Protocol of the Session on June 21, 2002

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Ich eröffne die Sitzung und darf allen einen schönen guten Morgen wünschen. Ich bitte, Platz zu nehmen. Der letzte Spielstand im Spiel England gegen Brasilien ist 2:1 für Brasilien.

(Beifall - Lothar Hay [SPD]: Ich bitte um ständige Übermittlung!)

Ich teile mit, dass niemand erkrankt ist. Beurlaubt sind die Abgeordneten de Jager, Dr. Graf Kerssenbrock

(Heinz Maurus [CDU]: Er sitzt dort!)

- ich muss das korrigieren: der Abgeordnete Graf Kerssenbrock ist anwesend

und Dr. Wadephul. Wegen dienstlicher Verpflichtungen auf Bundesebene sind beurlaubt Frau Ministerin Lütkes, Frau Ministerin Moser und Herr Minister Möller.

Wir treten wieder in die Tagesordnung ein. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf:

Agrarreport

Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/1925

Bericht der Landesregierung

Ich frage: Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Dem ist nicht so.

Mit dem Antrag ist von der Landesregierung ein Bericht in der heutigen Tagung erbeten worden. Zu diesem Bericht darf ich zunächst der Frau Landwirtschaftsministerin Franzen für die Landesregierung das Wort erteilen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Agrarbericht ist eine freiwillige Leistung des Ministeriums für ländliche Räume

(Beifall des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

und das bereits seit 50 Jahren. - Jetzt bitte klatschen.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und CDU)

Er wird leider nur sehr selten im Landtag diskutiert. Deshalb bedanke ich mich bei den Antragstellern für diese Chance, ihn zu diskutieren, und das zu einem Zeitpunkt, zu dem wir das Ergebnis unseres Fußball

spiels noch nicht kennen. Ich denke, es ist ein guter Tag.

Der Agrarbericht bezieht sich - das wissen eigentlich alle Insider - auf das Wirtschaftsjahr 2000/2001, das seinen natürlichen Beginn am 1. Juli und sein Ende am 30. Juni hat. Deshalb - lassen Sie mich das zu Beginn sagen - ist die Kritik des Bauernverbandes, die Ministerin wisse auf den Höfen aktuell nicht Bescheid, wie jedes Jahr etwas daneben.

Die Kernaussagen des Berichtes sind - das will ich gern sagen -, dass die Landwirtschaft zunehmend ein Teil der Wirtschaft ist. Hier sage ich noch einmal ganz deutlich: nomen est omen. Deshalb sollte sie auf ihre Leistungen stolz sein, das Jammern nicht zur zweiten Bauernsprache erheben.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unbestrittene Wirtschaftsmaxime ist doch: Klappern gehört zum Handwerk. Das gilt auch für die Landwirtschaft, deren Leistungen ich voll anerkenne und lobe.

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Peter Jensen-Nissen [CDU])

Ich werde mich deshalb nie bremsen lassen, gute Nachrichten zu verkünden. Ich bin aber auch mit schlechten Nachrichten sehr offensiv. Das wissen Sie.

Die gute Nachricht heißt - Sie können es auf vielen Seiten nachlesen -: In dem Berichtsjahr 2000/2001 fuhr die schleswig-holsteinische Landwirtschaft die höchsten Gewinne pro Hektar ein. Das ist gut so. Die 19.200 Betriebe erreichten mit einer Steigerung von 20 % gegenüber dem Vorjahr einen durchschnittlichen Gewinn von 47.776,00 € und lagen damit gesamtdeutsch sogar vor Mecklenburg-Vorpommern. Auch da ein großes Kompliment. Gewinn wird so definiert, wie es in der Wirtschaft üblich ist. Das ist nicht das, was man auf die Bank packen kann. Das wissen wir. Das steht aber auch in dem Bericht.

Die Zahl der Betriebe ging wieder zurück, um 2,3 % auf 19.241. Aber auch das ist keine eklatante Abnahme. Die Durchschnittsrate der letzten 50 Jahre in diesem Bereich liegt bei etwa 2 %. Auch das ist ein ganz normaler wirtschaftlicher Strukturwandel, den die Ministerin nicht verhindern kann und nicht verhindern will.

Es ist der Bericht, der voll in die BSE-Krise fällt. Deshalb - ich verkürze die Aussagen etwas - ist erfreulich, dass der Bericht auch aufzeigt, dass die meisten Betriebe, die Rinderhalter sind, dank Milch gut durch die Krise gekommen sind. Wir haben 6.600 Milchviehhalter. Die durchschnittliche Leistung pro Kuh betrug 6.300 kg. Auch das war das Höchstni

(Ministerin Ingrid Franzen)

veau und zahlte sich auch in den Milchpreisen aus. Das ist die wichtige Nachricht, dass hier wirklich einmal bis zum Landwirt durchgezahlt wird.

Seien Sie unbesorgt. Ich habe mein Ohr in der Wirklichkeit und ich weiß sehr wohl, dass die aktuelle Entwicklung wieder rückläufig ist. Aber wir haben auch mittelfristige Daten. In dem Bericht sind Tabellen enthalten. Sie können sehen, dass zwischen 1991 und 2001 der Milchbereich um 10,4 % gestiegen ist und damit die Höchststeigerungsrate in den alten Bundesländern hat. Auch das gehört zur Wahrheit.

Wichtig zu sagen ist: Die Hauptbetroffenen der BSEKrise waren und sind die reinen Rindermastbetriebe, die etwa eine Zahl von 300 ausmachen.

Nun ist der Blick auf den Gewinn immer nur die halbe Wahrheit. Das sind etwa 50 %. Hinzu kommen die Ausgleichszahlungen, die mit 22.000 € pro Unternehmer hoch sind. Auch hier eine Spitzenleistung, die sich erklären lässt. Weil es Ausgleichszahlungen sind, haben wir gute Wirtschaftszahlen, haben wir gute Ausgleichszahlen. Das ist gut und richtig so. Insgesamt waren es 2001 285,2 Millionen € europäisches Geld, das wir gern an die Landwirte weitergeleitet haben. Aber auch diese Leistung muss insgesamt ins Verhältnis gesetzt werden zu den Forderungen des Bauernverbandes.

Wir haben Ihnen im Bericht zusätzlich aktuelle Dinge aufgezeigt, auch die Antwort der Landesregierung auf BSE, die „Qualitätstore“ heißt. Ich habe nicht die Zeit, darauf einzugehen.

Lassen Sie mich deshalb als Schlussbemerkung sagen: Der Agrarreport Schleswig-Holstein ist eine Fundgrube für alle Menschen mit klarem Blick, die wirklich wissen wollen, was im Bereich von Landwirtschaft, Gartenbau und Baumschulen los ist.

Wir bieten auch aktuelle Entwicklungen wie Qualitätstore, LEADER plus, Tourismuskonzept und integriertes Küstenzonenmanagement. Wir sind also auch in den Themen, die wir anbieten, flexibel. Für mich ist dieser Bericht eine Art Bibel. Er liegt stets an allen Orten, an denen ich arbeite, bereit. Das empfehle ich Ihnen auch.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion der SPD hat Herr Abgeordneter Friedrich-Carl Wodarz das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Rekordernten, kräftige Gewinne, Rekordgewinne, das waren die Schlüsselworte aller Überschriften in der Presse zum Agrarbericht 2002. Vorweg: Trotz BSE- und MKS-Krise und trotz dramatischer Verunsicherungen der Verbraucher konnte sich die schleswigholsteinische Landwirtschaft auf einem Agrarmarkt behaupten, der mittlerweile internationaler Konkurrenz ausgesetzt ist. Wir Sozialdemokraten freuen uns darüber.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Eigentlich sollten sich alle darüber freuen. Nur die CDU-Fraktion steht nörgelnd abseits. Ich hoffe, dass das Bild, das sich mir aus den Presseerklärungen bietet, korrigiert werden kann. Die Presseerklärungen zeigen in ihren wenigen Sätzen die Konzeptionslosigkeit der Partei in Fragen der Agrarpolitik. Da wird der Unsinn von einer Zerschlagung der Landwirtschaftskammer behauptet.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Jensen-Nissen [CDU])

- Lieber Kollege, ich zitiere Sie wörtlich. Dass die Kammer mittlerweile konstruktiv an der Umsetzung des Gesetzes arbeitet, scheint der Kollege JensenNissen überhaupt nicht wahrzunehmen. Zum wiederholten Male beklagen Sie das einseitige Setzen auf Ökobetriebe. Davor bemängeln Sie in einem Satz, dass „der Anteil der ökologisch wirtschaftenden Betriebe bei uns unter dem Bundesdurchschnitt liege“.

Ja, was wollen Sie eigentlich?

(Zuruf des Abgeordneten Peter Jensen-Nissen [CDU])

Mit diesen Aussagen widersprechen Sie sich ständig. Der Agrarreport 2002 macht deutlich: Gut ausgebildete Landwirte, gute klimatische und geologische sowie politische Rahmenbedingungen machen es in Schleswig-Holstein möglich, mit Landwirtschaft ein gutes Einkommen zu erzielen. So werden an junge landwirtschaftliche Unternehmer Signale gesetzt, dass es hier in Schleswig-Holstein für sie eine Zukunft gibt.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Einige haben ihre Zukunft hinter sich, die sollten sich nicht mehr diese Sorgen machen. Die Unternehmensgewinne für das Wirtschaftsjahr sind die besten, die jemals erzielt wurden. Die Ministerin hat gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 20 % genannt. Damit sind dies die höchsten Gewinne im gesamten Bundesgebiet. Das ist sehr interessant.

(Friedrich-Carl Wodarz)

Liebe Kollegin Happach-Kasan, wer wie Sie in Ihrer Pressemitteilung weiterhin gegen die verstärkten Bemühungen um artgerechte Tierhaltung polemisiert, hat auch nicht erkannt, dass eine gute Tierhaltung - gerade im Lichte von Skandalen - ein Qualitätsmerkmal für tierische Produkte darstellt, das unsere Wettbewerbsfähigkeit stärkt und keineswegs schwächt. Das ist ein fundamentales Missverständnis, das Sie noch nicht begriffen haben.

Wenn wir in Schleswig-Holstein ein Qualitätssicherungssystem einführen, das über die derzeitigen Standards hinausgeht, so sichern wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirtschaft. Mit den „Qualitätstoren“ und anderen Maßnahmen wollen wir erreichen, dass der gute Ruf der Produkte unserer Landwirtschaft weiter gefestigt und verbreitet wird, damit wir wieder sicherer gegen kriminelle Machenschaften bei uns werden und damit minderwertige Produkte bei uns keine Chance haben.