Protocol of the Session on January 26, 2005

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Meine Damen und Herren, ich eröffne die 49. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages und begrüße Sie alle sehr herzlich. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Zum Beginn der letzten Sitzung der 15. Legislaturperiode kann ich feststellen, dass niemand erkrankt oder beurlaubt ist, sodass das Haus vollzählig versammelt ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, sich von den Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Meine Damen und Herren, vor einem Monat, am 26. Dezember 2004, hat ein Seebeben vor der Küste Sumatras Flutwellen erzeugt, die Tod und Zerstörung in noch nicht gekanntem Ausmaß in Südasien und Afrika nach sich gezogen haben. In den betroffenen Ländern sind insgesamt über 220.000 Tote zu beklagen und über eine halbe Millionen Verletzte zu versorgen. Millionen Menschen haben ihre Existenzgrundlage verloren.

Das Leid und die Not der Menschen in den von der Katastrophe betroffenen Ländern haben eine beispiellose Form der Hilfsbereitschaft weltweit zur Folge gehabt. Auch wenn die Anteilnahme das Geschehene nicht ungeschehen machen kann, hilft sie, Not zu lindern, Verletzungen zu heilen und den existenziellen Neubeginn, vor dem so viele Menschen jetzt stehen, zu erleichtern.

Der Schleswig-Holsteinische Landtag verneigt sich vor den Toten in den betroffenen Ländern - auch bei uns in Deutschland, in Schleswig-Holstein. Unser Mitgefühl gilt allen Angehörigen, unsere Genesungswünsche allen Verletzten.

Sie haben sich zum Gedenken erhoben; ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln:

Zu den Tagesordnungspunkten 4 bis 6, 15 bis 18, 21 bis 23, 38, 41 und 42, 47, 50, 53 bis 56, 58 sowie 61 bis 63 ist eine Aussprache nicht geplant.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 2 und 3, Gesetz zur Verbesserung der kommunalen Verwaltungsstruktur und Gesetz zur

Schleswig-Holsteinischer Landtag (15. WP) - 133. Sitzung - Mittwoch, 26. Januar 2005 10321

(Präsident Heinz-Werner Arens)

Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften; 8 und 9, Änderung des Landesplanungsgesetzes und Neufassung des Landesplanungsgesetzes, sowie 10 und 57, Gefahrhundegesetz und Halten und Beaufsichtigen von Hunden. Weiter sollen die Punkte 20 und 48, Gesetz über die Zuweisung eines Notliegeplatzes im Rahmen der Maritimen Notfallvorsorge und Bericht Zukunft Meer; 32 und 37, Perspektiven zur Förderung der ländlichen Räume, sowie 33 und 44, Teilfortschreibung des Landesraumordnungsplans, gemeinsam beraten werden. Ebenfalls für einen gemeinsamen Aufruf vorgesehen sind die Punkte 36 und 65, kommunale Einnahme- und Ausgabeentwicklung; 39, 60 und 64, Zur Bahnreform und zum Schienenpersonennahverkehr, Bahnverbindung Kiel-Hamburg und Finanzierung eines Ausbaus des Flugplatzes KielHoltenau; die Punkte 43 und 66, Hochschulstudium im Bereich Elementarpädagogik und OECD-Länderbericht zur frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung, sowie die Punkte 49 und 52, Fortführung der Pflegequalitätsoffensive und Stärkung der Pflegequalität.

Die Fraktionen haben sich darauf verständig, die Tagesordnungspunkte 13 und 19 von der Tagung abzusetzen. Der Tagesordnungspunkt 12 wurde von den Antragstellern zurückgezogen.

Fragen zur Fragestunde liegen nicht vor. Wann die einzelnen Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 49. Tagung. Unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause werden wir jeweils längstens bis 18 Uhr tagen. - Widerspruch höre ich nicht, dann werden wir so verfahren.

Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, will ich Besucherinnen und Besucher begrüßen. Auf der Tribüne haben Auszubildende der Polizeischule Eutin Platz genommen. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Vereinbarungsgemäß rufe ich jetzt zunächst den Tagesordnungspunkt 27 auf, daran wird sich die Aktuelle Stunde anschließen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf:

Partnerschaftsverträge zur Entwicklungszusammenarbeit mit benachteiligten Regionen

Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/3929

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort Herrn Abgeordneten Hay.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Menschen, die von der Flutkatastrophe unmittelbar betroffen sind, war es ein schrecklicher, ein traumatischer Jahreswechsel. Wir alle können uns bis heute nicht den Eindrücken und furchtbaren Bildern dieser Katastrophe vom zweiten Weihnachtstag entziehen. Unsere wunderbare Mutter Erde hat sich am 26. Dezember 2004 von ihrer furchtbaren Seite gezeigt. Die Flutkatastrophe im Indischen Ozean hat uns eindringlich klargemacht: In dieser globalisierten Welt sind wir alle Nachbarn. Wir mussten lernen: Trotz Traumstränden und möglichem Luxusurlaub, es gibt es nicht, das Paradies auf Erden.

Mit dieser Katastrophe ging eine noch nie da gewesene Form von internationaler Solidarität in der Welt einher. Vielleicht haben wir das erste Mal tatsächlich begriffen: Globalisierung bedeutet nicht nur Kapitalfluss über Ländergrenzen hinweg, sondern dies kann und muss ebenso Mitmenschlichkeit und Solidarität rund um die Erde heißen.

Angesichts der Hunderttausenden von Opfern verschwinden die Unterschiede. Es wird nicht mehr nach Ländern oder Rassen sortiert, nach Religion, Geschlecht oder Besitz, es muss gelten: Wir alle helfen allen ohne Unterschiede.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW sowie vereinzelt bei CDU und FDP)

Die reichen Länder dieser Welt sind in der Verantwortung, den Ärmsten und den Armen von Srilanka bis Sumatra eine neue dauerhafte Lebensperspektive zu öffnen. Allerdings sollten wir - dies öffnet auch einen Blick in die Zukunft - nicht nur an die Opfer in Asien, sondern gleichzeitig auch an die aidskranken Kinder in Afrika oder die Opfer der Bürgerkriege in anderen Teilen unserer Erde denken.

Deutschland spielt in diesen Tagen eine wichtige Rolle in der Welt. Wir tragen Verantwortung weit über unsere Grenzen hinaus. Ich habe große Hochachtung vor der Bundesregierung, vor der Art, wie sie das Katastrophenmanagement bewältigt.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW sowie vereinzelt bei CDU und FDP)

Ich finde es richtig, dass 500 Millionen € über mehrere Jahre für den Wiederaufbau zur Verfügung ge

(Lothar Hay)

stellt werden. Wir spielen eine positive Rolle im internationalen Konzert der Unterstützer.

Noch mehr beeindruckt als die Entscheidung der Bundesregierung haben mich aber die Solidarität und die Spendenbereitschaft in unserem Land. Ich persönlich kann mich nicht erinnern, dass irgendwann seit Ende des Zweiten Weltkrieges die Menschen in Deutschland in einem solchen Umfang Geld für die Unterstützung und den Wiederaufbau einer ganzen Region zur Verfügung gestellt haben. Dafür kann man nur allen danken und auffordern, auch - wo immer möglich - weitere Mittel für die Unterstützung zur Verfügung zu stellen.

(Beifall)

Unsere Hochachtung sollte ebenso den Tausenden von Helferinnen und Helfern gelten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hilfsorganisationen und den vielen Freiwilligen vor Ort, die bis zur völligen Erschöpfung gearbeitet haben und zum Teil noch arbeiten.

(Beifall)

Nach meinem Eindruck ist die derzeitige globale Hilfsbereitschaft für Millionen Opfer nicht in falscher Sentimentalität begründet, sondern in einer die Kontinente übergreifenden solidarischen Mitmenschlichkeit. Einmal mehr beweisen die Deutschen in den letzten Tagen, dass ihre Solidarität und private Spendenbereitschaft zu den guten Traditionen unseres Landes zählt.

(Beifall)

Wir müssen gemeinsam darauf drängen, dass die Hilfe dauerhaft währt und nicht bereits mit dem Abziehen der internationalen Fernsehteams zum Erliegen kommt - eine Befürchtung, die Kofi Annan ganz ähnlich formuliert hat.

Die Flut hat uns allen vor Augen geführt: Trotz modernster Technik und Kommunikation können wir Menschen nicht alles auf dieser Welt beherrschen. Die Katastrophe beweist, dass die scheinbare Ordnung der Erde nur vorübergehend ist. Ein respektvoller Umgang mit der Natur ist das Mindeste, was wir uns abverlangen können, selbst wenn dies nicht garantiert, gegen furchtbare Katastrophen gewappnet zu sein.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Menschen in Schleswig-Holstein haben eine jahrhundertelange Erfahrung mit der Bedrohung durch das Meer - genauso wie wir auch die wunderbaren Seiten des Wassers und der Meere zu schätzen

wissen. Vielleicht berührt uns auch deshalb die Flutkatastrophe in besonderer Art und Weise. Wir fühlen alle mit den Angehörigen der aus Schleswig-Holstein vermissten und verstorbenen Menschen.

Um in den betroffenen Regionen auch langfristige Perspektiven für den Wiederaufbau zu entwickeln, ist der Vorschlag der Bundesregierung, in ganz Deutschland Partnerschaften mit betroffenen Menschen, Staaten und Regionen dauerhaft zu übernehmen, ein sinnvoller und hilfreicher Ansatz, der auch von uns allen unterstützt werden sollte; wir von der SPD-Fraktion unterstützten diesen Vorschlag sehr gerne.

(Beifall)

Bei uns in Deutschland gibt es sehr wohl Armut und individuelles Leid. Gleichzeitig führen uns die Bilder aus den Katastrophengebieten vor Augen, wie gering oft unsere Probleme gegenüber den Sorgen und Nöten der Menschen in anderen Teilen der Erde sind. Unsere Solidarität ist ihre Überlebenschance.

(Anhaltender Beifall)

Ich erteile dem Oppositionsführer, Herrn Abgeordneten Kayenburg, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein gutes Zeichen für unsere Demokratie, dass es uns gelungen ist, trotz heißer Wahlkampfphase, trotz mancher Entgleisungen und trotz mancher grenzwertigen Auseinandersetzung die Not von Menschen über unsere parteipolitischen Interessen zu stellen.

(Beifall)