Protocol of the Session on September 27, 2007

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Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 18. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie alle, unsere Gäste, die Zuhörer sowie die Medienvertreter ganz herzlich.

Bevor wir zum Geschäftlichen kommen, habe ich eine traurige Pflicht zu erfüllen, und bitte Sie, sich zu erheben.

[Die Anwesenden erheben sich.]

Der ehemalige Parlamentspräsident Peter Rebsch ist tot. Er starb am 16. September für uns alle unerwartet im Alter von nur 69 Jahren. Mit ihm haben wir einen liebenswerten und warmherzigen Kollegen und Menschen verloren.

Der 1938 in Berlin geborene Jurist war beruflich erfolgreich in verschiedenen Leitungsfunktionen bei einer Versicherungsgesellschaft tätig. An der Sportschule des Landessportbundes arbeitete er zeitweise zusätzlich als Dozent.

1958 trat Peter Rebsch der CDU bei. Für seine Partei wurde er 1967 Bürgerdeputierter und in der folgenden Legislaturperiode Bezirksverordneter in Spandau. Nach acht Jahren in der Kommunalpolitik wurde der engagierte Politiker in den März-Wahlen 1979 zum Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin gewählt.

Von 1981 bis 1989 stand Peter Rebsch dem Berliner Landesparlament als Präsident vor. In seinen über 16 Jahren Abgeordnetenhaustätigkeit arbeitete er überwiegend im Ausschuss für Sport, dessen Vorsitz er in der 11. Wahlperiode auch inne hatte, und im Rechtsausschuss.

Der Christdemokrat übte in seiner Partei verschiedene Ämter im Spandauer Kreisvorstand und im Landesvorstand aus, sowohl in der Jungen Union wie auch später der CDU.

Peter Rebsch war ein humorvoller, vor allem aber ein sportbegeisterter Mensch. Er war begeisterter aktiver Bogenschütze. Er beschränkte sich dabei aber nicht allein auf die Rolle des Aktiven, sondern arbeitete seit 1970 im Präsidium des Deutschen Schützenbundes mit und wurde 1976 zum 1. Vizepräsidenten des Schützenbundes gewählt.

1979 war er Mitorganisator der Weltmeisterschaften im Bogenschießen in Berlin. Es war nicht einfach, eine solche Weltmeisterschaft damals nach Berlin zu holen. Er war aber auch einmal Schützenkönig von Spandau. Das gehörte dort dazu. Selbst als Parlamentspräsident lief er den kleinen Triathlon beim Ersten Riesentriathlon um den Spandau-Cup mit und beschränkte sich nicht nur darauf, einen Pokal zu stiften. Eine Zeitlang engagierte er sich als Vorsitzender des Rechts- und Satzungsausschusses des

Landessportbundes Berlin. Der begeisterte Sportschütze nahm an zahlreichen internationalen Sportveranstaltungen vor allem als Schiedsrichter teil.

Wir trauern um Peter Rebsch. Er hat sich um seine Heimatstadt Berlin verdient gemacht. Wir werden ihn sehr vermissen.

Am 25. September starb Ella Barowsky im Alter von 95 Jahren. Mit Ella Barowsky verliert Berlin eine herausragende, liberale Persönlichkeit. Politik war ihr Leben.

Ella Barowsky war von Haus aus Nationalökonomin. 1945 beteiligte sie sich an der Gründung der LDP, dem Vorläufer der heutigen FDP, in Berlin. Von 1946 bis 1948 war Ella Barowsky Mitglied der Stadtverordnetenversammlung von Berlin. Sie war unter den 129 Männern und Frauen der neu gewählten ersten Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg, die noch von der sowjetischen Kommandantur eingesetzt worden waren und von dem Oberbürgermeister Arthur Werner mit Handschlag als Stadtverordnete verpflichtet worden.

Von 1948 bis 1950 war sie Mitglied der zweiten Stadtverordnetenversammlung, die 1948 in den Berliner Westsektoren gewählt worden war. Von 1950 bis 1955 und von 1963 bis 1971 gehörte sie dem Abgeordnetenhaus von Berlin an und war für einige Zeit auch stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion.

Von 1951 bis 1955 setzte sie sich als Bezirksbürgermeisterin in Schöneberg ganz unmittelbar für die Belange der Menschen ein. Danach wurde sie zur Finanzstadträtin in Wilmersdorf gewählt.

Innerhalb der Berliner FDP gehörte sie in den 50er Jahren zeitweise dem erweiterten Bundesvorstand der FDP an und war stellvertretende Landesvorsitzende der Berliner FDP. Von 1964 bis 1975 arbeitete Ella Barowsky neben ihren Ämtern und ihrem Mandat als Direktorin der LetteVereins.

1968 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und 1977 für ihre großen Verdienste um die Stadt zur Stadtältesten von Berlin ernannt. Im Jahre 2003 erhielt sie die höchste frauenpolitische Auszeichnung, die Berlin zu vergeben hat: die Louise-Schroeder-Medaille. Wer bei der Verleihung dabei war, wird sich gut daran erinnern. Es war eine großartige Veranstaltung für diese großartige Frau.

Ella Barowsky, die große Dame der Berliner FDP, engagierte sich zeitlebens in der Sozial- und Finanzpolitik. Sie forderte unbeirrt mehr Rechte für Frauen und wurde durch ihr eigenes mutiges Handeln Vorbild für andere Frauen.

Ella Barowsky genoss in allen Parteien Hochachtung, ja Verehrung, und persönliche Zuneigung. Neben Beruf und Politik engagierte sie sich seit 1952 in der Gesellschaft für

christlich-jüdische Zusammenarbeit, deren evangelische Vorsitzende sie von 1974 bis 1992 war, danach deren Ehrenvorsitzende. Auch für ihr Engagement bei den „Freunden der Hebräischen Universität Jerusalem“ war Versöhnung die Triebfeder.

Die Freie Demokratische Partei Berlins würdigte die oft unkonventionelle und streitbare Liberale, die liebevoll die „zierliche Ella“ genannt wurde, indem sie die „Frau der ersten Stunde“ zu ihrer Ehrenvorsitzenden machte.

Wir trauern um Dr. Ella Barowsky und werden die Erinnerung an sie in unseren Herzen tragen.

Am 15. September 2007 ist der Stadtälteste von Berlin und Bezirksbürgermeister a. D., Dr. Heinz Stücklen, im Alter von 85 Jahren verstorben.

Heinz Stücklen war ein geborener Sozialdemokrat. Er stand in der Tradition seines Vater und Großvaters, die beide für die SPD Mandate innehatten: sein Vater als Bezirksstadtrat in Steglitz und sein Großvater als Abgeordneter im Reichstag.

Nach seinem Abitur wurde Heinz Stücklen 1940 eingezogen und geriet 1944 in Kriegsgefangenschaft. Nachdem er 1946 nach Berlin heimgekehrt war, nahm er sein Medizinstudium auf. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Freien Universität Berlin.

Nach seiner Ausbildung arbeitete er im WestendKrankenhaus und wurde Facharzt für Urologie. Dr. Heinz Stücklen gehörte zu jenen Berliner Ärzten, die nach dem Krieg das Berliner Gesundheitswesen mitgeprägt und mitgestaltet haben.

Im September 1946 trat er der Sozialdemokratischen Partei bei. Von 1948 bis 1958 war er für die SPD Bezirksverordneter in Steglitz.

1959 vertrat er den Bezirk Steglitz für eine kurze Zeit als Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin, legte sein Mandat jedoch nieder, um dem Ruf aus Neukölln zu folgen. Dort wurde Heinz Stücklen im Januar 1959 zum Bezirksstadtrat für Gesundheitswesen gewählt. In dieser Funktion führte er sein Fachwissen und sein großes kommunalpolitisches Engagement zum Wohle des Bezirks Neukölln zusammen.

Ab 1965 bekleidete er zusätzlich das Amt des Stellvertretenden Bezirksbürgermeisters, und von Juni 1971 bis Juni 1981 wirkte er zehn Jahre lang als Bürgermeister von Neukölln und hat – das kann man sagen – den Bezirk geprägt.

Auf seine Initiative hin schloss der Bezirk 1967 mit dem US-Hospital Berlin eine Partnerschaft. 1968 wurde unter seiner Regie das Kinderkrankenhaus am Mariendorfer Weg eröffnet, und 1977 begann der Neubau des Neuköllner Kinderkrankenhauses.

In seine Amtszeit fielen eine Reihe wichtiger Entscheidungen für den Bezirk Neukölln, z. B. der Bau der Bundesgartenschau – des heutigen Britzer Gartens – und der Bau der Gropius-Stadt.

Nach Beendigung seiner Amtszeit als Bezirksbürgermeister im Jahre 1981 übernahm er bis 1987 die Leitung des Lore-Lipschitz-Krankenheimes. Darüber hinaus war er in zahlreichen Ehrenämtern tätig. Von 1964 bis 1971 arbeitete er als Vorstandsmitglied und mehrere Jahre auch als Vorsitzender des Kreisverbandes des Deutschen Roten Kreuzes in Neukölln und wurde 1982 zum Vizepräsidenten des Landesverbandes des DRK gewählt. Diese Funktion übte er bis 1991 aus. Außerdem arbeitete er im Beirat zur Förderung von Selbsthilfegruppen. Daneben war er als Dozent am Sozialpädagogischen Institut der Arbeiterwohlfahrt im Fachbereich Gesundheitslehre tätig.

In Würdigung seiner besonderen Verdienste um das Gesundheitswesen in Berlin wurde Heinz Stücklen am 19. September 1994 zum Stadtältesten von Berlin ernannt. Schon 1979 war er mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet worden.

Wir gedenken heute eines hochgeschätzten Menschen und Politikers, dessen Warmherzigkeit und Einfühlungsvermögen beispielhaft waren. Seine persönliche Integrität und seine hohe fachliche Kompetenz waren unumstritten. Wir schulden Heinz Stücklen Dank und werden seiner stets in Hochachtung gedenken.

[Gedenkminute]

Meine Damen und Herren! Sie haben sich zu Ehren der Verstorbenen erhoben. Ich danke Ihnen!

Wir kommen nun zum Geschäftlichen. Zuerst habe ich Änderungen von Ausschussüberweisungen zu verkünden. Die Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz zur vorschulischen Sprachförderung auf Drucksache 16/0794, eingebracht in der 17. Sitzung am 13. September 2007 und überwiesen an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie sowie an den Hauptausschuss, nunmehr – auf Antrag der Fraktion der FDP – zusätzlich mitberatende Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung mit der Bitte um Behandlung im Unterausschuss Datenschutz und Informationsfreiheit.

Sodann die Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz zur Anpassung abstimmungsrechtlicher Vorschriften und begleitender Regelungen auf Drucksache 16/0787, eingebracht in der 17. Sitzung am 13. September 2007 und überwiesen an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung sowie an den Hauptausschuss, nunmehr zusätzlich mitberatend überwiesen an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung; die Federführung erhält der Innenausschuss.

Sodann der Antrag der Fraktion der FDP, der Fraktion der CDU und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen über erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid auf Drucksache 16/0690, eingebracht in der 15. Sitzung am 5. Juli 2007, nunmehr auch überwiesen federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung, an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung sowie an den Hauptausschuss.

Dann der Antrag der Fraktion der CDU über Klarstellung des § 14 Abs. 4 des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg auf Drucksache 16/0619 in der 17. Sitzung am 13. September 2007 auf Antrag der Fraktion der CDU zusätzlich mitberatend überwiesen an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten. Diese Überweisung wird zurückgezogen, die alleinige Überweisung verbleibt beim Ausschuss für Medienfragen. – Widerspruch höre ich nicht; dann ist das so zur Kenntnis genommen worden.

Am Montag, den 24. September 2007 sind folgende vier Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

1. Antrag der Fraktion der SPD und der Linksfraktion zum Thema: „Aufs falsche Gleis gesetzt? Risiken und Nebenwirkungen einer Teilprivatisierung der Deutschen Bahn“,

2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Umweltzone schlecht gemacht – Bürokratiemonster vernichtet Arbeitsplätze“,

3. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Bezirkshaushalte zwischen Dichtung und Wahrheit“,

4. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Rot-rote Gemeinschaftsschule vor dem Aus – jetzt keine Manipulation an den Rechten der Schüler, Eltern und Lehrer!“.

Ich rufe zur Begründung der Aktualität auf. Für SPD und Linksfraktion spricht der Kollege Gaebler. – Bitte schön, Herr Gaebler!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wollen mit Ihnen über ein aktuelles und brisantes Thema diskutieren – die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG. Als Landesparlament sind wir zwar nicht direkt für die Entscheidung darüber zuständig,

[Beifall von den Grünen]

erstaunlich, dass die Grünen dieses Thema als offensichtlich so weit von sich weg empfinden. Ich begründe Ihnen, warum es für uns aktuell und wichtig ist, uns darüber auszutauschen, welche Risiken damit verbunden sind. Es bedarf der Zustimmung des Bundesrats, und die Länder Berlin und Brandenburg haben dort mit ihrem Verkehrsminister und ihrer Verkehrssenatorin engagiert die Länderinteressen eingebracht. Es geht um Millionen