Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne unsere 27. Landtagssitzung. Der Minister für Finanzen und Europa Stephan Toscani ist für die heutige Sitzung entschuldigt. Er vertritt das Saarland heute in Verhandlungen mit Herrn Bundesminister Wolfgang Schäuble sowie vorbereitenden Gremien zur Finanzministerkonferenz in Berlin.
Im Rahmen der Einführung von Gruppen in die Parlamentsarbeit ist heute die Klasse 10 e der Marienschule Saarbrücken unter Leitung von Herrn Holger Christmann bei uns zu Gast. Seien Sie uns herzlich willkommen.
Der Minister für Finanzen und Europa hat dem Landtag mit Schreiben vom 28. Mai 2014 gemäß § 37 der Landeshaushaltsordnung eine Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im zweiten Halbjahr 2013 übermittelt. Da der Landtag gemäß § 37 Abs. 4 der Haushaltsordnung von den überund außerplanmäßigen Haushaltsausgaben zu unterrichten ist, habe ich die Zusammenstellung den Mitgliedern des Hauses übersenden lassen.
Im Einvernehmen mit dem Erweiterten Präsidium habe ich den Landtag des Saarlandes zu seiner 27. Sitzung für heute, 09.00 Uhr, einberufen und die Ihnen vorliegende Tagesordnung festgesetzt.
Zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung. Wegen des Sachzusammenhangs wird die Aussprache zu den beiden Gesetzentwürfen der DIE LINKE-Landtagsfraktion zur Änderung der Verfassung des Saar
landes, Drucksache 15/954, und zur Änderung des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes, Drucksache 15/953, gemeinsam durchgeführt. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann wird so verfahren.
Zu Punkt 6 der Tagesordnung. Zur Zweiten Lesung des Gesetzes zur Änderung schulrechtlicher Gesetze 2014 haben die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLandtagsfraktion und die PIRATEN-Landtagsfraktion mit der Drucksache 15/961 - neu - den Beschlussantrag „Rahmenbedingungen zur Umsetzung der Inklusion verbessern" eingebracht. Wer dafür ist, dass dieser Antrag Drucksache 15/961 - neu - als Punkt 14 in die Tagesordnung aufgenommen wird, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass dieser Antrag als Punkt 14 in die Tagesordnung aufgenommen und gemeinsam mit Punkt 6 beraten wird.
Zu Punkt 9 der Tagesordnung, dem Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion betreffend die Hochschulfinanzierung, Drucksache 15/955, hat die PIRATEN-Landtagsfraktion mit der Drucksache 15/962 den Antrag „Bafög-Mittel innovativ verwenden - Wissensgesellschaft fördern" eingebracht. Wer dafür ist, dass der Antrag Drucksache 15/962 als Punkt 15 in die Tagesordnung aufgenommen wird, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass dieser Antrag als Punkt 15 in die Tagesordnung aufgenommen und gemeinsam mit Punkt 9 beraten wird.
Zu Punkt 10 der Tagesordnung, dem Antrag der Koalitionsfraktionen „Bekämpfung der Jugendkriminalität", Drucksache 15/950, hat die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion mit der Drucksache 15/963 den Antrag „Jugendkriminalität weiterhin bekämpfen - Präventionsangebote ausbauen und Resozialisierung stärken" eingebracht. Wer dafür ist, dass dieser Antrag als Punkt 16 in die Tagesordnung aufgenommen wird, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Dann stelle ich fest, dass dieser Antrag als Punkt 16 in die Tagesordnung aufgenommen und gemeinsam mit Punkt 10 beraten wird.
Fragestunde zum Thema: Landesmittel zur Sanierung der Stahlindustrie und zur Kanalisierung der Saar (Antragsteller: DIE LINKE- Landtagsfraktion)
Die DIE LINKE-Landtagsfraktion hat form- und fristgerecht zwei Fragen gestellt. Ich erlaube mir, vorab
Die Dauer der Fragestunde darf 60 Minuten nicht überschreiten. Die Mitglieder der Landesregierung sollen die Anfragen kurz und präzise beantworten. Die Antwort der Regierung ist ohne Beratung zur Kenntnis zu nehmen. Anträge sind unzulässig. Die Regierung kann die Beantwortung von Anfragen ablehnen. Der Fragesteller ist berechtigt, zu jeder schriftlichen Frage bis zu sechs Zusatzfragen zu stellen. Stellt er weniger als sechs Zusatzfragen, so können die restlichen Fragen von anderen Abgeordneten gestellt werden. Schließlich weise ich darauf hin, dass Zusatzfragen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Anfrage stehen müssen, keine Feststellungen oder Wertungen enthalten und nicht in mehrere Fragen unterteilt sein dürfen.
In welchem Umfang wurde seit dem Jahr 1975 die saarländische Eisen- und Stahlindustrie insbesondere zur Bewältigung der Stahlkrisen - mit Landesmitteln subventioniert?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf die erste Frage wie folgt beantworten. Nach einer groben Abschätzung der Landesregierung wurden der saarländischen Stahlindustrie und deren Beschäftigten im Zeitraum 1978 bis 1998 Landesmittel in Höhe von insgesamt rund 1,1 Milliarden Euro zur Restrukturierung und Flankierung der personalpolitischen Anpassungsprozesse zur Verfügung gestellt. Die Folgewirkungen der Montanlasten in Gestalt von höheren Schulden und Zinsausgaben sind dabei nicht enthalten. Der Schwerpunkt der Zahlungen lag in den Jahren 1982 bis 1988. Nicht gegengerechnet wurden die Einnahmen des Landes aus dem Verkauf der Beteiligungen sowie aus der Bedienung der zur Konkurstabelle der Saarstahl AG angemeldeten Forderungen des Landes. Diesbezüglich wurde in den Jahren 2001 und 2002 ein Gesamtbetrag von rund 63 Millionen Euro vereinnahmt, der dann quasi gegenzurechnen wäre.
Ich würde darum bitten, die nächste Frage auch noch zu beantworten, weil ich dann die Fragen im Zusammenhang stellen kann.
Ich darf dazu wie folgt ausführen. Nach einer groben Abschätzung der Landesregierung wurden für den Saarausbau im Zeitraum 1974 bis 2012 Landesmittel in Höhe von insgesamt rund 300 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die Folgewirkungen in Gestalt von höheren Schulden und Zinsausgaben sind dabei nicht enthalten.
Die Summe ergibt sich unter anderem aus dem Verwaltungsabkommen zwischen dem Bund und den Ländern Rheinland-Pfalz und Saarland aus dem Jahr 1974, nach dem sich die beiden Länder zu einem Drittel an den Gesamtaufwendungen zu beteiligen haben und von dem Drittel der Länder wiederum das Saarland 80 Prozent der Kosten und das Land Rheinland-Pfalz dementsprechend 20 Prozent der Kosten zu tragen hat.
Ich will zu dem Fragenkomplex der Finanzierung der Montanindustrie eine Zusatzfrage stellen. Was noch in Ansatz zu bringen ist, ist der Steuerausfall, der in den Jahren eingetreten ist. Es war Politik der damaligen Landesregierung, die Nutzung des sogenannten Verlustmantels lange Jahre zu gewähren. Diese Nutzung ist in einem Vermittlungsausschussverfahren noch einmal verlängert worden. Hat die Landesregierung insofern eine Abschätzung oder kann sie uns zukommen lassen, in welchem Umfang Landessteuern und Gemeindesteuern ausgefallen sind?
Das sind Zahlen, die ich Ihnen an dieser Stelle nicht nennen kann, die gegebenenfalls sicherlich aus dem Finanzministerium beizusteuern sind. Soweit das möglich ist, werden wir das selbstverständlich tun.
Nach diesen Darstellungen ist meine Frage: In welchem Umfang, glauben Sie, muss sich die Stahlindustrie für das Land engagieren? Ein Beispiel sind für mich die Schraubenwerke Karcher in Beckingen, die zum Saarstahl-Verbund gehört haben, die jetzt drei Anteilseigner hatten, Acument, Ruia, Whitesell. Sie kennen die Probleme. Wäre es nicht angemes
Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, dass die saarländische Stahlindustrie von großer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Saarland insgesamt ist. Wir sind, glaube ich, auch übereinstimmend der Auffassung, dass gerade die saarländische Stahlindustrie momentan keine ganz einfache Zeit hat, was insbesondere die Überkapazitäten auf den Weltmärkten angeht. Ob es in diesem Zusammenhang ratsam ist, sich noch zusätzlich auf weiteren Feldern zu betätigen, ist sicherlich eine Frage, die insbesondere die Unternehmen selbst in Ansehung der Unternehmenszahlen zu beantworten haben.
Meine Frage ist ja begründet durch die enormen Aufwendungen, die das Land für die Stahlindustrie hatte. Sie haben die Zahlen 1,1 Milliarden Euro direkt, 300 Millionen Euro für die Kanalisierung genannt, Steuerausfälle, Zinsausfälle, ich will das gar nicht hochrechnen. Daher noch mal die Frage: Wäre es zum Beispiel auch bei Drahtcord nicht sinnvoll gewesen, die enormen Mittel in Höhe von 5,7 Milliarden nicht nur zu thesaurieren, sondern sich für das Saarland zu engagieren? Das war der eigentliche Auftrag. Wir haben ja diese Lösung nicht gemacht, damit irgendwelche Herren Geld thesaurieren und verwalten. Wäre es nicht sinnvoll, sich wie andere Stahlbetriebe wieder in der Weiterverarbeitung zu engagieren und nicht tatenlos zuzusehen, wie Hunderte von Arbeitsplätzen verloren gehen?
Die saarländische Stahlindustrie ist keine Beteiligung des Landes, die an der Stelle Aufgaben des Landes zu erledigen hat, die wir über unsere Gesellschaften erledigen, die wir als Wirtschaftsministerium zu erledigen haben. Es handelt sich um Unternehmen, die nach unternehmerischen Grundsätzen agieren und demnach auch zu entscheiden haben, ob man es für wirtschaftlich sinnvoll erachtet, sich in anderen Bereichen zu engagieren oder auch nicht.
Bei der nächsten Frage geht es darum, sich für das Land in bescheidenem Umfang zu engagieren, es geht um eine sogenannte Stahlprofessur. Ist Ihnen bekannt, dass diese Verhandlungen nicht zum Ende gekommen sind, dass sie gescheitert sind, und glauben Sie nicht, dass zumindest hier ein minimaler Beitrag geleistet werden könnte, um das Land zu unterstützen?
Ich halte es für sinnvoll, dass sich die saarländische Stahlindustrie wie andere Wirtschaftsbereiche auch im Zusammenhang mit der Entwicklung der Hochschulen einbringt, ihrer Verantwortung gerecht wird und dort, wo es notwendig ist, auch selbst Fachkräfte akquiriert und Stiftungsprofessuren einrichtet. Insofern wäre es auch an dieser Stelle wünschenswert, dass man zu einem guten Ergebnis kommt.
Letzte Frage. Die Stahlindustrie ist kein Unternehmen wie jedes andere, diese Vorbemerkung muss ich machen. Wir haben bewusst eine Verfassung gewählt, wonach die Stahlindustrie keine Gewinnabführung an irgendwelche privaten Anteilseigner vornimmt. Dies hat zum Ziel, eine hohe Investitionsrate für das Unternehmen zu ermöglichen sowie Gelder zur Verfügung zu haben, um die Wirtschaft des Landes zu fördern. Ist der Landesregierung ein Fall bekannt, wo die Stahlstiftung, die über enorme thesaurierte Mittel in Milliardenhöhe verfügt, sich für die Interessen des Saarlandes engagiert hätte?
Es gibt einige Unterstützungsleistungen, die auch mit diesen Mitteln erfolgt sind. Wir können sie Ihnen gerne noch mal auflisten, soweit sie uns im Einzelnen verfügbar sind. Aber ansonsten sind sie natürlich auch den verantwortlich Tätigen verfügbar. Jemand ganz in Ihrer Nähe wird Ihnen sicherlich dazu auch noch Auskunft geben können.
Es besteht noch die Möglichkeit für andere Abgeordnete, Zusatzfragen zu stellen. Wie ich sehe, wird davon kein Gebrauch gemacht.
Erste Lesung des von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Saarlandes
Erste Lesung des von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes (Drucksache 15/953)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir haben zwei miteinander im Zusammenhang stehende Gesetzentwürfe eingebracht mit dem Ziel, die öffentliche Daseinsfürsorge auch möglichst öffentlich zu organisieren. Und wenn entsprechende Unternehmen veräußert werden sollen, ist dies an sehr enge Auflagen und an eine Beteiligung der Bürger zu binden. Es geht dabei um Unternehmen der Daseinsfürsorge, um Unternehmen, die sich mit der Erbringung von Verkehrsleistungen befassen, die Leistungen in der Abfallwirtschaft erbringen, die die Bevölkerung mit Wasser und Energie versorgen, mit Wohnraum, wo Krankenhäuser bereitgestellt werden, und um Unternehmen, die wesentliche Beiträge zur wirtschaftlichen und kulturellen Infrastruktur des Landes leisten.
Solche Unternehmen sollen nach unserer Auffassung im Prinzip nicht privatisiert, sondern öffentlich organisiert werden, weil sie dem Gemeinwohl zu dienen haben und deswegen nicht unter Rentabilitätsgesichtspunkten organisiert werden können. Hinzu kommt, dass solche Leistungen auch allen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich gemacht werden sollen. Dies ist am besten dadurch zu gewährleisten, dass sich solche Unternehmen im beherrschenden Einfluss der öffentlichen Hand befinden.
Wir schließen allerdings nicht grundsätzlich eine Veräußerung oder Privatisierung aus. Allerdings sind wir der Auffassung, dass dies dann auch per Gesetz geregelt werden muss, was bedeutet, dass entsprechende Auflagen gemacht werden müssen. Daher schlagen wir vor - das ist der Sinn der Gesetzesänderung im Hinblick auf die saarländische Landesverfassung -, dass solche Veräußerungen an ein Gesetz gebunden werden, weil durch das Gesetzgebungsverfahren sichergestellt wird, dass damit über das gewählte Parlament, über den saarländischen Landtag auch die Bevölkerung befasst ist, dass sie insofern Einfluss darauf hat und nicht außen vor gelassen wird.
Wir sind ferner der Auffassung, dass solche Gesetze eine große Zustimmung erfahren sollten. Deswegen schlagen wir weiter vor, dass, wenn ein solches Gesetz mit weniger als zwei Dritteln der Mitglieder beschlossen wird, es an einen Volksentscheid gebunden wird. Dies ist möglich. Den Weg dafür haben wir geöffnet. Wir meinen, dass in einem solchen Fall auch die Bevölkerung gefragt werden und ein Volksentscheid durchgeführt werden sollte.