Zum Abschluss noch ein Wort zu „Klasse:Musik“: Zu diesem erfolgreichen und bundesweit sehr bewunderten Programm, das derzeit zehnjähriges Jubiläum feiert, will ich mich gar nicht weiter auslassen. Ich denke, wir kennen es alle und sind große Befürworter. Nachdem im letzten Jahr große Anstrengungen unternommen wurden, die lange Warteliste abzubauen, stehen wir heute vor dem Problem, dass die am Programm beteiligten Musikschullehrer deutlich schlechter bezahlt werden als die Musiklehrer, mit denen sie den Unterricht gemeinsam gestalten. Mit unserer Erhöhung der Zuschüsse an die freien Träger um 180 000 Euro machen wir einen wichtigen Schritt in Richtung einer angemessenen Entlohnung. Mit diesem positiven und hoffnungsfroh stimmenden Punkt ende ich heute.
Vielen Dank an alle Kulturschaffenden im Land Brandenburg für das tolle Engagement. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Kultur ist systemrelevant! - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Wir fahren mit dem Redebeitrag der Fraktion BVB / FREIE WÄHLER fort. Für sie spricht Herr Abgeordneter Stefke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer an den Bildschirmen! Der Einzelplan 06 gehört zu den Einzelplänen mit sehr großem Haushaltsvolumen und enthält unbestritten viele wichtige Zukunftsprojekte. Die Haushaltsberatungen waren geprägt vom konstruktiven Diskurs mit der Ministerin, aber auch vom ablehnenden Verhalten gegenüber allen Vorschlägen, die nicht aus
den Reihen der Koalitionsfraktionen kamen - so auch denen unserer Fraktion; wir hatten das heute ja schon mehrfach.
Wir als Fraktion BVB / FREIE WÄHLER haben einige wichtige Änderungsanträge eingebracht, die aufgrund der Ablehnung infolge des absehbaren Mehrheitsbeschlusses zum Einzelplan 06 keine Rolle spielen sollen. Wir halten dies für äußerst unklug. Nehmen wir beispielsweise unseren Antrag zur Förderung der Medizinischen Hochschule Brandenburg: Alle Landtagsfraktionen haben vom Landrat und dem Kreistagsvorsitzenden aus Ostprignitz-Ruppin ein Schreiben mit der dringenden Bitte erhalten, der MHB mehr Geld, unter anderem für Forschungsaktivitäten, in den Haushalt einzustellen. Gerade in der Coronapandemie wird deutlich, wie wichtig es ist, Medizinerinnen und Mediziner auszubilden, die dann in brandenburgischen Kliniken unterstützen können oder die Versorgung auf dem Land sicherstellen bzw. verbessern.
Anderes Thema: Die Tatsache, dass sich die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen von der höchstrichterlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unbeeindruckt zeigen und Heerscharen von Studierenden oder ehemaligen Studierenden auf den Klageweg treiben, ist Ausdruck einer unvorstellbaren Ignoranz. Der Satz von Herrn Raschke im Rahmen der Debatte um den Einzelplan 04, also für das Justizressort, „Mehr Rechtsstaat war nie!“ stößt mir in diesem Punkt besonders bitter auf - was für ein Signal an unsere jungen Menschen, wenn eine Regierung versucht, ein höchstrichterliches Urteil über juristische Winkelzüge auszusitzen, seien sie auch noch so zulässig!
Den Koalitionären von SPD, CDU und den Grünen sei gesagt: Man muss den Rechtsweg nicht ausschöpfen. Man kann verfahrene politische Situationen auch durch politische Entscheidungen entschärfen oder lösen. Wir haben mit unserem Antrag „Gerechtigkeit für Studierende - Verfassungswidrig erhobene Rückmeldegebühren endlich zurückerstatten!“ zur Landtagssitzung im August dieses Jahres einen Lösungsvorschlag unterbreitet. Wie so viele wurde auch er mehrheitlich abgelehnt. Jetzt stehen den Universitäten und Hochschulen Massenklagen ins Haus, die ihnen im Erfolgsfall - rein finanziell betrachtet - durch Mark und Bein gehen werden.
Dass dafür im vorliegenden Haushaltsentwurf keine Vorsorge getroffen werden soll, ist äußerst unklug. Kommen Sie nun bitte nicht mit dem Argument, man könne ja nicht für einen Sachverhalt Millionensummen in den Haushalt einstellen, wenn man nicht wisse, ob er überhaupt eintritt. Was machen Sie denn anderes in Bezug auf die Neuverschuldung wegen der Coronapandemie? Da geht es um ganz andere Summen, und da wissen Sie heute auch noch nicht, wie viel Sie davon tatsächlich wofür benötigen. Wir bewegen uns da - das haben wir heute früh auch von Herrn Stohn gehört - im Bereich von mehreren Hundert Millionen Euro. Und sollten alle Klagen im Sande verlaufen, was den Betroffenen nicht zu wünschen ist, haben Sie eben weitere 5 Millionen Euro, die Sie sicher für bislang unterfinanzierte oder gar nicht finanzierte, aber dringend notwendige Vorhaben verwenden können.
Ebenso wichtig ist die Aufstiegsfortbildung, die durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen mit einem erheblichen Mehraufwand Eingang in den Haushalt gefunden hat. Ist es aber wirklich richtig, dafür Ausgaben gemäß dem Strukturstärkungsgesetz und für die Zusatzversorgung zu kürzen? Wir finden nicht! Vielmehr halten wir es für geboten, dass die Landesregierung
dafür ihre pauschalen Ausgaben, die sie im Haushalt ohne nähere Angaben von Gründen oder Bedarfen veranschlagt, verwendet.
Es gäbe noch einiges mehr, auch zum Haushaltsentwurf dieses Einzelplans, zu sagen. Ich möchte aber noch Redezeit für meine Fraktionskolleginnen und -kollegen übrig lassen. Eines noch: Auch wenn wir uns mit unseren Änderungsanträgen nicht durchsetzen konnten, danke ich der Ministerin, Frau Schüle, für ihren fairen Umgang mit der Opposition - jedenfalls mit uns, in diesem Fall mit mir. Fragen wurden sachkundig von ihr beantwortet, und wenn sie es einmal nicht aus dem Stegreif konnte, wurden die gewünschten Informationen schnell nachgeliefert. Das muss in so einer Debatte auch einmal gesagt werden - bei allen inhaltlichen Differenzen, die wir sonst haben.
Es wird Sie nicht wundern, dass wir dem Einzelplan 06 unter anderem aus den soeben genannten Gründen nicht zustimmen werden. - Trotzdem danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit dem Redebeitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Für sie spricht Frau Abgeordnete Damus.
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Während sich die Wissenschaft noch einigermaßen mit Corona arrangieren konnte, hat es die Kultur besonders hart getroffen. Sie befand sich mit kurzer Unterbrechung quasi im Dauer-Lockdown. Die Hochschulen mussten auf den Präsenzbetrieb verzichten, haben aber einen großen Schritt in der Digitalisierung getan. Die soziale Situation vieler Studierender, die den Job verloren haben oder denen der Studienabbruch droht, bleibt prekär.
Diese Entwicklungen spiegeln sich im Haushalt wider: 2020 konnten wir gut auf die Coronakrise reagieren. Die Landesregierung hat immer wieder schnell Mittel bereitgestellt, zum Beispiel für die IT-Ausstattung der Hochschulen, Rettungsschirme für die Studierendenwerke, die Corona-Kulturhilfen und Mikrokredite für Künstlerinnen und Künstler. Vielen Dank, Ministerin Schüle und Ministerin Lange - sie ist gerade nicht da -, für diese Hilfe! Einige der Instrumente werden wir auch 2021 brauchen. Wir hoffen aber auch, bald in einen normalen Wissenschafts- und Kulturbetrieb zurückkehren zu können.
Wir reden hier im Landtag nicht so häufig über Wissenschaft wie über andere Themen. Im Landeshaushalt bildet sich ihre Bedeutung aber durchaus ab. Es ist richtig, bei der Grundfinanzierung der Hochschulen nicht zu sparen, sondern sie konsequent auszubauen und damit Wort zu halten und umzusetzen, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Zusätzlich unterstützen wir die BTU, um ihre strukturelle Lage zu verbessern.
Innerhalb des Gesamtetats von rund einer Milliarde Euro für den Einzelplan 06 - wir haben es gehört - sehen wir Zusätze vor allem im Bereich Forschung sowie bei den Hochschulen. Der jährliche Aufwuchs für Forschungsinstitute von etwa 3 % entspricht den bundesweiten Standards. Die aktuellen Herausforderun- gen - die Pandemie, die Klimakrise, der erstarkende Rechtspo-
pulismus und Rechtsextremismus - verlangen nach einer gut ausgestatteten, unabhängigen Wissenschaft. Wir brauchen Forschung für nachhaltige Landwirtschaft, die Begleitung des Strukturwandels und den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie Weiterentwicklungen des Gesundheitswesens.
Der Gesundheitscampus wird durch weitere 6,6 Millionen Euro für die Medizinische Hochschule Brandenburg - zur Absicherung ihrer Akkreditierung - gefördert. An der BTU soll ein Medizinstudium mithilfe der Strukturwandelmittel des Bundes aufgebaut werden. Wir warten nun auf die Empfehlungen der Expertenkommission zur Medizinausbildung, und dann müssen wir uns dringend darüber verständigen, was wir als Land stemmen können. Denn schon ein Standort für die Hochschulmedizin ist eine riesige finanzielle Herausforderung. Viele wünschen sich sogar zwei Standorte. Können wir das dauerhaft finanziell stemmen? Das müssen wir ehrlich besprechen.
Um auf den Änderungsantrag der Linken sowie der Freien Wähler zur Rückzahlung der unrechtmäßig erhobenen Rückmeldegebühren zu sprechen zu kommen: Ja, leider sind dafür keine Rückstellungen etatisiert. Ich denke, unsere Auffassung als Grüne ist im Plenum im Sommer deutlich geworden. Wir waren schon 2017 für eine unbürokratische Rückzahlung an alle Betroffenen. Das war leider nicht durchsetzbar. Nun gibt es die prognostizierten Massenklagen.
Aber wie ich im Ausschuss schon sagte, gehe ich natürlich davon aus, dass die Mittel fließen müssen, wenn die Klagen erfolgreich sind. Das Land muss dann, wie mit den Hochschulen verabredet, dafür einstehen.
Nun zum Kulturhaushalt: Unter den Gesamtausgaben von knapp 135 Millionen Euro sind Mittel für ein Vorhaben, über das ich mich ganz besonders freue: Das Lichtspieltheater der Jugend in Frankfurt (Oder) soll saniert und zum neuen Standort des Brandenburgischen Landesmuseums für moderne Kunst umgebaut werden. Die Ministerin hat treffend gesagt: Das wird die größte Investition im Kulturbereich im Land Brandenburg überhaupt. - Das Alte Kino, seit über 20 Jahren verfallen, ist ein Sehnsuchtsort für viele. Viele haben auch dazu beigetragen, dass es in die öffentliche Hand zurückkehrt und belebt wird: Bürgerinitiativen, die Kommunalpolitik, die Kulturministerin, die Abgeordneten verschiedener Parteien im Land und im Bund. Vielen, vielen Dank an alle!
Zu den 10 Millionen Euro Landesmitteln kommen nun noch 11,5 Millionen Euro Bundesmittel hinzu. Wir machen jetzt tatsächlich Nägel mit Köpfen! Der Einzige, der sich nicht darüber freut, ist mein Frankfurter Landtagskollege Wilko Möller - tja.
Ich hoffe, dass das der Auftakt zu weiteren Lichtblicken ist. Wir brauchen mehr davon, gerade im Osten, im Norden, in der Lausitz, außerhalb von Potsdam und dem Berliner Umland. Gerade war wieder zu lesen: Brandenburg wächst, während Berlin inzwischen schrumpft. - Diese Bewegung ins Land müssen wir fördern, damit sich durch die Menschen, die zuziehen, auch die Regionen stärken, natürlich durch Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Gesundheit, aber eben auch durch Investitionen in Kultur und Wissenschaft. So werden aus dem Zukunftsinvestitionsfonds noch weitere Investitionen umgesetzt, zum Beispiel in den Park und das Schloss Branitz, aber auch in die dringend benötigten Studierendenwohnheime in Potsdam und die Sanierung anderer Standorte.
Wir haben uns auch entschlossen, die Bundesmittel für national wertvolle Kulturdenkmäler nicht weiter brachliegen zu lassen, weil es an Kofinanzierung fehlt. Als Koalitionsfraktionen haben wir diese um 300 000 Euro erhöht, sodass das Kulturhaus Rüdersdorf hoffentlich bald ein neues Dach bekommt - übrigens wie das Alte Kino ein Zeugnis der Ostmoderne in Brandenburg, eines, das der Bund als national bedeutsam eingestuft hat.
Aber nicht nur national Bedeutendes ist uns wichtig, sondern wir stocken auch die einst von uns Grünen erstrittene Denkmalhilfe um 370 000 Euro auf. Damit werden Denkmale überall im Land - in Dörfern und kleinen Städten - gefördert, um die sich viele Einzelpersonen oder Initiativen kümmern.
In der Denkmalpflege wollen wir stärker aktuelle Fragen bearbeiten. Wenn jetzt in der Lausitz viel in Bewegung kommt, ist natürlich Unterstützung in der denkmalpflegerischen Begleitung des Strukturwandels gefragt. Wir wollen eine Inventarisierung von Denkmalen der neuen Zeitgeschichte, der DDR-Zeit, der Ostmoderne. Dies haben wir als Koalitionsfraktionen durch eine Aufstockung ermöglicht.
Zur Erhöhung der Honorare für „Klasse:Musik“ wurde hier schon einiges gesagt. Ich bin sehr froh, dass wir das trotz der schwierigen Haushaltslage hinbekommen haben.
Zum Schluss muss ich uns allen aber ins Gewissen reden: Ich habe jetzt all die positiven Dinge im Haushalt hervorgehoben. Wir müssen uns aber vor Augen halten, worauf es jetzt akut ankommt. Wir müssen dafür kämpfen, dass alle Kulturbereiche überleben, besonders die freie Szene, die kleinen Theater und Klubs, die Soziokultur, die Festivals, die Kinos, die in ihrer Existenz gefährdet sind. Sie brauchen die Solidarität vom Bund, von den Kommunen, aber natürlich auch von uns als Land. Ich wünsche mir, dass wir da 2021 zusammen mehr hinbekommen und dass es schneller geht, denn die Zeit drängt. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Wir setzen mit dem Redebeitrag der Landesregierung fort. Für sie spricht Frau Ministerin Dr. Schüle.
Einen wunderschönen Nachmittag! - Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es gehört ja nunmehr schon zur parlamentarischen Routine, dass in Haushaltsdebatten sehr viel gelobt wird. Normalerweise loben sich die Minister für ihre eigenen Etats. Ja, Sie sehen mich strahlend; ich bin wirklich froh. Die Opposition lobt sich für ihre Ideen und manchmal lobt sie auch ein bisschen das Ministerium, wenn sie sagt: Es ist ein Zukunftsministerium. - Danke, liebe Frau Vandre, danke, lieber Herr Stefke. Die Koalitionsfraktionen loben sich für ihre Änderungsanträge, und wenn sie nett sind, loben sie auch die Ministerin. Das haben alle drei getan - ganz herzlichen Dank dafür!
Ich aber möchte zu Beginn meiner Rede uns alle loben, denn der überwiegende Teil der hier vertretenen Fraktionen hat sich eindeutig für die Bedeutung von Wissenschaft, Forschung und Kultur ausgesprochen, hat sich hier eindeutig für die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Kultur ausgesprochen. Ich finde,
das ist kein schlechter Schnitt, in einer Zeit, in der Wissenschaftsfeindlichkeit global um sich greift. Ich finde, das ist kein schlechter Schnitt in einer Zeit, in der Kunst und Kultur unter Druck geraten sind. Ich finde, das ist kein schlechter Schnitt in einer Zeit, in der Corona- und Klimaleugner in der Ablehnung wissenschaftlicher Erkenntnisse einander die wohlig warmen Hände reichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, erstmals in der Geschichte dieses Ressorts ist die Grenze von 1 Milliarde Euro überschritten. Ich finde, eine Haushaltsdebatte ist auch Anlass, einmal dahinterzugucken, was so eine Zahl eigentlich bedeutet, und sich auch die Werte anzugucken, die die Zahlen skizzieren. Wofür und für wen eigentlich wollen wir Wissenschaft und Forschung und Kultur stärken? Die Antwort ist recht banal: Ohne Wissenschaft und Forschung können wir weder Corona bekämpfen noch den Klimawandel verhindern. Ohne Wissenschaft ist der Arbeitsmarkt von morgen nicht denkbar. Ohne moderne Wirtschaftstheorien ist effektive Konjunkturpolitik nach einer Pandemie überhaupt nicht denkbar. Ohne soziologische Perspektiven keine Antwort auf gesellschaftliche Fragen, ohne Informatik keine digitale Lehre. Ohne Kunst wird es arm, wird es einsam und wird es still.
Seien Sie ehrlich: Jeder von Ihnen, der in diesem Hohen Hause sitzt, auch wenn er nicht Mitglied des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur ist, arbeitet auf der Grundlage von statistischen Daten und Fakten, auf der Grundlage von Szenarien, auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen, auf der Grundlage von Begutachtung und wissenschaftlicher Beratung - und das wohl wissend, dass es nicht die eine Wissenschaft gibt, wohl wissend, dass es nicht die eine Wahrheit gibt, aber mit dem einen Ziel, das Leben der Menschen besser zu machen. Das ist unsere Aufgabe.
Wissenschaft und Forschung standen schon lange nicht mehr so im Fokus der Öffentlichkeit. Wahrscheinlich standen Wissenschaft und Forschung noch nie so im Fokus der Öffentlichkeit. Manchmal verleitet mich das zu der Einschätzung, dass wir nicht mehr ein Volk von 80 Millionen Fußballnationaltrainern, sondern von 80 Millionen Virologen sind. Ich habe als Wissenschafts- und Bildungspolitikerin viele, viele Jahre dafür gekämpft, dass Wissenschaft, Forschung, Bildung und Kunst in den Fokus der Öffentlichkeit gelangen, denn es liegt im Wesen einer Demokratie, dass nur dann erforderliche Mittel für Wissenschaft, Forschung und Kultur bereitgestellt werden, wenn es einen öffentlichen Druck gibt. Und ganz ehrlich: 5 Millionen Euro jährlich mehr für die Hochschulen, 17 Millionen Euro mehr für die außeruniversitären Einrichtungen, 62 Millionen Euro aus dem Zukunftsinvestitionsfonds für die außeruniversitären Einrichtungen, 5 Millionen Euro jährlich für die MHB bis 2024, Universitätsmedizin und das Studentische Wohnen - das kann sich doch sehen lassen!
Sehr geehrte Damen und Herren, die Sphären von Wissenschaft und Politik müssen dennoch sorgsam getrennt sein, auch in Zeiten großer Krisen. Der Wissenschaft geht es um die Erkenntnis, der Politik um das Gemeinwohl. Fakten sind nicht verhandelbar, aber die Rahmenbedingungen für das Gemeinwohl müssen ausgehandelt werden, und das beruht im Übrigen immer auf einem Kompromiss - nicht aus Versehen, sondern per definitionem.
Am ersten Tag der harten Lockdowns müssen wir dringend auch über Kunst und Kultur reden. Corona ist zur Erschütterung für die Menschen, die für die Kultur und von der Kultur leben, geworden. Genau wie in Wissenschaft und Forschung stehen in Kunst und Kultur die elementaren Überlebenskriterien in einer sich global
und digital verändernden Welt im Mittelpunkt, für Bildung und Innovation, für Kreativität und Flexibilität, für Experimentier- und Risikofreude. Genauso wie bei der Wissenschaft steht der Mensch im Mittelpunkt, nicht der Zweck. Kunst ist nicht der Tourismusmotor, Kunst ist nicht das Schmiermittel, Kunst ist nicht der soziale Kitt, Kunst ist nicht der Nachhaltigkeitsmotor, und Kunst ist auch nicht der Beschäftigungsmotor. Was soll Kunst denn eigentlich noch alles tun? Kunst stellt den Menschen in den Mittelpunkt, und damit hat Kunst, finde ich, schon genug zu tun.
Auch deswegen kümmere ich mich gerne um Kunst, nicht um der Kunst willen, nicht um ihrer selbst willen, sondern um unseretwillen. Kunst ist unser Raum, in dem wir - die Künstlerinnen und Künstler und wir als Gesellschaft - einander begegnen können.
In einer unlängst veröffentlichen Studie gaben 10 % der Menschen an, dass sie selbst Kunst konsumieren. Die anderen 90 % haben aber gesagt: Wir erachten Kunst und Kultur für so relevant, dass wir vom Staat erwarten, dass er Geld dafür zur Verfügung stellt. - Das ist ein großer Vertrauensbeweis und gleichermaßen eine Aufforderung. Wir brauchen die Kunst, um zu sein.
Die Einsamkeit ist der größte Feind eines Staatsbürgers, und wenn wir uns darüber einig sind, dass wir die Kunst brauchen, dass wir die Räume brauchen, um uns zu begegnen, um uns berühren zu lassen, provozieren zu lassen, um uns auszutauschen, um zu diskutieren, um zusammenzukommen, brauchen wir das Geld für künstlerische Infrastruktur, aber auch für die Künstlerinnen und Künstler. Wenn wir uns darüber im Klaren sind, dass wir Geld brauchen, um neue Formate auszuprobieren, um Menschen begeistern und berühren zu können, dann sind wir einen Schritt weiter. Wenn wir uns darüber im Klaren sind, dass wir Geld brauchen, um Kunst im ländlichen Raum anzubieten, dann haben wir eine Menge dazugelernt. Wenn wir uns darüber im Klaren sind, dass wir Denkmäler brauchen und sie auch finanzieren müssen, dann sind wir wieder einen Schritt weiter. All das bildet der Haushalt, den wir gemeinsam entwickelt haben und heute gemeinsam lesen, ab.
Aber er bildet noch etwas ab. Denn wir brauchen Geld für Räume. Es gibt - Frau Damus hat darauf hingewiesen - das Lichtspieltheater in Frankfurt (Oder), meiner Geburtsstadt, der Stadt, in der ich 20 Jahre aufgewachsen bin, der Stadt, die seit 20 Jahren darunter leidet, dass sie eine offene Wunde in ihrem Stadtbild hat, die wir jetzt gemeinsam schließen können; eine Stadt, wo viele Generationen erstmals mit Kunst und Kultur in Berührung gekommen sind, weil sie dort ihren ersten Film gesehen, ihr erstes Musikerlebnis hatten, weil sie dort zum ersten Mal anderen Menschen begegnet sind oder sogar einmal heimlich geknutscht haben. Aber auf jeden Fall wird diese Wunde geschlossen, wir werden dieses Haus zu dem größten Haus in der Bundesrepublik für DDR-Kunst und -kultur machen.
Und weil so ein Erfolg immer viele Väter und Mütter hat, möchte ich hier, am Ende der Rede, über die Parteigrenzen hinweg loben. Wir haben als Land 11,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und vom Bund noch einmal den gleichen Betrag zur Verfügung gestellt bekommen. So etwas fällt nicht vom Himmel, sondern es waren viele Tage, an denen wir in Berlin waren, uns mit den Kollegen verständigt, an denen wir vorgetragen und geworben haben, und es war am Ende erfolgreich. Es waren vor allen Dingen Katja Poschmann, Ludwig Scheetz, Michael Schierack, Ulrich Freese, Stefan Zierke, Martin Patzelt, Sebastian Steineke und René Wilke, die zu dem Erfolg beigetragen haben. Dafür sage ich auch von hier aus: Herzlichen Dank!
Was wir perspektivisch brauchen, ist die gesellschaftliche Verständigung darüber, dass Kunst nicht ein „nice to have“ ist, sondern ein „must have“ oder - wenn es nach mir ginge - ein „proud to have“. Was ich für heute sagen kann, ist, dass der Etat für Kunst und Kultur ein gesicherter Etat ist und vor allen Dingen ihre Zukunft sichert, und die Zukunft beginnt jetzt, und sie wird, da kann ich dem Abgeordneten Scheetz nur folgen, in Brandenburg gemacht. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich schließe damit die Aussprache. Bevor ich zur Abstimmung komme, möchte ich einen Hinweis geben. Die Präsidentin hatte heute Morgen bereits darauf hingewiesen, dass politische Meinungsäußerungen hier im Plenarsaal außerhalb der Rede keinen Platz haben. Ich gebe Ihnen die Möglichkeit, freiwillig die Maske gegen eine neutrale Maske auszutauschen, Herr Günther.
- Er hat auf seiner Maske stehen: „Maulkorb“. Das ist keine Parteibezeichnung. Insofern bitte ich, hier eine neutrale Maske zu tragen.