Protokoll der Sitzung vom 12.05.2004

Erstens: Die demographische Entwicklung über 20 Jahre ist bislang nur eine Prognose und kein endgültiges Schicksal.

Zweitens: Wir haben Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten und wir arbeiten daran.

Ich stelle fest: Die demographische Entwicklung allein ist kein Grund zur Verzweiflung. Mit flexiblen, intelligenten Lösungen lassen sich viele Herausforderungen durchaus meistern. Die skandinavischen Länder machen vor, wie Regionen, die sogar noch wesentlich dünner besiedelt sind als die Uckermark oder die Prignitz, mit kreativen Lösungen gut leben können. Außerdem stehen wir mit unseren demographischen Problemen in

Europa keineswegs allein. Spanien und Italien zum Beispiel sehen sich zum Teil noch ungünstigeren Entwicklungsperspektiven gegenüber. In Spanien will man diesem Problem mit kreativen Lösungen bei Qualifizierung und Arbeitszeitgestaltung entgegentreten. Wenn erforderlich, sollen längere Lebensarbeitszeiten möglich sein. Lebenslanges Lernen soll hohe Qualifikation sichern helfen.

Es gibt einen breiten Fundus an Konzepten, die wir in Brandenburg und in Deutschland allgemein aufgreifen können. Wir werden manchmal umdenken und auch einmal ungewöhnliche Wege beschreiten müssen. Aber ich bin sicher, wir werden das meistern. Bei einer Arbeitslosigkeit in Brandenburg von rund 20 %, rückläufigen Steuereinnahmen und einer Stagnation der Wirtschaft besteht derzeit kein Grund zu übertriebenem Optimismus. Das hat aber zunächst einmal nichts mit der demographischen Entwicklung zu tun, diese Probleme bestehen heute, hier und jetzt. Sie müssen von uns heute, hier und jetzt entschieden beantwortet werden.

Natürlich bekommen wir in Zukunft ein Problem, falls zum Beispiel in Eisenhüttenstadt oder Schwedt die qualifizierten Arbeitskräfte fehlen. Was können wir tun? Zunächst einmal unsere eigenen Reserven ausschöpfen. Die vorhandenen arbeitslosen Menschen können zu einem guten Teil für zukunftsfähige Arbeitsplätze qualifiziert werden. Wir wollen und werden diese Menschen nicht abschreiben. Darüber hinaus gibt es keinen Mangel an Arbeitskräften in solchen Regionen, die rechtzeitig beweisen, dass sie attraktive Wirtschaftsstandorte sind.

In einem großen Europa gehen die Menschen dorthin, wo sich etwas bewegt und wo die Lebens- und Arbeitsbedingungen gut sind. Wenn in München nur Menschen aus Bayern arbeiten und leben würden, wäre die dortige Wirtschaftskraft absolut undenkbar. Wir brauchen eine Stimmung in diesem Land, die den hier lebenden Menschen und denen, die vielleicht kommen sollen, das Gefühl gibt, dass hier etwas bewegt wird.

(Beifall bei der CDU)

Mir ist es übrigens dabei völlig egal, ob diese Menschen ursprünglich aus Polen, Tschechien, Sachsen, Bayern oder aus der Prignitz kommen. Wer an der Entwicklung dieses Landes und an der Zukunft arbeiten will, der ist hier herzlich willkommen.

Was haben wir aber bereits getan? Ich bin stolz darauf, sagen zu können, dass im Hause des Arbeits- und Sozialministers Baaske sehr strategisch eine Qualifizierungsmaßnahme auf entwicklungsfähige Branchen und Berufsbilder erfolgt ist. Dazu gehören ganz wesentlich die INNOPUNKT-Kampagne mit einer echten Qualifizierung nach Maß und die besondere Qualifizierung von Frauen in Berufen der Informationstechnologie. Besonders wichtig sind aber auch die Qualifizierung in bestehenden kleinen und mittleren Unternehmen sowie die Beratung von Existenzgründern. Dort ansetzen, wo sich etwas entwickelt und dies dann verstetigen - so geht es.

Der Arbeitsminister kann jedoch die Schwerpunktsetzung und maßgerechte Ausrichtung der Qualifizierung nur verbessern und intensivieren, wenn an der Basis, also in der Wirtschaftspolitik, die notwendigen innovativen Signale gesetzt werden. Auf diese Signale warten wir händeringend. Es kann doch

nicht unser Standortvorteil der Zukunft sein, als Billiglohnland vermarktet zu werden. Unser Vorteil kann nur in der Herausstellung und gezielten Entwicklung unserer Stärken liegen. Und bei Luftfahrtindustrie, Tourismus, Biotechnologie, Chemie und Medien sind wir doch wahrlich nicht schlecht. Hier müssen wir uns nicht verstecken. Wir wollen dorthin zurück, wo Brandenburg schon einmal war: an die Spitze der neuen Bundesländer. Brandenburg ist in den letzten Jahren nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung beim wirtschaftlichen Erfolg auf den vorletzten Platz aller Bundesländer zurückgefallen. „Damit ist“ - Zitat - „Brandenburg innerhalb von drei Jahren vom wachstumsstärksten zum wachstumsschwächsten Bundesland geworden.“ Das ist für das Image des Landes eine Katastrophe.

(Beifall bei SPD und CDU - Vietze [PDS]: Nicht nur Ei- gentore!)

Meine Damen und Herren, ich habe gesagt, dass uns die demographische Entwicklung vor Herausforderungen stellt, die aber gemeistert werden können. Ich habe ausgeführt, dass wir unabhängig von der demographischen Entwicklung an unseren Stärken arbeiten müssen. Ich bin davon überzeugt, dass für dieses Land eine wirtschaftliche, finanzielle und soziale Perspektive entwickelt werden kann. Der vorliegende Bericht liefert dafür durchaus erste Ansätze und geht über bisherige konven

tionelle Muster hinaus. Allerdings brauchen wir auch in der Politik ein neues Denken, das auf Lösungen gerichtet ist und diese dann auch konsequent umsetzt. Destruktive Verhinderungspolitik allein ist Krampf. Im Fußball kennen wir diese Spielart als mauern. Das ist nichts für uns. Wir wollen Tore schießen. Und deshalb lasst uns die Sache angehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Klein. - Meine Damen und Herren, ich kann die Aussprache zum Bericht der Landesregierung, Drucksache 3/7088, schließen und gleichzeitig feststellen, dass Sie den Bericht zur Kenntnis genommen haben.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 17. Ehe ich die Landtagssitzung schließe, möchte ich Sie daran erinnern, dass Ihnen eine Einladung vom Verband der Freien Berufe zu einem Parlamentarischen Abend vorliegt. Sie sind also herzlich in die Kantine des Landtages eingeladen.

Ich schließe die 95. Sitzung des Landtages Brandenburg und wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.

Ende der Sitzung: 18.40 Uhr