Der Kollege Hilberer hat praktisch den Einstieg meiner Rede geahnt und deshalb darf ich ihn gerne zitieren. Er hat gesagt, über die Zukunft des Saarlandes wird nicht in dieser Legislaturperiode entschieden. Ich glaube, es ist auch gut so, wenn darüber entschieden wird, wenn die PIRATEN nicht mehr dabei sind.
Er hat vier Leitbilder beschrieben. Es tut mir leid, ich muss das schon in dieser Klarheit heute sagen, Sie haben von vier Leitbildern gesprochen, Bildung, Breitband, Gesundheit und Mobilität, bei Ihnen kommt als fünftes Ahnungslosigkeit hinzu. Das ist ihr fünftes Leitbild, das haben Sie heute beeindruckend dargelegt. Damit bin ich genau bei dem Punkt, den Sie angesprochen haben. Es ist ein Armutszeugnis, was Sie hier abgelegt haben. In einer Phase, in der dieses Land um seine Existenz ringt, auf allen Ebenen darum kämpft, reformwillig ist und die Dinge angeht, hier so zu tun, als würde die Regierung versagen, als würden wir in Berlin nicht das Notwendige tun, als würden wir nicht kämpfen, das ist ein Armutszeugnis und eine Unverschämtheit gegenüber dieser Landesregierung. Das weise ich mit Entschiedenheit zurück!
Dem will ich ein Zweites anschließen. Ich bin davon überzeugt, dass wir in einer Lage sind, in der ein Parlament an alle gesellschaftlichen Gruppierungen appellieren darf, in die Gesamtverantwortung zu gehen. Wir haben eine Phase, wo es keinen Sinn macht, bestimmte Gruppierungen aufzuhetzen, dass sie immer mehr fordern sollen. Wir haben eine Phase, wo wir alle gesellschaftlichen Gruppierungen brauchen, die Gewerkschaften, die Verbände, die
Wirtschaft, die Fraktionen im Landtag und die Parteien, die den Menschen in diesem Land klar vermitteln: Wir haben begrenzte Ressourcen und kämpfen darum, diese begrenzten Ressourcen fair und gerecht einzusetzen für Prioritäten, die wir in diesem Land setzen müssen. Diese Gesamtverantwortung möchte ich heute auch einfordern. Es macht keinen Sinn, dass jeder sein Wunschkonzert vorträgt. Jeder sagt, wir werden benachteiligt. Jeder hat die Verantwortung, hinzuschauen, ob er fair behandelt wird. Jeder hat die Verantwortung mitzusparen und mit an der Zukunft dieses Landes zu arbeiten.
Deshalb eine letzte Anmerkung gegenüber dem Kollegen Hilberer. Wer hier in einem Parlament, das zum Teil schmerzhaft um 10.000 Euro ringen muss, das Gruppierungen Mittel kürzen muss, was wir nicht gerne tun, so tut, als würden 40 Millionen Euro keine Rolle spielen, der hat nicht verstanden, was Verantwortung gegenüber der Bevölkerung bedeutet. Deshalb erlaube ich mir, heute - nicht für Sie, Sie kennen die Zahlen, aber für die Zuhörinnen und Zuhörer, für die Zuschauerinnen und Zuschauer ein paar Zahlen zu wiederholen, damit deutlich wird, wo unser Land steht, warum wir um den Haushalt so ringen und warum wir allen Bereichen wehtun müssen.
Wir haben einen Haushalt von knapp 4 Milliarden Euro. Ich habe es Ihnen mehrfach vorgetragen. Wir haben Altlasten, die anerkannt sind, mit 500 Millionen Euro Zinsen, mit 500 Millionen Euro Versorgungslasten. Ich nenne nur noch zwei Zahlen: über 800 Millionen Euro aktive Bezüge und Sozialhilfe ich rede jetzt nur von Sozialhilfe - von weit über 200 Millionen Euro. Das macht deutlich, wie eng der Rahmen für dieses Land ist. Wenn wir es bei einem Ausgangspunkt von strukturell 1,2 Milliarden Euro Kreditaufnahme, um jahresbezogen den Haushalt finanzieren zu können, bis heute geschafft haben, natürlich nach Abzug der Konsolidierungsbeihilfen durch den Bund, bei rund 360 Millionen Euro zu landen - strukturelles Defizit -, dann ist das eine Riesenleistung, die wir vielen abverlangt haben, die aber auch viele mitgetragen haben. Auch dafür heute ein herzliches Dankeschön an alle, die diesen Weg konstruktiv mitgegangen sind.
Wir sind gefordert, im Schnitt 65 Millionen Euro jährlich zusätzlich einzusparen, und wir werden nur so die Konsolidierungshilfen von jährlich 260 Millionen Euro erhalten. Das ist klar. Deshalb muss ich noch einmal den Kollegen Hilberer zitieren, der hier davon spricht, wir würden „devot“ auftreten, wir hätten keine Verhandlungsstrategie. Ja was ist das denn, was seit Monaten stattfindet? - Das Gegenteil. Ich will in aller Klarheit sagen, so wie unsere Ministerpräsiden
tin in Berlin verhandelt, wie unser Finanzminister, wie die ganze Koalition in Berlin einheitlich auftritt und kämpft, wenn das keine Strategie ist, dann weiß ich nicht, was Sie so den Tag über hier in diesem Parlament tun und ob Sie ab und zu einmal zuhören.
Selbstverständlich haben wir immer klar formuliert, wir sind keine Bittsteller, wir haben einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse. Das ist eindeutig, das ist klar, das ist auch immer so formuliert worden. Wir haben ein Verfassungsgerichtsurteil von 1992, das das bescheinigt. Aber dieses Urteil schreibt uns auch ins Stammbuch, dass wir diesen verfassungsrechtlichen Anspruch dann verwirken, wenn wir nicht alles in unserer Macht Stehende tun, um einzusparen und deutlich zu machen, dass aus eigener Kraft alles getan wird. Nun zu sagen, wir hätten kein Konzept, nachdem wir alles tun, was aus eigener Kraft geht, um diese Voraussetzungen zu erfüllen, nachdem wir im Bund über alle möglichen Wege verhandeln, natürlich auch mit etwas Verhandlungsgeschick -
Ich habe dieser Tage in einem Gespräch mit der Ministerpräsidentin noch einmal vereinbart, wir wollen keinesfalls den Eindruck erwecken, dass wir heute schon von einer Verfassungsklage reden. Aber selbstverständlich weiß jeder, dass verfassungsrechtlicher Anspruch auch heißt, wenn uns in dem Rahmen, wie er uns zusteht, nicht geholfen wird, muss man über weitere Dinge nachdenken. Aber das ist eine Frage von morgen, und hoffentlich stellt sich diese Frage nicht.
Von der Ministerpräsidentin und von unserem Finanzminister ist immer klargemacht worden, dass wir alle Wege in Berlin mitverhandeln müssen. Kollege Hilberer, das ist der Bund und das sind 15 andere Bundesländer. Wir sind dort nicht der Nabel der Welt. Da haben Sie recht. Insofern ist es auch klug zu wissen, wie stark unsere Verhandlungsposition ist. Dort geschickt aufzutreten heißt alle Wege auszuloten. Deshalb haben wir immer deutlich gesagt, wir legen uns nicht auf einen Weg fest, sondern der Weg muss zu einem Ergebnis führen, das uns die Eigenständigkeit bewahren lässt. Deshalb sage ich auch zum Thema Soli, abgesehen davon, dass die CDU Deutschlands und auch wir als CDU Saar nicht für Steuererhöhungen eintreten, wäre die Einarbeitung ins Steuersystem Steine statt Brot.
Wenn der Soli beibehalten wird auf rechtlich zulässigem Wege - Kollege Lafontaine, wir liegen da ja nicht auseinander, Sie haben es ja genauso dargelegt; ich wiederhole nur, dass wir keine Einarbeitung ins Steuersystem wollen -, wenn der Soli erhalten bleibt - es muss rechtlich geklärt werden, wie - und
entsprechend aus den Mitteln, die da sind, unserem Land geholfen wird, soll uns der Weg recht sein. Ob das Kind Altlastenfonds, Altschuldenfonds oder Beibehaltung Soli heißt, ist nicht die entscheidende Frage. Entscheidend ist, ob die Bundesländer, der Bund solidarisch unserem verfassungsrechtlichen Anspruch Rechnung tragen und wir die Grundlage für die weitere Eigenständigkeit des Landes erhalten. Das ist das Thema.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will ganz offen den Zuhörerinnen und Zuhörern, den Zuschauerinnen und Zuschauern noch einmal deutlich machen, dass wir zwingende Rahmenbedingungen haben und Maßnahmen abverlangen müssen, die wehtun. Das sagen wir offen, das soll nicht verbrämt werden. Beamtenbesoldung, 1,5 Prozent verstetigt, wird zu verhandeln sein, ganz schwierig. Abbau von 2.400 Stellen. Grunderwerbssteuer, das hat der Kollege Pauluhn schon genannt, einerseits Erhöhung, den Kreisen aber abverlangen, dass wir dort Mittel brauchen. Änderungen des Verteilungsschlüssels bei der Grunderwerbssteuer, Entlastung bei der Eingliederungshilfe, Konsolidierungsbeiträge der Landesgesellschaften, alles Maßnahmen, die zu Einspareffekten führen sollen. Kürzungen bei Wohngeld, bei Regionalisierungsmitteln, das sind Dinge, zu denen wir stehen, die wehtun. Wir würden gerne für den ÖPNV 100 Millionen Euro mehr ausgeben, wenn wir die Mittel hätten.
Deshalb mein Appell an alle, die hier auftreten, dass sie das Ganze sehen, Mitverantwortung sehen und sich damit befassen, ob wir im Rahmen der zur Verfügung stehenden Ressourcen fair verteilen und Prioritäten setzen. Ich behaupte, das ist der Fall. Wir haben für den Haushalt 2015 - meine ich - diese Herausforderung angenommen, indem wir zunächst einmal im Bildungshaushalt eine weit größere Steigerungsrate haben als im Haushalt insgesamt. Wer bei Bildung davon spricht, wir würden keine Prioritäten setzen, dem schreibe ich einmal ins Stammbuch, dass wir bei der Bildung, und zwar ohne die Hochschulen einzurechnen, uns der einen Milliarde nähern, die wir im Jahr ausgeben. Wer angesichts der Zahl davon redet, wir würden nicht klare Schwerpunkte setzen, der wird seiner Gesamtverantwortung, wie ich sie angesprochen habe, nicht gerecht.
(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Wie ist das mit dem Altersruhegeld?)
Ein zweiter Punkt, den ich ansprechen will. Wir haben den Hochschulen viel abverlangt im Rahmen dessen, was haushalterisch notwendig ist, aber wir haben gleichzeitig einen verbindlichen Finanzrahmen festgelegt, um den Hochschulen Planungssi
cherheit bis 2020 zu geben. Ich schreibe den Hochschulen auch eines heute ins Stammbuch: Wir werden uns mit einem Hochschulentwicklungsplan nicht aus der Diskussion heraushalten, wie dort die Weichen gestellt werden. Hochschulautonomie bedeutet nicht - da gebe ich dem Kollegen Lafontaine ausdrücklich recht -, dass das Parlament und eine Regierung sich bei der Entwicklung der Hochschule heraushalten. Wir werden uns einmischen unter Beachtung der Autonomie. Darauf können sich die Hochschulen und ihr Präsident verlassen. Das sage ich in aller Deutlichkeit.
Dazu gehört auch, dass in die Bedarfe ausgebildet wird. Das wird ein Thema beim Hochschulentwicklungsplan sein. Wir haben ein Land mit speziellen Strukturen. Insofern wird es klug sein, darüber nachzudenken, was an der Hochschule weiterentwickelt wird, und wo man kürzen kann.
Dritter Punkt. Wo wir viel zu wenig Geld haben - das stelle ich bewusst noch einmal voran für alle, die zuhören -, Krankenhausfinanzierung. 28,5 Millionen Euro, das ist viel zu wenig. Das wissen wir. Deshalb bin ich froh, dass die Ministerin Monika Bachmann dort auf Bundesebene mit den Kolleginnen und Kollegen verhandelt, dass der Bund dort seiner Verpflichtung gerecht wird und dass wir hoffentlich die Mittel aufstocken können. Denn die Nöte in den Kliniken sind groß. Wir wollen dem Rechnung tragen. Aber auch dort haben wir die Kraft gehabt, Planungssicherheit für die kommenden Jahre zu geben und die Mittel zu verstetigen, wie es Kollege Storm auch immer gefordert hat.
Ein vierter Schwerpunkt: Wir müssen auch auf aktuelle Probleme reagieren; auch das tun wir. Es gibt immer Unwägbarkeiten in einem Haushalt, die ad hoc eintreten können, Beispiel Flüchtlinge. Der neue Innenminister, der Kollege Bouillon, hat aufbauend auf dem, was Monika Bachmann schon vorbereitet hat, auf die aktuellen Probleme reagiert. Hier sind wir gefordert, indem wir Mittel bereitstellen, um diesem Problem Rechnung zu tragen.
Insgesamt sehe ich Grund zu vorsichtigem Optimismus. Warum sage ich das? Entscheidend für die finanzielle Entwicklung ist neben den Dingen, die wir von außen brauchen, hier im Land die Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Wirtschaftskraft. Leider haben wir das Problem der Steuerkraft. Arbeitsmarkt und Wirtschaftskraft entwickeln sich positiv, und ich behaupte, dass das auch in der wirtschaftsfreundlichen Politik dieser Landesregierung begründet ist. Denken Sie bitte daran, dass dies ökonomisch der entscheidende Faktor für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes ist.
schaftskraft, für Arbeitsplätze, für die Senkung von Sozialkosten ist ein Programm für Arbeit und Beschäftigung. Die Menschen, die in Arbeit sind, haben - mal losgelöst davon, dass sie gebraucht werden, das ist der menschliche Faktor - eine Existenz aus eigener Kraft. Sie zahlen Steuern, sie müssen nicht in die Sozialsysteme. Insofern kommt der ganze Kreislauf in Schwung. Deshalb muss Schwerpunkt bei uns bleiben, dass Wirtschaft und Arbeitsmarkt florieren und dass wir so zur finanziellen Basis und Gesundung in unserem Land beitragen.
Es ist wichtig, daneben nicht zu vergessen, dass wir eine soziale Marktwirtschaft wollen. Soziale Marktwirtschaft bedeutet auskömmliche Löhne, Arbeitsbedingungen, die menschenwürdig sind, aber vor allen Dingen auch, dass wir anerkennen, dass es Menschen gibt, die auch mitgenommen sein wollen, die es nicht in den ersten Arbeitsmarkt schaffen. Deshalb stehen wir zu unseren Programmen für den zweiten Arbeitsmarkt, die auch der Bund hoffentlich noch mal auflegen wird.
Wir sind uns wohl einig, dass dem Thema Arbeit das Thema Bildung vorgelagert ist als Grundvoraussetzung, dass Menschen Chancen haben, aber auch Grundvoraussetzung für Unternehmen im Hinblick auf qualifizierte Arbeitskräfte. Deshalb will ich heute noch mal betonen, dass wir Bildung ganzheitlich betrachten. Wenn Kinder und Jugendliche eine Chance haben sollen, dann muss das durchgängig im Bildungssystem funktionieren - von der Krippe und dem Kindergarten über die Schule bis hin zur Hochschule und dem Ausbildungsplatz. Das ist die Voraussetzung für Chancengleichheit. Darum kämpfen wir und deshalb geben wir so viel Geld aus in allen Stufen und ringen darum, dass die Mittel, die eigentlich zu knapp sind - auch das gestehe ich in dem Bereich zu -, so verteilt werden, dass wir diesem Anspruch einigermaßen gerecht werden können und dass wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht nur als Begriff in den Mund nehmen, sondern in der Realität umsetzen.
Deshalb will ich heute noch mal an die Adresse derer, die in eine neue Schulstrukturreform einsteigen wollen, in aller Klarheit sagen: Diese Koalition hat sich darauf verständigt - ich denke, das ist vernünftig und gut für alle Beteiligten, insbesondere für unsere Schulen, für die Kinder und die Lehrer -, dass in diesem System jetzt konsolidiert wird, dass wir dieses System entwickeln und weiterentwickeln. Wir sagen, wir haben die Voraussetzung für Wahlfreiheit und Schulfrieden geschaffen, wir haben ein Zwei-Säulen-System mit Gemeinschaftsschule und G 9, mit dem Gymnasium G 8. Wir haben unsere Grundschulen, wir haben unsere Ganztagsangebote, wir
haben die berufsbildenden Schulen und die Förderschulen. Ich sage das offen und ehrlich an die Adresse derjenigen, die jetzt in eine Reform der Reform einsteigen wollen: Was wir brauchen, ist Schulfrieden, ist Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Deshalb erteile ich den Plänen, noch mal in eine Strukturreform einzusteigen, hier und heute für die Koalition eine klare Absage.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir sind uns einig, dass sich Lebensqualität und Chancen in jedem Alter zunächst einmal über Arbeit und Bildung definieren, aber auch über soziale Rahmenbedingungen. Wir dürfen nicht vergessen, dass ältere Menschen, dass kranke Menschen und Behinderte auch noch Chancen für sich sehen wollen, auch wenn man sie dann anders definiert. Die Chance für ältere Menschen liegt in Gesundheit, im sozialen Umfeld, in Pflege. Deshalb habe ich das Gesundheitswesen angesprochen, dass wir dort möglichst viel tun, um gute Voraussetzungen zu haben. Das gilt auch für die Pflege.
Was mir in der Pflege Sorge macht, ist, dass wir als Staat zu sehr das Stationäre bezahlen, nämlich die Seniorenheime, und dass wir zu wenig bezahlen, wo ambulant, wo zu Hause betreut wird. Das ist ein Umstand, den wir als Landesparlament nicht ändern können. Aber es treibt mich um, weil dort nach meiner Auffassung die Schwerpunkte nicht richtig gesetzt sind und wir umsteuern sollten. Zu dem Thema gehört für mich selbstverständlich auch das Problem der Anonymität und der Einsamkeit von Menschen, auf das ich auch im Zusammenhang mit der jüngeren Generation heute zurückkommen will. Ich glaube, dass wir hier viel zu tun haben. Die Struktur hat sich verändert. Wir haben sehr viele Menschen, die in den Heimen einsam sind. Wir sollten hier ansetzen, dass unsere Gesellschaft gerade im Alter ein menschlicheres Gesicht erhält.
Wenn ich beim Thema „menschliches Gesicht einer Gesellschaft“ bin, dann leite ich gerne über zum Thema Ausländer. Dieses Haus ist sicher einig darin, dass wir als Saarland tolerant und weltoffen sein wollen, dass wir deutlich machen, dass wir einen offenen Umgang mit den Kulturen haben, dass wir uns nicht leiten lassen von Umfragen. Ich will das heute ganz bewusst sagen. Wenn ich in dieser Woche lese, dass laut Umfragen die Akzeptanz in Deutschland gegenüber Flüchtlingen abnimmt, dann sage ich, dass dies niemand opportunistisch aufgreifen darf. Es macht vielmehr deutlich, dass wir zwei Aufgaben haben. Wir haben einerseits die Aufgabe, Flüchtlinge aufzunehmen mit allem, was in unserer Kraft steht, den Menschen zu helfen, die an Leib und Leben bedroht sind. Das ist klar. Wir haben gleichzeitig die Aufgabe - das bitte ich immer in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen -, in der Bevölke
rung ein Klima zu schaffen, damit das akzeptiert wird. Wenn wir einerseits deutlich machen, dass kriminelle Elemente, Elemente, die gegen diesen Staat sind, konsequent ausgewiesen werden, und gleichzeitig sagen, wir sind entschieden dafür, im Rahmen unserer Möglichkeiten und unserer Leistungsfähigkeit allen Flüchtlingen zu helfen, die an Leib und Leben bedroht sind, die Hilfe brauchen, dann haben wir beides geschafft: dass die Menschen es akzeptieren und nachvollziehen, dass wir ein Klima in diesem Land haben, das offen ist und wo nicht von oben verordnet wird, dass wir so und so viele Menschen aufnehmen müssen.
Es ist ganz wichtig, dass wir für Toleranz werben, für Offenheit beim Thema Humanität im Umgang mit anderen Völkern, für den Umgang mit Krisenherden. Deshalb müssen wir die Hilfen, die wir jetzt hier anstreben, der Bevölkerung vermitteln und deutlich machen, dass es in einer solchen Phase keine Neiddiskussion geben darf nach dem Motto: Wie kann ein Land mit diesen Finanznöten so viel Geld in die Hand nehmen, um Flüchtlingen zu helfen? Abgesehen davon bin ich zutiefst davon überzeugt, dass viele von denen, die zu uns kommen, hier bleiben, integriert werden und in der Gesellschaft mitarbeiten werden, ein Teil der Gesellschaft werden. Ich denke, wir müssen diese Verpflichtung annehmen und auch der Öffentlichkeit deutlich machen, dass wir trotz knapper Mittel bei diesem Thema Flagge zeigen wollen und müssen.
Zu diesem Gesamtthema passt das Thema Europa. Das gehört zusammen. Ich habe in diesem Haus gemeinsam mit vielen anderen schon mehrfach dafür geworben, immer wieder deutlich zu machen, dass Europa keine Fiskalfrage ist, keine Frage von Euro und keine Frage der Kulturen. Vielmehr ist Europa der Nachweis, dass ein geeintes Europa für Frieden und Freiheit sorgt, dass Europa die beste Zeit erlebt, seitdem es die Bestrebungen gibt. Ich glaube, deswegen ist es gut, dass wir im Rahmen des Haushalts zu den Themen Frankreich-Strategie und Europäische Akademie und zu den Projekten, die Europa in das Bewusstsein gerade der Jugend rücken, Akzente gesetzt haben.