Protocol of the Session on March 28, 2019

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Meine Damen und Herren! Ich eröffne die heutige Sitzung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Erkrankt sind die Abgeordneten Regina Poersch, Dr. Marret Bohn, Barbara Ostmeier und Peter Lehnert. - Wir wünschen gute Besserung!

(Beifall)

Wegen auswärtiger Verpflichtungen sind von der Landesregierung beurlaubt Ministerin Dr. SütterlinWaack und Ministerin Heinold.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich der Abgeordneten Kerstin Metzner herzlich zum heutigen Geburtstag gratulieren. - Alles Gute für das neue Lebensjahr!

(Beifall)

Bitte begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags Schüler und Schülerinnen der Elbschule Glückstadt und der Gemeinschaftsschule Mölln. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 36 auf:

Bericht zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1191

Ich erteile das Wort dem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union ist vor rund 18 Jahren in Kraft getreten und hat ambitionierte Ziele. In allen Gewässern soll ein guter chemischer und ein guter ökologischer Zustand erreicht werden. Zurzeit befinden wir uns im zweiten Bewirtschaftungszeitraum, der sich über sechs Jahre von 2016 bis 2021 erstreckt, und unseren Gewässern geht es - wie den meisten Gewässern in Deutschland - im Lichte dieser unzweifelhaft hohen Ziele nicht gut.

Zu Beginn dieses zweiten Bewirtschaftungszeitraums haben nur 6 % der Fließgewässer, 16 % der Seen und kein Küstengewässer das vorgegebene Ziel erreicht. Beim Grundwasser ist der mengenmäßige Zustand überall gut, der gute chemische Zustand wird hingegen nur von knapp der Hälfte der Grundwasserkörper erreicht. Wir sind also insgesamt noch weit von der flächendeckenden Zielerreichung entfernt und müssen weitere Anstrengungen unternehmen und Maßnahmen zur Verbesserung umsetzen. Unsere Schwerpunkte der Maßnahmenplanung liegen bei der Verbesserung der Gewässerstruktur, der Verbesserung der Durchgängigkeit für Fische sowie der Reduktion der Belastung durch Nähr- und Schadstoffe.

Meine Damen und Herren, seit Inkrafttreten der Wasserrahmenrichtlinie haben wir im Land sehr viel angestoßen, bereits eine Menge umgesetzt und viel Geld investiert. Im Zeitraum 2016 bis 2018 haben wir investiert: an den Fließgewässern und Seen rund 20 Millionen €, für den Schutz des Grundwassers knapp 7 Millionen € und rund 38 Millionen € für Agrar-, Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Trotzdem konnten von den geplanten Maßnahmen des zweiten Bewirtschaftungsplans bis Ende 2018 erst ein Drittel tatsächlich begonnen werden. Das bedeutet, wir sind nicht so weit wie geplant. Für die Verzögerung gibt es unterschiedliche Ursachen. Da ist zum Beispiel auf der einen Seite fehlender Flächenzugang zu nennen. Das ist ein zentrales Problem, mit dem wir zu kämpfen haben. Wir haben auch fehlende Akzeptanz. Auch daran müssen wir arbeiten. Wir haben fehlende Maßnahmenträger, die bereit sind, diese Maßnahmen umzusetzen, und wir haben vor allen Dingen fehlende Fachkräfte. All das sind Herausforderungen, denen wir uns bei unseren Planungen in Zukunft stärker stellen müssen, um sie zu meistern.

Bei den Maßnahmen selbst unterscheiden wir auf der einen Seite solche, mit denen unmittelbar an den Gewässern durch Baumaßnahmen Verbesserungen erreicht werden, so ist zum Beispiel das Einzugsgebiet der Schwentine von der Mündung in die Ostsee bis in fast alle Nebengewässer wieder für Fische wie die Meerforelle durchgängig, und ordnungsrechtliche Maßnahmen auf der anderen Seite wie die Novellierung der Düngeverordnung in 2017 und den Erlass der Landesdüngeverordnung Schleswig-Holstein 2018 sowie die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz.

Darüber hinaus setzen wir landesweit auf ergänzende Maßnahmen wie zum Beispiel die Allianz für den Gewässerschutz, eine Maßnahme, die durchaus erfolgreich gewesen ist, und die Beratung der Landwirtschaft für den Gewässerschutz. Das ist tatsächlich ein zentraler Punkt, denn viele Landwirtinnen und Landwirte wollen und könnten auch deutlich schonender mit den Gewässern und ihrem Land wirtschaften, aber sie brauchen dazu Know-how, Beratung und Technikwissen. Das müssen wir ihnen vermitteln. An der Stelle müssen wir mehr tun.

Weiter zu nennen ist die Gewässerrandstreifenkampagne, eine hier im Land immer erfolgreichere Maßnahme, bei der auch immer mehr Landbesitzerinnen und Landbesitzer und eben auch Landwirtinnen und Landwirte mitmachen. Daran müssen wir anknüpfen, diese müssen wir ausbauen.

Zu nennen sind auch das Auenprogramm Schleswig-Holstein und die Beratung zur schonenden Gewässerunterhaltung. Das sind Maßnahmen, die wir hier im Land ergriffen haben und die im bundesweiten Vergleich durchaus vorbildlich sind.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP, SSW und vereinzelt SPD)

Bundesweit schauen derzeit viele Länder auf uns, das merke ich, weil es hier zumindest gelingt, gemeinsam solche Maßnahmen auf den Weg zu bringen und gemeinsam viele wirklich ambitionierte Ziele in Angriff zu nehmen und davor nicht zurückzuschrecken oder sich auseinanderzudividieren, und weil es hier nicht darum geht, einfach nur Regeln aufzustellen, die am Ende nicht richtig umgesetzt werden und doch nicht ausreichen, um das Ziel der EU-Vorgaben zu erreichen, wie wir das auch derzeit auf Bundesebene sehen.

Mit diesen kooperativen Maßnahmen, die wir hier im Land ergriffen haben, haben wir gute Erfahrungen gemacht, weil sie dazu führen, dass Bewirtschaftungs- und Handlungsweisen verändert werden und somit ein großer Beitrag zur Zielerreichung geleistet werden kann. Für ausführliche Informationen will ich an der Stelle auf unsere Broschüre „Zwischenbilanz 2018“ hinweisen. Sie wurde zur Information der Öffentlichkeit erstellt, aber natürlich auch zu Ihrer Information und ist sowohl in Papierform als auch im Landesportal online verfügbar.

Meine Damen und Herren, wie soll es weitergehen? Schleswig-Holstein setzt sich dafür ein, die Wasserrahmenrichtlinie weiterhin gemeinsam auf freiwilliger Basis mit den Wasser- und Bodenverbänden, dem Bauernverband und den Naturschutzverbänden

(Minister Jan Philipp Albrecht)

umzusetzen. Der Umfang der erforderlichen Maßnahmen lässt erwarten, dass diese auch innerhalb des dritten Bewirtschaftungszeitraums, also von 2021 bis 2027, nicht alle umgesetzt werden können. Auch deshalb setzen sich die Umweltminister der Länder und des Bundes für eine Verlängerung der Wasserrahmenrichtlinie über 2027 hinaus bei gleichbleibendem Zielniveau ein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Das klingt natürlich immer noch nach einem langen Weg. Doch die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie lohnt sich für uns und die nachfolgenden Generationen in vielerlei Hinsicht: Das Grundwasser und damit unser Trinkwasser - bleibt in guter Qualität erhalten. Die Gewässer werden nicht nur für die Tiere und Pflanzen verbessert; auch die Naherholung der Menschen wird dadurch gefördert. So profitieren auch der Tourismus und die regionale Wirtschaft von der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Die Landwirtinnen und Landwirte werden weiterhin von unseren guten Böden profitieren. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP, vereinzelt SPD und Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Der Minister hat die Redezeit um 1 Minute und 30 Sekunden überzogen. Diese Zeit steht jetzt allen Fraktionen zusätzlich zur Verfügung.

(Beifall Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Heiterkeit)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Heiner Rickers.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegen und Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Albrecht, ich bin Ihnen für diesen Bericht außerordentlich dankbar. Er ist nicht nur ein Nachschlagewerk für die Öffentlichkeit. Sie und Ihre Verwaltung haben sich unwahrscheinlich viel Mühe gegeben, die wichtigen Themen Wasser und Gewässerunterhaltung sowie vor allen Dingen die Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Reinhaltung und der nachhaltigen Bewirtschaftung der Gewässer beispielhaft darzustellen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Sie haben auf die Erfolge, aber auch auf die Zielrichtung für die kommenden Jahre hingewiesen.

Ein umfangreiches Nachschlagewerk von rund 100 Seiten ist entstanden. Es ist gar nicht so einfach, es in fünf Minuten zusammenzufassen. Aber wie bei allen Dingen, die in einem Bericht beziehungsweise Zwischenbericht dargestellt werden, gibt es natürlich auch hier eine Einführung und eine logische Aufbauanleitung: Welche Maßnahmen werden beispielhaft genannt? Welche Ziele werden verfolgt? Was können wir als Ergebnis zusammenfassen?

Wir alle sind uns einig, dass das Wasser - mit das höchste Gut zur Sicherung der Daseinsvorsorge im Mittelpunkt dieser Wasserrahmenrichtlinie steht. Wasser sollte für uns alle ein schützenswertes Gut sein. Das muss auch so bleiben.

Der Grundsatz in dieser Wasserrahmenrichtlinie ist - Sie sind darauf eingegangen, Herr Minister -, dass wir den guten ökologischen beziehungsweise den ursprünglichen Zustand von Gewässern nicht nur im Oberflächen- und Küstenbereich, sondern insbesondere auch im Grundwasserbereich erhalten beziehungsweise wiederherstellen sollen. Dafür gibt es ein Regelwerk der EU.

Wir brauchen Zahlen, Daten und Fakten, zum einen zur chemischen Beschaffenheit, insbesondere der des Grundwassers, zum anderen zum morphologischen Aufbau, insbesondere dem der Fließgewässer. Der natürliche Aufbau der Fließgewässer mit entsprechendem chemischem Zustand und Sauerstoffgehalt ist - das wissen Sie - für Kleinstlebewesen, Wirbellose und Fische, aber auch für Pflanzen von großer Bedeutung. Die chemische Beschaffenheit ist ein äußerst wichtiges, messbares Kriterium. Dessen Bedeutung ist wissenschaftlich belegbar, nicht nur für die Küsten- beziehungsweise Fließgewässer, sondern auch für das Grundwasser; auch darüber sind wir uns alle einig.

Begrüßenswert ist - auch das wird in Ihrem Bericht genannt -, dass wir in Schleswig-Holstein mit dem Grundwasser, was dessen Menge angeht, auch in Zukunft keine Probleme haben werden. Wir werden, so die Prognosen von Fachleuten, immer ausreichend Nachschub haben, also ausreichend Niederschläge, die im Boden versickern und unten, in den Grundwasserleitern, ankommen. Unser Trinkwasser wird zu 100 % aus dem Grundwasser gewonnen. Dass wir uns, zumindest was dessen Menge angeht, keine Sorgen machen müssen, können wir nur begrüßen.

Wir müssen uns aber über den Zustand des Grundwassers Sorgen machen; das haben Sie richtig be

(Minister Jan Philipp Albrecht)

schrieben. Die Nährstoffbelastung mit Phosphor und Nitrat - als ein Verursacher wird zu Recht immer wieder die Landwirtschaft genannt - müssen wir berücksichtigen. Sie haben darauf hingewiesen, dass die Düngeverordnung, die bereits greift und im Ergebnis von Novellierungen zu weiteren Verschärfungen führen wird, bei politischen Entscheidungen das Mittel der Wahl ist, um Verbesserungen herbeizuführen.

(Beifall Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Danke sehr. - In dieser Verordnung geht es um eine Begrenzung der Ausbringzeiten, um Obergrenzen für die auszubringenden Mengen, um die Nährstoffbelastung pro Einheit und Hektar, um Agrarumweltmaßnahmen, aber auch um Beratungsangebote. All das ist nicht nur angeschoben worden; es läuft bereits hervorragend. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Jahren die Ernte einfahren können aus all den Maßnahmen, die wir gemeinsam politisch auf den Weg gebracht haben und noch bringen werden.

Für die Fließgewässer - das habe ich erwähnt - sind sehr von Bedeutung die Durchlässigkeit, die chemische Beschaffenheit, der Nährstoffgehalt sowie die Möglichkeit, Lebensräume für Kleinstlebewesen und insbesondere für Fische zu schaffen. Dafür wird im Land viel unternommen. Die Zahlen sind erwähnt worden; Millionen wurden und werden investiert. Wir versuchen, ursprüngliche Gewässerläufe wiederherzustellen oder die Gewässer so zurückzubauen, dass sie der Ursprünglichkeit entsprechen. Ich nenne das Beispiel des Störs, den ich quasi vor meiner Tür finde. Sie werden aus Ihren Wahlkreisen weitere Beispiele kennen. Auen und Fließgewässer, insbesondere unsere großen Flüsse, werden so zurückgebaut, dass all das, was die Wasserrahmenrichtlinie verlangt, letztlich erreicht werden kann.

Mich freut die Aussage zu den Küstengewässern, dass in den vergangenen 25 Jahren - wer hätte das gedacht! - die Nährstoffbelastung deutlich gesenkt werden konnte. Trotzdem konnte das Ziel der Wasserrahmenrichtlinie leider noch nicht erreicht werden. Wir kennen die Probleme: Schiffsverkehr, Bebauung in den Meeren, Überfischung, zum Teil auch Munition und andere Altlasten. All das ist Ihnen bekannt. An diese Themen müssen wir heran.

Ich komme zur Zusammenfassung. Wir sind uns einig, dass Wasser - mit das höchste Gut der Daseinsvorsorge - im Mittelpunkt dieser Wasserrahmenrichtlinie steht. Wir müssen politisch alles daran

setzen, dass wir im Interesse auch der nachfolgenden Generationen vernünftig planen und geeignete Maßnahmen fördern - der Minister hat einige genannt -, um das Wasser sauber zu halten sowie die Morphologie der Fließgewässer, die Beschaffenheit der Küstengewässer und insbesondere den Zustand des Grundwassers so zu erhalten, dass wir hervorragend damit leben können. Dieser Zwischenbericht dient nicht nur als Kriterienkatalog und Nachschlagewerk für den Istzustand, sondern bietet auch einen Ausblick auf die Zukunft.

Lassen Sie mich auch mit einer ganz leichten Kritik schließen, Herr Minister: Sie kennen den Ausspruch: „One out - all out“. Der Katalog zum Bemessen eines Gewässers, ob unter der Erde oder oberflächlich, umfasst laut Vorgabe der Wasserrahmenrichtlinie rund 20 bis 30 Kriterien. Das Folgende wird Sie vielleicht interessieren: Wenn nur ein Kriterium von diesen insgesamt circa 25 Kriterien nicht dem Zielwert entspricht, dann bedeutet das für das Gesamtgewässer, dass es nicht den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie entspricht.