Protocol of the Session on November 10, 2004

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(Beifall bei CDU und FDP)

Sie haben drei Argumente angesprochen. Einmal den Mitnahmeeffekt. In der Tat gibt es einen Mitnahmeeffekt. Das ist so bei Subventionen. Das kann man wahrscheinlich nie zu 100 % ausschließen. Dass Sie jedoch gleichzeitig behaupten, das korrespondiere mit einem Leerstandeffekt, kann ich überhaupt nicht begreifen. Wenn es sich nur um einen Mitnahmeeffekt handelte und die Leute ohnehin bauen würden, produzierte das in der Tat keinen neuen Leerstand. Das ist ein Widerspruch, den Sie nicht auflösen können.

Vielleicht hängt Ihr Hinweis auf den Leerstandeffekt ja damit zusammen, dass demnächst 10.000 Wohnungen von Bundeswehrangehörigen, die SchleswigHolstein verlassen müssen, frei werden und Sie dann eine zwangsweise Einweisung in die leer stehenden Wohnungen und Kasernen vornehmen wollen, anstatt die Bildung von Wohneigentum von Familien mit Kindern zu fördern.

(Zuruf von der SPD: Das ist Zynismus!)

Folgendes möchte ich zu dem jedes Mal bei diesem Thema angesprochenen Entzugseffekt sagen: Dass Sie behaupten, dass gerade Niedrigverdiener, die sich trotz Eigenheimzulage kein Eigentum leisten können,

mit ihren Steuern die Eigenheimzulage und damit die Eigentumsförderung von durchschnittlich und überdurchschnittlich verdienenden Familien bezahlen, entbehrt auch jeder Logik. Das passt nur zu Ihrem Steuerkonzept. In unserem Steuerkonzept ist nämlich vorgesehen, dass Niedrigverdienende überhaupt keine Steuern zahlen, insbesondere dann, wenn sie mehrere Kinder haben.

(Beifall bei der CDU)

Insofern kann von einem Entzug in der von Ihnen behaupteten Weise überhaupt keine Rede sein.

Herr Stegner, Sie haben die kritischen Beiträge von Peter Müller und Herrn Peiner zu dieser Frage angesprochen. Nun wissen Sie ja: Das gibt es auf allen Seiten. Deshalb zitiere ich einen Beschluss des Landesverbandes Hessen - Hessen ist übrigens das Heimatland von Bundesfinanzminister Eichel - der Sozialdemokratischen Partei vom 9. Oktober 2004, der also nicht zehn Jahre, sondern gerade einmal vier Wochen alt ist.

(Zuruf von der SPD: Danach wird man wohl lange suchen müssen!)

- Danach muss man nicht lange suchen, sondern das kann man in den Zeitungen finden.

Der Landesparteitag der SPD in Hessen hat am 9. Oktober Folgendes beschlossen:

„Der Landesparteitag Hessen befürwortet die Beibehaltung der Eigenheimzulage. Er lehnt ihre Abschaffung ab. Die Abschaffung der Eigenheimzulage erschwert gerade jungen Familien den Erwerb von Wohneigentum deutlich.“

(Beifall bei CDU und FDP)

„Der Erwerb von selbst bewohntem Wohneigentum bedeutet langfristig die Umwandlung von ansonsten zu zahlender Miete in eigenes Vermögen und erspart Altersarmut.“

Meine Damen und Herren, eigentlich wundert man sich wirklich, zu welch klugen Entscheidungen sogar die hessische SPD - das ist schon überraschend - gelangen kann.

Da Frau Gröpel die erstaunte Frage gestellt hat, warum das hier diskutiert würde und inwiefern dies aktuell sei, empfehle ich Ihnen einen Blick in die Tagesordnung der Bundesratssitzungen. Ich empfehle ebenfalls, Ihrer eigenen Landesregierung die Frage zu stellen, was sie da eigentlich tut. Das ist hoch aktuell; der Bundesrat diskutiert dieser Tage darüber.

(Beifall bei CDU und FDP)

(Rainer Wiegard)

Deshalb ist unsere Forderung an die Landesregierung: Finger weg von der Eigenheimzulage, ohne - Herr Finanzminister, hören Sie genau zu, damit Sie nicht immer das Gegenteil behaupten - gleichzeitige Kompensation durch eine umfassende Steuerstrukturreform!

(Anhaltender Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wiegard, Sie haben suggeriert, wir wollten die Eigenheimzulage streichen, um anschließend zwangsweise Einweisungen in ehemalige Bundeswehrliegenschaften vorzunehmen.

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich frage sehr deutlich: Auf welches Niveau sind Sie gesunken?

(Martin Kayenburg [CDU]: Das müssen Sie sich fragen!)

Sind Sie von den jetzt vorliegenden Umfrageergebnissen derart verunsichert, dass Sie nur noch zu blankem Populismus greifen?

(Widerspruch bei CDU und FDP)

Ich bitte Sie herzlich: Nehmen Sie diesen Vorwurf zurück! Er ist aller Beteiligten unwürdig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der letzte Beitrag des Kollegen Wiegard macht deutlich, dass dieser Tagesordnungspunkt wieder einmal dazu einlädt, über alles zu reden.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das macht der Mi- nister auch immer!)

- Ich habe nur beobachtet, wie die Diskussion gerade verlaufen ist, und fand das schon sehr interessant.

(Martin Kayenburg [CDU]: 1:0 für uns!)

- Darum, lieber Kollege Kayenburg, will ich jetzt noch einmal sagen, was unserer Meinung nach im Mittelpunkt künftiger Diskussionen stehen müsste, wenn es um die Eigenheimzulage geht. Ich sagte bereits: Wenn man diese Zulage ernsthaft kürzen beziehungsweise streichen will, muss man sich an einen Tisch setzen - „man“ sind in diesem Fall die Bundesregierung, die CDU/CSU-Fraktion des Bundestages und der Vermittlungsausschuss - und einen Handlungsplan erarbeiten, um dann zu sagen, wie es laufen soll. Dann muss man den Menschen sagen: So, liebe Leute, wird es sein. - Alles andere ist Populismus, ist überhaupt nicht verlässlich und nicht hinnehmbar.

Meine zweite Bemerkung: Die Diskussion um eine Steuerreform und darum, ob eine vereinfachte Steuerreform tatsachlich auf einem Bierdeckel zu stehen habe oder nicht, ist ebenfalls nicht neu. Wir führen diese Diskussion regelmäßig und werden sie gleich wieder führen. Aus unserer Sicht kommt es darauf an, dass wir uns, wenn es um eine Steuerreform geht, auch mit der Frage auseinander setzen: Wie können wir ein transparentes Steuerrecht schaffen und ein Steuerrecht, das nicht dazu führt, dass auf der einen Seite gesagt wird, die öffentlichen Kassen sind leer, auf der anderen Seite jedoch gesagt wird, wir müssen die Binnenkonjunktur ankurbeln, müssen mehr Nachfrage produzieren und müssen auf jeden Fall auch mehr soziale Gerechtigkeit in die Steuergesetzgebung hineinbringen?

(Zuruf der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

- Darum, liebe Kollegin Tengler, kommen wir nicht umhin, die Frage zu stellen: Wie soll dieser Sozialstaat künftig aussehen? Wollen wir weiterhin eine Wohlfahrtsgesellschaft? - Wir wollen keine Wohltätigkeitsgesellschaft sein. In der Auseinandersetzung mit diesen Fragen kommen wir nicht umhin, uns mit Steuerkonzepten zu beschäftigen, wie es aus dem Zehn-Punkte-Programm der Landesregierung hervorgeht. Auch das kann man kritisieren, auch darüber kann man diskutieren, aber hier haben wir einen Vorschlag, der weiter geht und nicht nur darauf bedacht ist zu sagen: Am besten ist es, keine Steuern zu zahlen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

(Präsident Heinz-Werner Arens)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 31 auf:

Aktuelle Steuerschätzung

Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/3744

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/3770

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Der Landtag will sich berichten lassen. Es liegen zwei Berichtsanträge vor; ich stelle zunächst den weiter gehenden zur Abstimmung, lasse also über den Antrag der CDU, Drucksache 15/3770, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit hat dieser Antrag keine Mehrheit gefunden.

Ich lasse über den Berichtsantrag der Fraktion der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/3744, abstimmen. Wer diesem Berichtsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag hat eine einstimmige Mehrheit gefunden. Die Regierung wird den Bericht erstatten.

Herr Minister Dr. Stegner, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, Gelegenheit zu haben, Ihnen die richtigen regionalisierten Ergebnisse der Steuerschätzung mitzuteilen und kurz zu skizzieren, welche Konsequenzen die Landesregierung aus diesen Ergebnissen ziehen wird. - Allzu abenteuerlich waren doch die Kaffeesatzlesereien, die ich den Pressemitteilungen von FDP und CDU dazu entnommen habe. Vielleicht hätten Sie den Rat von Mark Twain berücksichtigen sollen, dass man die Tatsachen kennen sollte, bevor man sie verdreht.