Protocol of the Session on January 28, 2005

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hier geht. Frau Simonis, ich bitte Sie, dazu Stellung zu nehmen.

Herr Präsident, ich möchte die Gelegenheit nutzen, eine kurze persönliche Erklärung anzufügen. Auch ich bedanke mich bei allen, mit denen ich hier im Hause zusammen gearbeitet habe. 13 Jahre war ich im Landtag. Ich habe die Arbeit sehr gern gemacht. Ich scheide zwar freiwillig, aber nicht ganz leichten Herzens aus.

Ich möchte denen, die wieder gewählt werden und in Regierung und Ministerien Verantwortung für dieses Land tragen, etwas mit auf den Weg geben. Die Politiker haben heutzutage ein schlechtes Image und man neidet ihnen das Geld, das sie für ihre Tätigkeit erhalten. Ihnen allen möchte ich sagen: Denken Sie immer daran, dass Sie mit dem Geld fremder Leute umgehen, wenn Sie einen Haushalt verabschieden und wenn Sie erneut Schulden aufladen! Es ist nicht Ihr Geld; Sie tragen Verantwortung dafür. Wenn es Ihnen gelingt, Einnahmen und Ausgaben wieder zusammenzubringen, wird das dem Image der Politiker förderlich sein. Dann wird sich die Bevölkerung auch nicht verweigern, wenn es darum geht, Diäten in einem ordentlichen Ausmaß zu zahlen, gerade für die schleswig-holsteinischen Abgeordneten.

Versuchen Sie, das hinzukriegen! Das kann man planen, zum Beispiel über einen Zeitraum von fünf Jahren. Am Ende können Sie sich dann nordrheinwestfälische Diäten genehmigen; dann wird niemand dagegen argumentieren können.

Das ist mein Vermächtnis an Sie: Seien Sie ein ordentlicher Haushälter und machen Sie die Ausgaben wieder passend zu den Einnahmen!

(Beifall im ganzen Haus)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Wir haben den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer dem Antrag der CDU seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von CDU und FDP bei Enthaltung des Abgeordneten Benker abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 34 auf:

Soziale Gerechtigkeit durch Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mütter und Väter Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/3938

Änderungsantrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/3967

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/3968

Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/3969

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Wir treten in die Aussprache ein und ich erteile der Frau Abgeordneten Herdejürgen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich werde nicht auf alle Punkte unseres Antrages eingehen, viele erklären sich von selbst, aber es lohnt sich, einen Aspekt hervorzuheben, und zwar das unternehmerische Interesse an familienfreundlichen Maßnahmen. Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Erwerbsleben und an der Familienarbeit ist trotz aller rechtlichen Grundlagen noch lange nicht erreicht. Die CDU fordert die größtmögliche Wahlfreiheit zwischen Familie und Erwerbstätigkeit. Was dieser Forderung fehlt, ist eine Aussage dazu, dass eine derartige Entscheidung stets unter der persönlichen Verantwortung für eine selbstständige Existenzsicherung getroffen werden muss.

Dies gilt gerade auch für Frauen. Die meisten Frauen sind sich durchaus bewusst, dass das Bild der lebenslangen Ehe mit deren Versorgungsfunktion heutzutage keine Zwangsläufigkeit mehr ist. Ganz im Gegenteil. Umso wichtiger ist es daher, dass Frauen bei der Berufswahl, in der Ausbildung und bei ihrer Erwerbsbiographie nie den Blick auf die finanzielle Absicherung verlieren. Das Leitbild, das zum Beispiel in der Steuerpolitik, bei der Gestaltung von Versicherungstarifen, bei den Strukturen der Arbeitswelt immer noch vorherrscht, ist das klassische Familienbild mit männlichem Ernährer und der für die Kindererziehung in erster Linie verantwortlichen Frau.

Die Lebenswirklichkeit und die Wünsche von Eltern sehen inzwischen anders aus, auch die Wünsche von Männern, die sich jedoch auch in Zwängen gefangen sehen, die andere Länder teilweise schon überwunden haben. Dieses Bild von Familie verhindert immer noch, dass mit ausreichendem Druck Strukturen verändert werden. Diese Strukturen sorgen wiederum dafür, dass Familien in dieser klassischen Aufgabenteilung verharren. An dieser Stelle muss der berühmte Hund davon abgehalten werden, sich weiterhin in den Schwanz zu beißen.

(Birgit Herdejürgen)

Die Diskussion unter ethisch-moralischen Gesichtspunkten hat uns in der Vergangenheit nicht wirklich vorangebracht. Auf Bundesebene haben SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Dezember 2004 ein Antidiskriminierungsgesetz in den Bundestag eingebracht, das erheblich bessere Möglichkeiten bieten wird, sich gegen Benachteiligungen unter anderem beim Einkommen oder bei Beförderungen zur Wehr zu setzen. Wir benötigen jedoch bereits im Vorwege sinnvolle Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommens- und Beförderungschancen von Frauen. Auch hier ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Schlüssel. Langjähriger Ausstieg aus dem Beruf sollte vermieden werden. Angebote zum Wiedereinstieg sollen weiterhin unterstützt werden. Möglicherweise bringt ein anderer Aspekt Bewegung in die Debatte. Familienfreundlichkeit wird zunehmend unter ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet, und zwar in Bezug auf den betriebswirtschaftlichen Nutzen, der sich dem einzelnen Unternehmen bieten kann.

In einer Studie des Prognos-Institutes wird in diesem Zusammenhang eine dreifache Profitsituation beschrieben, die vor dem Hintergrund des intensiven wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels gesehen wird. Profiteure einer verbesserten Balance zwischen Erwerbstätigkeit und Privatleben sind - natürlich - die Familien, die durch die Koordinierung von Privatleben und Beruf entlastet werden - dies ermöglicht auch Frauen eine kontinuierliche Erwerbsbiographie -, der Staat durch eine erhöhte Erwerbsbeteiligung und die Unternehmen durch Wettbewerbsvorteile und Kosteneinsparungen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Familienorientierte Personalpolitik wird hier als wirtschaftlicher Faktor betrachtet. Das qualifikationsunabhänge Ausscheiden gerade jüngerer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll vermieden werden. Wie auch im Antrag formuliert: Noch sinnvoller als der Wiedereinstieg in den Beruf ist die Vermeidung des langjährigen Ausstiegs. Allerdings wird die Wirtschaftlichkeit familienfreundlicher Maßnahmen angesichts des hohen Kostendrucks bei gleichzeitigem Arbeitskräfteüberangebot häufig infrage gestellt. Die Studie kommt auf der Grundlage betrieblicher Controllingdaten zu dem Ergebnis, dass sich eine familienfreundliche Unternehmensphilosophie auch in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation rechnet und ihre Wirkung vor allem in einer Kombination verschiedener Maßnahmen entfaltet. Diese Maßnahmen sind an sich nicht neu, wohl aber das Bewusstsein, dass nicht moralische Appelle, sondern unternehmeri

sches Interesse Impulsgeber für diese Veränderungen ist.

Wir wollen diesen Prozess aktiv unterstützen. Dem dienen die verschiedenen Maßnahmen, die in unserem Antrag aufgeführt sind. Ich bitte, unserem Antrag in der durch den Änderungsantrag geänderten Fassung zuzustimmen. Der CDU-Antrag ist alternativ zu unserem abzustimmen. Herr Präsident, ich bitte, so zu verfahren. Der ursprüngliche Antrag des SSW ist zugunsten des gemeinsamen Änderungsantrags zurückgezogen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Schwarz das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag von Ihnen, der zu diesem Tagesordnungspunkt vorliegt, ist ganz nett.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Das Thema ist wichtig. Das ist keine Frage. Ich frage mich nur: Warum legen Sie diesen Antrag heute vor?

(Beifall bei CDU und FDP)

Warum jetzt, in der letzten Landtagssitzung vor der Wahl? Das habe ich mich wirklich gefragt.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Wir arbeiten ja weiter daran!)

- Ich habe mir ein paar mehr Gedanken darüber gemacht. Ich bin ein bisschen harmoniebedürftig. Wollen Sie heute auf den Rest mit dem Antrag der Landesregierung den Spiegel vorhalten, nach dem Motto: Was habt ihr in den letzten 17 Jahren auf diesem Gebiet getan? War das Ihr Grund? Das kann ich mir nicht vorstellen. Auf den letzten Drücker lassen sich die Versäumnisse aus den letzten 17 Jahren nämlich nicht mehr ausgleichen und reparieren. Wie gesagt: Der Antrag ist ganz nett. Einiges kann man absolut unterschreiben, aber nicht, weil es neu ist, sondern weil es Selbstverständlichkeiten sind, jedenfalls für die CDU: dass zum Beispiel der Wiedereinstieg in den Beruf nach einer Familienpause unterstützt werden soll oder dass die Landesregierung auf allen Ebenen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer fördern soll. Das ist für uns ein selbstverständlicher und ganz wichtiger Eckpfeiler unserer Politik.

(Caroline Schwarz)

Bei einem Punkt habe ich mich allerdings ziemlich empört, Frau Herdejürgen. Sie haben es zwei- oder dreimal in Ihrem Wortbeitrag betont. Sie schreiben unter Punkt 3: Noch sinnvoller als der Wiedereinstieg in den Beruf ist die Vermeidung des langjährigen Ausstiegs.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das wollen Sie doch bitte, Frau Herdejürgen und liebe Irene, den Familien, den Eltern selbst überlassen: ob sie eine Familienpause einlegen wollen oder gleich ins Berufsleben zurückkehren wollen. Das ist die Wahlfreiheit, auf die wir, die CDU, allergrößten Wert legen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, denken Sie an das Jahr 2002 zurück. Im Mai hat die CDU-Fraktion einen Entschließungsantrag vorgelegt, der hieß: Familienfreundliches Schleswig-Holstein - Kinder herzlich willkommen. Dieser Antrag war zukunftsweisend. Ich bin immer noch ein bisschen stolz darauf, dass ich daran mitwirken konnte. Darin stehen richtig gute Sachen. Ich habe mir an dieser Stelle Zitate notiert. Aber aufgrund der Zeit will ich darauf verzichten, sie zu bringen. Es gäbe jedoch genügend. Als Sie damals einem CDU-Antrag nicht so einfach zustimmen konnten, haben Sie, getrennt nach Rot und Grün, zwei eigene Anträge eingebracht. Im Sozialausschuss ist schlussendlich doch ein gemeinsamer Antrag erarbeitet worden, der Anfang Februar 2004 vom Landtag einstimmig verabschiedet wurde. Dieser gemeinsame Antrag ist auch gut, zwar nicht so gut wie unser Ursprungsentschließungsantrag, aber Gemeinsamkeit gerade in diesem Bereich hat auch seinen Wert. Insofern ist er gut.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was jetzt vor uns liegt: Was soll das, um Himmels willen? Oder geht es vor allem um den Punkt 6? Auch das habe ich mir überlegt. Soll mit diesem Punkt insbesondere von Frau Herdejürgen für das Steuerkonzept von Herrn Stegner geworben werden, mit dem er durch die Lande reist? Das könnte auch sein. Damit das nicht so offensichtlich wird, hat man einige Punkte darum herumgehäkelt und garniert. Das wäre eine Möglichkeit.

Sie sehen, ich bin etwas ratlos, was die SPD und die Grünen mit diesem Antrag, der für uns keine nachvollziehbare Struktur hat, zum jetzigen Zeitpunkt wollen. Deshalb haben wir die Essentials unseres damaligen - wie ich schon sagte - richtig guten und

modernen Familienantrags herausgenommen und Ihnen als unseren Antrag heute zu diesem Thema vorgelegt. Das, was darin steht, hat Hand und Fuß und entspricht einer zeitgemäßen, zukunftsweisenden Familienpolitik, die dem Wandel der Lebenswirklichkeit der Familie in unserer Gesellschaft, insbesondere bei der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit, Rechnung trägt. Wir bitten um alternative Abstimmung.

Das war es für mich. Es ist irgendwie schon ein komisches Gefühl. Aber ich muss sagen: Es war schön, und zwar mit allen von euch war es schön. Je länger ich dabei war, desto schöner wurde es. Ich will nicht unbedingt nur von Zusammenarbeit reden. Denn wir haben auch andere Sachen zusammen gemacht, die vielleicht etwas weniger mit Arbeit zu tun hatten, aber vielleicht doch ein bisschen schöner gewesen sind. Anke weiß genau, wovon ich rede. Also: Ganz herzlichen Dank für diese schöne Zeit! Macht es gut! Wir sehen uns irgendwo, irgendwann, wer weiß.

(Beifall im ganzen Haus)

Ich rufe den Redebeitrag von Frau Abgeordneter Kolb auf.

(Abgeordneter Dr. Heiner Garg [FDP] begibt sich zum Redenpult - Heiterkeit und Beifall)

Ich will nicht, dass das auf meine Redezeit angerechnet wird.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich muss meine Harmoniesucht ein wenig ablegen, liebe Birgit Herdejürgen, obwohl wir im Grunde sehr harmonisch miteinander umgehen.

(Zurufe: Oh, oh!)

Das hätte die Kollegin Kolb vielleicht nicht so gesagt. - Liebe Kollegin Herdejürgen, es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass Rot-Grün in dieser Sitzung einen Landtagsbeschluss herbeiführen will, um die Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung dazu zu veranlassen, mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit zu schaffen. Liebe Frau Kollegin, dazu hätte die rot-grüne Regierung bereits in der letzten oder auch in der laufenden Legislaturperiode durchaus Zeit gehabt und Sie hätten diese Zeit ja auch schon gehabt.