Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 49. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste sowie die Zuhörer und auch die Medienvertreter ganz herzlich. Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, habe ich eine traurige Pflicht zu erfüllen und bitte Sie, sich zu erheben.
Am 8. Juni 2009 ist der frühere Abgeordnete Peter Vetter im Alter von 67 Jahren verstorben. Mit Peter Vetter verliert Berlin einen engagierten Politiker, der über 35 Jahre in Berlin in der Landespolitik und in der Verbandsarbeit tätig war.
Peter Vetter, 1941 in Karlsbad geboren, begann nach Haupt- und Handelsschule eine Lehre als OrthopädieMechaniker, die er 1960 mit der Gesellenprüfung abschloss. Von 1962 bis 1977 arbeitete er als Mechaniker. In den Folgejahren war er Geschäftsführer in verschiedenen Senioren-, Heimbetreuungs- und Krankenheimen.
Peter Vetter gehörte während seiner politischen Laufbahn von April 1975 bis Januar 1991 als Mitglied der CDUFraktion dem Abgeordnetenhaus von Berlin an.
Während seiner 16-jährigen Parlamentszugehörigkeit gehörte er ununterbrochen dem Präsidium des Hauses an. Bei zahlreichen offiziellen Anlässen und Veranstaltungen vertrat er mit großer Souveränität das Berliner Parlament.
Peter Vetter setzte seine besonderen Schwerpunkte in der Gesundheits- und Sozialpolitik und war zehn Jahre lang Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit und Soziales des Abgeordnetenhauses. Darüber hinaus arbeitete er in seiner langen parlamentarischen Arbeit im Geschäftsordnungsausschuss, im Innenausschuss und im Ausschuss für Frauenfragen.
Peter Vetter war seit 1959 Mitglied der CDU in Berlin. Er diente seiner Partei in verschiedenen Funktionen, unter anderem als Ortsvorsitzender und als Mitglied des Kreisvorstandes in Tiergarten.
Darüber hinaus engagierte sich Peter Vetter im vorpolitischen Raum in zahlreichen Vereinen und Verbänden. Er war Mitglied im Landesbeirat für Behinderte und im Beratenden Ausschuss für Behinderte bei der Hauptfürsorgestelle Berlin.
Besonders möchte ich an dieser Stelle an sein langjähriges Engagement im Sozialverband Deutschland erinnern. 1985 trat er diesem Verband, der sich damals noch Reichsbund nannte, bei und leitete von 1987 an zunächst den Landesverband Berlin und später, bis 2007, den Landesverband Berlin-Brandenburg. Von 2001 bis 2003 lenk
Peter Vetter hat sich in seinem sozialpolitischen Engagement in besonderer Weise für die Rechte behinderter Menschen eingesetzt. Ihm war es vor allen Dingen wichtig, chronisch Kranken und behinderten Menschen bei der Durchsetzung ihrer berechtigten Ansprüche zur Seite zu stehen, ihnen zu helfen und ihnen die richtigen Möglichkeiten zu eröffnen.
Der Christdemokrat Peter Vetter hat sich mit seiner Arbeit über alle Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg hohes Ansehen erworben. Wir nehmen Abschied von unserem ehemaligen Kollegen Peter Vetter und gedenken seiner in Hochachtung.
Dem Kollegen Dr. Klaus Lederer habe ich zu seiner Verpartnerung – früher nannten wir das Hochzeit – zu gratulieren. Ich wünsche dem jungen Paar alle Gute! – Herzlichen Glückwunsch, Herr Lederer!
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen: Erstens die Zurückziehung bzw. Erledigungserklärung von Anträgen. Der Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Die Linke über Chancengleichheit für den zweiten Bildungsweg – Drucksache 16/0333 –, überwiesen in der 9. Sitzung am 22. März. 2007 federführend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie und mitberatend an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung, wird nunmehr für erledigt erklärt.
Der Antrag der Fraktion der CDU über Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch an der Nalepastraße – Drucksache 16/1501 –, überwiesen in der 31. Sitzung am 12. Juni 2008 federführend an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung und mitberatend an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten sowie an den Hauptausschuss, wird nunmehr zurückgezogen.
1. Antrag der Linksfraktion und der Fraktion der SPD der zum Thema: „Verantwortungsvoller Umgang mit Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt – Ringen um Arbeitsplätze bei Arcandor“,
2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Das Berliner Bildungsdesaster ist jetzt komplett: Der Senat bedroht die Gymnasien mit Schülerlotterie, Personalkürzungen und größeren Klassen!“,
3. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Gerechten Schulzugang sichern, Gymnasien reformieren und Sekundarschulen stark machen“,
4. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Ene, meene, muh und raus bist du! Welche Pläne verfolgen Bildungssenator Zöllner und die Koalitionsfraktionen beim Übergang zum Gymnasium?“.
Eine Begründung für die Aktualität der Aktuellen Stunde ist nicht mehr vorgesehen, da sich die Fraktionen einvernehmlich auf das Thema der Fraktion der Grünen verständigt haben. Dies ist damit so beschlossen. Die anderen Themen haben damit ihre Erledigung gefunden. Ich werde diese Aktuelle Stunde dann wieder unter dem Tagesordnungspunkt 3 aufrufen und – so ist es verabredet – mit dem Tagesordnungspunkt 6 in der Beratung gleich verbinden.
Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.
Dann liegt eine Entschuldigung eines Senatsmitglieds für heute vor: Der Regierende Bürgermeister wird ab ca. 19.45 Uhr abwesend sein, um an der A-Länder-Vorbesprechung zum Bundesrat teilzunehmen.
Dann noch ein Hinweis für unsere Mütter und Väter: Ab sofort ist im Raum 174 die Möglichkeit des Stillens und Wickelns der Säuglinge gegeben. Eine Betreuung steht dort auch zur Verfügung.
1. Trifft es zu, dass der Senat sich dafür einsetzt, Kindergeld nicht an Eltern auszuzahlen, deren Kinder inhaftiert sind?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Felgentreu! Der Senat hat sich mit diesem Thema noch nicht befasst. Ich habe allerdings eine Prüfung veranlasst, ob es möglich ist, das Kindergeld von Kindern, die sich in unserer Jugendstrafanstalt bzw. in der Vollzugsanstalt für Frauen befinden, von deren Eltern auf die Jugendstrafanstalt umzuleiten. Eltern bekommen das Kindergeld als Beitrag zur Sicherung des Existenzminimums des Kindes. Das Kindergeld dient damit der Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts des Kindes. Es wird den Eltern für Kinder gewährt, die noch nicht volljährig oder zwischen 18 und 25 Jahre alt sind und sich in einer Ausbildung befinden. Wenn diese Kinder inhaftiert sind, dann werden die existenzielle Grundsicherung sowie die Erziehung und Ausbildung von der Jugendstrafanstalt übernommen.
Der entsprechende Aufwand für das Kind entsteht also nicht bei den Eltern, sondern bei der Jugendstrafanstalt.
Die geltenden Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes erlauben eine Überleitung des Kindergeldes von den Eltern auf Einrichtungen wie z. B. Kinder- und Pflegeheime, sofern die Kinder dort und nicht zu Hause untergebracht sind. Das ist meiner Meinung nach ein mit der Inhaftierung in einer Jugendstrafanstalt grundsätzlich vergleichbarer Sachverhalt. Wir haben uns zur Klärung der Frage, ob die Umleitung von Kindergeld auch in diesen Fällen möglich ist, mit den für die Auszahlung von Kindergeld zuständigen Familienkassen und Mitarbeitern des Bundesministeriums der Finanzen zusammengesetzt. Ergebnis dieses Meinungsaustauschs war, dass eine Umleitung nach der derzeitigen Gesetzeslage auf die Justizvollzugsanstalt nicht möglich ist, weil Justizvollzugsanstalten derzeit nicht zu den Einrichtungen zählen, die im Sinne des Einkommensteuergesetzes Unterhalt gewähren. Ich bin trotzdem der Auffassung, dass die Jugendstrafanstalten das Kindergeld für inhaftierte Jugendliche und Heranwachsende bekommen sollten, weil sie sowohl für Unterbringung, Verpflegung und Kleidung als auch für Bildung, Ausbildung und Freizeitangebote aufkommen.
Oft entsteht der Kindergeldanspruch erstmals, wenn inhaftierte Heranwachsende in der Jugendstrafanstalt eine Ausbildung beginnen. Ich denke, dass es breiter gesellschaftlicher Konsens ist, dass Kindergeld erhalten sollte, wer den Aufwand für Unterhalt und Ausbildung trägt.
Zu Ihrer zweiten Frage, Herr Dr. Felgentreu: Die Senatsverwaltung für Justiz prüft derzeit eine entsprechende gesetzliche Änderung, vermutlich im Einkommensteuergesetz. Sobald diese Prüfung abgeschlossen ist, werde ich mein Anliegen im Senat vortragen. Da es sich um eine Änderung von Bundesrecht handelt, wird der konkrete Weg, der zur Umsetzung dieser Gesetzesänderung notwendig ist, in besonderer Weise von den politischen Gegebenheiten abhängen.
Frau Senatorin! Ist Ihnen in der öffentlichen Debatte über diesen Vorschlag das Argument begegnet, dass es sich bei einer Umleitung des Kindergeldes gewissermaßen um eine zusätzliche Sanktion handeln würde? Wie würden Sie auf dieses Argument antworten?
Herr Abgeordneter Dr. Felgentreu! Es ist keineswegs als Sanktion für die Eltern gemeint. Es ist ein großes Missverständnis zu glauben, dass das Kindergeld, in der Summe, in der es gewährt wird, ausreichend ist, um das Existenzminimum für den Lebensunterhalt und die Erziehung der Kinder zu sichern – es ist ausdrücklich nur ein Beitrag. Wenn nun, wie in diesen Fällen, der gesamte Aufwand an Unterbringung, Verpflegung, und, das sage ich ganz deutlich, auch für Erziehung, Bildung, Ausbildung und Freizeit in einer anderen Einrichtung geleistet wird, dann ist das ein sachlicher Grund dafür, dass die Mittel auch in dieser Einrichtung bereitgestellt werden – ich verweise hierzu noch einmal auf den Vergleich mit den Kinderheimen.