden wir weiter verfolgen. Mehr als 20 % Zuwachs bei den Fahrgästen beweist, dass die Schiene eine Zukunft

Schleswig-Holsteinischer Landtag (15. WP) - 116. Sitzung - Donnerstag, 27. Mai 2004 9005

(Gerhard Poppendiecker)

hat. Im Güterverkehr gilt das Gleiche. Man muss in diesem Zusammenhang einmal an die Vereinigten Staaten denken, wo man im Güterverkehr teilweise zweistellige Zuwachsraten pro Jahr hat. Packen wir es also an! Wenn wir diese Aufgabe gemeinsam angehen, werden wir die Bahn noch besser, noch schneller, noch moderner, noch pünktlicher und noch sauberer in unserem schönen Land fahren lassen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Eichelberg.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Gerhard Poppendiecker, deine Ausführungen stoßen bei uns natürlich auf Verständnis.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wir kennen uns ja seit längerem. Das Ansinnen des Antrages ist uns aber trotzdem etwas verborgen geblieben. Es gibt hier im Landtag ganz klare Beschlüsse. Zu diesen stehen wir schon seit vielen Jahren. Das Einzige, was sich immer ändert, sind die Ankündigungen von Terminen, wann die Maßnahmen beginnen.

(Beifall bei CDU und FDP)