Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen allen einen schönen guten Morgen und eröffne die Sitzung.
Ich darf zunächst unsere Gäste begrüßen. Auf der Tribüne des Landtages haben Damen und Herren der Jugendfeuerwehr Bargteheide sowie Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrerinnen und Lehrern der Gesamtschule Neumünster-Faldera Platz genommen. - Ich darf Sie alle recht herzlich im SchleswigHolsteinischen Landtag begrüßen.
Es ist mir eine besondere Freude, heute ganz persönlich einem Geburtstagskind die herzlichsten Glückwünsche des Schleswig-Holsteinischen Landtages und seiner Mitglieder zu überbringen. Frau Abgeordnete Jutta Scheicht hat heute Geburtstag. - Herzlichen Glückwunsch!
Dann darf ich bekannt geben, dass Frau Abgeordnete Renate Gröpel beurlaubt ist. Damit sind die geschäftsleitenden Bemerkungen, soweit sie dem Präsidium vorliegen, erledigt.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abgeordneten Malerius.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Havarien finden häufiger statt, als es gemeinhin angenommen wird. Im Bereich politischer Havarien erweisen sich die Kollegen der Opposition derzeit ja sogar als wahre Experten.
Gott sei Dank sind es nur Schatten, die da auf Grund laufen, insofern ist der Schaden für unser Land gering.
Anders sieht es aus, wenn ein echtes Schiff vor der Küste Deutschlands verunglückt. In einem solchen Fall ist nicht nur das Meer betroffen, sondern die Folgen - insbesondere für Schleswig-Holstein - sind immens, um nicht zu sagen unabsehbar.
Die Ost- und die Nordsee prägen unser Leben, unsere Kultur und nicht zuletzt auch unseren Wirtschaftsraum. Das Thema Schiffssicherheit ist daher für uns als Land zwischen den Meeren ein zentrales und wir tun gut daran, uns mit großem Engagement diesem Thema zuzuwenden.
Schiffssicherheit ist dabei nicht nur eine Notwendigkeit zum Schutz unseres Landes, sondern sie bietet auch Chancen. Wir haben in Schleswig-Holstein im Bereich der Schiffssicherheitstechnik nicht unerhebliche wirtschaftliche Kernkompetenzen, die sich in einem Gesamtpaket - auch im Bereich von Mindeststandards auf Schiffen - zum Nutzen unseres Landes auswirken können.
Dieses Potenzial ist erkannt: Mit dem durch die Landesregierung angestoßenen Projekt „Zukunft Meer“ sollen mehr zukunftsfähige Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein geschaffen und Forschung und Innovation gestärkt werden. Zum Thema Meer gehören unter anderem der Sicherheitsraum, die maritime Sicherheit und auch das Thema Sicherheitsstandards. Insofern lohnt es sich, dieses Thema auch unter verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und voranzutreiben.
Der politische Handlungsbedarf zum Thema Schiffssicherheit ist unbestritten und auch erkannt. Die Ostsee gehört zu den am stärksten befahrenen Meeren der Welt. Prognosen zur Entwicklung des Seeverkehrs lassen noch eine erhebliche Zunahme in den nächsten Jahren erwarten. Dabei bringt insbesondere der Seetransport von Erdöl und Chemikalien große Gefahren mit sich. Vor diesem Hintergrund hat Schleswig-Holstein, die Landesregierung, Anfang Mai 2004 unter Beteiligung der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation, der Europäischen Agentur zur Sicherung der Seeverkehre und der HelsinkiKommission eine viel beachtete internationale Ostsee-Schiffssicherheitskonferenz in Kiel ausgerichtet. Die Teilnehmer haben sich als Ergebnis der Beratungen auf 14 vorrangige Vorschläge und Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen auf See und zur Verringerung negativer Umweltauswirkungen auf die Ostsee und ihre Küstengebiete verständigt. Mit dieser Konferenz und den Kieler Vorschlägen hat die Landesregierung einen verantwortungsvollen und erfolgreichen Beitrag zur Forcierung der Bemühungen um eine verstärkte Schiffssicherheit im Ostseeraum geleistet.
Das kann aber nur der erste Schritt gewesen sein. Wir sind nunmehr aufgefordert, die Vorschläge zu konkretisieren und mit wirksamen Maßnahmen zu begleiten, die das Maß an Sicherheit herstellen und die Potenziale, die uns die Meere bieten, auch zukünftig ausschöpfen. Eine zentrale Aufgabe der näheren Zukunft ist es dabei auch, die Maßnahmen in enger Zusammenarbeit aller Ostseeanrainerstaaten umzusetzen.
Essenziell ist aus meiner Sicht die verstärkte Zusammenarbeit auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene sowohl innerhalb der Staaten als auch grenzüberschreitend. Erfahrungen mit Schiffsunglücken haben gezeigt, dass grenzüberschreitende Vorbereitungen auf ein Desaster-Management bisher nicht installiert und supranationale Präventionsmaßnahmen dringend erforderlich sind. Der Handlungsbedarf ist also immens und wir haben seitens Landtag und Landesregierung Anstrengungen für eine gezielte Verbesserung dieser Situation vorzunehmen.
Wie kann dies im ersten Schritt konkret aussehen? Auf dem Gebiet des maritimen Unfallmanagements verfügen die Ostseeanrainerstaaten bisher über eigene Strukturen und Verantwortlichkeiten. In Deutschland ist hierfür das Havariekommando zuständig. Ziel muss es aber sein, noch stärkere und engere Kooperationsregime der nationalen Zentralstellen für Havariebekämpfung einzugehen. Ein weiterer Schritt in diese Richtung ist der Ostseekongress „Schiffsbrandbekämpfung und Verletztenversorgung auf See“.
Die Frage der Schiffssicherheit hat für SchleswigHolstein oberste Priorität. Wir alle hier in diesem hohen Haus sind aufgefordert, uns aktiv daran zu beteiligen. Denn sicher ist: Schleswig-Holstein kann sich eine Schiffshavarie nicht leisten und eine politische Havarie in diesem Bereich durch Nichtstun oder falsche Vorbereitung für den hoffentlich nie eintretenden Ernstfall schon gar nicht.
(Beifall des Abgeordneten Joachim Behm [FDP] Die Herstellung effektiver Schiffssicherheit ist Ver- antwortung für unser Land. (Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Malerius, zu Ihrer Havarieprognose zu Beginn Ihrer Ausführungen sage ich Ihnen nur: Passen Sie auf, dass Sie 2005 nicht zum „Grundgänger“ des Jahres werden!
In der Ostsee sind wir uns bei der Problemanalyse einig. Die Situation ist von zunehmendem Schiffsverkehr gekennzeichnet und wir wissen, dass die Gefahren durch Havarien und Schiffsunglücke in Zukunft nicht geringer werden, denn die Häfen Russlands und der baltischen Staaten werden immer häufiger Ausgangspunkte für Öltransporte sein. Die Schiffsbewegungen steigen heute bereits rasant an. Es passieren schon annähernd 50.000 Schiffe jährlich die Kadetrinne und so ist es wichtig, Gefahrenvorsorge zu treffen.
Das Beispiel des Tankers „Prestige“ hat uns bereits im Jahre 2002 einmal mehr vor Augen geführt, wie dramatisch so etwas sein kann. Sie sank vor der spanischen Küste nach einer weiten Reise von Lettland durch die gesamte Ostsee, den Großen Belt, Skagerrak, die Nordsee, die Straße von Dover und den Ärmelkanal. Aus purem Zufall ist die Katastrophe nicht bei uns eingetreten, aus purem Zufall sind wir vor unvorstellbaren Folgen für die Natur, die Fischerei, die Tourismuswirtschaft und unsere Infrastruktur verschont geblieben. Wir haben schlichtweg wieder einmal Glück gehabt.
Dies ist uns allen bewusst und von daher haben wir uns in diesem Hause viele Male mit der Schiffssicherheit auf unseren Meeren befasst und Forderungen in Richtung Bund, in Richtung EU und an andere Meeresanlieger gestellt. In der Tat gibt es eine Vielzahl von Beratungen im Deutschen Bundestag, im Europäischen Parlament und in der IMO, die sich mit unseren Anliegen befassen.
Wenn ich mir heute den Antrag von Rot-Grün ansehe, dann finde ich dort in der Tat nicht viel Neues, sondern vielmehr eine Zusammenstellung aktueller Diskussionslagen und Beschlüsse, erkenne manche Anregungen, die von uns oder auch der CDU/CSUBundestagsfraktion in die Diskussion eingebracht wurden, und frage mich: Was wollten die Antragsteller mit diesem Wiederholungsantrag, mit dieser Zusammenfassung der aktuellen Diskussion um mehr Schiffssicherheit eigentlich erreichen? Da kommt einem in den Sinn, dass es IHK-Untersuchungen gibt, in denen ein Großteil, was beide Regierungsfraktionen hier angesprochen haben, bereits enthalten ist, da
kommt einem in den Sinn, dass es auch eine große Studie gibt, von der Staatskanzlei in Auftrag gegeben, die um die 65.000 € gekostet hat und in der auch ein Teil dieser Punkte angesprochen ist. Hier muss man eines noch einmal feststellen: Wenn wir uns alles betrachten, die Situation und die Beschlusslage, so haben wir hier mit Sicherheit kein Beratungsdefizit, sondern vielmehr ein Handlungsdefizit und ein Umsetzungsproblem. Da ist dann die Ministerpräsidentin dieses Landes, liebe Frau Simonis, gefordert. Aber wir wissen ja, Berlin ist weit von den Meeren entfernt und der Einfluss von Heide dort nahe null.
Da helfen auch inszenierte medienwirksame Kongresse in Vorwahlkampfzeiten nicht weiter. Da wird uns auch das Begrüßen altbekannter Forderungen und die Wiederholung von Selbstverständlichkeiten nicht viel weiterbringen.
So ist es doch selbstverständlich, dass Pläne der Unfallmanagement- und der Hafensicherheitsbehörden miteinander vernetzt werden und die Ostseeanrainerstaaten im Bereich der Schiffssicherheit zusammenzuarbeiten haben. Da ist es doch selbstverständlich, dass Pläne für Notliegeplätze aufgestellt werden. Die Antragsteller fordern die Landesregierung auf, eine entsprechende Bund-Länder-Vereinbarung abzuschließen. Dabei ist doch bekannt, dass der erste Entwurf einer solchen Vereinbarung bereits aus dem Januar 2003 stammt. Das ist also wieder kein neuer, visionärer Vorschlag, sondern das Verkaufen alter Hüte, und darin hat unsere Ministerpräsidentin ja wahrlich ausreichend Erfahrung.
Bemerkenswert ist, dass Sie die Regierungsfraktion auffordert, tätig zu werden und sich für den Abschluss der Vereinbarung einzusetzen. Das zeigt auch, welches Vertrauen Sie selbst zu Ihrer eigenen Regierung haben.
Das Vorschreiben von Tankertransitrouten in der Ostsee sehen wir, wie ebenfalls schon diskutiert, als eine Möglichkeit zur Verbesserung des Seeverkehrs im Rahmen der verfügbaren IMO-Instrumente an. Ebenfalls ist die Stationierung von Notschleppern entlang der Hauptschifffahrtsroute eine sinnvolle Maßnahme. Der Vorschlag ist aber ebenfalls nicht neu.
So könnte ich jetzt, wenn ich nur ausreichend Zeit hätte, einen Punkt nach dem anderen aufnehmen bis hin zur Ausbildung, wo Dinge geregelt sind, bis hin zur Verantwortlichkeit der Flaggen- und Hafenstaaten, wo aktuelle Diskussionen laufen. Ich schließe
schlichtweg mit dem Satz: Dieser Antrag ist nichts anderes als die Zusammenfassung all dessen, was zurzeit in der aktuellen Diskussion ist. Wir sollten uns als Land Schleswig-Holstein darauf konzentrieren, die Dinge, die wir selbst in Angriff nehmen können, in Angriff zu nehmen und umzusetzen. Dann haben wir schon eine Menge zu tun. An den Verhandlungstischen auf internationaler Ebene sitzt die Bundesregierung und auch die hat in der Tat eine Menge zu tun.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Anfangsbemerkung: Herr Maurus, alles, was dieses schwierige Thema im Gespräch und in Bewegung hält, denke ich, nutzt.
Deswegen bedanke ich mich ausdrücklich bei den Antragsstellern, namentlich bei dem Kollegen Malerius für diesen Antrag und verzeihe ihm ausdrücklich, dass er nicht unterlassen konnte, ein bisschen Wahlkampf in seine Eingangsbemerkungen hineinzulegen.
Ich glaube, jeder von Ihnen weiß, dass insbesondere mir die Sicherheit in der Ostsee ein wichtiges Thema ist. Ich erinnere mich genau an die Bilder an der dänischen Küste vor drei Jahren nach dem damaligen Schiffsunfall in der Kadetrinne. Die Folgen für die Umwelt waren seinerzeit dramatisch. Tief im Binnenland entlang der Wasserstraßen waren Ölverschmutzungen aufgetreten. Ich erinnere mich auch daran, dass die deutsche Ostseeküste nur aufgrund für uns günstiger Winde nicht von den Ölverschmutzungen betroffen war. Seither ist viel geredet worden, insbesondere für die Problematik in der Kadetrinne ist wenig Konkretes geschehen. Ich wundere mich auch, dass hier von SPD und Grünen ein Antrag vorgelegt wird, der zwar auf einen verstärkten Lotseneinsatz in schwierigen engen Gewässern in der Ostsee hinwirken will, was unter anderem eine Lotsenpflicht in der Kadetrinne mit umfassen mag, klar gesagt wird dies aber nicht. Wir als Parlament sollten unsere Vorstellungen aber in dieser Sache klar äußern. Deshalb sage ich für meine Fraktion, dass wir eine verbindliche Lotsenpflicht in der Kadetrinne fordern.