Protocol of the Session on January 28, 2005

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Die vierte nationale Konferenz in Bremen mit über 800 Teilnehmern - leider keinem Vertreter der Opposition in diesem Hause - hat tragfähige Zukunftskonzepte für die deutsche maritime Wirtschaft entwickelt beziehungsweise vorgeschlagen. Zukunftsstrategien sowie Fragen der Vernetzung und die Positionierung deutscher Unternehmen auf dem Weltmarkt, die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen, die Schiffssicherheit und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte waren Themen,

(Wilhelm-Karl Malerius)

die vorangebracht worden sind. Davon werden wir in Schleswig-Holstein unmittelbar profitieren.

Die SPD-Landfraktion dankt der Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein ausdrücklich, dass sie der Europäischen Kommission ihr Positionspapier „Plädoyer für eine koordinierte europäische Meerespolitik der Europäischen Union“ vorgestellt hat.

(Beifall bei der SPD)

Frau Ministerpräsidentin, die Europäische Kommission hat Ihre Initiative positiv aufgenommen. Das wurde durch die Rede des Vizepräsidenten der EUKommission auf der vierten nationalen maritimen Konferenz in Bremen deutlich. Damit sind wir jetzt in der Lage, an entscheidender Stelle unsere Vorschläge weiterzubefördern.

Die SPD-Landtagsfraktion dankt der Landesregierung und allen anderen Akteuren für den ausführlichen und präzisen Bericht über mehr Schiffssicherheit in der Ostsee. Dieser Bericht zeigt auf, dass viele sinnvolle und weiterführende Aktivitäten entwickelt und auch positiv abgeschlossen worden sind, sei es die Errichtung des Havariekommandos, die Einführung des Identifikationssystems, das Notschleppkonzept, die Weiterentwicklung der Schiffswegeführung oder das Hafensicherheitsgesetz.

Der politische Handlungsbedarf beim Thema Schiffssicherheit ist unbestritten und auch erkannt. Die Ostsee gehört zu den am stärksten befahrenen Meeren der Welt. Prognosen zur Entwicklung des Seeverkehrs lassen noch eine erhebliche Zunahme in den nächsten Jahren erwarten. Dabei bringt insbesondere der Seetransport von Erdöl und Chemikalien große Gefahren mit sich. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung Schleswig-Holstein Anfang Mai 2004 unter Beteiligung der internationalen Seeschifffahrtsorganisation der Europäischen Agentur zur Sicherung der Seeverkehre und der HelsinkiKommission eine viel beachtete internationale Ostseeschiffssicherheitskonferenz in Kiel ausgerichtet. Mit den verabschiedeten 14 Kieler Vorschlägen hat die Landesregierung einen verantwortungsvollen und verantwortungsbewussten Beitrag zur Forcierung der Bemühungen um eine verstärkte Schiffssicherheit im Ostseeraum geleistet. Die aufgezeigten Leitlinien sind eine ausgezeichnete Grundlage für weitere Maßnahmen und Aktivitäten.

Die Kieler Vorschläge zur Erhöhung der Schiffssicherheit sind von dieser Landesregierung, der Ministerpräsidentin, in vielen Gesprächen, bei Reisen und Begegnungen vorgetragen worden und auf breite Zustimmung und Unterstützung gestoßen,

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

sei es gegenüber der Bundesregierung, den Staaten Estland, Lettland und Litauen, über die EUKommission, seien es die deutsch-polnischen Gespräche oder die deutsch-russischen Schifffahrtsgespräche. Wir alle, vor allen Dingen die Ostseeanrainerstaaten, sind aufgefordert, die Vorschläge mit wirksamen Maßnahmen zu begleiten, die das Maß an Sicherheit herstellen und die Potenziale, die uns die Meere bieten, auch zukünftig ausschöpfen.

Heute können wir den vierten Vorschlag der Kieler Erklärung in diesem hohen Hause verwirklichen, indem wir dem Gesetz zu der Vereinbarung über die Zuweisung eines Notliegeplatzes im Rahmen der maritimen Notfallvorsorge zustimmen.

Die Havarien der letzten Jahre, insbesondere der „Prestige“-Untergang, haben gezeigt, dass die schnelle Zuweisung eines Notliegeplatzes in einem Hafen oder auf einer Reede eine geeignete Maßnahme sein kann, um komplexe Schadensfälle auf See in Ruhe und relativ sicher und effektiv abarbeiten zu können. Mögliche Folgeschäden können bei frühzeitiger Überführung eines havarierten Schiffes auf einen Notliegeplatz deutlich geringer gehalten oder ganz vermieden werden.

Schiffssicherheit ist nicht nur eine Notwendigkeit zum Schutz unseres Landes, sondern sie bietet auch Chancen. Mit der durch die Landesregierung angestoßenen Initiative „Zukunft Meer“, in der die Schiffssicherheit eine hohe Bedeutung hat, sollen mehr zukunftsfähige Arbeitsplätze in SchleswigHolstein geschaffen und Forschung und Innovation gestärkt werden. Der maritime Sektor ist einer der innovativsten und zukunftsträchtigsten überhaupt und Schleswig-Holstein bereits jetzt innerhalb Deutschlands das Meeresland Nummer 1.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Um es auf den Punkt zu bringen: Die Initiative „Zukunft Meer“ bringt dem Land mehr Zukunft. Sie wird Schleswig-Holstein helfen, vorhandene Potenziale besser zu nutzen und neue Potenziale zu eröffnen. Das ist gut für Schleswig-Holstein und gut für die Menschen in unserem Land.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Behm das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Ich möchte meine Rede mit einem Dank an alle Beteiligten beginnen, die den Bericht erarbeitet haben. Vor allem richtet sich mein Dank aber an die vielen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die Regelungen und Einrichtungen überhaupt geschaffen haben, sodass der Bericht mit den enthaltenen Fakten gegeben werden kann.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es hat sich auf dem Gebiet der Schiffssicherheit anerkanntermaßen viel getan. Gleichwohl dürfen wir nicht vergessen, dass es viele der Neuerungen zur Sicherstellung der Sicherheit des Schiffsverkehrs nicht geben würde, wenn die „Pallas“-Katastrophe nicht gewesen wäre. Diese Feststellung mag makaber klingen, aber sie ist nicht von mir. Sie stammt von dem Umweltschützer Ulrich Rösner vom Projektbüro Wattenmeer des World Wide Fund for Nature. Er fährt fort:

„So sehr wir auch glauben, dass das Havariekommando auf einem guten Weg ist - es ist nicht perfekt.“

Ich stimme ihm in beiden Aussagen zu, schließlich befindet sich das Havariekommando immer noch im Aufbau.

Meine Damen, meine Herren, die FDP hat bereits unmittelbar nach „Pallas“ an allererster Stelle einen einheitlichen gestärkten Küstenschutz gefordert. Das ist erreicht: Seit dem 1. Januar 2003 liegt das Unfallmanagement beim „Havariekommando deutsche Küsten“ in einer Hand. Nun beklagt der Bericht, dass das Küstenwachzentrum unter Einschluss des Havariekommandos letztlich nur ein Kooperationsverbund ist, aber der Aufbau einer integrierten Küstenwache mit „monokratischen“ Entscheidungsstrukturen wünschenswert wäre. Außer Schleswig-Holstein ist derzeit aber kein anderes Bundesland bereit, seine Wasserschutzpolizei - nur im Bedarfsfall - einer einheitlichen Küstenwache zu unterstellen und entsprechende Kompetenzen aufzugeben.

Diese Kritik teilen wir nicht. Eine Stärkung der Küstenwache heißt für die FDP nicht, allen Beteiligten die gleiche Mütze zu verpassen und eine „Superbehörde“ zu installieren. Wichtiger ist eine einheitliche Informations- und Kommandostruktur, in die sich die jeweiligen Behörden des Bundes und der Länder mit ihrem gesamten Equipment einfügen.

Nach dem Bericht laufen auf Fachebene bereits zwischen den Küstenländern entsprechende Aktivitäten

zur Vernetzung der Arbeit der Unfallmanagementbehörden mit gemeinsamen Alarm-, Unterstützungs- und Abwehrplänen.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD])

Diesen Ansatz gilt es auszubauen.

Verbesserungsbedarf besteht noch bei der Einführung des automatischen Schiffs-Identifizierungssystems (AIS). Wir haben zwar inzwischen den Status erreicht, dass eine Ausrüstungspflicht der Schiffe besteht und auch in Deutschland alle Verkehrszentralen mit AIS-Empfangsanlagen ausgerüstet sind. Eine sinnvolle Verwendung der Daten ist jedoch nur bei einer Kopplung der Daten an elektronische Seekarten gegeben, die bisher nicht international vorgeschrieben sind.

Zum Zeitpunkt der Berichterstellung war die Regelung über die Zufluchtplätze für Havaristen, auch als Nothilfen bezeichnet, ebenfalls noch ein Knackpunkt. Umso mehr freue ich mich, dass es im Laufe dieser Sitzung und der Verhandlungen davor fraktionsübergreifend gelungen ist, die Vereinbarungen über die Zuweisung eines Notliegeplatzes im Rahmen der maritimen Notfallvorsorge zu verabschieden, zugegeben mit dem einen oder anderen Wermutstropfen: Auf die ablehnende Haltung des Bundes bei der Erstattung der Kosten auch nach Beendigung einer komplexen Schadenslage müssen wir in jedem Fall noch Einfluss zu nehmen versuchen. Denn die Vorfinanzierung kann für die betroffenen Kommunen schnell zu einer unangemessenen Belastung führen.

Meine Damen, meine Herren, die Schiffssicherheit in der Ostsee ist auf einem guten Weg. Gleichwohl bleibt noch viel zu tun. Ich weise nur auf die von mir immer wieder geforderte Annahmepflicht von Lotsen in den engen und schwierigen Fahrwassern - das Stichwort Kadetrinne ist schon erwähnt worden - oder auf die beschleunigte Einführung von Doppelhüllentankern hin.

Im Interesse der Sicherheit und Sauberkeit unserer Küstenmeere dürfen wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Letztlich wird erst der nächste Ernstfall, den wir nicht erhoffen, der aber dennoch eintreten kann, zeigen, ob wir ausreichend auf den Notfall vorbereitet sind.

Den Anmerkungen des Abgeordneten Maurus zu den Ausschreibungskriterien für die Notschlepper schließt sich die FDP-Fraktion ausdrücklich an.

(Beifall bei der FDP - Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Frau Ministerpräsidentin, vielen Dank für den Bericht.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Gesetz stimmt das Land Schleswig-Holstein der Vereinbarung über die Zuweisung von Notliegeplätzen im Rahmen der maritimen Notfallvorsorge zu. Die Vereinbarungen sind im gemeinsamen Arbeitskreis Notliegeplätze des Bundes und der Küstenländer erarbeitet worden. Unsere Erfahrungen mit der Havarie der „Pallas“ zeigen, wie notwendig eine solche Übereinkunft an den Küsten ist. Die schnelle Zuweisung eines Notliegeplatzes in einem Hafen oder auf einer Reede ist eine wirksame Maßnahme, um Schadensfälle auf Schiffen zu behandeln. Denkbar sind dabei Feuer, Ölschäden, Chemieunfälle sowie sonstige Umweltschäden. Verbleibt ein Havarist dagegen an der Unfallstelle, sind sehr viel eher Folgeschäden zu erwarten. Diese können durch eine zeitnahe Überführung an einen Notliegeplatz verringert oder verhindert werden.

Das ist kein neues Thema. Die Landesregierung hat Anfang Mai 2004 ihre „Kieler Vorschläge“ zur Ostseesicherheit im Rahmen der Maritime Safety Conference Baltic 2004 vorgestellt. Punkt 4 der Vorschläge betrifft die Aufstellung wirksamer Pläne für den Zugang zu Notliegeplätzen, also Ankerplätze, Reeden und Häfen. Es gibt weiterhin entsprechende Richtlinien der EU und auch der IMO, also der International Maritime Organisation, die auch für die Vertrags- und Mitgliedstaaten gelten sollen. Auch sie müssen entsprechende Richtlinien schaffen und umsetzen, wie wir heute.

Die Zuweisung von Notliegeplätzen erfolgt durch den Leiter des Havariekommandos in Cuxhaven. Die Entscheidung dazu muss schnell erfolgen, aber unter sorgfältiger Beachtung und Abwägung der Interessen aller Beteiligten. Aber, meine Damen und Herren, eines muss klar sein: Der Havariekommandeur entscheidet.

Wichtige Beteiligte sind zum Beispiel die ausgesuchten Häfen, deren Eigentümer und Betreiber. Es ist nachvollziehbar, dass alle maritimen Akteure die Zuweisung von Notliegeplätzen unterstützen, aber gleichzeitig hoffen, dass nicht gerade ihr Hafen herangezogen wird. Es stört den normalen Hafenbetrieb natürlich empfindlich, wenn ein Havarist in den Hafen geschleppt wird. Deshalb ist es ganz wichtig, dass

alle Kosten, die aus der Nutzung der Notliegeplätze entstehen, gemeinsam von Bund und Küstenländern getragen werden. Dabei übernimmt der Bund 50 % der Kosten, Schleswig-Holstein trägt 15 %. Ausgeglichen werden auch die nachgewiesenen wirtschaftlichen Verluste im Notliegehafen. Das Risiko kann nicht nur auf den zufällig betroffenen Hafen abgewälzt werden. Benannt werden die Notliegeplätze durch den jeweiligen Hafenkapitän und die Wasser- und Schifffahrtsämter mit einer genauen Beschreibung des Platzes sowie der sonstigen Infrastruktur.

Meine Damen und Herren, das heute zu beschließende Gesetz ist ein wichtiger Schritt. Zu Recht sind die maritime Wirtschaft und die maritime Technologie ein Feld von strategischer Bedeutung für SchleswigHolstein. Die Ministerpräsidentin hat es in ihrem Bericht deutlich gemacht.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das wird auch durch die Identifizierung als eines der Wirtschaftscluster mit entsprechender Ausrichtung in der Entwicklung und Förderung verdeutlicht.

So gern ich diesem Gesetz zustimme, so will ich doch den Prozess seiner Entstehung nicht unterschlagen. Aus meiner Sicht war es insbesondere das CDUregierte Niedersachsen, das sich in dem Prozess der Gesetzesfindung als Bremser im Verfahren erwiesen hat.

Dieses Gesetz ist vor allem ein Schritt zur Absicherung der Entwicklung des Wirtschaftsraumes Meer und des Tourismus an unseren Küsten. Seeunfälle können insoweit zu schweren Schäden und Beeinträchtigungen führen. Daher ist dieses Gesetz ein wichtiger Schritt zur Sicherung der Umwelt und zur Sicherung unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten im baltischen Raum.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns heute über die Zuweisung eines Notliegeplatzes im Rahmen der maritimen Notfallvorsorge und über den Bericht zu mehr Schiffssicherheit in der Ostsee unterhalten, möchte ich vornehmlich auf den Gesetzentwurf zu den Notliegeplätzen eingehen. Gleichwohl möchte ich mich für den umfassenden Bericht zur Schiffssicherheit in der Ostsee bedanken, der noch einmal die Grundlagen und