Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 38. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste und Zuhörer sowie die Medienvertreter ganz herzlich.
Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, habe ich eine traurige Pflicht zu erfüllen und bitte Sie, sich zu erheben.
Plötzlich und unerwartet starb am 12. November 2008 Heinz Schicks im Alter von 75 Jahren. Mit Heinz Schicks verliert Berlin einen engagierten Politiker, der in der CDU-Fraktion des Abgeordnetenhauses von Berlin über vier Wahlperioden hinweg von 1975 bis 1989 an der Gestaltung unserer Stadt mitgewirkt hat. Bis zuletzt engagierte er sich im Verein der ehemaligen Abgeordneten als Schatzmeister.
Insbesondere die Gesundheitspolitik lag dem Christdemokraten Heinz Schicks am Herzen. Jahrzehntelang arbeitete er beruflich und politisch für das Gesundheitswesen. Sein Schwerpunkt lag dabei auf dem Engagement für hilfsbedürftige, behinderte und kranke Menschen. Nachdem er auf eigenen Wunsch aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden war, wo er in der Gesundheitsabteilung des Bezirksamtes Kreuzberg tätig war, übernahm Heinz Schicks leitende Aufgaben im Caritas-Verband.
In den 14 Jahren seiner Zugehörigkeit zum Abgeordnetenhaus trat er besonders als langjähriger gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion hervor. Für seine herausragenden Verdienste wurde Heinz Schicks 1994 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt.
Heinz Schicks hatte nach dem Gymnasium seinen beruflichen Werdegang mit einer Verwaltungsausbildung begonnen. Er stieg auf in den gehobenen und später in den höheren Dienst des Landes Berlin. 1974 entschied er sich, die Beamtenkarriere aufzugeben, und trat bei der Caritas als Krankenhausreferent und als Geschäftsführer der Krankenhäuser an. Neben der hauptberuflichen Tätigkeit arbeitete er als Vorstandsmitglied der Berliner Krankenhausgesellschaft und als Mitglied des Landespflegesatzausschusses. Außerdem vertrat er seinen Verband in der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege.
1963 wurde Heinz Schicks Mitglied der Christlich Demokratischen Union und wirkte ab 1965 als Ortsvorstandsmitglied, später als Vorsitzender seiner Partei in dem Ortsverein. Seit 1971 diente er seiner Partei als stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes der CDU Kreuzberg und wurde 1981 deren Vorsitzender, wo ich ihn als sein sozialdemokratischer Widerpart gut kennen und schätzen gelernt habe.
Heinz Schicks war ein gradliniger, offener und zuverlässiger Politiker. Er wird uns allen als gesundheitspolitischer Experte und als freundlicher und einfühlsamer Mensch in Erinnerung bleiben, der ein Vorbild für bürgernahe Politik in unserer Stadt war. Wir gedenken Heinz Schicks in Hochachtung.
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen. Bevor ich das mache, gratuliere ich dem neuen Landesvorsitzenden der Christlich Demokratischen Union, Herrn Henkel. Gute Arbeit zum Wohle Berlins! Auf gute Zusammenarbeit!
Dann haben wir die Vorlage – zur Beschlussfassung – über „Nachträgliche Genehmigung der im Haushaltsjahr 2007 in Anspruch genommenen über- und außerplanmäßigen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für die Bezirke“. Das ist die Drucksache 16/1763. Dazu habe ich Folgendes mitzuteilen: Aufgrund einer unvollständigen vom Senat übermittelten Fassung auf Drucksache 16/1763 wurde diese noch einmal neu gedruckt und wird nunmehr durch die Drucksache 16/1763 Neu ersetzt. Die Vorlage – zur Beschlussfassung – wurde in der 36. Sitzung am 16. Oktober 2008 an den Hauptausschuss überwiesen.
1. Antrag der Linksfraktion und der Fraktion der SPD zum Thema: „Finanzkrise und Rezession: Wie kann Berlin dem Abschwung entgegensteuern?“,
2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Unterschiedliche PISA-Werte, eine chaotische Strukturdebatte und Tricksereien bei der Lehrerausstattung – der Senat ist mit der Bildungspolitik völlig überfordert!“,
3. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Berlin braucht einen grünen New-Deal – Investitionen ermöglichen – Arbeitsplätze sichern – Klima schützen“,
4. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „BVG in der Schieflage: Busfahrer werden zusammengeschlagen, Schwarzfahrer lässt man laufen, die Zeche zahlen Mitarbeiter und Kunden.“.
Die Linksfraktion und die SPD haben ihren Antrag auf Durchführung einer Aktuellen Stunde bereits gestern zurückgezogen. – Zur Begründung der Aktualität rufe ich nunmehr auf für die CDU-Fraktion den Kollegen Steuer. – Bitte schön, Herr Steuer!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die in der letzten Woche vorgestellten PISA-Ergebnisse haben mal wieder gezeigt, dass Berlin unterdurchschnittlich schlecht bei internationalen Vergleichen abschneidet. In Mathe
matik hinken Berliner Schüler ihren bayerischen Schulkameraden gar ein ganzes Schuljahr hinterher. Bei den Naturwissenschaften hat sich Berlin zwar leicht verbessert, aber andere haben sich noch mehr verbessert, und so ist Berlin hier einen Platz zurückgefallen.
Dem Bildungssenator, Herrn Zöllner, fällt dazu nur ein zu hoffen, dass die Ergebnisse in drei Jahren besser werden. Die Berlinerinnen und Berliner lassen sich nicht für dumm verkaufen. Die SPD stellt seit 13 Jahren den Bildungssenator dieser Stadt. Wir sind es leid zu warten, Herr Zöllner!
Schüler, die heute in Berlin Abitur machen, haben ein ganzes Schulleben unter SPD-Bildungssenatoren gefristet. Sie, meine Damen und Herren, tragen die volle Verantwortung für jedes PISA-Ergebnis dieser Stadt.
Ducken Sie sich nicht weg, lenken Sie nicht ab! Ihre ständig wiederkehrende Schulstrukturdebatte soll doch in Wirklichkeit nur davon ablenken, dass Sie keine Idee und keine Vorstellung davon haben, wie Sie die Unterrichtsqualität in dieser Stadt signifikant verbessern können.
Wann begreifen Sie, dass Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, alle Bundesländer, die bei PISA vorne liegen, CDU-regierte Bundesländer sind?
Alles Länder ohne Gemeinschaftsschule, alles Länder ohne Bildungsexperimente, alles Bundesländer ohne sozialdemokratische Tricksereien in der Bildungspolitik!
In Berlin sieht das anders aus. Rot-Rot kürzt im Bildungsbereich. Rot-rot vertröstet. Rot-Rot trickst bei den Zahlen. Mit einer Sensationsmeldung wollte der Bildungssenator dieses Schuljahr beginnen. 816 Lehrer wurden eingestellt – so viel wie noch nie. Richtig, so viele sind in der Stadt noch nie eingestellt worden, aber es sind auch noch nie so viele Kollegen in Pension gegangen. Kein einziger Lehrer wurde von Ihnen zusätzlich eingestellt. Es gab keine Verbesserung der Qualität, keine Verbesserung der Schüler-Lehrer-Relationen. Alles blieb genau so, wie es immer war. So führen Sie die Stadt an der Nase herum; so tricksen Sie bei Rot-Rot mit den Zahlen.
Die PISA-Ergebnisse sind auch dieses Mal wieder die Noten für Ihre Bildungspolitik, und um es ganz deutlich zu sagen: Wir lassen uns nicht drei Jahre vertrösten, nicht zwei Jahre – wir lassen uns überhaupt nicht von Ihnen vertrösten und austricksen. Wir wollen heute von Ihnen hören, wie die Berliner Schulen wieder Spitze werden können und wie die Berliner Schüler ähnliche Chancen bekommen können wie ihre Schulkameraden in anderen Bundesländern. Aus dieser Verantwortung werden wir Sie nicht entlassen. – Herzlichen Dank!
Danke schön, Kollege Steuer! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr der Kollege Schruoffeneger das Wort. – Bitte schön, Herr Schruoffeneger!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eine schwierige Entscheidung, vor der wir jetzt stehen. Herr Steuer hat völlig recht: Auch die Themen PISA und Schulpolitik sind dringend und wichtig. Das Problem bei diesem Senat ist, dass es so viele Schwachpunkte in der Landespolitik gibt, dass man mit den vierzehntägigen Sitzungen überhaupt nicht mehr zurechtkommt in den Aktuellen Stunden.
Wir haben uns für das andere Thema entschieden: die Wirtschaftskrise und was man damit in Deutschland und Berlin macht. Bundesweit tobt die Debatte um Konjunkturprogramme. Die EU hat ein milliardenschweres Programm verabschiedet, die Bundesregierung hat ein Programm verabschiedet. Es wird die Verknüpfung des Konjunkturprogramms mit dem Klimaschutz diskutiert. Besonders laut auf Bundesebene schreien die Herren Gysi und Lafontaine.
Hier in Berlin ist alles anders. Hier erzählt uns die PDS gemeinsam mit Herrn Müller von der SPD, die Haushaltskonsolidierung habe Vorrang; alles gesparte Geld müsse für den Schuldenabbau verwendet werden. Worüber reden wir? – Wir reden über 600 Millionen Euro, die dieses Jahr höchstwahrscheinlich als Haushaltsüberschuss in der Landeskasse verbleiben werden.
Ja, aus dem Bankenverkauf, lieber Herr Kollege; investiv, nicht strukturell eingespart, dafür wurde Vermögen veräußert.
Was passiert nun, wenn man dieses Geld in den Schuldenabbau steckt? – Man hat eine jährliche Zinsersparnis von 25 Millionen Euro. 25 Millionen Zinsersparnis – das ist eine Rendite von 4,2 Prozent auf die 600 Millionen. So schlecht kann nicht einmal eine landeseigene Bauverwaltung sein, dass bei einem vernünftigen energetischen Sanierungsprogramm nicht eine höhere Rendite als 4,2 Prozent herauskäme.
Jede vernünftige Energiesanierung bringt Renditen zwischen fünf und zehn Prozent. Das ist also eine deutlich höhere jährliche Einsparung für den Landeshaushalt.
Der zweite Punkt sind die Arbeitsplatzeffekte. Die PDS erklärt uns gestern im Hauptausschuss, man könne nicht auf der regionalen Ebene eine weltweite Krise be
kämpfen. Das ist richtig – und zynisch. Denn es ist nicht nur die regionale Ebene. Es ist die EU, es ist der Bund, und jeder muss seine Arbeit an dem Platz tun, wo er zuständig ist. Deswegen muss auch Berlin etwas tun.
Aber selbst dann, wenn das eine Berliner Einzelmaßnahme wäre, wäre diese Antwort zynisch. Die IHK geht für Berlin davon aus, dass pro Million Euro Umsatz 16 bis 19 Arbeitsplätze bei Sanierungsprogrammen entstehen. Die Handwerkskammer rechnet mit 30 Arbeitsplätzen pro einer Million Euro. Wenn wir also diese 600 Millionen Euro einsetzen würden, würden 12 000 bis 15 000 Personenjahre an Arbeit in der Stadt finanziert. Das heißt, 2 500 Menschen hätten für sechs Jahre Arbeit, und denen ist es, ehrlich gesagt, völlig egal, ob damit die weltweite Krise bekämpft wird. Sie hätten einen Arbeitsplatz, und das wäre viel wert.
Und das Ganze hätte auch noch positive Auswirkungen auf den Haushalt. Wer das ignoriert und stattdessen die Millionen in einen nichtfunktionierenden öffentlichen Beschäftigungssektor pumpt, weil es so schön symbolisch ist, der hat seinen Anspruch als linke und arbeitnehmerfreundliche Kraft in dieser Stadt längst aufgegeben.