Antje Möller-Biermann

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Last Statements

Ich möchte gerne den Staatsrat fragen, ob man seinen Ausführungen entnehmen muß, daß er weiterhin davon ausgeht, daß Autos abgeschleppt werden müssen, da es in dieser Stadt Menschen gibt, die ihre Autos falsch parken und an Stellen abstellen, wo es zum Beispiel die Sicherheit nötig macht, um der Feuerwehr Durchfahrten zu gewährleisten und ähnliches, oder erwartet der Senat ein verändertes Verhalten der Kfz-Fahrer und Besitzer aufgrund dieser Debatte heute?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wersich, Sie haben jetzt tatsächlich inhaltlich argumentiert, und das ist das Erfreuliche an Ihrer Rede.
Sie haben zumindest im Gegensatz zu Ihren Kollegen nicht nur versucht, die 29 Prozent von heute zu überspielen, sondern haben sich auf eine Diskussion um die Drogenpolitik in Hamburg eingelassen.
Ja, immer sehr selektiv, aber immer wieder gerne. Das stimmt.
Niemand in diesem Raum wird sich hier hinstellen und sagen, daß das, was in den letzten vier Jahren passiert ist, das erfolgreiche Modell für die Drogenpolitik ist. Es ist ein Konzeptsystem, ein Hilfesystem, kombiniert mit vier Säulen, mit denen man versucht, einer Entwicklung in der Gesellschaft Herr zu werden, sie zu steuern, Hilfe zu geben, wo sie nötig ist, Beratung zu geben, wo sie nötig ist, Unterstützung zu gewährleisten, Drogentote vor allem zu verhindern, und dann den Bereich, der mit Kriminalität zu tun
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hat, zu regeln und in den Griff zu bekommen. Das ist das Ziel dieses Konzeptes, und dabei bleibt es auch.
Die CDU hat immer eine sehr selektive Wahrnehmung gehabt.
Frau Sudmann, Ihre Wahrnehmung möchte ich gar nicht kommentieren. Ich sage nur zwei Aspekte. Sie waren erstens nicht dabei, als ich in meiner Fraktion mein Amt zur Verfügung gestellt habe. Sie waren zweitens nicht dabei, als der Landesausschuß getagt hat. Ich finde, es ist jetzt einfach gut. Es ist anmaßend, ständig Entscheidungsprozesse bei der GAL zu kommentieren, zu bewerten und sich dann öffentlich darin zu suhlen. Lassen wir uns lieber inhaltlich darüber reden.
Dieses Konzept wird sich überprüfen lassen müssen, und zwar sehr kurzfristig und immer wieder. Es wird sich hier im Parlament überprüfen lassen müssen, trotz Sommerpause oder gerade wegen der Sommerpause, und vor allem, weil es ein Konzept des Innensenators ist, der sich sehr viel vorgenommen hat, der sehr viel zu leisten hat und der vor allem das schaffen muß, was in der sozialen Stadtteilentwicklung lange Jahre hoch schwierig war, nämlich andere Behörden mitzunehmen und zur Zusammenarbeit zu bringen.
Keine Zwischenfrage.
Wenn wir jetzt darüber reden, daß wir einen Crack-Ruheraum brauchen, dann kann man nur sagen, die GAL-Fraktion hat ihre Fachtagung dazu schon gemacht. Die BAGS macht eine Fachtagung am Ende der Woche, und sie kommt bitte schnell mit den Ergebnissen, weil das ein Teil des unmittelbar greifenden Hilfekonzeptes ist, was wir verabredet haben, und es muß schnell greifen.
Das gleiche ist die Ausweitung des Hilfeangebotes bei den Druckräumen. Der neue Druckraum, lange erfolgreich verhindert – ich sage das noch einmal deutlich, trotz Ihrer vielen Anträge, Herr Wersich – durch die große Koalition in Hamburg-Mitte. Da war leider auch die rotgrüne Koalition hier in der Bürgerschaft nicht erfolgreich. Sie haben es erfolgreich verhindert.
Fünf weitere Druckplätze sollen sofort in einem Bus in der Nähe des Hauptbahnhofes zur Verfügung gestellt werden. Es wird sich sehr schnell und sehr kurzfristig überprüfen lassen müssen, ob diese fünf weiteren Druckplätze ausreichen. Das werden wir tun. Das gleiche gilt für die Alkoholeinrichtungen. Es ist richtig, daß die eine Einrichtung keine neue Idee ist. Sie wird aber jetzt endlich realisiert, und das ist das Entscheidende an diesem Konzept. So spannend die Auseinandersetzung um die Brechmittel ist und soviel sie nicht nur über den Kopf geführt wird, sondern auch im wahrsten Sinne des Wortes über den Bauch, so entscheidend ist doch aber, ob das Konzept insgesamt Fuß fassen kann in der Stadt, ob es den Geruch des Aktionismus, den Sie so gerne formulieren – vielleicht auch zu Recht –, ver
liert. Es muß umgesetzt werden, und zwar in allen Teilen, und das wird von uns zu überprüfen sein. Das ist keine Drohung, sondern einfach die Arbeit des Parlaments.
Daran können Sie sich gerne beteiligen.
Was völlig neu und ein wichtiges Element dieses Handlungskonzeptes ist, das aber leider immer zuwenig vorkommt, ist die Einrichtung von Vormundschaften für sechzehn- bis achtzehnjährige minderjährige unbegleitete Flüchtlinge. Sie erinnern sich vielleicht an die vielen Debatten, die wir zu diesem Thema in diversen Ausschüssen geführt haben. Dabei haben wir uns im übrigen auch gerne mit dem damaligen Innensenator zerstritten. Hier passiert etwas, was lange überfällig war und wo man genauso sagen muß, kommt es oder kommt es nicht? Wird es die Ausweitung der Vormundschaften geben, wie wird sie realisiert? Wie können diese Amtsvormünder in der Regel erzieherisch tätig werden, so daß – und da will ich dem Innensenator dann auch gerne folgen – es nicht zur jugendgerechten Arbeit gehören muß, zu dealen und sich ohne Arbeit, ohne Qualifizierungsmöglichkeiten, ohne schulische Bildung in dieser Stadt, in dem Alter und in dem Status eines minderjährigen unbegleiteten Flüchtlings bewegen zu müssen. Dabei soll es erst einmal bleiben. Ich hoffe, daß wir noch oft zu diesem Handlungskonzept diskutieren werden
es kommt immer wieder eine neue Bürgerschaftssitzung, Herr Wersich, so ist das Leben –, und zwar immer unter der Maßgabe, funktioniert dieses Gleichgewicht von vier Säulen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Brinkmann, das ist eine interessante Debatte, die Sie uns heute vorgelegt haben.
So verwirrt bin ich durch Ihren Redebeitrag. Frau Blumenthal, es sind interessante Argumente, die Sie uns hier vorgelegt haben. Ich glaube, das spricht ein bißchen für die Stimmungslage hier.
Ich danke Ihnen für die Rücksicht. Sehr vollmundig und vor allem starker Tobak. Wenn Sie in einer Debatte ungerügt durch den Präsidenten sagen dürfen, daß die Senatorin lügt, dann können Sie darauf gefaßt sein, daß wir genau diese Dinge überprüfen und nachvollziehen werden.
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Das ist hier noch nicht vorgekommen.
Wir haben die Anfragen gelesen. Das ist hier noch nicht vorgekommen, daß so etwas gesagt werden durfte und dann auch im Raum stehenblieb.
Interessant ist vor allem, Frau Blumenthal, daß nichts von dem, was Sie in den letzten zwei Wochen an Vorwürfen gegen die Senatorin, an Vorwürfen gegen die Behörde, angesammelt haben, überhaupt noch Bestand gehabt hat. Nichts mehr über das, was in der Pressekonferenz in der letzten Woche noch so lauthals verkündet wurde, sondern es geht jetzt schlicht und einfach anscheinend um die Vorgänge, die den Verein, der im Zentrum der Kritik steht, betreffen. Da kann man aber nur sagen – und das vielleicht in kurzen Worten, Herr Christier hat das auch schon gesagt –, daß sich damit die Staatsanwaltschaft beschäftigt. Ihren Vorschlag eines Sonderermittlers – sie haben das zum Glück hier nicht noch ausgeführt, klingt auch ein bißchen nach Fernsehkrimi –, den braucht man nicht. Die Staatsanwaltschaft arbeitet, und wenn es um die Aufklärung der Spenden geht, die dann vielleicht auch Einnahmen waren, dann ist da sicherlich das Finanzamt zuständig und nicht ein Sonderermittler in der BAGS. Was hat die BAGS mit den Spenden zu tun?
Eine spannende Frage, aber Sie wissen das vielleicht. Ich glaube, wir müssen an dieser Stelle über andere Dinge reden. Wir müssen darüber reden, was eigentlich das Ziel der CDU ist. Das Ziel der CDU ist keine konstruktive Kritik, sondern ein Wegkommen von 31 Prozent, egal wie.
Man kann vielleicht als Beleg dazu auch noch diese kleine Kasperei nehmen, die Sie im Bundestag inszeniert haben. Wenn man sich das gemeinsame Agieren von FDP und CDU anguckt – man kann es im Protokoll nachlesen –, dann wissen wir, was uns hier erwartet, wenn Ihre gewünschte Konstellation aufgeht. Das war wirklich lächerlich.
Drei Aspekte aus unserer Sicht zum Thema Partyservice. Eine Projektförderung verpflichtet die BAGS zur Prüfung der Belege und Bücher, die genau damit im Zusammenhang stehen, nicht zur Kontrolle des gesamten Vereins. Diese Prüfungen sind durchgeführt worden. In der letzten Bürgerschaftssitzung hat die Senatorin dazu in der Fragestunde sehr ausführlich geantwortet. Ich weiß nicht, ob das Protokoll schon vorliegt, aber man kann es dann auch im Detail noch einmal nachlesen. Die Staatsanwaltschaft hat die Akten, und sie wird zu einer Erkenntnis kommen, die dann auch Konsequenzen nach sich ziehen wird. Der Verein hat vier Wochen Zeit, ein neues Konzept zu erarbeiten. Auch das hat Herr Christier gesagt. Ziel muß natürlich dabei sein, die Arbeitsplätze zu erhalten und das Angebot für die Arbeitslosen, die Beratung, aufrechtzuerhalten.
Nach dem jetzigen Erkenntnisstand gibt es aus diesem Grund keinen Grund, die Senatorin abzuwählen, sondern Grund, über die Frage zu reden, wie zum Beispiel Vergabeausschüsse besetzt werden. Wer entscheidet möglicherweise, in welcher Doppelfunktion, über die Vergabe von Mitteln bei den rund 500 Zuwendungsempfängern, die wir in dieser Stadt haben, die im übrigen nahezu alle dringend gebraucht werden, unverzichtbar sind. Im Beschäftigungsbereich, in der Drogenhilfe oder auch im Gesund
heitsbereich ist Transparenz unverzichtbar. Dieses wird tatsächlich eine der Hauptaufgaben der nächsten Legislaturperiode sein, aber nicht mit dem Ziel, die Senatorin abzuwählen, sondern mit dem Ziel, die Senatorin arbeiten zu lassen, Politik zu machen.
Die Konsequenzen aus dem PUA sind noch längst nicht umgesetzt. Die Transparenz bei der Vergabe von Zuwendungen, die Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit durch die Bürgerschaft ist nicht gewährleistet, Fachcontrolling, Verfahrenscontrolling, alles Begriffe, die hier schon oft gefallen sind, müssen differenzierter und effizienter werden.
Allerdings ist auch das kein Grund, die zuständige Senatorin abzuwählen, sondern im Gegenteil. Ich habe es schon gesagt.
Noch einmal zu dem Antrag, den Sie vorgelegt haben. Jetzt soll also das Amt für Arbeit und Sozialordnung der Wirtschaftsbehörde zugeordnet werden. Sie haben das gleiche schon einmal bei der Debatte um Verbraucherund Verbraucherinnenschutz – BSE – versucht. Da haben Sie gesagt, der Bereich Gesundheit soll zur Umweltbehörde, nun die Arbeit zur Wirtschaftsbehörde.
Soziales vielleicht zur Kultur oder irgendwohin.
Was ist das Ziel? Relativ sinnfrei und beliebig, ehrlich gesagt. Die Behörde mag zu groß sein, schwer zu steuern, schwer zu durchschauen, aber auch das ist kein Grund für Rücktritt.
Man kann das ändern, aber daran muß man arbeiten und nicht den Rücktritt einer Senatorin fordern, sondern sie in ihrer Arbeit fordern und unterstützen.
Wir brauchen strukturelle Reformen, aber dieses bitte mit Konzept und fachlich, sachlicher Begründung. Die Darstellung, die Sie uns hier geliefert haben, ist in dieser Debatte so nicht nachvollziehbar. Ich habe schon zu Anfang gesagt, daß es aus meiner Sicht sehr vollmundige Formulierungen sind, die Sie gefunden haben. Man wird klären müssen, ob eine Entschuldigung nötig ist oder sonstwie aufgeklärt wird. Eigentlich sollte man solche Dinge in diesem Parlament nicht sagen. Vor allem brauchen wir weniger Wahlkampfknallerbsen, die in der Forderung gipfeln, eine Senatorin abzuwählen, die ihre Arbeit tut. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Manche Politikfelder und tagespolitischen Themen taugen so richtig für Revolution und noch Schlimmeres, wie zum Beispiel Wahlkampfdebatten. Aber die meisten davon sind im übrigen recht lange her und gingen meist in der Regel um Brot und Kuchen oder um Wasserrechte und Brunnenvergifter. Auch das Thema könnten wir wieder aufgreifen. Das mache ich nicht. In neueren Zeiten kann man auch Revolutionen beim Thema Benzin für das Auto anzetteln. Das ist dann vielen doch so nah wie Hunger und Durst. Aber in Bayern erhebt sich jetzt das Parlament gegen die Regierung, und Industrievertreter sagen öffentlich „Trittin ist unser Freund und Helfer“. Die schlichte Tatsache, daß Recht umgesetzt werden soll, führt zu erbitterten verbalen Schlachten, in Bayern üblicherweise in sommerlicher Hitze – nicht so wie bei uns – und hoffentlich unterstützt durch Getränke aus Faß und Flasche. In fünf Minuten und nach so einer Debatte, wie wir sie eben hatten, kann man natürlich schwer dieses Thema bewegen. Ich versuche, es trotzdem anzureißen.
Entscheidend ist, daß wir seit 1991 eine Verpackungsverordnung haben, die beim Absinken der Mehrwegquote unter 72 Prozent zu einer Bepfandung von Einwegverpackungen führen sollte.
Seit drei Jahren wissen wir, daß diese Quote erreicht werden wird. Die Industrie hat sich eine Selbstverpflichtung aufgelegt und sie in dieser Zeit nicht umgesetzt, und nun wird es so oder so eine Pfandpflicht geben, meine Damen und Herren.
Nach der Regelung des alten Gesetzes würden wir ab Januar 2002 Wasser, Bier und Wein im Einwegsystem mit
50 Pfennig Pfand belegt sehen. Die üblichen Limonaden, um hier keine Markennamen zu nennen, würden nicht unter die Pfandpflicht fallen.
Meine Damen und Herren! Soweit es Sie interessiert, wissen Sie aber auch, daß der Verpackungsmarkt sich verändert hat. Der Siegeszug der PET-Flaschen ist nicht aufzuhalten, und auch die Ökobilanz, zum Beispiel von Kartonverpackungen, hat sich verbessert. Sie hat inzwischen mit Mehrwegverpackungen gleichgezogen. Das Problem bleiben die Dosen aus Weißblech und Aluminium. Aus ökologischer Sicht sind sie nicht zukunftsfähig und ausgestattet mit einem sogenannten Effekt des Litterings, klingt ziemlich schön im Englischen, bezeichnet aber schlicht und einfach die zugedosten Liegewiesen, Strände und Grünanlagen insgesamt.
Der Bundestag hat nun mit seiner beschlossenen Novellierung reagiert. Nur ökologisch unverträgliche Verpackungen kosten Pfand, die Weinflaschen sind aufgrund der völlig anderen Marktlage ausgenommen. Jetzt stehen wir also kurz vor den Türen des Bundesrates, und es bricht ein Sturm der Entrüstung los. In Bayern erhebt sich das Parlament gegen die Regierung, die mittelständische Getränkeindustrie zieht Dosenschlangen durch die Städte, wunderbare Demonstrationsbilder ergeben sich da.
Auf der einen Seite also die Getränkegroßindustrie, deren überregionale Vermarktungsstrategien auf Dosenbasis möglichen Einbrüchen entgegenstehen, und auf der anderen Seite die mittelständische Industrie, die für den regionalen Absatz von Bier und Wasser in der Flasche endlich ihre Marktchancen stabilisiert sieht. Die Lebensmittelkonzerne berechnen den zusätzlichen Aufwand für Rücknahmeautomaten mit dreistelligen Millionenbeträgen in DM, aber am liebsten noch in Euro, reden über kartellrechtliche und EU-rechtliche Konsequenzen. Wohlgemerkt, diese Auseinandersetzung fände auch bei der Umsetzung des geltenden Rechts statt. Der Mittelstand hat sich auf die Verpackungsverordnung eingestellt, sich auf Mehrweg umgestellt und investiert. Bundesweit geht es hier eindeutig um den Erhalt dieses Wirtschaftszweiges. Um es aufgrund der Debattenlage hier in der Aktuellen Stunde nur in einem Satz anzureißen: Die hamburgische Situation ist eine sehr spezielle und natürlich davon abhängig, wie sich die Verbraucherinnen und Verbraucher verhalten werden, wird die Getränkegroßindustrie sich mittelfristig möglicherweise tatsächlich von der Dose wieder wegbewegen müssen. Die Verbraucherinnen begrüßen das Pfand in der Regel, oft mit der Begründung der Vermüllung, aber natürlich auch mit der ökologischen Unverträglichkeit der Dose an sich.
Durch die Bundestagsentscheidung, meine Damen und Herren, ist plötzlich Bewegung in einer Debatte, die jahrelang geschlafen hat. Die Großindustrie bietet noch einmal wieder Selbstverpflichtungsvorschläge und Anti-LitteringZuschläge an. Es war viele Jahre lang Zeit, der Intention der Verpackungsverordnung, nämlich Abfälle zu vermeiden, nachzukommen. Diese Chancen wurden vertan. Nun wird das Dosenpfand umgesetzt, um wenigstens ansatzweise der gigantischen Energie- und Ressourcenverschwendung Herr zu werden. Hamburg darf sich dem nicht verschließen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum zweiten Mal ist die Bürgerschaft in dieser Legislaturperiode in der Lage, Troncmittel vergeben zu können. Wir haben uns, ähnlich wie im letzten Jahr, aus der Vielzahl der Projekte, die in Frage gekommen wären, für zwei Projekte entschieden, die mit der Überschrift „Erinnerungskultur“ oder auch „Erinnern an das Erinnern“ bezeichnet werden können. Nicht zum ersten Mal, sondern in Fortführung einer ganzen Reihe von Projekten, die in der Oppositionszeit schon durch die GAL-Fraktion vehement vorangebracht wurden, die das Erinnern wachhalten, beschließen wir heute die finanzielle Unterstützung von zwei Ausstellungen, die für uns alle, die wir die Nazi-Diktatur nicht mehr erlebt oder wenig Erinnerungen daran haben, die wir nicht unter Ausgrenzung und Verfolgung leiden mußten, darstellen, was diese Generationen erlebt haben oder auch noch erleben. Auch für die jüngere Generation, die Generation unserer Kinder, wird Geschichte nachvollziehbar werden und bildlich erlebbar bleiben.
In der letzten Legislatur wurde durch unsere Initiative die Rolle des Hamburger Polizeibataillons 101 mit einer Aus
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stellung und Lesung dokumentiert. In dieser Legislaturperiode haben wir die Wiederherstellung der Gedenkstätte am Bullenhuser Damm und auch die Ausstellung über die Kinder am Bullenhuser Damm realisieren können. Es gab eine erstmalige Aufarbeitung der Geschichte der Opfer der NS-Euthanasie in Hamburg. Es gibt eine Bundesratsinitiative zur Aufhebung der NS-Unrechtsurteile gegenüber Homosexuellen, und es gab im letzten Jahr durch die Troncmittel die Realisierung eines Besuchsprogramms für Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen.
Nun erfolgt also die Unterstützung einer Ausstellung, einer Dokumentation über das Leben von vier hamburgischen Fotografen, die in der Nazizeit aufgrund der Rassegesetze verfolgt wurden. Mit Hilfe der schon lange bewährten Kontakte der Senatskanzlei zu den ehemaligen Hamburgern und Hamburgerinnen wurde ein riesiger Schatz an Fotos und Dokumentationen zusammengestellt und durch einen Historiker und einen Fotografen Ort und Zeit den entsprechenden Personen zugeordnet. Hieraus wird nun mit Hilfe des Vereins für Hamburgische Geschichte eine einmalige Ausstellung des politischen, gesellschaftlichen und privaten Lebens der jüdischen Gemeinde in Hamburg bis in die Nazizeit hinein entstehen.
Das zweite Projekt, die Ausstellung „Von Klappen und Nestern“, ist im Grunde die Historie des schwulen und lesbischen Lebens von 1919 bis 2000 in Hamburg, also von der liberalen Weimarer Zeit über die Verfolgung in der Nazizeit, die spießige Verklemmtheit der Wirtschaftswunderjahre hin bis zum Erstarken der Bewegung im Rahmen der Politisierung im Zuge der 68er Emanzipationsbewegung. Auch der Muff und Mief der sechziger und siebziger Jahre ist im übrigen der Erinnerung wert. Es war eben ein weiter Weg bis zur Hamburger Ehe.
Das Museum für Hamburgische Geschichte wird diese Ausstellung realisieren, für die ein Verein Material sammelt und erarbeitet. Es hat viele Wünsche an die Vergabe der Troncmittel gegeben, es gab viele Projekte, die Unterstützung brauchten und bräuchten und die zu fördern gewesen wären. Wir haben uns für diese beiden Ausstellungen entschieden, die hoffentlich viele Menschen in dieser Stadt bewegen werden. Viele Menschen werden ihr Interesse neu entdecken, und vielleicht, aber auch gerade deshalb, werden diese sehr kleinen, aber eben besonderen Bereiche der hamburgischen Geschichte dadurch erhalten werden können. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Daß der Weg zum Mahnmal manchmal weiter und insgesamt mühsam ist, ist kein Grund, das eine Mahnmal gegen das andere aufzuwerten. Der Weg nach Neuengamme ist weit, aber man sollte ihn trotzdem gehen.
Ich wollte noch zwei Sätze zur CDU-Kritik loswerden. Ich habe angedeutet, daß die Auseinandersetzung darüber, ob und wie Troncmittel – das ist in dieser Legislaturperiode ja beschlossen worden – von der Bürgerschaft verteilt werden können, eine Auswahl im wahrsten Sinne des Wortes bedeutet. Je nach Interesse, je nach politischer Couleur kann gesagt werden, das ist willkürlich, das war eine Entscheidung, die wir hier und da nicht nachvollziehen können, aber nichtsdestotrotz werden diese Mittel über die Bürgerschaft vergeben. Daß das Geld niemals für alle Projekte und Wünsche reichen wird, ist klar, aber es ist richtig, die Mittel zu vergeben und damit Projekte zu fördern, so wie wir es in diesem Jahr auch gemacht haben, die schlicht und einfach außerhalb der Tagespolitik sind; das ist die Idee dabei.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, daß wir im Moment einen Stand in dieser Debatte erreicht haben, der hochnotpeinlich ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der CDU, Sie haben unter der Überschrift „Wann übernimmt Frau Roth Verantwortung?“ eine Debatte angemeldet, die ein sehr ernsthaftes und schwerwiegendes Thema zum Hintergrund hat, und machen so eine lächerliche Inszenierung daraus.
Jede inhaltliche Debatte, schon die von Herrn Petersen, von Frau Freudenberg und jetzt auch von Frau Brinkmann, wird durch Ihr unsägliches Dazwischengerede unterbrochen. Die Senatorin hat sich hier zum wiederholten Male für die Bemerkung und das, was damit verbunden war, entschuldigt. Und dann müssen wir uns hier den Vizepräsidenten der Bürgerschaft anhören, der sagt, das haben wir gehört, gilt aber nicht, und er haut noch einmal in dieselbe Kerbe. Das ist weder dem Amt noch der Person angemessen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hier zuzuhören, wenn jemand seine Vorurteile auslebt, macht am meisten Freude. Aber wir sollten inhaltlich über das Thema reden. Ein Recht auf das Paradies – das ist ein Zitat von Herrn Tants – haben tatsächlich alle Menschen. Die Frage ist nur, was man sich jeweils darunter vorstellt.
Wahrscheinlich, zum Glück etwas anderes als ich.
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Zur Gemengelage der Wohnprojekte, Herr Tants, muß ich Ihnen sagen, Sie hätten die Gelegenheit gehabt, einige kennenzulernen und direkt mit den Bewohnern zu sprechen. Wir waren alle zu einer großen Veranstaltung der Wohnprojekte eingeladen. Sie oder andere Vertreter der CDU waren nicht vertreten.
Das hätte vielleicht Ihren Bildungsstand erhöht und Ihren Horizont ein wenig erweitert.
Ich glaube, daß über den Koalitionsvertrag im Hinblick auf die Formulierung des politischen Willens, der nicht nur formuliert wurde, sondern auch tatsächlich vorhanden ist, nachgedacht werden muß, weil man nach diesen fast vier Jahren festgestellt hat, daß es so nicht geht, wie man es sich vorgestellt hat. Das ist nicht ehrenrührig oder dramatisch, sondern das ist eine Erkenntnis, die ein wenig bitter ist, aber an der wir arbeiten können. Von daher ist es keine Phrase, daß die Wohnprojekte für die hamburgische Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik wichtig sind, sondern sie gehören zu den Bereichen, an denen wir weiter arbeiten müssen.
Es gab in den letzten vier Jahren zwei Entwicklungen. Es hat noch nie eine so lange Warteliste und so viele konkrete Anträge auf Grundstücke für in Gründung oder in Gesprächen befindliche Wohnprojekte gegeben wie derzeit. Das halte ich für eine positive Entwicklung.
Der weitere Aspekt: Warum ist es eigentlich so mühsam und der Weg so weit – über den Bezirk, die Baubehörde, die Finanzbehörde, die Liegenschaft, möglicherweise die Stadtentwicklungsbehörde dann noch einmal zurück zum Bezirk –, ein Wohnprojekt auf einem konkreten Grundstück zu realisieren? Mit dieser Frage müssen wir uns weiter beschäftigen.
Die Stiftung wäre ein wichtiges Hilfsinstrument. Ich gehe davon aus, daß wir die Stiftung in dieser Legislaturperiode noch realisieren können. Aber durch die Stiftung allein gibt es noch nicht mehr Grundstücke, die für Wohnprojekte finanzierbar und realisierbar sind.
Auch Wohnprojekte haben das Recht, nicht in Allermöhe oder unter einer Hochspannungsleitung bauen zu wollen. Das ist ein Recht, das wir alle haben. Von daher sollte man nicht immer sagen, daß sie diese Grundstücke abgelehnt hätten.
Die Arbeitsaufgabe bleibt im Kern erhalten: Die Abstimmungs- und Genehmigungswege müssen verkürzt und klarere Kriterien innerhalb der Behörden verabredet werden. Die Fragen, nach welchen Aspekten sich für die Vergabe eines Grundstückes entschieden wird, welche Anteile für Wohnprojekte für bestimmte, neu zu erschließende Wohngebiete vorzusehen sind und ähnliches, müssen geklärt werden.
Wir brauchen die Stiftung und kürzere Wege. Dann steht der Realisierung von vielen Wohnprojekten in dieser Stadt nichts mehr im Weg. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist hochgradig peinlich, was durch den letzten Beitrag aus dieser Debatte geworden ist. Wenn dieses Niveau das der Opposition ist, sich so mit diesen Dingen der Stadt auseinanderzusetzen...
Wir reden seit zwölf Jahren über das Thema. Die Senatorin hat mit einem historischen Abriß
sehr deutlich dargelegt, wie die Gemengelage in dieser Stadt gewesen ist. Die CDU ist nicht in der Lage zu akzeptieren,
daß es Menschen mit anderen Lebensformen, Lebenszusammenhängen und anderen kulturellen Bildern gibt, die sie sich nicht im entferntesten vorstellen kann.
Das war sehr wohl thematisiert. Sie können nichts anderes dazu sagen als: Räumen! Oder Sie machen die Angelegenheit lächerlich.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß mit diesem Verkauf, dem zum Glück mehrheitlich zugestimmt wird, die
Auseinandersetzung mit anderen Lebensformen und -vorstellungen und der Streit mit uns, dem Staat, noch lange nicht zu Ende ist. Wenn die CDU nicht in der Lage ist, überhaupt Alternativen für eine inhaltliche und konzeptionelle Vorstellung vorzulegen, die vom Abriß und von der Räumung abweicht, dann wissen wir, daß wir auch in Zukunft nicht mehr von Ihnen zu erwarten haben. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf Antrag der GAL-Fraktion wird dieser Antrag der REGENBOGEN-Gruppe an den Ausschuß überwiesen, um den Effekt, den wir jetzt hier haben, zu verhindern, daß nämlich der Antrag von jeder Rednerin und jedem Redner für die eigenen Zwecke benutzt werden kann.
Ich glaube, daß eine Ausschußauseinandersetzung schon hilfreich ist, um vielleicht noch einmal die Sachlage insgesamt zu klären. Wenn man dem Debattenbeitrag des CDURedners folgt und dann dem Beitrag von Herrn Hackbusch, denkt man, es geht um zwei völlig unterschiedliche Angelegenheiten.
Der Kollege von der SPD, Herr Schulz, hat schon sehr deutlich gesagt, worum es tatsächlich geht, um die Entwicklung in Neuenfelde, die Zukunftsperspektive für die dort jetzt ansässigen Menschen. Ich stimme mit allen, die bisher darüber gesprochen haben, darin überein, daß das Bild, das sich im Moment in der Bürgerschaft hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung ergibt, ein Stückwerk darstellt. Ich gehe aber davon aus, daß sich dieses Bild beim Senat zur Zeit nicht anders stellt; das ist vielleicht das Problem. Solange aus interessierter Ecke immer wieder die Vision formuliert wird, es gebe eine Art Geheimplan des Senats, der eigentlich schon alles festgezurrt habe und genau wisse, wie es weitergehe, und daß dies unredlich sei, kommen wir nicht weiter. Wenn beispielsweise klar formuliert wird, es werde eine agrarstrukturelle Entwicklungsplanung geben oder eine Südtrasse in der gestern verabschiedeten Form, ohne daß es eine A 26 dazu gibt, solange die Vision im Raum steht, der Senat habe schon längst alles verabredet und werde alles anders machen, werden auch wir hier kein Einvernehmen erzielen. So, wie man bei der DASA-Debatte insgesamt sagen kann, es werde niemals 4000 neue Arbeitsplätze geben, kommen wir nicht weiter. Solange die Aussage immer nur angezweifelt wird – das kann man natürlich leicht tun –, daß die Arbeitsplätze abzählbar geschaffen werden oder die Straße tatsächlich gebaut ist oder die Entwicklungsplanung vorliegt, weiß ich nicht, wie wir weiter kommen. Wir werden dieses Thema nicht zu einer – jetzt sage ich auch dieses Wort – konkreten Vision, zu einer Planung für den Süderelberaum bis hin nach Neuenfelde entwickelt bekommen, wenn immer nach Belieben gesagt wird, man glaube dieses oder jenes nicht.
Ich halte die Debatte im Ausschuß für wichtig und für richtig. Ich hoffe, daß auf die Fragen A bis E, so wie sie der Antrag vorsieht, dann jeweils ein wenig gesagt werden kann. Ich gehe aber eindeutig nicht davon aus, daß es bis jetzt eine zusammenhängende konzeptionelle Planung gibt, die Antworten auf all diese Fragen geben könnte. Ich glaube, wir müssen alle noch eine ganze Weile damit leben, daß sich der Raum dort verändern wird. Es ist unsere Aufgabe, Sicherheit für die jetzt dort lebenden Bewohnerinnen und Bewohner herzustellen, und gleichzeitig sind wir darauf angewiesen, daß die in Angriff genommene Planung nicht an den tatsächlichen Gegebenheiten, seien sie finanzieller Art oder wirtschaftspolitische Entwicklungen, wieder scheitern. – Vielen Dank.
Auf einen Aspekt möchte ich noch mal eingehen. Man kann natürlich auch eine bestimmte Stimmung schüren. Davor sollten wir uns hüten. Die Forderung, daß hier an dieser Stelle oder auch im Ausschuß Namen genannt werden sollen, wer schon verkauft hat, wer verkaufen möchte oder wie die Zukunftsperspektive für all die anderen sein wird, halte ich für fatal und für einen total falschen Ansatz; unrechtmäßig ist es ohnehin noch.
Es ist jedoch vom politischen Ansatz her etwas völlig Abstruses. Allein die Tatsache, daß ein Grundstück verkauft wird oder ein Eigentümerwechsel stattfindet, ändert erst einmal überhaupt noch nichts am Leben in einem Dorf, an der Struktur des Dorfes und an den Nutzungen, die dort möglich sind und auch über die nächsten Jahre stattfinden werden.
Die politische Forderung kann daher nichts anderes sein – das haben wir hier sonst auch mehrheitlich diskutiert – als die Feststellung, daß wir ein Konzept und eine Entwicklungsplanung brauchen sowie eine klare Vorgabe, wie die strukturelle Zukunft des Dorfes und der Region aussieht.
Die Debatte darum, das sage ich noch einmal, bei der man tatsächlich Ängste und Stimmungen schüren kann, indem man gegenseitig immer wieder versucht herauszufinden, hat der oder die schon verkauft, wackelt diese noch oder ist jene stabil, ist politisch überhaupt nicht hilfreich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute ist außer anderen wichtigen Ereignissen noch ein Ereignis zu feiern, nämlich der internationale Tag des Baumes, der in diesem Jahr der Esche gewidmet ist. Wer möchte, kann sich bei uns in der Fraktion das noch nicht so ganz gelungene Kunstwerk einer zweijährigen Esche ansehen.
Dieser Baum ist bisher noch nicht viel mehr als ein Stengel mit einer oder zwei Verzweigungen, aber
ja, Frau Sudmann – mit ziemlich dicken Knospen.
Das Naturschutzgesetz, das wir hier heute beschließen können, hat auch seine zwei Jahre gebraucht, und ich finde, es sieht jetzt schon viel besser aus als im Moment noch diese Esche. Nach einer äußerst langen Entwicklungs- und Abstimmungsphase können wir diese Novellierung nun heute beschließen.
Daß wir dort hingekommen sind, ist ein wichtiger Schritt unter dem Aspekt der nachhaltigen Entwicklung und Ressourcenschonung in Hamburg. Die drei Kernbereiche der Novellierung führen zu einer deutlichen Stärkung einerseits der Verbände und einer Sicherung des Schutzes von Biotopen und erzielen andererseits eine deutliche Verbesserung der Ausgleichsregelung bei Eingriffen.
Da die Debatte heute sicherlich auch von der Kritik aus unterschiedlichen Richtungen geprägt sein wird, möchte ich vorab schon an dieser Stelle deutlich sagen, daß diese Novellierung erstens schon seit vielen Jahren überfällig war und zweitens ein gelungener Kompromiß ist. Die Zeitdauer,
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die wir gebraucht haben, um bis hierher zu kommen, läßt erahnen, wie strittig die Diskussion innerhalb der behördlichen Abstimmung verlief, und dieses setzte sich natürlich in der bürgerschaftlichen Ausschußbefassung fort.
Hier wurde beispielsweise aus Sicht der Handelskammer noch einmal vorgetragen, wie wirtschaftsfeindlich diese Novellierung ist, aus Sicht der Landwirtschaftskammer, wie wenig Rücksicht auf die Landwirtschaft genommen wurde, und aus der Sicht der Naturschutzverbände, wie wenig ausreichend sie ihre Klagemöglichkeiten halten. Vor allem wurde auch Unverständnis darüber deutlich, daß die mittlere Planungsebene in Hamburg immer noch nicht eingeführt wird.
Anhand der konkreten Novellierungsschwerpunkte möchte ich noch einmal auf die unterschiedlichen Argumentationslinien eingehen, obwohl das vielleicht auch die weitere Debatte noch bestimmen wird. Bisher waren die Klagerechte der Verbände auf Naturschutzgebiete und die Nationalparks beschränkt. Die Mitwirkungsrechte waren auf die Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes eingeschränkt. Allein hier findet in elf Punkten eine erhebliche Ausweitung statt.
Das Klagerecht der Verbände gilt nun unter anderem generell bei behördlichen Entscheidungen, wenn die Entscheidung dem Naturschutz widerspricht oder die Belange von Natur- und Biotopschutz tangiert werden. Uns allen sollte dabei klar sein – um noch einmal die Argumente der Handelskammer und anderer Wirtschaftsverbände aufzunehmen –, daß die gewünschten Auswirkungen dieser verstärkten Mitsprache- und Klagerechte in einem stärkeren Gewicht liegen mit dem Ziel, Planungen und Eingriffe an dieser Stelle in ihren Auswirkungen auf die Natur zu minimieren. Das Ziel ist nicht, möglichst viele Klagen führen zu können, sondern eine gesicherte Berücksichtigung der ökologischen Notwendigkeiten.
Dazu gehört im übrigen natürlich dann auch die Bereitschaft der Wirtschaft und ihrer Verbände, sich in diesen Dialog einzuklinken. Mitsprache und Klagemöglichkeiten stärken den notwendigen Ausgleich der Interessen und erhöhen damit die Planungs- und Rechtssicherheit.
In der rechtlichen Bewertung durchaus umstritten waren in der Sachverständigenanhörung die vorgesehenen Klageausnahmeregelungen für einzelne Projekte. Das wird hier sicher noch im Detail diskutiert werden. Entscheidend ist, wie ich denke, daß es sich hier nicht um Grundrechte handelt und wir uns daher auch der rechtlichen Bewertung des Senats angeschlossen haben. Um es aber deutlich zu sagen: Für die Abgeordneten ergab sich durchaus das beliebte Bild von drei Juristinnen und vier verschiedenen Meinungen.
Anders sieht es mit der politischen Bewertung dieser Ausnahme aus. Auch hier wurde je nach politischer Farbe unterschiedlich gewichtet. Für die GAL-Abgeordneten – und nur für die spreche ich hier, alle anderen werden für sich sprechen – ist die politische Abwägung, die hier getroffen wurde, tragbar und vor allem kein Grund zur generellen Abwertung der Novellierung. Der CDU gebe ich schon einmal mit auf den Weg, daß sie vielleicht vorab die Frage in ihrem Beitrag klären kann, wo eigentlich für sie der Unterschied in den ökologischen Auswirkungen liegt, wenn ein Eingriff in eine private und eine öffentliche Hochwasserschutzanlage durchgeführt würde. Die eine soll nach ihrem Antrag privilegiert sein und die andere nicht.
Im übrigen möchte ich mich zu den Änderungsanträgen hier nicht weiter äußern; wir haben es im Ausschuß aus
führlich debattiert und dort bereits deutlich gemacht, daß wir Ihren Änderungsantrag ablehnen werden.
Gerade bei der Neuformulierung der Eingriffs- und Ausgleichsregelungen wird auch die wesentlich verbesserte Gewichtung des Gesetzes deutlich. Detailliert ist nun zu belegen, welche Auswirkungen ein Eingriff haben wird, welche Maßnahmen zur Vermeidung vorgesehen sind und wie die Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung des Ausgleichs und Ersatzes aussehen.
Diese Regelung war längst überfällig und wird hoffentlich dazu führen, daß sich einerseits die Liste der nicht ausgeglichenen Eingriffe nicht noch weiter verlängert und andererseits die ökologische Gleichwertigkeit zwischen Ausgleich und Eingriff gewährleistet werden kann. Neu eingeführt wird im übrigen hierbei dann auch die Ausgleichspflicht von Eingriffen in Gewässer im Hafen. Der Besonderheit der Biotope in den nicht genutzten Hafenbecken wird damit endgültig und endlich Rechnung getragen.
Insgesamt ist der Biotopschutz umfangreich in die Novellierung aufgenommen worden. Über die Notwendigkeit, zum Schutz der einzelnen Art hinweg auch ihre jeweiligen Lebensräume zu schützen, gibt es inzwischen europaweit keine strittigen Diskussionen mehr. Im Anhang der Novellierung werden die geschützten Lebensräume detailliert aufgeführt. Wer immer sich das Vergnügen macht, diesen Anhang zu lesen, wird feststellen – ich glaube nicht, daß es Ihnen allen bekannt war –, daß es eine derartige Vielfalt von Biotopen in Hamburg gibt und auch zukünftig geben wird.
Ebenso wie der neu eingeführte ehrenamtliche Naturschutzdienst werden sich alle Veränderungen in der Umsetzung bewähren müssen. Ich gehe davon aus, daß wir in vielen weiteren Gesprächen, Debatten oder Ausschußsitzungen zum Beispiel die Auswirkungen des ausgeweiteten Biotopschutzes auf die landwirtschaftliche Nutzung in Gewässerrandbereichen – das war einer der Kernstreitpunkte in unserer Sachverständigenanhörung – oder den finanziellen Aufwand, der einem Investor zusätzlich entsteht, wenn er die Auswirkungen seines Eingriffs sehr detailliert bewerten lassen und auch ausgleichen muß, erfahren werden.
Das Gesetz wird sich bewähren müssen. Es bietet aber eine solide Grundlage für eine zukunftsfähige Politik zum Schutze der Naturräume in der Großstadt Hamburg.
Da man die Stiftung „Hamburg Maritim“ im weitesten Sinn als Kulturstiftung bezeichnen kann, würde ich gern wissen, ob es für andere Bereiche des kulturellen Lebens auch Stiftungen in ähnlicher Art und mit ähnlicher Unterstützung gibt oder ob das geplant ist für den Bereich der HafenCity.
Ich möchte noch einmal nachfragen, ob es schon konkrete Planungen für ein Kuratorium gibt oder ob über eine Absichtserklärung noch nicht hinausgegangen werden kann.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ehlers, ich gebe Ihnen recht, es ist natürlich eine spannende Debatte, noch einmal über Cuxhaven, über Wilhelmshaven und über die jeweiligen Vor- oder Nachteile zu reden. Aber das ist ein bißchen ein Sich-hinter-den-Zug-Werfen. Die Entscheidung Wilhelmshaven ist getroffen. Das haben die Ministerpräsidenten deutlich gemacht. Wir wollen den Versuch machen, voranzudiskutieren
durchaus in dem Sinne, wie Herr Christier gesagt hat: konstruktiv auf Sicht, wobei ich da gern die Lotsen fragen würde, wie das gehen soll. Aber das kann man an anderer Stelle klären.
Ich weiß nicht.
Wilhelmshaven als reiner Ergänzungshafen für die Schiffe mit dem großen Tiefgang oder mit dem größeren Wendekreis, den auch die neuen Drehkreise in Altenwerder nicht mehr bewerkstelligen können, die dann vielleicht irgendwann kommen. In diesem Sinne als Ergänzung zu Bremen und Hamburg, so formuliert kann eine Entscheidung auch für Hamburg Sinn machen. Würde sie keine weitere Vertiefung der Elbe aufgrund entsprechender Entwicklungen und Bedarfe beim Schiffbau nötig werden lassen, wären Hafenerweiterung in Moorburg und ähnliches keine Tagesthemen mehr. Aber allein schon vor dem Hintergrund, daß wir weitgehend eine private Finanzierung angestrebt sehen, ist ein Ergänzungshafen überhaupt keine realistische Option, da ein wirtschaftlicher Betrieb nur bei einem Universalhafen realisiert werden kann.
Hier liegt natürlich auch genau das niedersächsische Interesse.
Das Risiko, aber das Interesse vor allem für die Region in Wilhelmshaven. Infrastruktur und Arbeitsplätze werden dort gebraucht.
Deswegen wird es ein Universalhafen werden. Man kann das heute in einem langen Artikel nachlesen. Das „Hamburger Abendblatt“ gibt dem Thema breiten Raum.
Die grundsätzliche Notwendigkeit eines Tiefwasserhafens – so haben sich die Ministerpräsidenten geäußert – ist in Wirklichkeit eine Option auf einen Universalhafen. Damit müssen wir uns hier auseinandersetzen. Das bedeutet nichts weiter, als daß ein dritter Hafen in der direkten Konkurrenz zu Hamburg und Bremen entwickelt wird.
Deutlich wird dies natürlich an den sofort gesetzten Duftmarken der jeweiligen Option auf Unterweser- beziehungsweise Elbvertiefung. Das ist aus unserer Sicht eine neue Runde des ruinösen Standortwettlaufs.
Das Argument – Herr Christier hat es vorgetragen –, Hamburg könne nur in diesen sauren Apfel beißen, da der Bund,
Niedersachsen und Bremen sonst ohne jede hamburgische Beteiligung den Tiefwasserhafen errichten würden, mag richtig sein, ist auch sicherlich richtig. Deswegen muß sich die Politik in Hamburg – und zwar jetzt und in den nächsten Wochen – vor allem mit dem Paket, das da drumherum gestrickt ist, offensiv auseinandersetzen. Hamburg muß eine Kooperation initiieren, die auch wirklich den Namen verdient. Es kann nicht Kooperation sein, wenn die Häfen Bremen und Hamburg beschließen, den jeweiligen Fluß, den sie vor der Haustür haben, gemeinsam zu vertiefen, oder daß sich die jeweiligen Umschlagunternehmen an der Finanzierung des Hafens beteiligen. Es geht um Kooperation in der Logistik, um das Nutzen von Synergien bei Distribution und Logistik. Die Stärkung der Standorte, die wir jeweils haben, muß man festigen und die unterschiedlichen Branchenstrukturen miteinander koordinieren. Dafür muß man die Zeit jetzt nutzen, bevor weitergehende Entscheidungen, Festlegungen in bezug auf Wilhelmshaven getroffen werden. Nur dann kann Wilhelmshaven auch für Hamburg einen Sinn machen.
Die Stichworte „Elbvertiefung“ und „Hafenerweiterung nach Moorburg“ sollten deswegen in diesem Fall in bezug auf diese Situation nicht niedriggehängt werden. Es muß Kern der Diskussion bleiben, vor allem solange wir die Aussagen der HHLA, der Handelskammer oder andere, die hier gerade die Gunst der Stunde nutzen wollen, im Nacken haben. Eine Elbvertiefung, obwohl es keinen Bedarf gibt, ist ökologisch und ökonomisch unverträglich. Wir haben die größeren Schiffe, die dafür gebraucht werden, nicht. Lediglich den Wunsch zu haben, das Tidefenster für die jetzigen Schiffe etwas größer zu machen, ist unsinnig als Begründung.
Ich möchte an dieser Stelle den Pressesprecher der Senatskanzlei zitieren, der gestern in der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt hat, daß bis auf den Flugzeugträger „Nimitz“ und ähnliche Flugzeugträger alle Schiffe die Elbe rauf und runter fahren können. Wenn wir uns diese Situation vor Augen führen, möchte ich dafür plädieren, daß die hamburgische Politik heute insgesamt – und nicht nur die Grünen – die ökologische und ökonomische Unverträglichkeit einer weiteren Elbvertiefung deutlich macht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das, was wir uns jetzt seit fast eineinviertel Stunden an Debatte leisten, ist ein großer Fortschritt in bezug auf all die Hafendebatten, die wir hier sonst geführt haben.
Ich finde allerdings, daß sich die CDU noch einmal darauf besinnen sollte, daß es hier auch Sachargumente gibt, die ausgetauscht werden, und möchte daran appellieren, daß sie das beim nächsten Mal hinkriegt.
Ich bin dem Bürgermeister – ich benutze jetzt mal ein Wort, das ich sonst nicht benutze – sehr dankbar
nicht jetzt die Sachargumente, Herr Ehlers, sondern dann, wenn sie dran sind –, weil hier zum ersten Mal eine Diskussion gelungen ist, die die Ernsthaftigkeit von Kooperation zwischen den Städten verdeutlicht, die seit 1500 Jahren – wie Sie sagten, wenn ich es richtig verstanden habe – in ursächlicher Konkurrenz zueinander stehen. Nachdem diese Kooperation begonnen wurde, muß sie weitergeführt werden, das ist der Erfolg dieser Debatte. Vielleicht müssen sich auch die Länderparlamente einmal
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zusammensetzen, um miteinander zu bereden, wie man diese historische Gemengelage auflösen kann.
Wenn die Entwicklungen so sind, wie sie vom Wirtschaftssenator und vom Bürgermeister beschrieben werden, und all die Schwierigkeiten für die hamburgische Hafenwirtschaft oder die Hansestadt insgesamt auf uns zukommen, die man durchaus strittig stellen kann, was bei uns hinsichtlich der tatsächlichen Zunahme der Größe und des Tiefgangs von Schiffen auch deutlich geworden ist, kann man doch nur einen Schluß ziehen, der heißt: Kooperation zwischen den Häfen bis hin zu bestimmten Branchenstrukturen, zwischen der Logistik und den Infrastrukturvorgaben oder Leistungen, die noch nötig sind. Dies ist die absolute Notwendigkeit. Ich freue mich sehr, daß dieses als ein Einstieg bezeichnet wurde und daß vor allem sehr deutlich gesagt wurde: Hier muß weiter gearbeitet werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es paßt nicht so recht zu sagen, daß man nun von der einen in die andere Katastrophe kommt, denn die vorige Debatte war nicht so und auch unser Thema, genau wie auch das erste Thema, waren nicht so angelegt. Trotzdem geht es hier um Dinge, die immer mal wieder zu Krisen und Katastrophen führen.
Bezogen auf die Situation, die wir im Moment im Bereich der Nahrungsmittelindustrie und der Landwirtschaft haben, liegt uns daran, einen Weg zu finden, privaten und staatlichen Verbraucherschutz zu stärken. Wenn wir die Vorgaben, die das neue Ministerium in Berlin formuliert, ernst nehmen, dann müssen wir auch in Hamburg über Strukturveränderungen nachdenken. Ich denke, daß das der Weg ist, auf dem man den Verbraucherinnen und Verbrauchern in ihren Wünschen und dem Informations- und Schutzbedürfnis nahekommt. Egal ob es um Beratung bei der Spielsucht, über Internetanschlüsse...
Okay, ich versuche es. Wenn es die Konzentration fördern hilft, das Mikrofon weiter herunter zu stellen, will ich es gern tun.
Egal ob wir über Lebensmittelberatung oder Beratung über Spielsucht reden, Internetanschlüsse, wassersparende
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Waschmaschinen oder anderes, die Beratungsstellen der Bezirksämter der Behörden und Verbraucher-Zentrale sind ständig gefragt. Das politische Ziel soll nun aber der vorsorgende Verbraucherschutz sein, und die Aufgabenverteilung zwischen Verbraucher- und Umweltberatung, Gesundheitsschutz und -vorsorge ist auch in Hamburg eine breitgefächerte. Sie wissen alle, welche Behörden wofür zuständig sind; das nehme ich einmal an, denn als Verbraucher oder Verbraucherin müßten Sie sehr schnell wissen, wie Sie die Information, die Sie sich wünschen, bekommen. Aber so ist es eben nicht!
Wir haben in Hamburg eine Aufgabenverteilung zwischen Wirtschaftsbehörde, BAGS, Umweltbehörde, und wenn man die Rechtsberatung dazu nimmt, auch der Justizbehörde. Die Innenbehörde ist für die Sekten zuständig, und die Bezirke beraten natürlich auch. Dazu kommen die privaten Einrichtungen wie die Verbraucher-Zentrale, der Ökomarkt e.V., die Mieterberatung, Patientenselbsthilfegruppen und ähnliches. Wie kann es nun gelingen, den Auftrag aus Berlin umzusetzen, den Interessen und dem Schutz der Verbraucherinnen den Vorrang zu geben. Wie bündelt man hier die Kompetenzen am besten? Wie kann man die bundesweit unumstrittene erfolgreiche Arbeit der Verbraucher-Zentrale einbinden? Welche finanziellen Mittel brauchen wir zusätzlich oder umverteilt? Wie gelingt es, Initiativen, die sich beispielsweise der Unterstützung des ökologischen Anbaus verschreiben, zu stärken und ihr Potential zu nutzen?
Ich begrüße in diesem Zusammenhang sehr, daß die BAGS im Umgang mit dem Krisenmanagement durchaus selbstkritisch in ihrer Analyse ist und sich strukturelle Veränderungen vorgestellt hat. Auch da war die CDU sehr aktiv, wenn auch nicht sonderlich innovativ, und ich glaube, daß die Vorstellungen, die die CDU entwickelt hat, immer noch mehr dazu dienen, die BAGS zu zerschlagen, als tatsächlich beim Verbraucherschutz unterstützend tätig zu sein.
Als sehr hilfreich empfinde ich bei dieser notwendigen Debatte den Beitrag der Verbraucher-Zentrale, der Ihnen, glaube ich, allen zugegangen ist. Hier wird mit sehr deutlichen Worten Bezug genommen auf die finanzielle Unterstützung einerseits, andererseits aber auch ein sehr weitreichender und diskussionswürdiger Strukturvorschlag entwickelt.
Uns liegt mit der heutigen Debatte durchaus daran, die öffentliche Diskussion über die Strukturen zu fördern, die den Verbraucherschutz und die Verbraucherinformationen verbessern können, die bei den Behörden, Initiativen und Verbänden, die zwar jeweils unterschiedliche Rollen spielen, aber doch die gleiche Aufgabe haben, neu zu eröffnen, schnelle Ergebnisse zu finden und diese nicht auf die lange Bank zu schieben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der große Rundumschlag, den uns Herr von Beust
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hat zukommen lassen, hatte nichts mit dem Thema zu tun, das die CDU zur Debatte angemeldet hatte.
Es ist schön – das ist auch schon aus dem Plenum selbst kommentiert worden –, daß auch Sie endlich die Region entdeckt haben. Vor Ort zu sein, um sich die Belange anzuhören, die Gegend anzusehen und mit den Menschen zu reden, ist das eine, gleichzeitig die Naturschützerinnen und -schützer als selbsternannte Apostel zu diffamieren, ist das andere. Aber das ist typisch für die CDU.
Das Oberverwaltungsgericht – darüber haben wir schon mehrfach geredet – hat eine Entscheidung getroffen; das war gut so. Bei aller Euphorie und Aufbruchstimmung, die nun durch die Wirtschaft, die Politik und natürlich auch durch die Medien wehen, müssen wir aufpassen, daß wir auch die nicht so glitzernde Seite der Realisierung des A380 debattieren und sie nicht nur am Rande streifen.
Es ist die Aufgabe der Politik – das hat zuvor der Bürgermeister gesagt –, die Interessen auszugleichen. Das ist gerade immer dann äußerst schwierig, wenn es um Großprojekte geht. Wir alle sind aufgefordert aufzupassen, damit dieser Interessenausgleich nicht hinten herunterfällt.
Mit der Vorbereitung der Zuschüttung des Mühlenberger Lochs konnte begonnen werden, aber durch die Gerichtsentscheidungen sind viele Fragen offen geblieben. Es ist auch klar erkennbar, daß sich weitere Probleme einstellen können, vor allem auch solche, die außerhalb der Senatsund Bürgerschaftsentscheidungskompetenzen liegen. Das haben wir während der gesamten Bewerbungszeit immer wieder erleben müssen, daß alles das, was wir für die Stadt entscheiden wollten und auch entschieden haben, immer durch Entscheidungen beeinflußt wurde, die von Unternehmen oder in anderen Ländern gefällt wurden, mit denen wir nichts zu tun hatten.
Die GAL hat es sich mit der Zustimmung zur Bewerbung und der Unterstützung des Planungsprozesses nicht leichtgemacht und diese mit bestimmten Kriterien verbunden. Die Interessenabwägung – darauf ist Herr Christier eingegangen – ist uns nicht leichtgefallen. Wir mußten inzwischen auch erkennen – das konnte man in der Begründung des Oberverwaltungsgerichts nachlesen –, daß auch der Versuch, die Europäische Kommission in die Zustimmung oder Ablehnung dieses Vorhabens mit einzubeziehen, im Grunde nicht hilfreich war, weil das Gericht diese Entscheidung rechtlich in Frage gestellt hat.
Also bleibt an dieser Stelle die Überprüfung der realen Möglichkeiten hamburgischer Politik, einerseits die positiven Auswirkungen zu genießen, andererseits die negativen Auswirkungen auf die Natur und die Menschen aber so weit wie möglich zu reduzieren und zu kompensieren. Der Preis ist hoch; deswegen an dieser Stelle dazu drei Aspekte.
Man darf die Tatsache nicht aus den Augen verlieren, daß die Fertigung des A380 das größte europäische Süßwasserwatt erheblich beschädigt, wenn nicht sogar zerstört. Deshalb ist es um so wichtiger, die Realisierung der Ausgleichsmaßnahmen mit der gleichen Vehemenz zu betreiben, mit der das Zuschütten des Mühlenberger Lochs und die Realisierung des Projektes insgesamt verfolgt wurde und wird. Inwieweit die Entscheidung der Verwaltungsgerichte über die Maßnahmen auf Hahnöfersand und in der Haseldorfer Marsch dazu führt, daß die Ausgleichskonzeption verändert werden muß, müssen wir abwarten. Ein
langfristig ohne Ausgleichsmaßnahmen zugeschüttetes Mühlenberger Loch darf es nicht geben und muß unter allen Umständen vermieden werden.
Der zweite Aspekt: Wir wollen in Hamburg kein zweites Altenwerder oder zweites Moorburg. Das heißt, parallel zu der Realisierung der Grundlagen für die erweiterte Produktion bei der DASA muß die zukünftige Entwicklung des Alten Landes und seiner Dörfer als landwirtschaftlicher Entwicklungsraum und nicht als allgemeines Gewerbeflächenerwartungsland gesichert werden. Die Zuständigkeit für die Nöte der Obstbäuerinnen und -bauern wurde bisher zu sehr den Gegnerinnen und Gegnern des Projektes überlassen.
Das Qualitätsprodukt „Obst aus dem Alten Land“ müssen wir uns erhalten; ich denke, das wollen auch alle.
Es wäre schlicht falsch zu behaupten, daß keine Bauern in ihrer Existenz betroffen sind. Aber der Senat muß sich insgesamt für die sichere Zukunft Neuenfeldes als lebendiges Dorf verantwortlich fühlen. Langfristige Pacht- und Mietverträge wären ein erstes Signal, eine Umsetzung des Konzeptes „Urbane Landwirtschaft 2010“ auch im Süderelberaum wäre ein weiterer Schritt.
Auch aus einem dritten Grund haben wir uns während der ganzen Bewerbungsphase und bis zur heute nun nähergerückten Realisierung nicht von der Euphorie anstecken lassen. Die auf die Stadt zukommenden Kosten sind schon in der ersten Abschätzung immens hoch und können nur mit großer Kraftanstrengung bewältigt werden. Sie unterliegen unter anderem in den nächsten Monaten noch etlichen Unwägbarkeiten – darauf habe ich hingewiesen –, da die späte Entscheidung von EADS den Zeitdruck immens verstärkt hat.
Es können aber auch technische Komplikationen dazukommen; der Senat hat zugesichert, dem Haushaltsausschuß entsprechend zu berichten. Ich hoffe, daß es nicht nur zu einer einseitigen Belastung des Haushalts, sondern zum Beispiel auch zu Überlegungen im Hinblick auf eine Vermögensmobilisierung kommt.
Dem kann die EADS – wie sie selbst sagt – nur 4000 Arbeitsplätze gegenüberstellen. Ich sage „nur“, weil die Auswirkungen auf die Ausbildung von Jugendlichen oder beispielsweise auch auf Umschulungsangebote für Langzeitarbeitslose und Neuansiedlungen von Betrieben im hamburgischen Raum Visionen sind, die wir uns wünschen, und Perspektiven, die man formulieren kann; sie müssen nur realisiert werden. Wir sollten das, was wir politisch dazu beitragen können, auch tun. Der Betrieb ist hier aber ebenfalls in der Pflicht.
Es bestehen nicht nur in der kritischen Öffentlichkeit Zweifel an der Belegbarkeit der Zahlen. EADS hat sich allerdings selbst mit der großen Unterstützungskampagne in den letzten Wochen mit den Arbeitsplatzzahlen in der Öffentlichkeit positioniert; daran sollte die Politik den Konzern dann auch messen.
Meine Damen und Herren! Heute haben wir den zwar nicht mehr virtuellen, aber noch nicht ganz flügge gewordenen Vogel konkreter zum Thema machen können. Es ist klar: Für Hamburg ist dies eine gute Stunde, es stehen aber noch viele Aufgaben zur Lösung an, die den A380 vor al
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lem für die Natur und die Bewohner von Neuenfelde zu einem verträglichen Vogel werden lassen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man könnte einmal den wagemutigen Versuch unternehmen, um diese Uhrzeit und vor dem dreiviertel gefüllten Saal eine Debatte über die Bundeswehrstrukturreform zu beginnen. Das würde sicherlich die Emotionen hochkochen lassen. Ich möchte mich mit einigen Sätzen begnügen.
Sie wissen vielleicht, daß die Weizsäcker-Kommission beklagt hat, die alte Bundesregierung habe – um noch einmal auf die vergangenen Epochen einzugehen – die Bundeswehr viel zu häufig als Instrument von Struktur- und Regionalpolitik betrachtet. Die Kommission hatte eine Halbierung der Bundeswehrstandorte und -einrichtungen vorgeschlagen. Jetzt wird eine Reduzierung der Standorte um ungefähr 10 Prozent umgesetzt. Soviel zu dem, was Frau Cords vorhin zu Recht als den nicht vorhandenen Weltuntergang bezeichnet hat. Diese Reduzierung kann und sollte die Bundesrepublik verkraften, da sich die sicherheitspolitischen Strategien verändert haben. Das ist nicht unbedingt ein Thema für ein Länderparlament.
Zu dem Vorwurf, niemand wüßte, warum was entschieden wurde, folgende Erklärung: Es hat einen Katalog von 49 Kriterien gegeben, der in fünf Kategorien aufgeteilt war. Danach wurde entschieden, welche Standorte zu schließen sind und welche bestehenbleiben. Jeder Standort, auch die Kommunen, waren in der Lage, aufgrund dieses Kriterienkatalogs nachzuvollziehen, warum es gerade den einen oder anderen Standort getroffen hat.
Ich habe inhaltlich nicht viel zu dem zu ergänzen, was meine Vorrednerin schon ausformuliert hat, möchte aber noch ein paar Aspekte hinzufügen.
Die Tatsache, daß 70 Prozent der Soldaten in Fischbek Wehrpflichtige waren, hat natürlich Auswirkungen auf die zukünftigen Generationen der Wehrpflichtigen. Sie können die Wehrpflicht nicht mehr so nah an ihrem Wohnort ableisten. Vielleicht ändert sich aber strukturell sowieso das eine oder andere. Eventuell kommt es zur Abschaffung der Wehrpflicht oder zu einer starken Reduzierung der Zahl der Soldaten. Dies sind bundespolitisches Entscheidungen, die nachvollziehbar sind und durch die rotgrüne Regierung transparent gehalten werden. Man muß nur nachfragen und sich darum kümmern.
Die jetzt gefundene Lösung ist sozialverträglich, sie ist für die Stadt verträglich. Wir werden sehen, was sich dort realisieren läßt, beispielsweise ein Wohngebiet oder eine Mischung aus Wohnen und Gewerbe. Auf jeden Fall wird es eine Bereicherung für die Region sein. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Lenz, meine Damen und Herren!
Wenn man das Vergnügen hat, an dieser Stelle eine kleine Rede zum Antrag des Senats auf Verleihung der Ehrenbürgerschaft an Sie, Herr Lenz, halten zu dürfen, darf man zu Anfang auch gerne aus dem vielen schon Gesagten etwas herausfischen. Ich beginne deshalb mit einem Zitat aus der „Berliner Zeitung“ vom 28. August 1999 anläßlich der Verleihung des Goethepreises an Sie:
„Als viele Leute noch Hans hießen, ruhte in Westdeutschland der Buchmarkt auf drei Säulen. Im Sommer, kurz vor der Ferienzeit, gingen die Lehrer, Apotheker und Amtsrichter zum Buchhändler und fragten nach dem ,neuen Grass‘, dem ,neuen Böll‘ oder dem ,neuen Lenz‘. Hatten alle drei kein neues Buch geschrieben, dann mußte am Strand eben Karten gespielt werden.“
Ich kann nur sagen: Genauso war es. Ich bin allerdings nicht selbst zum Buchhändler gegangen, sondern durfte mir aus dem elterlichen Katalog des Bücherbundes einmal im Quartal ein Buch bestellen. Und das war in den Siebzigern dann oft „ein Lenz“.
Ich wollte mich aber selber überprüfen, auch eine angemessene Rede halten, und wo sucht man heute nach dem wahren Wissen der Welt? Nach Eingabe Ihres Namens, sehr geehrter Herr Lenz, bekam ich innerhalb von 0,08 Sekunden durch eine Suchmaschine 8160 Fundstellen im Internet genannt.
Wie bringt man eigentlich eine solche Fülle von Informationen, über deren Qualität man sicherlich lange streiten kann, im eigenen Kopf zusammen und dann noch in einer kurzen Rede unter? Ich habe es gar nicht wirklich versucht, aber ich leiste mir eine kleine Analyse, und in Wirklichkeit kristallisiert sich dann doch die Beschreibung Ihres jahrzehntelangen Wirkens heraus.
Es finden sich literaturtheoretische Analysen, viele wissenschaftliche Abhandlungen, manchmal auch wenig Wissenschaftliches, aber sehr Schönes, zum Beispiel ein Artikel über eine Veranstaltung des Deutschen Anglerbundes, bei der Sie die Laudatio auf den zum Jahrhundertfisch gekürten Karpfen gehalten haben.
Ich habe gedacht, das ist eine Namensverwechslung
aber Ihre Reaktion zeigt mir, daß das stimmt.
Eine Pressemitteilung des Goethe-Institutes in Oslo zählt Sie zu den meist übersetzten deutsprachigen Dichtern in Norwegen. Auffällig, aber nicht unerwartet, wenn man Ihren Lebenslauf kennt, ist sowieso die Vielfalt der skandinavischen und auch osteuropäischen Rezensionen und Artikel über Sie im Internet.
Die Mehrzahl der Texte ist sehr differenziert, manchmal kritisch, oft aber fast liebevoll geschrieben. Immer wieder findet sich die Beschreibung, daß Sie sich mit der Sprache und den Bildern Ihrer Bücher in eine längst vergangene Zeit bewegen. Ich habe sogar einen Kritiker gefunden, der sich getraut hat zu sagen, in bezug auf Ihren Roman „Die Auflehnung“, es sei ein altmodisches Buch. Aber es wäre unendlich vermessen, das, was Sie uns zu sagen haben, den Inhalt Ihrer Bücher, als altmodisch zu bezeichnen. In einer Zeit, in der die schnellebige, möglichst drastische Information zählt, brauchen wir Ihre Romane über menschliche Menschen. Bei Hoffmann und Campe werden Sie zitiert mit dem folgenden Satz:
„Ich bin einverstanden damit, wenn die Erfahrungen, die ich gemacht habe und kenntlich machen möchte, eines Tages nicht mehr das Interesse finden, das sie für mich gehabt haben.“
Ich glaube, dieses Einverständnis muß von Ihnen noch lange nicht eingelöst werden.
Die interessantesten Seiten des elektronischen Kommunikationsmittels waren für mich dann auch die Chats unter dem Titel „Hausaufgaben“ oder „Referat“ oder „Leistungskurs Deutsch“ oder eben immer wieder einfach nur „Deutschstunde“. Es geht hierbei im übrigen nicht um das Abschreiben oder Kopieren oder Austauschen von fertigen Texten, sondern es geht oft um Diskussionen. Hier stellt man dann schnell fest, daß vielleicht gerade durch Ihre Sprache, die den Schülerinnen und Schülern von heute manchmal fremd ist, weil sie in den Ohren der Jugendlichen umständlich klingt, die Botschaften verstanden werden.
Unsere Kinder können durch das Lernen der historischen Fakten über die Unmenschlichkeit und die Verbrechen der Nazizeit niemals die Zweifel, die Wut und auch die Schuldgefühle meiner Generation verstehen, wenn wir ihnen nicht auch die ganz einfache menschliche Katastrophe der Nazizeit vermitteln können. Sie, Herr Lenz, vermögen dieses mit ihren Büchern zu leisten.
Für mich selber, als eine, die ein wenig zu jung für die 68er Generation ist, wütend aber gegenüber den revanchistischen Tönen der damaligen Großelterngeneration und im ewigen Streit um die Auseinandersetzung mit der Beteiligung und Schuld der Elterngeneration an den unbegreifbaren Greueln der Nazizeit, waren Sie die klarste öffentliche Stimme. Das damals noch recht neue Medium Fernsehen – für mich zumindest – hat mit der Ausstrahlung der Verfilmung Ihrer „Deutschstunde“ 1970 neue Türen für Gespräche geöffnet. Es gab immer noch keine Entschuldigung für das Wegsehen und einfach Mitlaufen, aber wir konnten, vermittelt durch die Sprache und die Bilder, die Widersprüche verstehen. Und wir konnten auch ein wenig aufatmen in einer Zeit, als doch noch viel Blindheit gegenüber der Vergangenheitsbewältigung herrschte.
Die Dreizehnjährigen von heute kommen durch Siggi und Jens Jepsen in den Dialog mit den Großeltern. Politische Auseinandersetzung schützt vor politischer Dummheit,
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