Meine Damen und Herren, ich sagte vorhin schon, einmal sei immer das erste Mal. Dies ist das erste Mal, dass ich eine letzte Rede in diesem Landtag halte. Ich möchte mich nach 13 Jahren bei Ihnen herzlich bedanken. Ich habe die Oppositionszeit erlebt, ich habe zwei verschiedene Koalitionszeiten erlebt, ich war einige Jahre Vizepräsidentin dieses Landtages. Das war herausfordernd und spannend. Ich habe eine Menge gelernt. Ich habe nette und aufregende Leute kennengelernt. Ich habe mit Ihnen zusammengearbeitet, das hat mir große Freude bereitet. Ich freue mich jetzt auf den Perspektivwechsel - von der Seitenlinie werde ich sicherlich weiter zuschauen - und wünsche Ihnen, die hier weiterhin ihre Aufgaben wahrnehmen und wiedergewählt werden wollen, alles Gute für diese Wiederwahl. Ich wünsche Ihnen, dass Sie mit Kreativität und Tatkraft Ihre Aufgaben hier wahrnehmen so wie ich es versucht habe. Ich möchte mich ganz herzlich bedanken. Es war mir eine Ehre!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muss mich nach diesem Abschied von Marlies erst einmal einen Moment sammeln. - Ich danke der Ministerin für den Bericht zum Infrastrukturbericht. Frau Raudies, Sie haben gefragt: Warum will Frau Heinold Ministerpräsidentin werden? - Das liegt auf der Hand. Alles, was wir hier vorgelegt haben, was nach zehn Jahren Sanierung dieses Landes vorgelegt wurde, spricht nur dafür, dass Klimaschutz endlich Chefinnensache werden muss. Deswegen ist die Antwort darauf: Monika Heinold hat heute hier bewiesen, warum sie Ministerpräsidentin werden muss.
Ja, Sanierung findet statt. Sie haben das IMPULSProgramm von allen Seiten beklatscht. Das ist auch richtig so. Es ist ja schon ein altes, biblisches Prinzip, dass man in guten Zeiten sieben Jahre sozusagen einsammelt, um dann in schlechteren Zeiten etwas zu haben. Wir alle hoffen, dass die Zeiten gut bleiben, aber es muss natürlich so sein, wenn wir das IMPULS-Programm weiter füttern wollen und nichts an der Schuldenbremse machen können, dass wir auch wieder Überschüsse erwirken müssen.
Ob wir dieses Land voranbringen, liegt natürlich zum einen daran, wie die wirtschaftliche Lage ist. Aus meiner Sicht sind die Chancen da sehr gut. Wenn wir an den Ausbau der Erneuerbaren denken, stellen wir fest, dass wir wirklich eine Chance haben, wenn wir es jetzt richtig angehen.
Auf der anderen Seite müssen wir eben auch gucken, dass wir mit dem, was wir an strukturellen Dingen versprechen, haushalten. Dazu haben wir schon einiges gesagt.
Ich will mit einer Kleinigkeit aufräumen, Frau Krämer. Die Krankenhaussanierung haben wir sehr wohl auch schon in der Küstenkoalition gemacht. Herr Garg hat sich super für die Krankenhäuser eingesetzt, aber das ist nicht neu, sondern wir haben damit schon vorher begonnen.
Den Sanierungsstau abzubauen, ist das eine, weil nämlich unsere Vorgängergenerationen gebaut haben, aber nicht dafür gesorgt haben, dass auch die
Unterhaltung regelmäßig stattfindet. Was wir neben dem Sanierungsstau bedenken müssen, ist, dass bei jeder Investition von vornherein mit eingeplant wird, wie diese Investition erhalten wird. Das heißt, es ist nicht nur eine Aufgabe, sozusagen immer noch mehr in das IMPULS-Programm zu bekommen, sondern auch, im normalen Haushalt dafür zu sorgen, dass wir Unterhaltungsprogramme haben, egal für was wir bauen.
Das andere, wenn wir bauen, ist - das hat auch Marlies Fritzen gesagt -: Ein Theater muss mit Menschen bespielt werden. Das Wichtigste ist, wenn wir die Investitionsmittel ausgeben wollen, dass wir dafür Menschen brauchen, die dann auch wirklich etwas bauen. Das Geld für das Windrad alleine reicht nicht, sondern wir brauchen Menschen, die es aufstellen, und Menschen, die es warten. Frau Krämer, deshalb bin ich nicht Ihrer Meinung, dass die Investitionsquote das Allheilmittel ist. Wir müssen auch in Bildung investieren, und Bildung zählt eben nicht als Investition im Sinne einer Investitionsquote. Wenn wir nicht dafür sorgen, dass wir dem Fachkräftemangel in diesem Land etwas entgegensetzen, nützen uns die ganzen Investitionsmittel gar nichts, weil das Geld dann nämlich nicht abfließen kann.
Deshalb lassen Sie uns Investitionen nicht immer nur im Sinne von Bauen und Errichten von Dingen denken, meine Damen und Herren, sondern auch dahin gehend, dass wir in die Zukunft unserer Köpfe in diesem Land investieren! - Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. - Bin ich eigentlich zu hören? - Ja, okay.
Ich schlage Ihnen vor, den Bericht der Landesregierung zur Kenntnis zu nehmen. - Ich sehe keinen Widerspruch. Damit ist der Tagesordnungspunkt erledigt.
c) Sofortprogramm zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen bei psychosozialen Folgen von Pandemie und Krisen
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/3817 (neu)
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Mit dem Antrag zu a) wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Somit lasse ich zunächst darüber abstimmen, ob ein Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Ich erteile für die Landesregierung das Wort der Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist eine wesentliche Errungenschaft dieser Legislaturperiode, dass wir die Schulen nicht gegeneinander ausspielen. Schülerinnen und Schüler können in Schleswig-Holstein je nach Entwicklungsstand, Leistungsvermögen und Neigung auf verschiedenen Wegen ihren persönlichen Weg zu einem erfolgreichen Schulabschluss gehen. Das tun die einen über das Gymnasium, die anderen über die Gemeinschaftsschulen, wieder andere über die Förderzentren und - nicht zu vergessen - die beruflichen Schulen. Dabei zeichnet sich das gesamte Bildungssystem in Schleswig-Holstein als besonders durchlässig aus.
Zivilgesellschaft und Wirtschaft profitieren von Menschen mit unterschiedlichen Bildungserfahrungen und Perspektiven. Wir brauchen sie an unseren Hochschulen genauso wie in unseren Betrieben, in der dualen Ausbildung, in akademischen Berufen genauso wie in den zahlreichen Berufen des Handwerks. Ich betone hier noch einmal ausdrücklich: Die akademische und die berufliche Bildung sind
absolut gleichwertig. Deshalb gilt unser neues Landeskonzept für Berufsorientierung für alle Schularten und damit natürlich auch für die Gymnasien.
Egal, welchen Weg junge Menschen gehen, sie sollten die Chance haben, ihre Ziele zu erreichen - auf direktem Weg und manchmal eben auch auf Umwegen. Das funktioniert bei uns in Schleswig-Holstein immer besser. Die deutsche Bildungswissenschaft hat uns hierzu gerade jüngst ein gutes Zeugnis ausgestellt. Der Bildungsbericht 2020 des DIPF zeigt, dass die Zweigliedrigkeit des Schulsystems auf schleswig-holsteinische Art eine hohe Durchlässigkeit gewährt. Es hat - auch nach Rückkehr zu G 9 keinen Run auf das Gymnasium gegeben.
Ein Teil der Eltern und Kinder entscheiden sich bewusst für das Gymnasium, weil den Kindern das Lernen vielleicht leichter fällt und dieser direkte, von Anfang an eher leistungsorientierte Weg zum Abitur mit ausgeprägten fachlichen Schulprofilen für sie der passende Weg ist.
Ein anderer Teil entscheidet sich bewusst für die Gemeinschaftsschule, mit dem Wissen, dass den Kindern und Jugendlichen damit alle Möglichkeiten offenstehen. Sie entscheiden sich für eine stärkere Kultur der Differenzierung und häufig auch für eine stärkere Betonung des sozialen Lernens. Sie treffen diese Entscheidung auch, weil es gelungen ist, die ideologische Debatte um das Schulsystem endlich zu beenden und das individuelle Wohl der Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt zu stellen.
In diesem Sinne hoffe ich, dass wir uns nicht wieder in einer theoretischen Debatte über die Gleichwertigkeit der Abschlüsse verlieren, denn diese Gleichwertigkeit ist in Schleswig-Holstein längst gegeben, und das ist auch gut so.
Gleichwertigkeit heißt aber eben nicht Gleichartigkeit. Gleichwertigkeit erfordert mitunter sogar bewusste Unterschiedlichkeit. Damit wir jedem einzelnen Schüler und jeder einzelnen Schülerin gerecht werden, müssen wir unterschiedliche Ressourcen einsetzen. Das gilt für die besondere Förderung begabter Schülerinnen und Schüler, und das gilt auch für die Kinder und Jugendlichen, die beim Start ihrer Bildungsbiographie nicht die gleichen Chancen haben wie andere.
Wir alle wissen: Die formale Gleichwertigkeit führt nicht automatisch zu mehr Bildungsgerechtigkeit. Bildungsgerechtigkeit ist aber die zentrale Antwort auf die Gerechtigkeitsdebatte, die in Deutschland
zu Recht geführt wird. Sie ist die Voraussetzung, mit der wir das Aufstiegsversprechen der sozialen Marktwirtschaft verwirklichen. Sie ist auch Schutzschild für unsere Demokratie.
Ein wesentlicher Baustein für mehr Bildungsgerechtigkeit ist unser PerspektivSchul-Programm. Damit unterstützen wir gezielt Schulen in besonders herausfordernden Lagen mit zusätzlichen Ressourcen.
Schleswig-Holstein war neben Nordrhein-Westfalen 2019 das erste Flächenland, das dieses wichtige Thema angegangen ist und einen wesentlichen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit geleistet hat. Mittlerweile haben wir in drei Gruppen aufwachsend, kriterien- und indexorientiert 62 Schulen in das Programm aufgenommen. Dieses Programm ist von großer Bedeutung, nicht nur für die unterstützten Schulen, sondern für eine nachhaltige Stärkung der Schul- und Unterrichtsentwicklung in unserem gesamten Schulsystem.
Es geht dabei nicht nur um ein bloßes lineares Mehr an finanziellen und personellen Ressourcen; wir möchten wissen, was Schulen brauchen, um den großen gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht zu werden: Was können und müssen wir tun, um allen Schülerinnen und Schülern bestmögliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Gestaltung ihres Lebens mitzugeben? Wie kann Freude am gemeinsamen Lernen gewonnen und erhalten werden? Wie können Berufsorientierung gelingen und erfolgreiche Bildungsbiografien auf den Weg gebracht werden?
Die PerspektivSchulen erproben, welche Unterstützung erforderlich ist, um zu mehr Qualität zu gelangen und einen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit zu leisten. Dabei werden sie unterstützt durch das Angebot des IQSH aus Fachfortbildung, didaktischem Training, Schulentwicklungsberatung, Coaching und dem Projekt „Niemanden Zurücklassen“.
Ein wesentlicher Partner für unser PerspektivSchulProgramm ist die Wübben Stiftung. Sie unterstützt mit den Schulleitungsakademien gezielt die Schulleitungen bei ihrer so wichtigen Arbeit. Denn es sind die Menschen an den Schulen, die Schulleitungen, die Lehrkräfte und alle an Schule Beschäftigten, die die PerspektivSchulen zu einem Erfolgsprojekt machen. Bei der Bildungsgerechtigkeit kommt es immer auf ihren individuellen Blick auf die Schülerinnen und Schüler an.
Eine erste von unserer wissenschaftlichen Begleitung vorgelegte Bilanz des PerspektivSchul-Programms zeigt: Trotz Pandemie haben alle Schulen eine positive Entwicklung vollzogen. Das PerspektivSchul-Programm wird nicht als Makel, sondern als besondere Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit der Schulen wahrgenommen. Die Schulleiterqualifizierung wird von den Schulleitungen wertgeschätzt und kann als Grundlage dafür dienen, Schlussfolgerungen für die Qualifizierung von Schulleitungen weit über die PerspektivSchulen hinaus zu ziehen.