Protocol of the Session on September 23, 2004

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fand die Diskussion eigentlich recht interessant, wobei ich bei dem Kollegen Wiegard manchmal nicht richtig weiß, was er will. Als es um die Finanzämter ging, ließ sich anscheinend nichts machen, ehe wir die große Steuerreform auf Bundesebene hingekriegt haben. Hier scheint es so zu sein, als könnten wir eine Vereinfachung der KFZ-Steuer nicht hinkriegen, ehe wir eine Reform des Föderalismus gemacht haben.

Lieber Kollege Wiegard, es kann doch nicht angehen, dass ein erster Schritt, nämlich eine Vereinfachung der KFZ-Steuer, dadurch blockiert wird, dass jetzt die Frage aufgeworfen wird: Wie wird es mit der Polizei und mit allen gesellschaftlichen Gruppen in Schles

(Anke Spoorendonk)

wig-Holstein aussehen? Wo soll der Zug hingehen? Was wollen wir mit dem Föderalismus machen? Was wollen wir überhaupt insgesamt? - So haben Sie hier argumentiert, lieber Kollege Wiegard. Das ist unter dem Strich doch eigentlich nur eine Blockadehaltung. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass wir uns mit der Frage der Vereinfachung der KFZ-Steuer ernsthaft auseinander setzen. Eine Umlegung auf die Mineralölsteuer ist der zweite Schritt. Darüber gibt es keinen Dissens.

Wenn man sich anguckt, wie groß der Verwaltungsaufwand ist und wie hoch die Steuerausfälle durch säumige Zahler an das Land ausfallen, dann muss man hier wirklich handeln und zu einer Vereinfachung kommen. Es gibt zwar die Möglichkeit - das sprach Kollegin Heinold an -, die KFZ-Steuer per Einzugsermächtigung zu zahlen, aber das wird zurzeit nicht genügend praktiziert. Ich glaube, viele Menschen haben etwas dagegen, dem Finanzamt so eine Art Persilschein auszustellen, um Steuern einzuziehen.

Kollege Neugebauer hat diesen Punkt im Juni thematisiert und sich ebenfalls für eine Aufgabenverlagerung auf die kommunalen Zulassungsstellen ausgesprochen. Dies scheint durchaus eine Möglichkeit zu sein, aber ich sehe zurzeit nicht, wie das Problem der säumigen Zahler dadurch gelöst werden kann, es sei denn, dass Fahrzeughalter angehalten werden, bei der KFZ-Zulassung gleichzeitig eine Einzugsermächtigung zu unterschreiben. Diese Lösung ist wohl nicht besonders praktikabel und wird auch von den kommunalen Spitzenverbänden überhaupt nicht begrüßt oder gar gewünscht. Zurzeit gibt es andere Lösungsansätze, wenn es um eine Vereinfachung geht, nämlich nicht eine Verlagerung nach unten oder zu den Kreisen, sondern eine Verlagerung nach oben, also an den Bund. So wird derzeit im Zuge der bundesweiten Föderalismusdebatte - natürlich gehört das in diesen Kontext - erwogen, das Aufkommen und die Verwaltung der KFZSteuer dem Bund zuzuordnen. Damit es hierbei nicht zu einem finanziellen Verlust der Länder kommt, wird im Gegenzug angestrebt, das Aufkommen aus den KFZ-Versicherungsteuern den Ländern zuzuordnen. Das ist aus unserer Sicht ein praktikabler Vorschlag, da die Verwaltung der Versicherungsteuern bereits den Ländern obliegt.

Sollte es also zu einem solchen Tausch kommen, darf es natürlich nicht so sein, dass das Land SchleswigHolstein dadurch finanzielle Einbußen hat. Aber ich denke, das ist etwas, was von vornherein klar ist.

Bundesweit betrachtet sind beide Steuereinnahmen ungefähr deckungsgleich. Man kann also feststellen, dass die Länder dann keine Einbußen hinnehmen müssen. Es setzt aber voraus, dass ein ausgewogener Verteilungsschlüssel erarbeitet wird. Wichtig ist - ich sage es noch einmal -, dass Schleswig-Holstein bei einer solchen Lösung nicht als Verlierer aus dem Ring geht.

Für den Fall, dass man hier zu einer tragbaren Lösung gelangt, hat es natürlich den Vorteil, dass die KFZSteuer zentralisiert wird. Dann sind wir bei der Mineralölsteuer und bei der Bündelung aller betroffenen Steuerarten angelangt: Maut, Mineralölsteuer, KFZSteuer. Mit der gebündelten Sicht dieser Einnahmequellen könnte man die Ausgaben für die Verkehrsinfrastruktur und überhaupt für diesen ganzen gesellschaftlichen Bereich besser hinkriegen. Das ist aber, wie ich eingangs sagte, der zweite Schritt.

Der erste Schritt wird durch die Frage gekennzeichnet: Wie würden wir eine Vereinfachung hinkriegen, damit wir zusammen mit der Steuerverwaltung die Bereiche besser abdecken können, wie es vorhin auch aus dem Bericht des Ministers hervorging? Ich denke mir: Weniger Popanz wäre auch ganz schön, wenn wir diese Frage miteinander diskutieren.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Günter Neugebauer.

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Als Fazit der Debatte stelle ich fest, dass wir uns alle sehr einig sind, dass die verwaltungsaufwendige Erhebung der KFZ-Steuer abgestellt werden sollte. Deswegen haben Frau Heinold für die Grünen und ich für die SPD-Fraktion dem Landtagspräsidenten einen Antrag vorgelegt, mit dem wir den Landtag beschließen lassen wollen, dass er sich für die Abschaffung der KFZ-Steuer und die aufkommensneutrale Umlegung auf die Mineralölsteuer ausspricht.

Nach den Debattenbeiträgen aller Fraktionen in diesem Hause können wir davon ausgehen, dass wir zu einer einvernehmlichen Beschlussfassung kommen können. Ich sage nur noch - um mit dem Finanzminister zu sprechen -: Hic Rhodos, hic salta!

Die Amtssprache hier ist Deutsch. - Herr Kollege, ich will kurz auf unsere Geschäftsordnung verweisen. Nach § 31 Abs. 3 können „Anträge zu einem Gegenstand der Tagesordnung … bis zum Schluss der Beratung des Gegenstandes, auf den sie sich beziehen, gestellt werden; liegen sie den Abgeordneten nicht schriftlich vor,“ - das ist hier der Fall - „so müssen sie verlesen werden“.

Ich habe von der Kollegin Heinold einen in ihrer Handschrift geschriebenen Antrag bekommen. Ich darf fragen: Ist das der Antrag, den ich jetzt verlesen soll? - Dann will ich ihn den Abgeordneten in Gänze zur Kenntnis geben, bevor Herr Minister Dr. Stegner noch einmal das Wort erhält.

(Wortmeldung des Abgeordneten Rainer Wiegard [CDU])

- Ich muss zunächst den Antrag verlesen. Danach können wir uns über die Geschäftsordnung unterhalten. Der Antrag lautet wie folgt:

„Der Schleswig-Holsteinische Landtag spricht sich für die Abschaffung der KFZSteuer und die aufkommenneutrale Umlegung auf die Mineralölsteuer aus.“

Das ist der Text des Antrages, so wie er dem Präsidium vorliegt und wie ich ihn soeben nach § 31 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung zur Kenntnis gegeben habe.

Zur Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter Wiegard.

Herr Präsident! Der Versuch, in dieser Frage zu einem einvernehmlichen Antragstext zu kommen, ist soeben leider gescheitert. Daher werden auch wir einen weiteren Antrag hierzu einbringen. Ich schlage vor, dass wir diese Anträge schriftlich vorlegen. Des Weiteren schlage ich vor, dass wir die Beratung dieses Tagesordnungspunktes unterbrechen, in der Beratung ansonsten fortfahren und den Tagesordnungspunkt zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufrufen, um dann über die schriftlich vorliegenden Anträge abzustimmen.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD hat Einvernehmen signalisiert, sodass wir folgendes Verfahren vereinbaren können: Die Debatte zu Tagesordnungspunkt 16 wird fortgeführt und die Abstimmung über die Anträge zum Thema KFZ-Steuer/Mineralölsteuer wird heute Nachmittag um 15 Uhr als Erstes aufgerufen.

Diese Abstimmung werden wir dann als eine Abstimmung im Rahmen des Tagesordnungspunktes 16 geschäftsordnungsmäßig festhalten. - Hiergegen erhebt sich kein Widerspruch.

Wenn wir die Abstimmung auf die Zeit unmittelbar nach der Mittagspause legen, müssen die Damen und Herren Abgeordneten beide Antragsversionen zuvor zu Gesicht bekommen. Ich darf deshalb darum bitten, die Anträge den Kolleginnen und Kollegen rechtzeitig zuzuleiten.

Wir fahren nun in der Debatte fort. Für die Landesregierung hat Herr Minister Dr. Stegner das Wort. Ich darf die Fraktionen darauf hinweisen, dass die Landesregierung auch nach Ablauf der angemeldeten Redezeit jederzeit die Möglichkeit hat, das Wort zu ergreifen, dass sich daraus aber nach unserer Geschäftsordnung die Situation des § 58 Abs. 1 entwickelt. - Bitte sehr, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zwei Anmerkungen, eine von Herrn Wiegard und eine von Herrn Garg, veranlassen mich, nach vorn zu kommen.

Lieber Herr Wiegard, wenn man die Kraftfahrzeugsteuer gegen die Versicherungsteuer tauschen will, muss dazu das Grundgesetz geändert werden. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Wenn man eine solche Zweidrittelmehrheit erreichen will, dann stellt man die Inhalte von Verhandlungen, die im Augenblick geführt werden, nicht öffentlich dar, sondern das Verfahren und sagt, wohin man politisch will. Genau dies habe ich getan. Ich berichte gern, wenn wir das Verfahren abgeschlossen haben und es hoffentlich auch nicht an CDU-regierten Ländern scheitern wird, über die Ergebnisse.

Ich habe Sie letztens noch gegen Herrn Austermann verteidigt, der gesagt hat, seine Kollegen hier seien Provinzpolitiker. Aber es würde mir schwer fallen, sollten Sie von mir verlangen, dass man solche Details darlegt, bevor man sich mit anderen verständigt hat.

Herr Garg, ich dachte, jeder wüsste, dass, wenn man die Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer umlegt, der Benzinpreis steigt, und ich müsste dies nicht noch eigens erwähnen. Wenn Sie das aber so erwähnenswert finden, dass ich mich hier noch einmal hinstellen und sagen muss, lieber Herr Garg, Sie haben Recht, dann tue ich das hiermit gern.

(Rainer Wiegard [CDU]. Sagen Sie einmal, wie viel!)

(Minister Dr. Ralf Stegner)

Nebenbei bemerkt ist es natürlich richtig, dass jemand, wenn er schneller fährt, wenn er größere Autos fährt, auch mehr zahlen soll. Das ist ökologisch vernünftig. Wenn Sie unseren Vorschlag zur Entfernungspauschale im Zusammenhang mit unserem Steuersystem zur Kenntnis genommen hätten, dann wüssten Sie auch, dass dies, anders als Ihre Kappungsvorschläge, den Gegebenheiten eines Flächenlandes sehr wohl Rechnung trägt. Aber was Sie ärgert, ist doch etwas ganz anderes. Sie ärgert, dass über unser Steuerkonzept nicht nur geredet wird, sondern dass das der erste Punkt zu sein scheint, der in der Föderalismuskommission eine Mehrheit findet.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ärgert Sie und das versuchen Sie zu verdecken.

Es ist doch völlig klar: Die Entlastung der Bürger entsteht, wenn wir den Umsatzsteuerbetrug mit mehr Personal verfolgen können und dann mehr Mittel haben, um beispielsweise etwas für die Bildung zu tun und die Schulden abzubauen. Das habe ich vorhin gesagt: Die Verwaltung wird entlastet und das entlastet die Bürger. Ich habe nicht gesagt: Wenn der Benzinpreis steigt, werden die Bürger entlastet. Ich dachte, so weit könnten Sie mir intellektuell folgen, lieber Herr Dr. Garg.

(Beifall bei der SPD)

Nun ist die Situation des § 58 Abs. 1 der Geschäftsordnung eingetreten. Wir werden sie so bewältigen, dass jede Fraktion eine zusätzliche Redezeit von drei Minuten erhält. Für die der CDU hat sich der Herr Abgeordnete Rainer Wiegard gemeldet. - Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, der Hinweis auf die Auswirkungen auf die Föderalismusdebatte muss noch ein wenig vertieft werden. Was ich ausgeführt habe, kommt doch nicht von ungefähr. Es gibt eine einvernehmliche Erklärung des Landtages, dass wir die Landeskompetenz bei Landessteuern stärken wollen. Wenn wir eine Steuer zur Landessteuer machen, bei der wir eigentlich eine Landeskompetenz nicht haben können, dann darf ich darauf hinweisen, dass das wenigstens überlegenswert ist. Sie können doch nicht ernsthaft in Hamburg und Schleswig-Holstein eine unterschiedliche Versicherungsteuer einführen wollen. Deshalb bitte ich darum, auch über die Grundlagen zu reden und einmal zu überlegen, ob es nicht andere Äquivalente dafür gibt. - Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist die grundsätzliche Position, die von einigen offensichtlich noch nicht so richtig verstanden worden ist. Die grundsätzliche Position ist völlig klar. Aber Sie wollen zuerst entscheiden und hinterher wollen Sie feststellen, was Sie angerichtet haben. Das ist nicht unsere Politik. Es tut mir Leid. Ich erwarte - das wird unser Antrag sein -, dass wir sagen: Selbstverständlich sind wir im Grundsatz dafür, die Kraftfahrzeugsteuer abzuschaffen und auf die Mineralölsteuer umzulegen. Aber wir müssen doch die Auswirkungen kennen, die sich daraus für die jeweils Betroffenen, Beteiligten und Sonstigen ergeben.

Auch sage ich Ihnen jetzt schon, womit ich überhaupt nicht einverstanden sein werde. Ich werde nicht damit einverstanden sein, wenn Sie sagen: Wir schaffen die Steuer ab, aber der ganze Apparat bleibt erhalten, weil wir nämlich trotzdem - aufgrund von EURichtlinien und Sonstigem - eine Mindestbesteuerung nach wie vor brauchen und weil der Bund dann sagt: Das müsst ihr alles aufrecht erhalten. Dann haben wir eine höhere Mineralölsteuer und außerdem einen höheren bürokratischen Aufwand als zuvor.

In unseren Antrag werden wir deshalb aufnehmen, dass wir im Grundsatz für die Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer sind und dass wir die Landesregierung auffordern, unverzüglich die dafür erforderliche Grundlagenarbeit zu leisten und die Auswirkungen, die verschiedenen Alternativen und die Konsequenzen aufzuzeigen, sodass auf der Grundlage dieser klaren und deutlichen Fakten eine abschließende Entscheidung getroffen werden kann.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zur Geschäftsordnung beziehungsweise zur Klarstellung: Die Fraktionen haben nach § 58 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine zusätzliche ordentliche Redezeit erhalten. Wenn dieses zusätzliche Zeitkontingent von drei Minuten erschöpft sein sollte, bleibt natürlich jedem Abgeordneten darüber hinaus die Möglichkeit, einen Kurzbeitrag nach § 56 der Geschäftsordnung zu leisten.

Im Rahmen der ordentlichen Redezeit nach § 58 Abs. 1 Geschäftsordnung erteile ich jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich verstehe nicht, warum Sie so zögerlich sind.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD] - Rainer Wiegard [CDU]: Weil wir die Grundlagen wissen wollen, die zur Entscheidung stehen!)

Sie haben eindeutig gesagt, Sie seien für die Abschaffung der KFZ-Steuer; Herr Garg hat es am allerdeutlichsten gesagt. Herr Garg müsste also unserem Antrag eigentlich ohne Wenn und Aber zustimmen.

Ich zitiere in diesem Zusammenhang die „Landeszeitung“ vom 28. Juni, in der Herr Kayenburg sagt, die CDU plädiere für eine grundlegende Reform. Die KFZ-Steuer solle auf die Mineralölsteuer umgelegt werden.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD] - Martin Kayenburg [CDU]: Nichts anderes hat Herr Wiegard gesagt!)