Protocol of the Session on December 15, 2004

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- Herr Kollege, wir sind in der Abstimmung. Kommentierungen bitte hinterher!

Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/3830 mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und SSW gegen die Stimmen der FDP angenommen worden ist.

Ich komme zur Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 19. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 15/3833 dem zuständigen Innen- und Rechtsausschuss zur weiteren Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe? - Stimmenthaltungen? - Das ist vom Haus einstimmig so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 11 in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 19 hat damit seine Erledigung gefunden.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 47 auf:

Umsetzung der Kooperation von Schule und Jugendhilfe

Landtagsbeschluss vom 27. August 2004 Drucksache 15/3535

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/3760

Ich erteile zunächst für die Landesregierung der Ministerin für Justiz, Frauen, Jugend und Familie, Frau Lütkes, das Wort.

(Unruhe)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits heute Morgen haben Sie über die Bildungsansprüche der Kinder in Schleswig-Holstein diskutiert. Kinder haben dann gute Rahmenbedingungen für ihr Aufwachsen, wenn sie gemäß ihrer Begabungen individuell gefördert werden, eigenverantwortlich lernen, gesellschaftliche Mitverantwortung erlernen und auf die Herausforderungen der Lebensgestaltung wie des künftigen Berufslebens vorbereitet werden.

Jugendhilfe und Schule sind mit ihren jeweils spezifischen Bildungsaufträgen gemeinsam in der Verantwortung, diese Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Angebote der Bildung, der Erziehung und der Betreuung müssen eng und abgestimmt zusammenwirken. Deshalb brauchen wir gute Wege der Kooperation und Vernetzung bestehender Angebote. Wo es gelingt, erfolgreich miteinander zu arbeiten, ergeben sich im besonderen Maße Qualität, Entlastung und Nutzen für alle Beteiligten, vor allem aber für die Kinder und die Jugendlichen.

Wir haben Ihnen bereits im Herbst 2001 den ersten Bericht zur Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe vorgelegt. Schon damals ist sichtbar geworden, dass die Kinder und Jugendlichen in besonderem Maße von der Zusammenarbeit dieser Fachdisziplinen profitieren können. Der Landtag hat uns damals unterstützt, diese Arbeit fortzusetzen, die Strukturen auszubauen und die notwendige Vernetzung zwischen Jugend- und Bildungsministerium voranzutreiben. Der jetzt vorliegende Bericht zur Umsetzung der Kooperation von Schule und Jugendhilfe zeigt, dass die Kooperation und die Vernetzung dieser beiden Disziplinen in Schleswig-Holstein vorankommt.

Die Landesregierung hat wichtige Impulse gegeben. Wir haben beispielsweise die Jugendhilfekonferenzen und die Arbeitsgruppe Jugendhilfe und Schule als ständige landesweite Austauschforen installiert. Die Arbeitsgruppe Jugendhilfe und Schule hat Umsetzungsvorschläge entwickelt, verlässliche Strukturen der Zusammenarbeit geschaffen und geregelte Informations- und Beteiligungs- sowie Abstimmungsprozesse vor Ort angeregt und durchgesetzt.

(Unruhe)

Das Jugendministerium beteiligt sich an dieser Zusammenarbeit insbesondere mit der Vorrätighaltung und der Durchsetzung von Fortbildungsmaßnahmen. Wir arbeiten durch eine fest installierte Informations- und Servicestelle. Im Bildungsministerium steht ein Landeskoordinator für schulische Erziehungshilfe als fester Ansprechpartner zur Verfügung. Fachkräfte

sind fortgebildet. Um die Kommunen zu unterstützen, richtet die deutsche Kinder- und Jugendstiftung in Kooperation mit dem Bildungsministerium, aber auch mit dem Jugendministerium eine Serviceagentur ein. Projektbezogene Zusammenarbeit vor Ort ist aufgebaut.

Es gibt viele Beispiele, nur eines möchte ich nennen: die Qualifizierung von Aktionsleiterinnen und Aktionsleitern durch die Sportjugend Schleswig-Holstein. Das Projekt zeigt, wie sich schulische und außerschulische Bildung sinnvoll ergänzen, wie soziales Lernen aktiv gefördert wird und wie so die neue Qualität des Lernens für Kinder und Jugendliche erreicht werden kann.

Eine Erhöhung der Bildungsqualität durch sinnvolle gegenseitige Ergänzung der Angebote von Jugendhilfe und Schule findet in einem heute schon vorhandenen organisatorischen Rahmen statt. Ein wichtiger Rahmen ist die offene Ganztagsschule. Schule, gemeinsame Schule wird sich zum Lebensort entwickeln. Die spezifischen Einrichtungen, die spezifischen Disziplinen können sich nicht mehr auf ihre eigene Aufgabe zurückziehen, sondern arbeiten gemeinsam, um den Lebensalltag von Kindern und Jugendlichen in den Mittelpunkt zu stellen.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Dafür brauchen wir vielfältige Kooperationen, wir brauchen verbindliche Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit muss sich auf tragfähige und verlässliche Strukturen verlassen können. Zusammenarbeit erfordert aber auch Know-how. Die Fachkräfte müssen qualifiziert sein und müssen den an sie gestellten Anforderungen gerecht werden können. Zusammenarbeit braucht aber auch praktische Erfahrung. Insofern müssen die Kooperationsprojekte vor Ort weiter ausgebaut, aber auch transparent gemacht und propagiert werden.

Damit die praktische Zusammenarbeit in den Projekten gelebt werden kann, wird die Landesregierung weiter darauf hinwirken, dass die tatsächliche Zusammenarbeit im verlässlichen Rahmen insbesondere durch Vereinbarungen zwischen Vereinen, Verbänden, Institutionen der Jugendhilfe und Schule sowohl auf kommunaler als auch auf überörtlicher Ebene vorangeht. Wir haben hier schon eine Vielzahl von Vereinbarungen, aber sie können noch ausgebaut werden.

Wir wissen: Der Weg der Kooperation von Jugendhilfe und Schule ist nicht zu ersetzen. Wir sind stetig auf

(Ministerin Anne Lütkes)

einem guten Weg und dieser Weg lohnt sich für unsere Kinder in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU erteile ich der Frau Abgeordneten Sylvia Eisenberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser herzlicher Dank geht an die vielen engagierten und ehrenamtlichen Kräfte, die sich nicht erst seit Beginn der rot-grünen Regierung und auch nicht erst seit der Erfindung der so genannten offenen Ganztagsschule bemüht haben und auch weiterhin bemühen, unseren Kindern und Jugendlichen auch am Nachmittag Beschäftigung und Betätigung anzubieten, soziale Fähigkeiten und Teamgeist zu fördern, Orientierung zu geben, kreative Fähigkeiten und Ausdrucksmöglichkeiten zu entwickeln.

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

Ich erinnere dabei vor allen Dingen auch an die im Bericht aufgeführten Leistungen der Jugendfeuerwehren, der Landesarbeitsgemeinschaften „Tanz“, „Jugend und Film“ und „Rhythmische Erziehung“, aber auch an die vielen Sportvereine im Land und die Aktivitäten der Sportjugend.

Sie alle stehen einerseits für Betreuung, aber andererseits auch für die Förderung von Persönlichkeitsbildung, Sozialkompetenz und Verantwortungsbereitschaft.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Das ist weder eine Leistung des Bildungsministeriums noch eine Leistung des Ministeriums für Justiz und Familie, sondern allein die Leistung der entsprechenden Organisationen mit ihren im Wesentlichen ehrenamtlichen Helfern.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Mit dem Thema des Berichtes „Kooperation von Jugendhilfe und Schule“ haben diese lobenswerten Aktivitäten der Vereine und Arbeitsgemeinschaften allerdings nichts, aber auch gar nichts zu tun. Sie von der Landesregierung schmücken sich in Ihrem Bericht mit Aktionen und Aktivitäten, die ihren Ursprung keinesfalls in Aktivitäten des Ministeriums haben.

(Beifall der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

Inwiefern diese Aktivitäten vonseiten der Landesregierung nicht nur ideell unterstützt, sondern auch tatsächlich finanziell gefördert werden, danach suchen wir im Bericht vergeblich.

Unser Dank gilt auch den vielfach ehrenamtlich arbeitenden Kräften, die sich im Bereich der offenen Ganztagsschulen betätigen oder betätigen werden. Ganztagsangebote gab es allerdings bereits vor Einführung der offenen Ganztagsschule, entstanden nämlich aus der Erkenntnis von Lehrern und kommunalen Vertretern, Kindern und Jugendlichen zu helfen und sie von der so genannten Straße fern zu halten.

Solange es sich aber um freiwillige Angebote handelt - und das gilt besonders für die so hoch gelobte offene Ganztagsschule -, werden die Kinder und Jugendlichen aus bildungsfernen Schichten, die es eigentlich nötig haben, zum großen Teil nicht erreicht. Das bestätigen alle Erfahrungen zum jetzigen Zeitpunkt. Wie viele Kinder und Jugendliche tatsächlich erreicht werden, das suchen wir in diesem Bericht ebenfalls vergeblich.

Meine Damen und Herren, die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe ist notwendig. Das gilt sowohl für die Verzahnung von Kitas mit der Grundschule, für Inselprojekte, für Nachmittagsangebote in vielfältiger Form, aber auch für die Verzahnung von Schule und Berufsausbildung zur Herstellung der Ausbildungsfähigkeit unter Einbeziehung der Unternehmen, wie die Projekte Heiko und Hoppla es andeuten - Heiligenhafen und Schleswig, lesen Sie einmal nach.

So sinnvoll diese im Bericht auch aufgeführten Projekte sind, es bleiben doch Einzelprojekte ohne verbindlichen Charakter, und sie können natürlich Schule und Unterricht nicht ersetzen. Das hilft uns also insofern nicht weiter. Von einem Ministerium oder von zwei Ministerien erwarte ich eine Evaluierung dieser Projekte unter dem Gesichtspunkt der möglichen Übertragung auf andere Schulen, sonst bleiben wir weiterhin im Versuchsstadium stecken und kommen nicht weiter.

Wenn Sie, Frau Lütkes, die Schule als Lebens- und Lernort ausgestalten und gleichzeitig natürlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleisten wollen, müssen Ganztagsangebote verlässlich strukturiert sein und die inhaltliche Ausgestaltung und die Finanzierung feststehen. Es ist Aufgabe des Landes, gleiche Voraussetzungen zu schaffen. Daran mangelt es nach wie vor. Mit Leitfäden, Empfehlungen oder so genannten Kooperationsvereinbarungen ist es nicht

(Sylvia Eisenberg)

getan. In diesem Bericht erscheint die Landesregierung als großer Koordinator, während die Schulträger die Projekte finanzieren und die Schulen sowie die ehrenamtlichen Vereine und Verbände diese organisieren - alles freiwillig und abhängig von dem Engagement und den finanziellen Möglichkeiten vor Ort. Das kann es nicht gewesen sein!

Wenn die Verzahnung von Schule und Jugendhilfe notwendig ist, dann ist es auch notwendig, diese Bereiche - das ist jedenfalls unsere Auffassung - in einem Ministerium zu konzentrieren, wie es bereits im Kindertagesstättenbereich geschehen ist. Das Nebeneinander von Informations- und Servicestelle Jugendhilfe und Schule, angesiedelt im Ministerium für Jugend und Familie, und der schulischen Erziehungshilfe, angesiedelt beim Landeskoordinator im Bildungsministerium, führt meines Erachtens zu Reibungsverlusten und langen Verwaltungswegen. Eine Konzentration der Aufgaben und damit natürlich auch der finanziellen Mittel in einem Ministerium schafft kurze Wege und ist für die Durchführung der Maßnahmen vor Ort nach unserer Auffassung besser geeignet.

Der Bericht umfasst 55 Seiten, aber er bringt leider nichts wesentlich Neues. Schade drum.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Frau Abgeordneten Birgit Herdejürgen das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Eisenberg, ich muss leider feststellen, dass Ihr Beitrag im Vergleich zu den Redebeiträgen des Kollegen de Jager zu diesem Thema eher ein Rückschritt gewesen ist. Es ist völlig unstrittig, dass die ehrenamtliche Jugendarbeit ausgesprochen lobenswert ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)