Protocol of the Session on January 10, 2022

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(Beifall)

Meine Damen und Herren, es wurde schon beschrieben - die Omikronvariante des Cornonavirus hat sich in Deutschland später ausgebreitet als in vielen anderen westlichen Staaten. Dafür ist diesmal der Norden erkennbar zuerst dran. SchleswigHolstein ist durch Omikron nach Bremen und Berlin neben Hamburg und Brandenburg zu einem der Bundesländer mit der höchsten Inzidenz geworden, und das binnen kürzester Zeit. Das ist mit Blick auf die Lage zu Dänemark nicht besonders überraschend, aber die Diskoveranstaltungen rund um Weihnachten haben die Omikronausbreitung in Schleswig-Holstein leider beschleunigt.

Es ist klar, es war ein Fehler, diese nicht schon einige Tage vorher zu unterbinden. Ich bedauere dies sehr; es tut mir leid für die Betroffenen, die dadurch über den Jahreswechsel entsprechende Unannehmlichkeiten hatten. Das würde man heute mit Sicherheit anders entscheiden; das sage ich ganz deutlich.

Aber Schleswig-Holstein hat den MPK-Beschluss zum 28. Dezember 2021 umgesetzt. Der Lübecker Bürgermeister liegt hier falsch mit seiner Behauptung. Es gab rechtliche Hürden zur Schließung von Diskotheken - auch das ist beschrieben worden -, sodass wir mit entsprechenden Auflagen lediglich eine De-facto-Schließung vornehmen konnten. Der Gesundheitsminister hat darauf hingewiesen, dass das funktioniert hat.

Wir müssen leider feststellen: In diesen Partysettings schützt bei Omikron offensichtlich leider auch 2 G Plus nicht vor zahlreichen Ansteckungen. Die Quote ist in einigen Diskotheken enorm hoch gewe

sen, was vermutlich auch an der Zuverlässigkeit einiger Schnelltests bei dieser Variante liegt. Darüber muss jetzt auf Bundesebene sehr schnell Klarheit geschaffen werden. Der Bundesgesundheitsminister hat gestern darauf hingewiesen. Da geht es um die Themen Proteine, Viruslast. Das Paul-Ehrlich-Institut hat schon eine Analyse vorgelegt. Sie wird noch weiter verbessert.

Auch mit Blick auf einige Wortbeiträge hier sage ich deutlich: Schnelltests sind enorm wichtig. Lassen Sie uns nicht den Eindruck erwecken, dass das alles nichts bringe. Jetzt muss geguckt werden, ob einige aus der Liste aussortiert werden müssen und welche weiter funktionieren. Diese müssen weiter angewendet werden. Das ist ein ganz wichtiges Instrument für die Sicherheit der Menschen in den nächsten Wochen.

(Vereinzelter Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Experten des Landes - auch das gehört zur Wahrheit dazu - haben diese Entwicklung mit Blick auf die Diskotheken nicht kommen sehen. Ich will nur darauf hinweisen. Natürlich ist die Omikronvariante eine neue Herausforderung. Dass Partys in einer Pandemie grundsätzlich das Risiko mit sich bringen, dass man sich ansteckt, war allen Beteiligten hoffentlich immer klar; uns jedenfalls war das immer klar. Ob bei allen Veranstaltungen alle Regeln eingehalten wurden - Frau Midyatli hat das hier in den Raum gestellt -, da bin ich nicht ganz sicher; das wird sich vermutlich noch herausstellen.

Ich habe Verständnis dafür, dass junge Menschen auch in dieser Zeit feiern gehen wollen. Deshalb würde ich nicht sagen, die jungen Leute seien selber schuld. Es gibt natürlich ein Risiko, es gibt eine Eigenverantwortung. Wir haben die Entwicklung ehrlicherweise so nicht kommen sehen; deswegen reagieren wir jetzt.

Bei der Deltavariante haben die vielen Veranstaltungen mit 3 G, später 2 G und dann 2 G Plus gut funktioniert. Es war deshalb richtig, im Sommer 2021 einen Modellversuch, der bundesweit Beachtung gefunden hat, durchführen zu lassen.

Jetzt steht die arg gebeutelte Branche allerdings vor ganz neuen Herausforderungen. Ich weiß, dass sich viele Betreiber Gedanken machen, wie es in Zukunft weitergehen soll. Diese Branche ist so stark gebeutelt wie keine andere. Die Unternehmen sind in ihrer Existenz gefährdet. Deswegen haben wir nicht leichtfertig gehandelt; es stehen immer auch Schicksale dahinter.

(Eka von Kalben)

Wir sehen in anderen Ländern mittlerweile sehr deutlich, dass sich Omikron rasend schnell ausbreitet, aber im Durchschnitt eindeutig zu milderen Verläufen führt. Das bedeutet eine ganz neue Phase in dieser Pandemie. Omikron lässt sich nicht aufhalten, sondern nur ausbremsen. Wir sind deshalb gut beraten, die verschiedenen Maßnahmen weiter darauf einzustellen, damit unser Gesundheitssystem auch diese Herausforderung bewältigen kann.

Deshalb stellen wir heute - befristet auf drei Monate - die epidemische Lage für Schleswig-Holstein fest. Das hätten wir ehrlicherweise gern vermieden. Es ist aber leider notwendig, um zum Beispiel Diskotheken rechtssicher schließen zu können. Ich halte es für richtig, dass die Bundesländer nach dem Infektionsschutzgesetz diesen Schritt zur Ermöglichung bestimmter Maßnahmen gehen können, die Bund und Länder in den letzten Tagen gemeinsam angekündigt haben.

Herr Kollege Koch, wer darüber hinaus immer wieder massiv die Wiederherstellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite einfordert, sollte auch offen sagen, welche Maßnahmen damit konkret umgesetzt werden sollen.

(Beifall FDP, SPD und SSW)

Sie haben gesagt, wenn alle Bundesländer das gemacht hätten, sollte das auch der Bund machen. Das kann man so sehen, wenn man sich nur an dem Begriff festhält. Ich möchte einmal auf das Infektionsschutzgesetz hinweisen. Das ist nicht nur ein politisches Symbol, wie es auch einige Journalisten bundesweit immer wieder darstellen, nach dem Motto, man habe das falsche Signal gesendet. Es ist nicht nur ein Symbol, sondern es geht konkret um die Ermächtigung der Regierung, Kitas, Schulen, Einzelhandel, Restaurants, Hotels oder Sportanlagen zu schließen. Das geht weit über das hinaus, was Sie hier mit der Feststellung der epidemischen Lage auf Landesebene machen. Das muss man wissen, das muss man den Menschen auch sagen. Zudem kann man damit Reisen und Versammlungen verbieten oder auch Ausgangssperren beschließen.

Ich sage ganz deutlich: Ich höre momentan so gut wie niemanden, der auch nur eines davon in der Konsequenz haben will. Also ist es momentan richtig, dass man das noch nicht feststellt.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ja, Frau von Kalben, man kann das natürlich prophylaktisch machen. Ich sage nur: Das ist etwas mehr als ein Symbol nach dem Motto: Das sollte

man einfach einmal machen, das ist doch schon. Nein, das ist ein ganz, ganz scharfes Schwert. Deswegen finde ich es richtig, dass man sehr genau darüber nachdenkt, ob man das macht. Gerade für die Eltern haben die Themen Kita und Schule eine besondere Bedeutung. Deshalb sage ich: Es ist ein Unterschied, und man sollte sehr vorsichtig damit umgehen. Das ist mein Punkt.

(Beifall FDP, SPD und SSW)

Frau Midyatli, anders als sonst werde ich mich heute auch nicht an der Opposition abarbeiten. Ich stelle nur fest: Der eigentliche Paradigmenwechsel in der Landespolitik mit Blick auf die Coronapolitik hat im Herbst eigentlich bei der SPD-Fraktion stattgefunden. Ich war gewohnt, dass Herr Dr. Stegner mir bei den Appellen im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit immer beigesprungen ist. Die SPDFraktion hat sich dafür entschieden, in der Coronapolitik jetzt schärfer zu sein. Das ist ihr gutes Recht. Ich stelle das nur fest.

Meine Damen und Herren, es steht außer Frage: Die nächsten Wochen werden uns alle noch einmal erheblich herausfordern. Ich denke dabei vor allem an die kritische Infrastruktur, an die Familien mit Kindern in Kitas und Schulen, aber auch an die vielen kleinen und mittleren Unternehmen und oder die älteren Menschen.

Krankenhäuser und die Organisationen des Katastrophenschutzes arbeiten längst an Notfallplänen oder haben diese bereits in der Umsetzung. Die aktuelle Situation erinnert einige Menschen - so hört man manchmal - zumindest teilweise an den Beginn der Pandemie, aber zum Glück fangen wir nicht mehr bei null an - bei Weitem nicht.

Die Sterblichkeitsrate bei Covid-19 sinkt immer weiter - gerade bei den besonders gefährdeten hochbetagten Menschen. Frau Midyatli, ich will nur darauf hinweisen - ich glaube, Sie haben das gar nicht so gemeint -: Man kann ja fast sagen, je älter die Menschen sind, desto höher ist die Impfquote. Zum Glück gibt es in Schleswig-Holstein gerade bei den Menschen über 60 und bei den Hochbetagten eine enorm hohe Impfquote. Deshalb ist die Lage so, wie sie ist. Deshalb haben wir das Glück, dass diese Menschen durch diese Krankheit nicht mehr so stark vom Tod bedroht werden.

Die Impfungen helfen massiv. Wir sollten deshalb weiter dafür werben.

Auch die Behandlungsmethoden sind deutlich besser geworden. Unter dem Strich sind das richtig gute Nachrichten und große Fortschritte.

(Christopher Vogt)

Bald werden sicherlich auch Medikamente zum Einsatz kommen, um bei besonders gefährdeten Infizierten schwere Verläufe zu verhindern. Auch wenn der Kollege Dr. Dolgner im Dezemberplenum noch davor gewarnt hat, sage ich: Die Bundesregierung hat entsprechende Bestellungen in Millionenhöhe - so habe ich zumindest gelesen - vorgenommen. Deshalb glaube ich, dass sie in Deutschland bald zum Einsatz kommen werden. Alles andere wäre komisch.

Es muss jetzt einmal mehr besonders um den Schutz der besonders gefährdeten Menschen zum Beispiel in den Pflegeheimen gehen. SchleswigHolstein hat dazu bereits wieder sehr umfassende Schutzmaßnahmen getroffen. Das ist richtig so.

Es muss aber auch um unsere Kinder und Jugendlichen gehen, die trotz relativ geringer Gefährdung leider immer wieder eine Hauptlast bei der Pandemiebekämpfung tragen müssen. Das sollten wir auch in dieser Phase nicht vergessen. Schulen und Kitas mit guten Sicherheitskonzepten müssen möglichst geöffnet bleiben. Das wird ohne Frage in den nächsten Wochen während der Omikronausbreitung eine Herausforderung werden. Das stellen wir fest, wenn wir in andere Länder schauen. Wir sehen zum Beispiel in Frankreich, dass das ein Problem ist.

Es geht ja auch um das Recht auf Bildung. Kinder brauchen eben auch Kinder.

Meine Damen und Herren, das Thema der psychischen Gesundheit wurde uns gerade wieder durch eine bundesweite Studie vor Augen geführt, nach der die Suizidversuche bei Kindern im Lockdown 2021 erschreckend zugenommen haben. Ich muss ganz ehrlich sagen - nicht nur, weil ich Familienvater bin -: Mich lässt auch das alles andere als kalt. Ganz im Gegenteil. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Das muss uns besorgen. Deshalb sage ich: Solange es verantwortbar ist, die Schulen und die Kitas offen zu haben, müssen sie auch geöffnet bleiben.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Wolfgang Baasch [SPD])

Wir haben bei den Testungen nachgearbeitet und werden gegebenenfalls weiter verbessern, wenn das möglich und sinnvoll ist.

Zum Thema PCR - auch das höre ich immer wieder - haben wir heute wieder festgestellt, es gibt ein Problem mit den Laborkapazitäten und dem zeitlichen Rahmen - gerade bei Omikron. Ich verstehe alle Wünsche, dass verbessert werden soll. Was

man tun kann, sollte man machen. Aber wir sollten nicht ins Schaufenster stellen, was nicht leistbar ist.

Ich bin auch nach wie vor für den Einsatz von Luftfiltern, über die zwischen Bund, Ländern und Kommunen rauf- und runterdiskutiert wird. Ich kenne die Bedenken. Ich bin allerdings der Meinung: Auch unabhängig von einer Pandemie kann es nicht schlecht sein, die Luft in Kitas und Schulen zu verbessern. Luftraumqualität ist auch nach einer Pandemie wichtig. Deshalb sage ich: Lassen Sie uns alle pragmatisch sein. Was man machen kann, sollte man tun.

(Vereinzelter Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Hochschulen haben in Schleswig-Holstein bereits überwiegend wieder auf digitale Lehrveranstaltungen umgestellt. Das ist deutlich einfacher als an den Schulen und hat in den letzten Semestern auch besser geklappt als befürchtet. Ideal ist das bei Weitem trotzdem nicht. Deshalb sollte dieses Semester aus unserer Sicht wieder ein Freisemester - mit den entsprechenden Freiversuchen bei den Prüfungen - sein. Das wäre nur fair gegenüber den Studierenden, die während der Pandemie nicht allzu sehr im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit standen, wenn man ehrlich ist. Es gab Gruppen, die - zu Recht - eine besondere Aufmerksamkeit hatten. Auch die Studierenden haben während der Pandemie viel Verantwortung übernommen und Flexibilität absolut verdient. Deswegen sollten wir das machen. Ich habe heute auch gehört, dass das auf Bundesebene zwischen den Bundesländern besprochen wird, dass es wahrscheinlich eine Lösung gibt. Ich halte das für richtig, denn auch diese Menschen haben das Recht, ihr Studium trotz der Pandemie vernünftig zu beenden.

(Vereinzelter Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Schauen wir derzeit ins Ausland, stellen wir fest, es gibt große Hoffnung, dass die Omikronausbreitung unser Gesundheitssystem stark belasten, aber nicht überlasten wird, wenn wir entsprechende Maßnahmen ergreifen. Hier gelten strengere Maßnahmen als zum Beispiel in Großbritannien oder Dänemark.

In Dänemark ist die Impfquote höher. Dänemark hat frühzeitig auf mRNA-Impfstoffe gesetzt. Sie erinnern sich. AstraZeneca wurde dann, weil es in Dänemark nicht mehr eingesetzt wurde, nach Deutschland geschickt. Dafür waren wir dankbar. Dänemark hat also etwas andere Parameter.

(Christopher Vogt)

In Großbritannien ist offenbar die Zahl der Genesenen deutlich höher als in Deutschland. Insofern bleibt die Frage, was passieren wird, wenn Omikron deutsche Regionen mit weniger Geimpften erreichen wird als Nordwestdeutschland, was nur eine Frage der Zeit ist. Das betrifft vor allem den Osten und den Süden der Republik.

Nicht nur vor diesem Hintergrund war ich ein wenig überrascht, dass die Union die MPK-Vereinbarungen als unzureichend kritisiert hat, gleichzeitig aber unionsgeführte Bundesländer wie Sachsen-Anhalt und Bayern nicht alle Maßnahmen umsetzen wollen. Auch die CDU-Landtagsfraktion hat heute bekannt, dass 2 G Plus nicht der Weisheit letzter Schluss sei. Darüber wird sicherlich zeitnah zu reden sein. Ich war über die Begründung von Herrn Haseloff überrascht, der sagte, Omikron sei in Sachsen-Anhalt bisher nicht so vorhanden. Da muss ich ganz ehrlich sagen: Mit Blick auf die Landkarte und die Entwicklungen in Berlin und Brandenburg ist das eine erstaunliche Feststellung. Ich bin gespannt, wie das dort in den nächsten Wochen weitergeht.

Ich weiß, die CDU-Fraktion sieht das durchaus differenziert. Deshalb kann ich es ansprechen. Auch Herr Söder meint, er bleibe „im Team Vorsicht mit Augenmaß“. Das Augenmaß ist aber, ehrlich gesagt, in Bayern neu.

Eine Sache stört mich gewaltig. Wie Hamburg hat Bayern nachweislich eine Zeitlang mit falschen Daten - nämlich bei den Inzidenzwerten für Geimpfte und Ungeimpfte - argumentiert und damit leider für einen massiven Vertrauensverlust in der Bevölkerung gesorgt. Noch schlimmer finde ich, dass dieser Fehler bisher auf öffentlichen Druck hin sehr kleinlaut von den zuständigen Behörden korrigiert wurde, aber von den Herren Ministerpräsidenten, die dafür zuständig sind, dazu öffentlich nichts erklärt wurde.