Protocol of the Session on October 26, 2016

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Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es klassischer Erziehung, klassischer Charakter- und Herzensbildung sowie eines offenen und unbefangenen Umgangs mit neuen Technologien, und zwar über alle Klassen und alle Schulformen hinweg. Ja, wir brauchen dafür Infrastruktur und Technik, aber darüber hinaus auch Pädagogik, Inhalte, Vermittler, die sich diesen Anforderungen stellen. Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung, denn das ist aus meiner Sicht eine entscheidende Weichenstellung für die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Auf diese Zukunft haben wir auch unsere Wissenschafts- und Hochschullandschaft gezielt ausgerichtet. Mit dem Landeshochschulentwicklungsplan, mit den Ziel- und Leistungsvereinbarungen, mit unserer Strategie für Innovation und Technologie Saarland haben wir inhaltlich die entscheidenden Weichen für das kommende Jahrzehnt gestellt. Auf dieser Grundlage und auf der Basis der dann vorhandenen finanziellen Spielräume werden wir alles daransetzen, unsere deutschland- und europaweite Spitzenposition in wichtigen Zukunftsfeldern weiter auszubauen. Ja, ich will das an dieser Stelle deutlich sagen: Die Debatte um den Globalhaushalt ist uns nicht leichtgefallen. Aber wir haben auch deutlich gesagt, dieser Globalhaushalt ist die Versicherung bei einer Linie nach unten in einer Zeit, die finanzpolitisch mehr als schwierig ist. Und wir haben gesagt, wenn wir wieder mehr Spielraum bekommen, dann werden wir diesen Spielraum gerade zugunsten von Wissenschaft, Bildung und Forschung in diesem Land nutzen. Darauf können sich die Hochschulen in diesem Land verlassen, und das ist gut so, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich glaube, wir sind uns in diesem Haus einig, dass das ebenso für die berufliche Bildung und die Weiterbildung gelten muss. Wir brauchen in diesem Land eben nicht nur die an der Hochschule Ausgebildeten, wir brauchen in diesem Land genauso und mit der gleichen Qualität diejenigen, die im dualen System ausgebildet sind. Wir brauchen diejenigen, die im Handwerk ausgebildet sind und später auch bereit sind, ein Unternehmen zu übernehmen oder zu gründen und damit Arbeitsplätze zu schaffen.

Wir brauchen auch - und da schaue ich auf die Vertreter des Gewerkschaftsbundes und der Arbeitskammer - ein Klima der Weiterbildung in unserem Land. Die These, dass man nie auslernt, ist richtig,

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

und sie war noch nie so richtig wie in dieser Zeit. Die Zeiten, in denen man gesagt hat, ich habe einmal im Leben etwas gelernt und das reicht für das ganze Leben aus, diese Zeiten sind vorbei. Angesichts der Schnelligkeit der Entwicklung müssen insbesondere auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mithalten, denn dieses Mithalten ist die beste Versicherung für einen guten und sicheren Arbeitsplatz auch in der Zukunft. Deswegen werden wir unsere Anstrengungen im Bereich Weiterbildung verstärken müssen. Wir müssen hierfür werben, wir müssen beste Rahmenbedingungen setzen. Weiterbildung ist eine der besten Investitionen in die Zukunft, die wir in diesem Land tätigen können, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Heute sind wir ein wirtschaftsstarkes Bundesland. Beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegen wir bei den Flächenländern noch vor Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und den neuen Bundesländern auf dem fünften Platz. Um diese Position zu behaupten oder gar zu verbessern, werden wir als Land die Digitalisierung der Saarwirtschaft nach Kräften fördern müssen, und zwar nicht nur in der Industrie, sondern auch im Handwerk und im Dienstleistungsbereich. Wir werden hierzu Impulse geben und beste Rahmenbedingungen schaffen müssen. Wir sind schon auf dem Weg und haben die Innovationsstrategie, die Strategie Industrie 4.0 oder Wirtschaft 4.0, und die Digitalisierungsoffensive gestartet. Alles mit einem Ziel: Wir wollen die guten Arbeitsplätze eben nicht nur für heute, sondern auch für die Zukunft in unserer Region schaffen und erhalten. Dazu müssen wir aber auch an den klassischen Rahmenbedingungen wie Flächenverfügbarkeit, Kosten und vor allem gut ausgebildeten Arbeitskräften weiterarbeiten und sie immer weiter positiv begleiten.

Das neueste Prognosebarometer sagt uns jetzt, dass sich die Stimmung bei den saarländischen Unternehmen eingetrübt hat, insbesondere auch weil der Export etwas schwächelt. Das ist etwas, was gerade uns hier zu denken geben muss. Bei aller durchaus berechtigter Debatte, die wir über das Thema Freihandel und über das ein oder andere Abkommen führen, sollten wir nicht ganz außer Acht lassen, dass gerade wir im Saarland mit unserer Wirtschaftsstruktur auf einen funktionierenden Freihandel und einen funktionierenden Export vielleicht existenzieller angewiesen sind als andere Regionen in Deutschland.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das gilt auch für andere Entscheidungen, die wir zum Beispiel im Bundesrat zu treffen haben. Wir alle haben uns zum Klimaschutz bekannt und die Vereinbarungen mit unterzeichnet, wir tragen sie auch. Wir und diese Landesregierung werden aber keine Politik un

terstützen, die Klimapolitik und die Einhaltung der Klimaziele dadurch gewährleistet, dass sie Entwicklungen im Automobilbereich ohne vernünftigen Übergang so vorantreibt, dass wir Gefahr laufen, jeden vierten Arbeitsplatz in diesem Land aufs Spiel zu setzen. Das ist Selbstmord, das ist Versündigung auch an den Menschen in diesem Land, das wird mit uns nicht zu machen sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Ja, wir wollen diese Veränderungen vorantreiben, aber wir wollen sie so nach vorne treiben, dass sie für unser Land auch passen und auf den Strukturen unseres Landes aufbauen. Deshalb sind all diese Diskussionen für uns nie nur losgelöste und akademische Diskussionen, sondern sie müssen immer mit den besonderen Bedürfnissen des Saarlandes rückgekoppelt werden. Das macht gute, bodenständige und vertrauensbildende Politik aus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Saarländerinnen und Saarländer, wir alle haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten einen langen und entbehrungsreichen Weg zurückgelegt. Mit den Ergebnissen vom 14. Oktober haben wir erstmals eine wirkliche Chance, unsere finanzielle Lage nachhaltig positiv zu verändern und unsere Zukunft zu gestalten. Dabei, das will ich nicht verschweigen, liegt das letzte beschwerlichste Stück des Weges noch vor uns. Aber auch diese Anstrengung wird sich lohnen, weil auf uns die Zukunft wartet. Ob diese Zukunft auf Dauer oder nur vorübergehend positiv sein wird, das haben wir in der Hand. Dieser Verantwortung müssen und wollen wir gerecht werden. Liebe Saarländerinnen und Saarländer, das erwarten Sie von uns, das erwarten Sie mit Recht von uns. - Herzlichen Dank.

(Lebhafter und lang anhaltender Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Zu dem Thema der Regierungserklärung hat DIE LINKE-Landtagsfraktion einen Beschlussantrag eingebracht.

Zu Punkt 2 der Tagesordnung:

Eigenständigkeit sichern - Reichtum besteuern - faire Lösungen für Altlasten finden (Drucksache 15/1976)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Oskar Lafontaine das Wort.

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie eine Vorbemerkung. Ich werde natürlich zum gesamten Fragenkomplex Stellung nehmen, da sich beide Komplexe überschneiden. Unser Antrag hat den Schwerpunkt der Investitionen, darauf werde ich natürlich im Rahmen meiner Ausführungen eingehen, aber zunächst eben mal eine gesamte Würdigung. Das Saarland bekommt also mehr Geld ab dem Jahre 2020. Das ist für uns alle Anlass zur Freude. Deswegen möchte ich all denjenigen Dank und Anerkennung aussprechen, die dieses Ergebnis erreicht haben. Das gehört sich so, wir haben überhaupt kein Problem damit. Also, Anerkennung dafür, dass wir ab 2020 mehr Geld bekommen.

(Beifall von der LINKEN und bei den Regierungs- fraktionen.)

Das wird auch nicht dadurch geschmälert, obwohl das von Bedeutung ist, dass alle Bundesländer mehr Geld bekommen. Wenn wir unser Anliegen hier besprechen und unsere Situation würdigen wollen, müssen wir uns immer im Vergleich zu allen anderen Bundesländern sehen, ansonsten hat das keinen Zweck, unsere Position zu bestimmen. Wir arbeiten zwar zusammen, aber auf der anderen Seite sind wir im Wettbewerb, wenn es um Infrastrukturinvestitionen, um Schulwesen und Universitäten geht, das wissen Sie alle. Deswegen müssen wir immer schauen, ob wir im Wettbewerb mit allen anderen mithalten können.

Ich beziehe in meinem Dank natürlich auch diejenigen mit ein, die diesen Kompromissvorschlag mit ausgearbeitet haben, davon haben Sie gesprochen, Frau Ministerpräsidentin. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Überlegung, die Umsatzsteuer stärker mit heranzuziehen, schon auf Franz Josef Strauß zurückgeht. Es war gut, dass man in dieser schwierigen Situation einen Ausweg gefunden hat. Ich weiß, was das bedeutet - ich sehe die Herren hier sitzen -, wenn man nachts um 3.00 Uhr noch rechnen und immer wieder zum Finanzminister oder zur Ministerpräsidentin rennen muss: „Geht das oder geht das nicht?“ Das ist eine enorme Anstrengung. Deshalb möchte ich allen Beamtinnen und Beamten, die beteiligt waren - das waren sicherlich nicht nur die zwei, die eben genannt worden sind -, herzlich von dieser Stelle aus danken. Ich nehme an, das ganze Haus sieht das so.

(Beifall des Hauses.)

Nun ist es unsere Aufgabe trotz der Freude darüber - ich sage das noch einmal -, dass wir ab dem Jahr 2020 mehr Geld bekommen, unsere Position richtig zu bestimmen. Damit der ein oder andere von Ihnen es sich nicht zu leicht macht und sagt, die Opposition muss immer wieder meckern oder Wasser in den

Wein gießen, will ich den Kollegen Roth zitieren. Ich weiß nicht, ob man Ihnen schon Vorwürfe gemacht hat, Herr Kollege Roth, dass Sie sich so freimütig geäußert haben, aber nach meinem Urteil haben Sie mit Ihrem Kommentar die Situation richtig beschrieben, deshalb möchte ich Sie hier zitieren. Sie haben die Einigung einen Etappensieg für das Saarland genannt. Das habe ich vorhin auch zum Ausdruck gebracht, das ist nach meiner Auffassung die richtige Würdigung. Sie sagen, dieser Etappensieg gäbe dem Land Zeit zum Durchatmen. Sie bedauern aber, dass es keinen Kurswechsel in der Politik gegeben habe und verweisen auf die Schuldenbremse. Sie sagen, die Schuldenbremse sei in letzter Zeit zu einer Investitionsbremse und Zukunftsbremse geworden. - Wir sehen das ganz genauso; wir glauben, dass in der heutigen Zeit das Festhalten an der Schuldenbremse ein großer Fehler ist. Ich will nicht nur auf die Tatsache verweisen, dass wir weltweit tatsächlich eine einmalige Situation haben, Minuszinsen, sondern auch dass wir an der Saar nach wie vor einen großen Investitionsstau haben. In dieser besonderen Situation wäre es wirklich notwendig, die Schuldenbremse anders zu sehen, als Sie sie gesehen haben, Frau Ministerpräsidentin. Ich gebe Ihnen völlig Recht, Herr Roth; wir brauchen mehr Luft, um Investitionen in die Zukunft zu tätigen.

(Vereinzelt Beifall bei der LINKEN.)

Ich gebe nur für diejenigen, die sich für solche Fragen interessieren, einen kleinen Hinweis. Wir haben global eine fundamentale Veränderung, was die Finanzmarktsituation hier angeht. Diese fundamentale Veränderung besteht darin, dass die einen, die bisher immer die Spargroschen verwandt haben, die Unternehmen, im Saldo sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa sich gar nicht mehr verschulden. Deshalb fallen sie als Abnehmer der Spargroschen aus. Deshalb ist der Staat in der Zukunft weitaus mehr gefordert, den ökonomischen Kreislauf sicherzustellen, als das in der Vergangenheit der Fall war. Ich gebe nur den Hinweis, falls sich jemand für solche Zusammenhänge interessiert.

Auf jeden Fall haben Sie richtig darauf hingewiesen, Herr Kollege Roth, dass die Schuldenbremse ein Hemmnis darstellt, auch für uns. Ich werde das nachher ausführen. Wir brauchen Investitionen in diesem Land, wenn wir die Zukunft meistern wollen. Das ist der zentrale Ausgangspunkt meiner Betrachtung.

Ich will auch darauf hinweisen, dass wir uns einig waren - Sie haben davon heute nicht mehr so sehr gesprochen, Frau Ministerpräsidentin -, dass es angesichts des gewaltigen Schuldenbergs, den wir haben, der mit einem enormen Zinsrisiko verbunden ist, notwendig gewesen wäre, doch so etwas wie einen Altlastenfonds, einen Schuldentilgungsfonds oder wie immer man das nennt, zustande zu brin

gen. Sie und Ihr Finanzminister hatten richtigerweise diesen Schuldenfonds vor einem Jahr als A und O der ganzen Bemühungen benannt. Das heißt in Ihren Worten, wir haben das A und O leider nicht erreicht. Ich unterstelle Ihnen, dass Sie dieses A und O erreichen wollten, dieses Alpha und Omega, aber wir haben es leider nicht erreicht.

So haben wir weiterhin diesen enormen Schuldenberg, der uns natürlich im Hinblick auf die Zinsentwicklung ganz anderen Risiken aussetzt als andere vergleichbare Länder. Insofern ist das bedauerlich. Ich weiß nicht, wie wir die Altschulden wegbekommen. Bei der jetzigen Perspektive, die wir haben, sehe ich das nicht. Sie würden das anders sehen, Sie haben die Hoffnung, dass Sie ab 2020 Schulden abbauen können. Wir werden sehen, wie sich das dann in Wirklichkeit entwickelt. Das kann man heute so oder so sehen.

Ich sehe dies von den Zahlen her noch nicht, aber wir werden das ja irgendwann feststellen. Der Kollege Roth hat richtigerweise aber nicht nur auf die Schuldenbremse hingewiesen, die nach wie vor unsere Arbeit hier erschwert. Er hat auch richtigerweise auf die Steuerpolitik hingewiesen, denn die Steuerpolitik, die wir derzeit auf Bundesebene haben, ist eben nicht in der Lage, die Länder und die Gemeinden finanziell in die Lage zu versetzen, die Aufgaben zu erfüllen, die sie eigentlich erfüllen müssen. Das geht bei dieser Steuerstruktur nicht.

Deshalb haben wir einen Antrag vorgelegt, wie man diese Steuerstruktur verändern kann. Auch hier müssen wir uns nicht nur an anderen Bundesländern messen, sondern an anderen Ländern in der Welt. Ich habe immer wieder von dieser Stelle aus darauf hingewiesen - die OECD-Zahlen sind ja jedem zugänglich, wenn er es will -, dass etwa selbst die angelsächsischen Länder, was die Vermögenssteuern angeht, weitaus höhere Belastungen ausweisen als wir. Es ist bedauerlich, dass wir eine solche Machtstruktur in der Republik haben, dass sich ein gerechteres Steuersystem nicht durchsetzen lässt. Auf jeden Fall ist der Hinweis auf die Steuerpolitik sehr zu begrüßen.

Der nächste Punkt, den Sie angesprochen haben, Herr Kollege Roth, ist der Punkt der Zentralisierung, wie Sie es genannt haben, also der Föderalismus. Auch hier sehen wir die Situation, das Ergebnis, anders als Sie, Frau Ministerpräsidentin. Wir glauben, dass die Vereinbarungen, die getroffen worden sind - nicht nur bei den Bundesautobahnen, sondern auch das zunächst positiv zu würdigende Ergebnis, dass Schulen saniert werden -, doch ein Manko haben, nämlich dass der Föderalismus in Deutschland auf dem Rückzug ist. Dasselbe gilt ja für die Möglichkeiten der Gemeinden, wirklich Selbstverwaltung zu betreiben. Das kann man an diesem einen Beispiel sehr deutlich zeigen. Es wäre doch viel besser,

wenn unsere Gemeinden in der Lage wären, aus eigenen Mitteln ihre Schulen zu sanieren, als dass sie beim Bund Anträge stellen und dann versuchen müssen, in irgendeiner Form zurechtzukommen.

(Beifall von der LINKEN und den PIRATEN.)

Die Idee der kommunalen Selbstverwaltung ist keine Kritik an irgendeinem hier im Haus. Das ist ja eine Entwicklung, die wir seit vielen Jahren haben. Die Idee der kommunalen Selbstverwaltung ist ja eine demokratische Idee. Wir sehen doch, dass die Demokratie weltweit auf dem Rückzug ist. Das ist eine Diskussion, die wir weltweit führen.

Deshalb wäre es notwendig und sinnvoll gewesen, einem weiteren Abbau des Föderalismus entgegenzuwirken. Das ist keine besonders verdächtige Position jetzt etwa nur von unserer Fraktion. Das ist eine Position, die die altehrwürdige Frankfurter Allgemeine Zeitung in einem ausführlichen Kommentar gewürdigt hat. Ich will hier nur sagen, bei aller Freude darüber, dass wir mehr Geld bekommen, ist es ein Nachteil, dass der Föderalismus weiter auf dem Rückzug ist. Das wollte ich in aller Klarheit sagen.

(Beifall von der LINKEN und den PIRATEN.)

Ich will jetzt aus Zeitgründen zur Frage der Bundesautobahngesellschaft hier keine Ausführungen machen. Ich habe das öffentlich vorgetragen. Wir werden ja sehen, wie sich das entwickelt. Nur eines sollten Sie wissen. Man darf an dieser Stelle nun wirklich nicht blauäugig sein. Es ist doch seit Langem klar, dass sich unsere Versicherungswirtschaft, beispielsweise die Allianz, in einem Anlagenotstand befindet. Aus diesem Grund führen sie schon seit Langem Gespräche, sich an öffentlichen Infrastrukturinvestitionen zu beteiligen. Ich weiß auch ganz genau, wer sich an diesen Gesprächen beteiligt hat.

Hier jetzt einfach zu versichern, diese Privaten werden nicht an diesen Investitionen beteiligt werden, ist doch sehr kühn, Frau Ministerpräsidentin. Ich wünschte, Sie hätten recht. Aber ich prognostiziere hier einmal - Sie können das dann gegebenenfalls noch einmal aufrufen -, dass die Entwicklung eine andere sein wird, und dass der Druck der Finanzbranche, größere Renditen zu erwirtschaften, insbesondere in diesem Zinsumfeld so stark werden wird, dass zu erwarten ist, dass diese Gesellschaft zwar formal das Eigentum halten wird, aber letztendlich privatisiert werden wird, und zwar in Teilen mit dem Ziel, größere Renditen für die Versicherungswirtschaft zu erzeugen. Deshalb halte ich auch diese Entscheidung nicht für gut. Es ist unsere Überzeugung, dass öffentliche Infrastruktur auch in öffentlicher Verantwortung weitergeführt werden muss. Alles andere hat sich nicht als Vorteil erwiesen.

(Beifall von der LINKEN und den PIRATEN.)

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Wenn man dieses Ergebnis „mehr Geld“ würdigt, dann muss man zunächst einmal die Zahlen sehen. Man sollte die Zahlen realistisch sehen. Zwei Dinge möchte ich hier nur in Erinnerung rufen. Die 500 Millionen Euro hören sich gut an, aber wir haben derzeit ja bereits 260 Millionen Euro als Sonderhilfe, also haben wir 240 Millionen Euro mehr, wenn man das schlicht und einfach einmal so betrachtet.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Ich sehe es vom jetzigen Zustand aus. Wenn Sie jetzt hier im Land wirtschaften müssen, dann wirtschaften Sie mit den 260 Millionen. Sie haben dann eben ab 2020 240 Millionen Euro mehr. Ich möchte nur nicht, dass Sie sich in die Tasche lügen, Herr Kollege Theis. Was ich hier sage, sind zwei Sachverhalte, die niemand bestreiten kann. Wenn Sie also ein Weiteres sehen - die Zahl hat die Ministerpräsidentin selbst genannt -, dass wir nach wie vor ein strukturelles Defizit von 369 Millionen Euro haben, dann müsste doch jedem hier klar sein, dass wir immer noch eine sehr enge finanzielle Situation haben.

Ich wiederhole noch einmal die Zahl. In Wirklichkeit haben wir gegenüber dem Ist-Zustand 240 Millionen Euro mehr zu erwarten. Wir haben gegenüber dem Ist-Zustand immer noch ein strukturelles Defizit von 369 Millionen. Da kann jeder, der bis drei zählen oder einfach nur addieren oder subtrahieren kann, sich ausrechnen, wie man das Ergebnis einordnen muss.