Ich erteile nun dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft, Herrn Klaus Müller, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Das Thema schließt sich nahtlos an die vorige Debatte an. Nach der generellen Europadebatte können wir mit der europäischen Wasserrahmenrichtlinie jetzt etwas konkreter werden.
Diese europäische Richtlinie stellt die Umweltpolitik bei uns im Land vor enorme Herausforderungen, bietet aber auch große Chancen. In dem vorliegenden Bericht haben wir Ihnen dieses aufgrund der Fragen des Landtages ausführlich dargelegt.
Für unsere Umwelt, für uns Schleswig-Holsteiner und für unsere Gäste schaffen wir mithilfe der Wasserrahmenrichtlinie einen besseren, einen natürlichen Lebensraum und sichern das Lebenselixier Wasser für zukünftige Generationen.
Erstmals gibt es damit in Europa einen ganzheitlichen Ansatz für die Bewirtschaftung der Gewässer. Statt Kleinstaaterei gibt es Flussgebietseinheiten von der Quelle über alle Grenzen hinweg bis zur Mündung. Ein ausgesprochen modernes Konzept hat Europa hier auf den Weg gebracht.
Die damit verbundenen großen Aufgaben wird eine Verwaltung allein nicht leisten können. Darum hat die Landesregierung von Anfang an auf eine sehr umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung gesetzt.
Sie hat strategische Partner nicht nur ins Boot geholt, sondern sie auch noch gebeten, hier jeweils vor Ort die Rolle des Kapitäns zu übernehmen, den Kompass in die Hand zu ergreifen und das jeweilige Schiff in die richtige Richtung zu steuern. Das ist übrigens etwas, was uns von anderen Bundesländern unterscheidet und was eindeutig über die Richtlinie hinausgeht, ich glaube, dies geschieht im richtigen Sinn.
Verehrte Damen und Herren, die Wasserrahmenrichtlinie ermöglicht Schleswig-Holstein wichtige eigene Gestaltungsmöglichkeiten bei der Wasserbewirtschaftung. Damit hebt sich diese Richtlinie positiv von früheren Richtlinien ab. Denn sie nimmt Rücksicht auf Unterschiede der Landnutzung, zum Beispiel zwischen der Marschlandschaft und dem östlichen Hügelland.
Wir haben die Flexibilität der Richtlinie vom ersten Umsetzungsschritt an genutzt und - so meine ich - das europaweit anerkannte Beteiligungsmodell mit der Projektorganisation, den Beiräten und den Arbeitsgruppen unter Federführung der Wasser- und Bodenverbände - ich danke Herrn Boie auch an dieser Stelle noch einmal dafür - hier richtig und klug umgesetzt.
Vier Jahre nach Einführung der Wasserrahmenrichtlinie wissen wir: Dieses Modell funktioniert. Das Vertrauen, das investiert wurde, zahlt sich aus. Heute ist Schleswig-Holstein Schrittmacher der fachlichen Umsetzung in der Flussgebietseinheit Elbe. Und Schleswig-Holstein war das erste Bundesland, das die Bestandsaufnahme der Gewässersituation trotz der intensiven Bürgerbeteiligung abschließen konnte. Wir
haben uns mit vielen Akteuren vor Ort ins Zeug gelegt und liegen bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie voll im Plan.
Das, verehrte Damen und Herren, ist nicht selbstverständlich. Erst letzte Woche hat die EU-Kommission beschlossen, die Bundesrepublik wegen mangelnder Umsetzung der Richtlinie zu verklagen: Sechs Bundesländer waren bis heute nicht einmal in der Lage, wenigstens die Rechtsgrundlagen für die Umsetzung zu schaffen.
Verehrte Damen und Herren, unsere 500 aus den Arbeitsgruppen direkt Beteiligten sind inzwischen Fachleute in Sachen Gewässer und Wasserrahmenrichtlinie geworden. Sie empfinden es als ihre Aufgabe und Verantwortung, Verbesserungen des ökologischen Zustandes ihrer Gewässer vorzuschlagen und umzusetzen. Das schafft Akzeptanz für Naturschutz und für die Wasserrahmenrichtlinie bei den Betroffenen vor Ort und fördert der Eigeninitiative und auch die eigene Kompetenz.
Der Tatendrang der Beteiligten vor Ort ist groß. Deshalb warten wir nicht ab, bis die rein formalen Schritte für die Bewirtschaftungsplanung bis 2009 abgearbeitet werden. Wir beginnen in Schleswig-Holstein schon jetzt damit, Querbauwerke an begradigten Gewässern für Fische wieder durchgängig zu machen und Flächen an den Gewässern zu renaturieren.
Verehrte Damen und Herren, unser Modell der vorgezogenen Maßnahmen funktioniert. Es funktioniert aber nur dann, wenn wir anerkennen, dass die ökologische Umgestaltung der Gewässer in unser aller Interesse ist und nicht allein von den Beitragszahlern der Wasser- und Bodenverbände geleistet werden kann. Darum haben wir gemäß dem Verursacherprinzip auch bei der Finanzierung für einen solidarischen, vernünftigen und modernen Weg gesorgt. Wir werden die Wasserabgaben weiterhin dafür nutzen und ohne sie wird es niemals möglich sein, die Ziele tatsächlich zu erreichen.
Wer der Meinung ist, er könne diese Abgaben abschaffen, verspricht etwas vollmundig und gefährdet damit dieses vorbildliche Projekt.
Dann gibt es auch manch einen, der sich bei den Zahlen etwas vertut. Zum Beispiel behauptet der eine oder andere, es würde mehr Geld für die Planung als für konkrete Maßnahmen ausgegeben werden. Das ist schlicht barer Unsinn: Tatsächlich beträgt der Anteil der Planungskosten nur rund 5 % der für die Umset
zung veranschlagten Kosten. Die restlichen 95 % geben wir für konkrete Vorhaben aus, um bis 2015 Schritt für Schritt wieder mehr Natur für unser Wasser zu gewinnen.
Verehrte Damen und Herren, einen Teil des Weges haben wir schon bewältigt. Der schwierige liegt definitiv noch vor uns. Ich wünsche mir weiterhin die breite Unterstützung im Land, die wir bisher bei der Umsetzung dieses wichtigen Projektes genossen haben. Ich würde mich freuen, wenn viele diesen vorliegenden Antrag unterstützen würden.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Das Prinzip aller Dinge ist das Wasser. Aus Wasser ist alles und ins Wasser kehrt alles zurück“, hat bereits der griechische Naturphilosoph Thales von Milet vor 2600 Jahren gesagt. Es ist also seit langem bekannt, dass Wasser unser Nahrungsmittel Nummer eins ist. Es ist kostbar und auch für die Wirtschaft von großer Wichtigkeit.
Die Flutkatastrophe in Südostasien hat uns allerdings auch die schlimme und brutale Seite des Wassers vor Augen geführt. Als Land zwischen zwei Meeren hat das Wasser für uns in Schleswig-Holstein eine besondere Bedeutung. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie gibt vor, bis 2015 alle Oberflächengewässer in Schleswig-Holstein in einen guten ökologischen Zustand zu bringen.
Damit wird bei uns nicht nur der Lebensraum der Pflanzen und Tiere verbessert, sondern auch die Trinkwasserversorgung gesichert, die Badewasserqualität verbessert und das Landschaftsbild verschönert.
Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie beschäftigt uns seit ihrem In-Kraft-Treten vor vier Jahren intensiv. Die Richtlinie schafft den Ordnungsrahmen zum Schutz der lebenswichtigen Ressource Wasser und lässt die ökologische Funktion der Gewässer als Lebensraum in den Vordergrund treten.
Wir haben die Betroffenen frühzeitig in vielen von der Landesregierung durchgeführten Veranstaltungen informiert. Der Bund hat 2002 durch das Wasserhaushaltsgesetz und das Land 2003 im Landeswassergesetz das europäische Recht zeitnah umgesetzt. Wir haben als Land rechtzeitig unsere Hausaufgaben erfüllt und geben der EU-Kommission keinen Grund, Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg wegen zu langsamer Umsetzung der Richtlinie zu verklagen.
Das Umsetzungsmodell in Schleswig-Holstein ist im europäischen und nationalen Vergleich beispielhaft. Leider macht der Bericht, für den ich mich im Namen meiner Fraktion recht herzlich bedanke,
auch deutlich, dass die Ziele der Richtlinie in dem angesetzten Zeitrahmen nicht beziehungsweise nicht vollständig erreicht werden können.
Nach der Bestandsaufnahme steht bereits jetzt fest, dass 98 % der Fließgewässer, 95 % der Seen und 95 % der Küstengewässerfläche ohne Reduzierung der Nährstoffeinträge und ohne andere Maßnahmen nicht die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erreichen werden. Vermutlich haben die anderen Bundesländer aufgrund ähnlicher Werte deshalb gleich resigniert.
Der Bericht stellt die bisherigen Aktivitäten mit allen Beteiligten und in Kooperation mit den Nachbarländern zum Schutz der Gewässer dar. Im Naturschutz werden Synergieeffekte erzielt, da die FFH- und Vogelschutzgebiete in weiten Teilen deckungsgleich mit Flächen sind, die auch für die Gewässerentwicklung interessant sind.
Weiter dient die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie dem Hochwasserschutz und dem Tourismus. Der Bericht bestätigt die Entscheidung, die Wasserabgaben wie die Oberflächenentnahmeabgabe einzuführen oder die Grundwasserabgabe zu erhöhen. Nur so konnte die Finanzierung der Grobkonzepte der Wasser- und Bodenverbände für so genannte vorgezogene Maßnahmen sichergestellt und dabei die Durchgängigkeit einiger Fließgewässer für Fische und andere Organismen verbessert werden.
Die Einbindung und Übergabe der Federführung der Arbeitsgruppen an die Wasser- und Bodenverbände haben sich als Glücksfall erwiesen. Diese sind ohnehin für Pflege und Erhaltung der Gewässer zuständig. Außerdem sind ihre Mitglieder oft die hauptbetroffenen Landwirte, die 70 % der Flächen in SchleswigHolstein nutzen.
Dies steigert die Akzeptanz für Maßnahmen zur Erreichung der Wasserrahmenrichtlinie. Aber auch alle anderen Interessenverbände haben sich konstruktiv und kompromissbereit in die Entscheidung der Arbeitsgruppen eingebracht. Wünschenswert wäre es, wenn auch das Fachwissen der Kreise und kreisfreien Städte in die Arbeit der Arbeitsgruppen einfließen könnte.
Man sollte jetzt zuversichtlich nach vorn schauen und alle Beteiligten bestärken, sich den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie zu nähern. Mit der von uns eingebrachten Resolution wollen wir den Ehrenamtlichen danken, die Kreise auffordern, sich einzubringen, und in der Bundesrepublik den anderen Ländern zeigen, dass die ehrgeizigen Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie weitgehend erfüllt werden können. Wir möchten, dass man nach Schleswig-Holstein schaut und unsere Erfahrungen und Ergebnisse nutzt.