Protocol of the Session on March 17, 2004

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Herr Senator, ich hatte mich ja noch gar nicht gemeldet; aber im Gegensatz zu Ihnen bin ich durchaus dafür, dass die Spitzengehälter der BVGFührung gesenkt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich: Halten Sie es für gerechtfertigt, dass wegen 5 Prozent Schwarzfahrern 95 Prozent der Fahrgäste permanent schikaniert werden?

[Och! von der SPD]

Wie bewerten Sie die Verkürzung der Fahrzeiten, die damit verbunden ist, und die zu erwartende Abwanderung der Fahrgäste? Herr Gaebler hat schon darauf hingewiesen: 30 Prozent der Beschäftigten sind zu viel. Wenn die BVG diese für die Schwarzfahrerkontrolle einsetzte, hätte sie beides: attraktive Bedingungen bei der BVG und eine Bekämpfung der Schwarzfahrer. Warum streben Sie das nicht an?

Wir haben Hunderttausende von Menschen, die täglich die BVG und die S-Bahn nutzen, die sich Jahreskarten kaufen und Abonnements bezahlen. Diese haben nicht den Eindruck, kriminalisiert zu werden, sondern sie haben den Eindruck, dass sie für die, die sich Beförderungen erschleichen und nicht bezahlen, die kriminell sind, indem sie sich die Beförderung erschleichen, mitbezahlen müssen, und das ist nicht in Ordnung.

Der zweite Punkt: Lassen Sie uns sehen, wie sich in diesem Testbetrieb, von dem ich sagte, dass er leider noch nicht ausgewertet und in meiner Verwaltung noch nicht besprochen ist, das Beschwerdeverhalten der Kunden entwickelt hat. Mein gegenwärtiger Kenntnisstand ist, dass bei Einführung des Vorneeinstiegs die Beschwerden deutlich angestiegen und nach drei bis vier Wochen genau auf das Maß zurückgefallen sind, das vorher an Beschwerden vorhanden war. Das heißt, wenn man eine solche Veränderung vornimmt, gibt es einige, die gern am Althergebrachten festhalten möchten. Man kann aber auch ein vernünftiges Marketing machen und den Menschen erklären, dass das Vorneeinsteigen mit Vorzeigen der Monatskarte auch dazu dient, dass wir den öffentlichen Personennahverkehr preiswert halten können, weil wir die Schwarzfahrer abschrecken bzw. diese zahlen müssen.

Herr Kollege Cramer! Erstens haben Sie gedrückt, was wir hier eindeutig sehen können. Zweitens kommen Ihre Wortmeldungen bei Verkehrsfragen so sicher wie das Amen in der Kirche.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Selbst wenn Sie nicht gedrückt hätten, würde ich es erwarten.

[Cramer (Grüne): Was soll denn das?]

Jetzt hat der Senator das Wort.

Allein die Häufigkeit von Fragen sagt noch nichts über die Qualität von Fragen, weil es nicht immer einen Umschwung von Quantität zu Qualität gibt.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Frau Dr. Klotz (Grüne): Noch ein Oberlehrer! Gleich zwei Oberlehrer bei der SPD!]

Die Gehälter in den Vorständen der BVG sind ein Thema, das der Senat sehr ernst nimmt und diskutiert. Ich habe mich dazu bisher nicht öffentlich geäußert, Herr Cramer, deswegen können Sie nicht behaupten, ich hielte sie für gerechtfertigt. Aber eines ist klar, Herr Cramer, und muss auch klar sein: Die 95 oder 90 Prozent der BVG-Kunden, die ordentlich bezahlen, haben keine Lust, für die mitzubezahlen, die schwarzfahren wollen. Deswegen sind sie auch bereit, sich kontrollieren zu lassen.

[Beifall bei der SPD, der CDU, der PDS und der FDP]

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage von Frau Matuschek. – Bitte schön, Frau Matuschek!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Strieder! Ohne die Emotionalität noch weiter befördern zu wollen, möchte ich auf den Modellversuch zurückkommen. Er kann in der Auswertung nur erfolgreich sein, wenn die Ausgangsdaten stimmig sind. Wie bewerten Sie die Ausgangsdaten, die bisher erhoben wurden, wonach offensichtlich zu wenig bzw. keine Kontrollen in den Bussen durchgeführt wurden? Denn der Schwerpunkt der Fahrscheinkontrollen liegt eindeutig bei der U-Bahn und der Straßenbahn, weniger im Bus. Sehen Sie auch die Gefahr, dass durch diese Maßnahme einer generellen Kriminalisierung aller Fahrgäste als potentielle Schwarzfahrer Vorschub geleistet wird?

Herr Senator Strieder – bitte!

Frau Abgeordnete! Wenn ich ins Theater gehe und meine Karte vorzeigen muss, habe ich nicht den Eindruck, kriminalisiert zu werden.

[Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP]

Wenn ich mit dem Bus fahre und die Fahrkarte vorzeigen muss, habe ich nicht den Eindruck, kriminalisiert zu werden. Wenn ich etwas kaufe und eine Quittung vorlegen

soll, dass ich etwas gekauft habe, habe ich nicht den Eindruck, kriminalisiert zu werden. Ich finde, wir müssen die Maßstäbe ein wenig zurechtrücken.

[Beifall bei der SPD, der CDU, der PDS und der FDP]

[Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP]

[Zurufe der Abgn. Cramer (Grüne) und Over (PDS)]

Ich bin ganz sicher, dass die Einnahmen steigen. Das hat der Testbetrieb ergeben. Ich kann überhaupt nicht verstehen, Herr Cramer, warum Sie sich – –

[Zurufe der Abgn. Cramer (Grüne) und Eßer (Grüne)]

Herr Cramer, ich weiß, dass Sie sich auch gegen die Zugangssperren bei der U-Bahn aussprechen, aus genau dem gleichen Grund!

[Beifall bei den Grünen]

Sie wollen nicht die Kunden der BVG schützen, sondern die Schwarzfahrer. Das ist mit uns nicht zu machen.

[Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP]

Danke schön, Herr Senator!

Nunmehr hat Frau Grütters für die Fraktion der CDU das Wort zu einer Anfrage zu dem Thema

Studiengebühren als Haushaltsgag

Bitte schön, Frau Grütters!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

Der Senat hat darüber hinaus in seiner Haushaltsklausur im Juni des vergangenen Jahres die Maßnahmen debattiert, die zur Konsolidierung des Landeshaushaltes führen können. Dabei ist verabredet worden, dass Einnahmen aus Studienkonten im Haushaltsjahr 2005 zu 50 % in den Landeshaushalt fließen und die anderen 50 % den Hochschulen zugute kommen. Nach Meinung unseres Hauses sollten diese Einnahmen ab 2006 vollständig bei den Hochschulen verbleiben. Diese Diskussion aber – das ist selbstverständlich – muss im Senat geführt werden und bleibt darüber hinaus der parlamentarischen Beratung vorbehalten.

Frau Staatssekretärin! Es ist schade, dass jetzt weder der Senator noch der Staatssekretär für Wissenschaft hier sind, die vielleicht ein bisschen fachkundiger darauf eingehen könnten, denn Sie haben meine Frage nicht wirklich beantwortet.

1. Warum möchte die Koalition auf einmal (Langzeit-) Studiengebühren in Berlin einführen, obwohl sowohl die SPD als auch die PDS doch jahrelang jede Diskussion darüber mit dem Hinweis abgelehnt haben, sie seien halt gegen Studiengebühren?

2. Warum sollen nach Meinung der Koalition, oder zumindest einflussreicher Regierungskreise, 50 Prozent des Ertrages solcher Studiengebühren in den Landeshaushalt fließen?

Danke schön, Frau Abgeordnete! – Frau Staatssekretärin Kisseler hat das Wort zur Beantwortung. – Bitte schön, Frau Kisseler!

Frau Kisseler, Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete! Der Senat hat im Rahmen der Beratung des Haushaltsplanentwurfs für die Jahre 2004 und 2005 einen Bericht vorgelegt, in dem ein Studienkontenmodell in seinen Grundzügen vorgestellt wird. Ein Studienkontenmodell soll einerseits die Studierenden zu einem effizienten Studierverhalten veranlassen und andererseits die Hochschulen über die Koppelung der Finanzierung von Lehrleistungen an die tatsächliche Nachfrage zu einer Effizienzsteigerung und zu einer Verbesserung der Lehre führen. Im Rahmen dieses Modells sollen dann die Studierenden eine bestimmte Anzahl von Credits erhalten, die sie in Abhängigkeit von der Creditzahl der von ihnen nachgefragten Lehrveranstaltungen – so genannter Module – an den Hochschulen einlösen. Gerade mit der Koppelung eines Teils der Finanzierung an den Umfang der nachgefragten Lehrleistungen haben die Hochschulen ein verstärktes Interesse, ihre Lehrangebote an den Bedürfnissen der Studierenden auszurichten, wodurch es unseres Erachtens zu erheblichen Effizienzsteigerungen auf verschiedenen Ebenen kommen wird. Es dürfte sich sowohl die Studienorganisation als auch die Hochschulorganisation durch dieses Modell eindeutig verbessern lassen.